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Archiv "Föhn — Wetter — Mensch" (03.08.1978)

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ÜBERSICHTSAUFSATZ

Föhn — Wetter — Mensch

Hans Jürgen Swantes, Reinhard Reinke

Mit der Entwicklung der medizinmeteorologischen Forschung und durch eine neue Art der prognostischen Wetterberatung für Ärzte durch den Deutschen Wetterdienst steigt der Erwartungswert, der in die medizinmeteorologische Beratung als Behandlungsanweisung gesetzt wird, immer mehr. An eine Behandlungsanweisung ist aber gar nicht gedacht. Sie wird auch für die Zukunft nicht angestrebt.

Vielmehr wollen die Medizinmeteorologen mit ihrer Arbeit Verständ- nis für die vielfältige Problematik der Wetterwirkungen wecken und mit ihren Forschungsergebnissen ein Hilfsmittel anbieten, dessen Verwendung durch den Arzt dem Patienten helfen kann.

1 Der Föhn und

seine biotropen Eigenschaften Unter dem Begriff Föhn und unter den damit zusammenhängenden physikalischen Vorgängen in der At- mosphäre werden in der Meteorolo- gie nicht nur der als besonders bio- trop diskutierte Föhn der Alpen- nordseite, sondern alle mit absin- kenden Luftbewegungen verbunde- nen meteorologischen Vorgänge verstanden. Man unterscheidet dementsprechend orographisch be- dingte Föhnerscheinungen und den

„freien Föhn".

1.1 Der Gebirgsföhn

Der orographisch bedingte Gebirgs- föhn entwickelt sich auf den Leesei- ten aller größeren Gebirge, wenn ei- ne heranströmende Luftmasse nach Überschreiten der Paß- oder Kamm- höhen wieder abwärts fließt. In Eu- ropa ist dieses Phänomen beson- ders eindrucksvoll auf der Alpen- nordseite, da von Süden stets aus- gesprochen milde Luftmassen her- angeführt werden.

Strömt aufgrund der allgemeinen Luftdruckverteilung warme und feuchte Luft aus dem Mittelmeer- raum gegen die Alpen, so wird sie zum Aufsteigen gezwungen. Nach

einigen hundert Metern kondensiert der in ihr enthaltene Wasserdampf unter Bildung der bekannten Stau- bewölkung mit Niederschlägen. Mit weiterem Aufsteigen kühlt sie sich um 0,6 Grad Celsius pro 100 Meter ab. Ist der Alpenkamm erreicht, lö- sen sich die Wolken im Bereich der eindrucksvollen Föhnmauer bis auf einzelne linsenförmige Leewolken, die sogenannten Föhnfische, auf.

Bei dem folgenden Absteigen er- wärmt sich die Luft nun um 1 Grad Celsius pro 100 Meter. Durch die zu- sätzliche Temperaturerhöhung von 0,4 Grad Celsius pro 100 Meter ge- genüber dem Aufstieg und wegen des ausgefallenen Niederschlages kommt sie auf der anderen Seite des Gebirges — gemessen an ihren Ur- sprungseigenschaften — wärmer und wesentlich trockener an (vgl. Abbil- dung 1).

Die Alpentäler haben im allgemei- nen eine Nord-Süd-Streichrichtung, in ihnen wird die Föhnströmung ka- nalisiert, so daß Föhnschneisen ent- stehen. Es gibt somit vorzugsweise in den Quertälern den durchgebro- chenen Föhn, während in den Längstälern der Alpen häufiger das Vorföhnstadium, also der Höhen- föhn wetterwirksam ist. Der durch- gebrochene Föhn tritt auf der Alpen- nordseite relativ selten auf, meist von Oktober bis März. Am Alpenrand

bricht der Föhn in etwa zehn Pro- zent, in Bad Tölz an fünf Prozent, in München noch an zwei bis drei Pro- zent aller Jahrestage durch, woge- gen das den menschlichen Organis- mus belastende Vorföhnstadium im Alpenvorland bis zur Donau öfter festzustellen ist.

1.2 Der freie Föhn

Unter freiem Föhn versteht man thermodynamische Vorgänge inner- halb der Atmosphäre, wie sie im Kerngebiet und am Westrand hoch- reichender „warmer" Hochdruckge- biete und vor Kaltfronten auftreten.

In solchen Situationen entwickelt sich aufgrund der großräumigen Strömungsverhältnisse eine abwärts gerichtete Strömungskomponente.

Aus größeren Höhen sinkt Luft ab und erwärmt sich dabei adiabatisch (ein Grad Celsius pro 100 Meter). Bei diesem Vorgang lösen sich Wolken auf, und die Erwärmung durch die Sonneneinstrahlung wird durch eine merkliche Temperaturerhöhung überlagert, wodurch die relative Luftfeuchte ebenfalls abnimmt. In den meisten Fällen setzt sich der Absinkvorgang nicht bis zur Erd- oberfläche durch. Durch die vorhan- dene bodennahe Kaltluft findet man dann häufig eine Temperaturum- kehr (Temperaturzunahme mit der Höhe) an einer ausgeprägten hori- zontalen Inversion, darüber mit zu- nehmender Höhe gleichbleibende oder geringe Temperaturabnahme und oft sehr geringe relative Feuch-

1786 Heft 31 vom 3. August 1978 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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NN Alpenvorland Poebenn 3000m -9°C RF100%

\\*\% 740m ^56°C RF100%

Stau in Luv

#10°C RF 75%

300m NN

1-)

Föhn in Lee

Alpen

^17°C RF22%

500m

Darstellung 1: Schematisierte Vorgänge bei Föhn auf der Alpennordseite

ten bei wenig Bewölkung. Nur im Niveau der Inversion bildet sich nicht selten eine dünne hochnebel- artige Wolkendecke. Darunter erge- ben sich höhere relative Feuchten und Akkumulation von anthropoge- nen Luftbeimengungen bei schwa- chen Winden. Diese Schichtung ent- spricht durchaus dem Vorföhnsta- dium des Gebirgsföhns.

Der freie Föhn wird nicht durch oro- graphische Effekte hervorgerufen, eventuell nur durch Oberflächen- strukturen verifiziert, wodurch bei bestimmten Wetterlagen freier Föhn und Gebirgsföhn als Übergangs- oder Zwischenformen auftreten können.

1.3 Die Biotropie des Föhns Die biotropen Eigenschaften des Föhns werden wahrscheinlich den Bewohnern von Gegenden mit Ge- birgsföhn schon seit früherer Zeit aufgefallen sein, da mit seinem Ein- setzen ein Naturschauspiel abläuft, das sich ganz eigenartig von den üblichen Wetterwechseln unter- scheidet. An einem klaren, tiefblau- en Himmel sind in Staffeln die cha- rakteristischen, silbern glänzenden Leewolken erkennbar und bei einem teilweise stark böigen, aber milden

Südwind ist die Fernsicht auf den Bergen hervorragend. So kann es nicht ausbleiben, daß man diesem augenfälligen Wettervorgang im Laufe der Zeit auch ganz typische Einflüsse auf Krankheit und Befin- den gefühlsmäßig zuordnete.

Zudem wirkt sich die Biotropie des durchgebrochenen Föhns auf ein- zelne Personengruppen unter- schiedlich aus. Während die einen an Konzentrationsschwäche, moto- rischer Unruhe und Schlafstörungen leiden, geraten andere in eine an Euphorie grenzende Hochstimmung mit positivem Leistungsdrang.

Auffällig ist dagegen die Tatsache, daß mit dem Durchbruch der Föhn- strömung bis zum Talgrund beste- hende Beschwerden oder Leiden, wie zum Beispiel Kreislaufbe- schwerden, Migräne bis zu schwe- ren Formen und Unfallneigung ver- schwinden oder sich merklich lin- dern. Damit liegt die Vermutung na- he, daß die Biotropie während des Vorföhnstadiums von dem Vorhan- densein der Föhninversion ausge- hen muß. Nach Untersuchungen in der Schweiz scheint auch der Ab- stand eines unter Föhnbeschwerden leidenden Menschen von der Inver- sion einen unterschiedlichen Einfluß zu haben. Nach den dortigen Er-

kenntnissen stiegen die krankhaften Föhnbeschwerden bis auf das Dop- pelte an, wenn sich die Testperso- nen unmittelbar unter der Föhnin- version befanden.

Therapievorschläge für die Behand- lung von Föhnbeschwerden können von der Medizinmeteorologie nicht gegeben werden, dies wird in jedem Falle Aufgabe des behandelnden Arztes sein, der seinen Patienten lange genug kennt, um bei der Be- handlung die Art der Erkrankungen und den Zeitpunkt ihres Auftretens berücksichtigen zu können. Typi- sche Föhnbeschwerden im Vorföhn- stadium mit Steigerungen bis zum Föhndurchbruch sind Allgemeinbe- schwerden wie Unfallbereitschaft, Konzentrationsschwäche, motori- sche Unruhe, Schlaflosigkeit und psychische Fehlleistungen bis zur Entgleisung. Bei den Krankheiten tritt unter anderem gehäuft Migräne bis zur schwersten Form auf, und es kommt zum Beispiel zu Blutdruck- depressionen in der Narkose. Viele der Beschwerden lassen sich medi- kamentös behandeln, wenn Wetter- entwicklung und Stärke der Biotro- pie im einzelnen berücksichtigt wer- den. Sollte sich aber trotz richtiger Medikation keine Linderung einstel- len, so ist solchen Patienten ein Wohnort außerhalb des Föhngebie-

(3)

Befindensstörungen 010 Allgem. Befindensstörungen

Schlafstörungen (Schlaftiefe)

Motorische Unruhe, Übererregbarkeit Müdigkeit, Abgeschlagenheit

Konzentrationsfähigkeit Allgem. Kopfschmerz Schmerzempfindungen Wärmebelastung

Unfallbereitschaft 020

011 012 013 014 015 016 017 018

Entzündliche Krankheiten 040

Allgem. entzündl. Krankheiten Angina

Erkältungskrankheiten Grippe

Appendizitis

Neurologische Erkrankungen 050 Migräne

Apoplexie Neurosen

Depressive Suizide

Depressive Zustände allgem.

Epilepsie

041 042 043 044 045

051 052 053 054 055 056

061 062 063 070 071 072 073 074 075 Nierenkoliken

Gallenkoliken

Krämpfe/Spasmen allgem.

Herz-Kreislauf-Erkrankungen Herzinsuffizienz

Herzinfarkt Angina pectoris

Hypotone Reaktionsformen Hypertone Reaktionsformen

081 002 083 084 Embolie

Thrombosen

Blutungsbereitschaft Hämophile Gelenkblutung

091 092 093 Allgem. Erscheinungsformen

Asthma bronchiale

Erkrankung der oberen Luftwege

101 102 103 104 105 Eklampsie

Akutes Glaukom

Entzündl. Rheumatismus Frühgeburt

Croup

Tabelle 1: Krankheiten und Befindensstörungen, für die vom Deutschen Wetterdienst eine Vorhersage des Wettereinflusses erarbeitet wird

Wettereinfluß auf: Kennung Wettereinfluß auf: Kennung

Spastische Erscheinungsformen 060

Blutgerinnungssysteme 080

Atemwegserkrankungen 090

Einzelne Reaktionsformen 100 021

022 023 030 031 032 Verkehrsunfälle

Betriebsunfälle

Reaktionszeit verlängert Todesfälle

Todesfälle allgem.

Herztod

tes zu empfehlen, allerdings mit dem Hinweis, daß der freie Föhn überall auftreten kann. Ebenso sprechen Personen, die sich im übrigen Deutschland als wetterfühlig erwie- sen haben, im Alpenvorland meist auf die Biotropie des Gebirgsföhns an. Aber auch scheinbar biotropie- resistente Menschen erfahren nach längerem Aufenthalt (gewöhnlich nach zwei Jahren) im Föhngebiet häufig, wie de Rudder es ausdrückt, eine „Sensibilisierung gegen Föhn".

2 Gesundheitliches Befinden und Wetter

Da der Föhn und der freie Föhn nur bei fest definierten Wetterlagen be- ziehungsweise in eng begrenzten

Gebieten auftreten, aber fast 30 Pro- zent aller Deutschen unter Wetter- fühligkeit leiden, müssen auch an- dere als die bisher beschriebenen Wetterlagen biotrop wirken.

Am wohlsten fühlt sich der Mensch bei Hochdruckwetter im Sommer, das heißt bei beständigem Schön- wetter. Es hat keinen negativen Ein- fluß auf den Organismus. Anders wirkt diese Wetterlage allerdings im Winter.

In niederen Lagen und Ebenen bil- det sich dann häufig eine Hochne- beldecke, die in extremen Fällen zu den gefürchteten smogähnlichen Si- tuationen führen kann, so daß Atem- wegs- und Kreislaufkranke vermehrt leiden.

Bei hohem Luftdruck östlich von Deutschland und tiefem Druck über dem Ostatlantik herrscht über Mit- teleuropa eine schwache südwestli- che Luftströmung. In den höheren Schichten der Atmosphäre setzt da- bei eine deutliche Erwärmung ein, obwohl am Himmel nur sich auflö- sende „Schönwetterwolken" zu se- hen sind.

Mit bloßem Auge ist also noch keine Wetterverschlechterung zu erken- nen. Der Organismus reagiert aber bereits auf diese in der Höhe heran- strömende Warmluft. Es stellt sich eine Verminderung der Leistungsfä- higkeit und Reaktionszeit ein, Ver- kehrs- und Betriebsunfälle sind er- höht. Nervöse Erregungszustände, Mattigkeit, Konzentrationsschwä-

1788 Heft 31 vom 3. August 1978 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

(4)

Tabelle 2: Medizinmeteorologische Dienststellen im Deutschen Wetterdienst

()

Deutscher Wetterdienst Wetteramt Essen

Sachgebiet Medizinmeteorologie

• Deutscher Wetterdienst Wetteramt Frankfurt (Main) Sachgebiet Medizinmeteorologie

4)

Deutscher Wetterdienst Wetteramt München

Sachgebiet Medizinmeteorologie

• Deutscher Wetterdienst

Zentrale Medizinmeteorologische Forschungsstelle

(i)

Deutscher Wetterdienst Zentralamt Offenbach (Main) Abteilung Klimatologie

Wallneyer Straße 10 4300 Essen 1

Telefon (02 01) 71 20 21/24 Frankfurter Straße 135 6050 Offenbach (Main) Telefon (06 11) 80 62-2 96 Bavariaring 10/111

8000 München 2

Telefon (0 89) 53 00 84-88 Stefan-Meier-Straße 4 7800 Freiburg 1

Telefon (07 61) 27 30 57/58 Frankfurter Straße 135 6050 Offenbach (Main) Telefon (06 11) 8 06 21

Föhn — Wetter — Mensch

che, Schwindel, Kopfschmerzen, Angstgefühl und Störungen an ve- getativ gesteuerten Organen werden vermehrt festgestellt.

Daneben treten aber auch Schmer- zen an Operationsnarben, Verlet- zungen und Frakturen sowie rheu- matische Beschwerden auf.

Mit dem weiteren Herannahen der Vorderseite des Tiefdruckgebietes — was nun auch durch das Aufziehen von Schichtbewölkung sichtbar wird, die Sonne verdunkelt sich im- mer mehr bis schließlich Nieselre- gen fällt, der in Dauerregen über- geht — dominieren die hypotonen Reaktionsformen besonders bei Herz- und Kreislaufkranken. Die Nei- gung zu Thrombosen, Embolien und Herzinfarkten nimmt zu. Sie ist be- sonders stark, wenn subtropische, feuchtwarme Luftmassen aus dem Mittelmeerraum nach Deutschland gelangen. Diese Wettervorgänge werden häufig mit dem Föhn ver- wechselt, sie haben aber meteorolo- gisch eine andere Ursache und dür- fen ihm deshalb nicht gleichgesetzt werden. Nach Durchzug der Warm- front — die Niederschläge nehmen ab, die Bewölkung lockert auf — las- sen die biotropen Reaktionen merk- lich nach.

In einem zeitlichen Abstand, der sich nach dem Entwicklungsstadium des Tiefs richtet, folgt eine Kaltfront mit Regenschauern nach, die auch ge- wittrig sein können. Ist diese Kalt- front nach Osten abgezogen, treten hypertone Reaktionen und die Er- krankungen des spastischen For- menkreises in den Vordergrund, wie Koliken aller Art, Asthma bronchiale, Angina pectoris.

Der Übergang von zyklonalem zu antizyklonalem Wetter — von tiefem zu hohem Luftdruck — ist dann wie- der durch Wetterberuhigung am Nachlassen der Niederschläge er- kennbar. Die spastischen Krank- heitserscheinungen klingen lang- sam ab.

Eine Sonderform, die besonders starke Reaktionen bei Wetterfühli- gen hervorruft, tritt dann auf, wenn

am Boden Hochdruckeinfluß vor- handen ist, sich in etwa 5000 Meter Höhe jedoch eine Kaltluftmasse aus der allgemeinen West-Ost-Zirkula- tion herausgelöst hat und in der At- mosphäre als eigenständiger Kalt- lufttropfen weiterzieht. Bei dieser Wetterlage sind besonders typisch:

heftige Kopfschmerzen, starke Mi- gräne, häufige Herz- und Kreislauf- beschwerden.

Die hier gegebene Beschreibung des Wetterablaufs von einem Hoch- zu einem Tiefdruckgebiet ist stark schematisiert. In der Natur treten meist Mischformen auf, die die ge- schilderten Zusammenhänge zwi- schen Wetter und menschlichem Befinden verwischen. In jahrelanger Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Medizinmeteorologen wurde aber bei den in Tabelle 1 angegebe- nen Krankheiten ein Zusammen- hang zu bestimmten Wetterentwick- lungen statistisch signifikant festge- stellt. Nach der exakten Analyse der Wetterlage ist es deshalb heute möglich, eine Vorhersage des Auf- tretens dieser Krankheits- und Be- findenszustände von den Medizin- meteorologischen Beratungsstellen des Deutschen Wetterdienstes in Form eines Wetterberichtes für Ärz- te zu geben.

3 Wetterbericht für Ärzte

Dieser Bericht enthält eine Aussage über die Wetterlage und deren vor- aussichtliche Entwicklung, Angaben über die zu erwartende Intensität des Wettereinflusses auf den Men- schen, also Stärke der Biotropie und Hinweise über die Art des Wetterein- flusses bei subjektiven Beschwer- den und Krankheitserscheinungen.

Den letztgenannten Aussagen liegen die bisher gesammelten Erfahrun- gen und statistischen Erhebungen über die Biotropie zugrunde. Sie sind als Hinweise auf die dominie- rende Wirkungsrichtung bei Befin- densreaktionen und im Krankheits- geschehen aufzufassen, wobei be- sondere konstitutionsbedingte Ab- weichungen naturgemäß nicht be- rücksichtigt werden können.

Der Medizinmeteorologe will mit sei- ner Vorhersage den Arzt auf die Ver- schiebung der Häufigkeitsverteilung medizinischer Ereignisse aufgrund der zu erwartenden Wetterlage hin- weisen. Es bleibt dem Arzt überlas- sen zu handeln, indem er zum Bei- spiel bei besonders konstituierten Patienten durch therapeutisch-pro- phylaktische Anweisungen die zu er- wartende Belastung abfängt oder sich vorbeugend auf Zwischenfälle

(5)

072 2

1.

Herzinfarkt heute und kommende Nacht morgen tagsüber mäßige Beeinflussung starke Beeinflussung (Intensität: 0 = keine oder gering, 1 = mäßig, 2 = stark)

Darstellung 2: Beispiel einer Wetterdurchsage für Ärzte Föhn — Wetter — Mensch

bei der Behandlung und bei der Me- dikation einstellt. Rückschlägen bei Kuren kann begegnet werden, wenn das Wetter bei Anwendung und Do- sierung der Kurmittel berücksichtigt wird.

In Tabelle 1 ist ein Katalog von wet- terbeeinflußten Krankheitsformen wiedergegeben. Aus dieser Aufstel- lung kann der Fachmediziner die ihn interessierenden Gruppen bezie- hungsweise Krankheiten auswählen, für die er eine Vorhersage wünscht.

Durch Abschluß eines Monatsabon- nements mit dem Deutschen Wetter- dienst wird der Arzt von dem für ihn zuständigen Wetteramt (Tabelle 2) telefonisch über die voraussichtli- che Biotropie unterrichtet, sobald die Intensitätsstufe „mäßig" erreicht oder überschritten wird. Der Bericht wird in verschlüsselter Form telefo- nisch nach dem in Darstellung 2 ge- zeigten Beispiel durchgegeben.

In den fünfspaltigen Gruppen kenn- zeichnen die ersten drei Zahlen die Krankheit, die vierte Zahl beschreibt den Biotropieindex am Ausgabetag und in der folgenden Nacht, die letz- te Zahl den Biotropieindex vom Fol- getag. Aus diesen beiden Zahlen läßt sich auch die Tendenz des Wetter- einflusses ablesen:

KKKO1 = heute kein Einfluß, mor- gen auf mäßig ansteigend

KKK12 = heute mäßiger Einfluß, morgen auf stark ansteigend KKK21 = heute starker Einfluß, mor- gen auf mäßig abklingend

Dieser Bericht wird zwischen 11.00 und 13.00 Uhr an die Abonnenten

abgegeben. Nach der Gebührenord- nung des Deutschen Wetterdienstes kostet ein Monatsabonnement für die medizin-meteorologische Bera- tung zur Zeit 65,— DM zuzüglich Übermittlungskosten. Sonderbera- tungen sind in der Gebühr bei Abon- nenten eingeschlossen; Nichtabon- nenten zahlen für eine Beratung 11,— DM. Ärzte, die an einem Bera- tungsabonnement interessiert sind, können die Unterlagen bei den Me- dizinmeteorologischen Dienststel- len in Essen (zuständig für: Schles- wig-Holstein, Hamburg, Niedersach- sen, Berlin und Nordrhein-Westfa- len), Frankfurt (zuständig für: Rhein- land-Pfalz, Saarland, Baden und Hessen) und München (zuständig für Württemberg und Bayern) anfor- dern (Anschriften Tabelle 2).

Literatur

Amelung, W.: Medizinische Klimatologie, Her- ausgeber Deutscher Bäderverband, 3. Auflage 1970,31 S. — Becker, F.: Medizinmeteorologie, ein Grenzgebiet zur Erforschung des Einflus- ses von Wetter und Klima auf den Menschen, Verein Dtsch. Ingen.-Zeitschr. 116 (1974) 1367-1454 — Brezowsky, H.: Föhn und Krank- heitsgeschehen, Zeitschr. Die Heilkunst 82 (1969), Heft 3 — Cordes, H., Reinke, R.: Biokli- matische Beratung, Fortschr. Med. 93 (1975) S.

85-86, 104-106 — Cordes, H.: Der Klima- und Wettereinfluß in der Bundesrepublik Deutsch- land, Zeitschr. f. Allgem. Med. 52 (1976) 248-251— Flohn, H.: Die bioklimatische Bedeu- tung des „freien Föhns", Zeitschr. Der Balneo- loge 8 (1941) Heft 1 — Ficker, H., De Rudder, B.:

Föhn und Föhnwirkungen, Akadem. Verlags- gesellschaft Geest u. Portig KG, Leipzig 1946 — Heigel, K.: Die Häufigkeit von Inversionen und Föhnvorgängen am Hohenpeißenberg, Zeitschr. Wetter und Leben 15 (1963) 231-234

Anschrift des Verfassers:

Diplommeteorologe Hans Jürgen Swantes Dr. Reinhard Reinke Frankfurter Straße 135 6050 Offenbach am Main

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1790 Heft 31 vom 3. August 1978 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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