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Archiv "Neue Aspekte in der arteriellen koronaren Bypasschirurgie" (04.07.2003)

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A1876 Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 274. Juli 2003

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ie koronare Bypassoperation hat sich in den letzten drei Jahrzehn- ten zu einem Standardeingriff in der Herzchirurgie entwickelt. Jähr- lich werden in Deutschland mehr als 70 000 Patienten mit koronarer Herz- erkrankung (KHK) chirurgisch revas- kularisiert.

Im Vergleich zur konservativen The- rapie resultiert aus der chirurgischen Revaskularisation bei Patienten mit einer Hauptstammstenose, 3-Gefäß- KHK und einer linksventrikulären Ejektionsfraktion von weniger als 40 Prozent ein Überlebensvorteil im Langzeitverlauf (21). Hierbei scheinen gerade Patienten mit hohem Risiko- profil (diffuse KHK und schwere links- ventrikuläre Dysfunktion) am meisten zu profitieren (2). Vergleichende Stu- dien zwischen chirurgischer Revasku- larisation und perkutaner Koronaran- gioplastie (PTCA) konnten keinen Unterschied hinsichtlich des initialen Patientenüberlebens aufzeigen (15).

Allerdings fand sich in der BARI-Stu- die („bypass angioplasty revasculariza- tion investigation“) im Langzeitver- lauf eine erhöhte Inzidenz an Rein-

terventionen nach PTCA (3). Selbst durch die Verwendung von koronaren Stents zur PTCA kann diese erhöhte Inzidenz an Restenosierungen und Reinterventionen nicht verhindert werden (18). Die BARI-Untersuchun- gen konnten zusätzlich zeigen, dass für Patienten mit einem Diabetes mellitus durch die chirurgische Revaskularisa- tion ein signifikanter Überlebensvor- teil erzielt werden konnte (3).

Trotzdem werden diese positiven Resultate durch die vaskulären Kom- plikationen an venösen Bypassgrafts überschattet. Sie erklären, dass in verschiedenen Untersuchungen, bei- spielsweise der CASS-Studie („coro- nary artery surgery study“), 7 bis 8 Jah- re postoperativ eine erhöhte Sterblich- keit der operierten Patienten zu ver- zeichnen ist, die den initialen Überle- bensvorteil im Vergleich zur konserva- tiven Therapie relativierte (8).

Seit Mitte der 80er-Jahre ist be- kannt, dass die Arteria thoracica inter- na (ITA), die auch als Arteria mam- maria bezeichnet wird, den venösen Bypassgefäßen hinsichtlich der Offen- heitsraten nach zehn Jahren (90 Pro- zent versus 60 Prozent) überlegen ist (12).

Die verbesserte Prognose der ITA führt zu einer niedrigeren Morbidität und Mortalität der Patienten im Lang- zeitverlauf (12). Aus diesem Grund gilt die Revaskularisation der Herz- vorderwand mittels der linksseitigen ITA in Kombination mit Venengrafts zur Hinter- und Seitenwand des Her- zens derzeit als das Standardverfahren in der chirurgischen Behandlung der KHK. Aber auch in dieser Kombinati- on von einer ITA mit Venengrafts führt die Degeneration des venösen Graftmaterials im langfristigen Ver- lauf zu rezidivierenden kardialen Be- schwerden mit der Notwendigkeit der erneuten Intervention.

Derzeit steht keine prophylaktische konservative Therapie zur Verfügung, mit der diese sowohl medizinisch als auch ökonomisch belastenden Kom-

Neue Aspekte in der arteriellen koronaren Bypasschirurgie

Zusammenfassung

Die koronare Bypassoperation gilt als die Thera- pieoption der Wahl in der Behandlung der koro- naren Mehrgefäßerkrankung. Die langfristige postoperative Prognose wird im Wesentlichen durch den Progress der nativen Arteriosklerose und die Degeneration der Bypassgrafts be- stimmt. Beides kann derzeit nur unzureichend durch eine Reduktion der Risikofaktoren und medikamentöse Therapie behandelt werden.

Es ist seit langer Zeit bekannt, dass die Arteria thoracica interna im Gegensatz zu venösen Grafts im Langzeitverlauf kaum degeneriert und verbesserte Funktionsraten aufweist. Da dies für den Patienten postoperativ mit einer verrin- gerten Morbidität und Mortalität einhergeht, erfolgten in den letzten Jahren verstärkte An- strengungen ausschließlich mit arteriellen Con- duits koronare Bypassoperationen durchzufüh-

ren. Die Autoren haben seit 1996 an der Etablie- rung einer Operationstechnik zur komplett arte- riellen Revaskularisation gearbeitet. Im Folgen- den wird über die klinischen Erfahrungen mit diesem Verfahren und die wissenschaftlichen Untersuchungen zur Physiologie arterieller Grafts im postoperativen Verlauf berichtet.

Schlüsselwörter: koronare Herzkrankheit, chir- urgische Therapie, Flussanalyse, Revaskularisa- tion, T-Graft

Summary

New Aspects in Coronary Artery Bypass Grafting

Coronary artery bypass grafting is the thera- peutical option of choice in the treatment of multivessel coronary artery disease. Long-term

prognosis after the operation is influenced by the progress of the native arterosclerosis and degeneration of venous conduits. At present the reduction of coronary risk factors and con- servative medical treatment are the only thera- peutical options to reduce these complications.

It is well known that the internal thoracic ar- tery shows an improved graft survival compar- ed to venous grafts. This reduces morbidity and mortality of the patients in the long-term postoperative course. Therefore efforts were made to increase the number of arterial con- duits. Since 1996 the authors performed com- plete arterial revascularization at their institu- tion. The clinical experience and the scientific data of the physiology of the arterial grafts during the postoperative course are presented.

Key words: coronary heart disease, surgery, flow analyses, revascularization, T-graft

1Abteilung für Thorax- und Herz-Gefäßchirurgie (Direk- tor: Prof. Dr. med. Hans-Joachim Schäfers), Universitäts- kliniken des Saarlandes

2Medizinische Klinik III/Kardiologie (Direktor: Prof. Dr.

med. Michael Böhm), Universitätskliniken des Saarlandes

Olaf Wendler

1

Benno Hennen

2

Hans-Joachim Schäfers

1

(2)

plikationen angegangen werden kön- nen. In den letzten Jahren wurde von verschiedenen Arbeitsgruppen über verbesserte Langzeitergebnisse nach kombinierter Verwendung der linken und rechten ITA (ITAa) zur Revasku- larisation des Ramus interventricula- ris anterior (RIVA) und des Ramus circumflexus (RCX) berichtet. In ei- ner Metaanalyse von Taggart et al. ließ sich für die Operation mittels zweier ITA ein klarer prognostischer Vorteil belegen (19).

Somit liegt die Schlussfolgerung na- he, dass die ausschließliche Verwen- dung von arteriellen Grafts die Ergeb- nisse nach koronarer Bypassoperation weiter verbessert, wozu einzelne Be- richte vorliegen (4). Hierzu wurde ne- ben der linken und rechten ITA auch die Arteria radialis (RA) verwandt (1). Die mittelfristigen Offenheitsra- ten der RA lagen hier nur geringfügig unter denen der ITA (11). Vorausset- zung für eine verbesserte langfristige Prognose ist aber in jedem Fall eine möglichst niedrige perioperative Mor- bidität.

Der Aussicht auf verbesserte Lang- zeitergebnisse stehen die Nachteile der Verwendung von Arterien gegen- über. Die Dauer der chirurgischen Präparation und somit der gesamten Operation ist verlängert. Arterielle Conduits weisen kleinere Durchmes- ser, kürzere Länge und größere Vulne- rabilität im Vergleich zu Venengrafts auf und stellen somit größere Anfor- derungen an das manuelle Geschick des Chirurgen. Nach beidseitiger Präparation der ITA ist insbesondere bei Patienten mit diabetischer Stoff- wechsellage eine erhöhte Inzidenz an sternalen Wundheilungsstörungen be- schrieben worden. Gefürchtet sind zu- dem myokardiale Durchblutungs- störungen, die bei einem Vasospasmus der arteriellen Conduits auftreten können.

Um diese perioperativen Risiken zu minimieren, wurden in den letzten Jahren verschiedene chirurgische Techniken vorgestellt. Hierzu gehören neben der skelettierenden Präparati- on der ITA die Einführung der RA als zusätzliches Conduit und die T-Graft- Konfiguration (Graft in Form des Buchstaben „T“).

Techniken der Koronarchirurgie

Skelettierende Präparation der Arteria thoracica interna

Bei der skelettierenden Präparation der ITA wird das arterielle Graft im Gegensatz zur konventionellen Tech- nik vollständig aus dem umgebenden Fett- und Bindegewebe der Thorax- wand herauspräpariert.

Intraoperativ zeigt die skelettierte ITA im Vergleich zur konventionell präparierten ITA eine ausgeprägtere Gefäßdilatation mit resultierender Zunahme von Gefäßlänge und -durch- messer (6). Sternale Komplikationen sind insbesondere nach bilateraler

Präparation bei Diabetikern im Ver- gleich zur konventionellen Technik re- duziert, was auf eine besser erhaltene sternale Kollateralperfusion zurück- geführt wird (5). Funktionelle Nach- teile hinsichtlich der langfristigen Er- gebnisse zwischen der skelettiert und konventionell präparierten ITA wur- den nach 15 Jahren postoperativ bis- her nicht beobachtet (10). Die Ar- beitsgruppe der Autoren konnte zu- sätzlich zeigen, dass die intraoperativ gemessene freie Flussrate der skelet-

tierten ITA im Vergleich zum konven- tionell präparierten Gefäß signifikant erhöht ist, was in einer verbesserten Protektion gegen eine myokardiale Ischämie resultieren könnte (Grafik 1) (22).

Radialarterie

Die Arteria radialis wurde 1973 erst- mals von Carpentier (7) als arterielles Graft in der Koronarchirurgie ver- wandt und von Acar und Calafiore Mitte der 90er-Jahre wieder etabliert.

In der Regel wird die Arteria radialis am Unterarm der nicht dominanten Hand entnommen, nachdem mithilfe des Allen-Tests eine ausreichende

Kollateralisierung über die Arteria ul- naris nachgewiesen wurde. Mittelfri- stige Ergebnisse zeigen, dass ihre Of- fenheitsraten nur gering unter denen der ITA liegen (1,11).

Auch dieses Conduit wird von den Autoren in skelettierender Technik entnommen und vollständig aus sei- nem Gefäßbett herauspräpariert. Nach distal bildet die oberflächliche Palmar- arterie, nach proximal der Abgang der Arteria ulnaris die Grenze der Präpa- ration.

Grafik 1

Intraoperative Messungen der freien Flussra- te an skelettierten und in konventioneller Technik präparierten Grafts der Arteria thor- acica intern (ITA), LITA, linke ITA; RITA, rechte ITA. Aus Wendler et al.: Eur J Cardiothorac Surg 1999; 15: 247–250, mit freundlicher Ge- nehmigung Elsevier Ltd.

Grafik 2

Komplett arterielle Revaskularisation des Her- zens unter Anwendung der T-Graft-Konfigura- tion; A, linke Arteria thoracica interna zur Herzvorderwand; B, rechte Arteria thoracica interna zur Hinter- und Seitenwand des Her- zens; C, T-Anastomose

A

B C

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T-Graft-Konfiguration

Die T-Graft-Konfiguration wurde erstmals an einem größeren Patien- tenkollektiv von Tector et al. vorge- stellt (20). Die linke ITA wurde bei den Patienten zur Revaskularisa- tion der Herzvorderwand, die rechte zur Versorgung der Gefäße an der Posterolateral- und der Hinterwand verwandt. Proximal wurde die rechte ITA als freies Graft in die linke ITA implantiert (Grafik 2).

Hierdurch ließ sich mit nur zwei ar- teriellen Conduits eine komplette Re- vaskularisation auch bei koronarer 3- Gefäß-KHK erzielen. Auf die zusätzli- che Präparation weiterer Conduits konnte verzichtet werden, wodurch sich Dauer und Trauma der Operation reduzieren ließen. Mittlerweile wur- den von den Autoren und weiteren Ar- beitsgruppen neben der rechten ITA auch die Arteria gastroepiploica (17) und RA (16) als zweites arterielles Conduit verwandt.

Klinische Erfahrungen

Patienten und Operationstechnik

In der Zeit von März 1996 bis Juni 2002 wurden an der Klinik der Auto- ren 1 386 Patienten mit einer korona- ren Mehr-Gefäß-KHK komplett arte- riell revaskularisiert (demographische Einzelheiten sieheTabelle 1). Die Ent- scheidung zur Verwendung arteriellen Graftmaterials erfolgte aufgrund ei- nes Lebensalters von 70 Jahren oder bei fehlendem venösen Graftmaterial.

Die Operationen wurden bei fast al- len Patienten unter Verwendung von zwei arteriellen Conduits durchge- führt. In wenigen Fällen (n = 7; 0,5 Prozent) war ein einzelnes Graft zur kompletten Revaskularisation ausrei- chend. In der Regel wurde die linke ITA zur Revaskularisation des RIVA und seiner Diagonaläste, das zweite Graft zur Anastomosierung von RCX und rechter Kranzarterie (RCA) ver- wandt. Die RA wurde bei ausreichen- der Kollateralperfusion an der Hand als das zweite Conduit der Wahl ge- nutzt (n = 1 204, 87 Prozent). Die rech- te ITA wurde bei Patienten angewen-

det, die eine unzureichende Kollate- ralperfusion an der Hand aufwiesen oder die Entnahme der RA aus ande- ren Gründen ablehnten (n = 186, 13 Prozent). Falls die Länge des zweiten Grafts für eine Implantation in die Aorta ascendens nicht ausreichte (n = 1 165, 84 Prozent) wurde dieses proximal in die linke ITA in der be- reits erwähnten T-Graft-Konfigurati- on implantiert.

Bei der Mehrzahl der Patienten wurde die Revaskularisation unter Verwendung der Herz-Lungen-Ma- schine in moderater systemischer Hy- pothermie durchgeführt. Lediglich bei Patienten, die eine ausgeprägte Arte-

riosklerose der Aorta ascendens oder eine schwere Sklerose der hirnversor- genden Gefäße aufwiesen, wurde auf die Klemmung der Aorta aufgrund des embolischen Risikos verzichtet. Sie wurden am schlagenden Herzen ohne Einsatz der extrakorporalen Zirkula- tion (n = 9, 0,7 Prozent) oder mithilfe der Herz-Lungen-Maschine am fibril- lierenden Herzen in tiefer Hypother- mie (n = 30, 2,2 Prozent) operiert.

Ergebnisse

Im Mittel wurden 4 ⫾1 (2 bis 7) Koro- nargefäße pro Patient anastomosiert.

Die mittlere Dauer der Operation be- trug 194 ⫾46 min bei einer Bypasszeit von 82 ⫾31 min und einer Ischämiezeit von 56 ⫾24 min. Hervorzuheben ist, dass die Operationszeit unter Verwen- dung beider ITAa im Vergleich zur Operation mit linker ITA und RA oder Venengrafts signifikant verlängert war (p = 0,0001). Zeitgleich wurden in Kombination mit der Revaskularisati- on bei 10,8 Prozent der Patienten wei- tere Eingriffe am Herzen und Gefäßsy- stem vorgenommen (Tabelle 2).

Die perioperative Morbidität war gering (Tabelle 3). Während des Kran- kenhausaufenthaltes verstarben 38 Patienten, entsprechend einer Leta- lität von 2,7 Prozent. Für die koronare Erstoperation ohne Kombinationsein- griff lag die Sterblichkeit bei 1,9 Pro- zent (n = 21 von 1 128).

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A1880 Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 274. Juli 2003

Tabelle 1 ´

Demographische Daten

Patienten (n) 1386

Alter (J) 63 ± 9

> 70 (n) 248/18 %

Geschlecht weiblich (n) 274/20 % Ejektionsfraktion (%) 57 ± 16

< 35 % (n) 159/12 %

Rezidiv-Operation (n) 118/8,5 % KHK

Hauptstammstenose

> 50 % (n) 706/51 %

3-Gefäß-Erkrankung (n) 1191/86 % Diabetes mellitus (n) 402/29 %

Insulinpflichtig (n) 180/13 % n, Anzahl

Tabelle 2 ´

Kombiniert durchgeführte Eingriffe

Eingriff Anzahl Prozent

Aortenklappe

Ersatz 54 3,9

Rekonstruktion 11 0,8

Mitralklappe

Ersatz 7 0,5

Rekonstruktion 42 3,0

Aorta

Ascendens Ersatz 16 1,2

Proximaler Bogenersatz 2 0,1

Totaler Bogenersatz 1 0,1

Linksventrikuläre Aneurysmektomie 4 0,3

Vorhofablation 2 0,1

Atrium septum Defektverschluss 2 0,1

Myxomresektion 1 0,1

Carotis Thrombendartherektomie 26 1,9

Aorto subclavialer Bypass 1 0,1

Pulmonale Thrombendartherektomie 2 0,1

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Postoperative

Koronarangiographie

Zur Dokumentation des Operations- ergebnisses wurde den ersten 300 arte- riell revaskularisierten Patienten eine Woche postoperativ eine Koronaran- giographie offeriert. Von diesen willig- ten 172 Patienten in die Untersuchung ein, die in Kooperation mit den Kolle- gen der kardiologischen Klinik durch- geführt wurde. Stenosen von 50 Pro- zent wurden als signifikant bewertet.

Bei 140 von 145 Patienten (96,5 Prozent) zeigte sich die T-Graft-Ana- stomose ohne Stenose. Von den 263 Anastomosen der linken ITA – zu RI- VA und Diagonalästen – waren 252 (95,8 Prozent) suffizient offen. Mit der rechten ITA waren 135 Anastomosen angelegt worden, von denen 129 keine signifikante Stenose aufwiesen (95,6 Prozent). Die 276 Anastomosen an der RA zeigten eine Offenheitsrate von 97,5 Prozent (n = 269).

Intravasale Flussmessungen

Vorraussetzung für eine suffiziente Myokardperfusion ist eine ausreichen- de koronare Flussreserve (CFR) im Bypassgraft (14). Aus diesem Grund

wurden die ersten von den Autoren operierten Patienten mittels intravasa- ler Flussmessungen nachuntersucht.

Mit diesem Verfahren steht ein Dia- gnostikum zur Verfügung mit dem die CFR im postoperativen Verlauf unter physiologischen Bedingungen gemes- sen werden kann. Sie gibt eine Infor- mation über die physiologische Funk- tion der arteriellen Bypassgrafts wie- der (14). Intraoperative Flussmessun-

gen eignen sich hierfür nicht, da Ein- flussgrößen wie beispielsweise Herz- frequenz, Blutdruck und Volumensta- tus des Patienten nicht ausreichend konstant gehalten werden können.

Um die Sicherheit der arteriellen Revaskularisation mittels T-Graft zu dokumentieren und Fragen von Kriti- kern beantworten zu können, sollten zwei Sachverhalte geklärt werden:

> Hat der Blutfluss in der Arteria subclavia einen Einfluss auf den Blut- fluss im T-Graft (9)?

Eine Woche postoperativ wurden 20 Patienten, die bei 3-Gefäß-KHK ei- ne komplett arterielle Revaskularisa- tion in T-Graft-Technik erhalten hat- ten, untersucht. Zeitgleich erfolgte ei- ne intravasale Flussmessung in der Ar- teria subclavia und der proximalen lin- ken ITA nachdem eine Blutdruck- manschette am linken Oberarm ange- setzt wurde. Nach dem Lösen der Blut- druckmanschette wurde die Flussmes- sung wiederholt.

Es zeigte sich, dass der Ruheblut- fluss in der Arteria subclavia nach Blockierung der Armdurchblutung signifikant abfiel (p = 0,01) und nach Freigeben der Armdurchblutung über- proportional stark anstieg (p = 0,0001).

Die zeitgleich bestimmten Blutflus- swerte in der proximalen ITA des T-Graft zeigten keine signifikanten Schwankungen zu den drei Messzeit- punkten (Grafik 3).

>Wird der Blutfluss im T-Graft von der Arteriosklerose der Nativgefäße beeinflusst und ist die koronare Fluss- reserve auch bei schwerer Arterio- sklerose ausreichend hoch (13)?

Um den Einfluss des konkurrieren- den nativen Koronarblutflusses auf den Blutfluss im T-Graft untersuchen zu können, werteten die Autoren die in- travasalen Flussmessungen von 82 Pa- tienten nach arterieller T-Graft-Revas- kularisation aus. Sie wurden hinsicht- lich der Anzahl verschlossener nativer Koronargefäße in drei Gruppen unter- teilt. In der Gruppe 1 (n = 31) waren al- le Koronargefäße stenosiert, aber nicht verschlossen. In der zweiten Gruppe (n = 33) wurden zwei stenosierte Koro- nargefäße und eine der großen Koro- narien (RIVA/RCX/RCA) verschlos- sen vorgefunden. In der Gruppe 3 (n = 18) war ein Koronargefäß steno- Tabelle 3 ´

Perioperativer Verlauf

Befund Anzahl Prozent

Postoperative IABP 40 2,9

Perioperativer Myokardinfarkt 24 1,7

Nachblutung/Reoperation 12 0,9

Phrenikusparese 4 0,3

Zerebraler Insult 20 1,4

Sternumwundheilungsstörungen/Reoperation

Instabilität 11 0,8

Infektion 16 1,2

Diabetiker versus 10 2,5 versus

Nichtdiabetiker 17 1,7

Unterarm 1204

Durchblutungsstörungen 0 0

Tiefe Wundheilungsstörungen 5 0,4

Temporäre Parästhesien 44 3,7

Krankenhausletalität

Gesamt 38 2,7

Erst-OP ohne kombinierten Eingriff 21 1,9

IABP, intraaortale Ballonpumpe

Grafik 3

Zeitgleiche Messung des Blutflusses in der linken Arteria subclavia und der linken Arte- ria thoracica interna des T-Graft. Aus Hennen et al.: Thorac Cardiovasc Surg 2001; 49: 84–88.

(5)

siert, zwei der großen Koronarien (RI- VA/RCX/RCA) verschlossen.

Der höchste Ruhefluss im T-Graft wurde in der Gruppe mit zwei ver- schlossenen Koronarien (Gruppe 3) sowohl eine Woche, als auch sechs Mo- nate postoperativ registriert. Er war zu beiden Zeitpunkten signifikant höher als in den Gruppen 1 und 2, die sich wiederum signifikant voneinan- der unterschieden (p = 0,05). Auch die maximalen Flusswerte waren signifi- kant von Gruppe 3 bis Gruppe 1 ab- nehmend (p = 0,05). Die CFR stieg in allen Gruppen innerhalb von sechs Monaten postoperativ signifikant an (p = 0,01). Hervorzuheben ist, dass sie zu beiden Messzeitpunkten

nicht signifikant verschieden zwischen den Gruppen war (Gruppe 1: 1,8/2,8; Gruppe 2:

1,9/2,7; Gruppe 3: 1,8/2,6) (Grafik 4).

Zusammenfassung

Die zunehmende Verwen- dung arteriellen Graftmateri- als wird als therapeutischer Ansatz zur Verbesserung der Langzeitprognose nach koro- narchirurgischen Eingriffen insbesondere für Patienten mit einem Diabetes mellitus gesehen (19). Allgemein ak- zeptierte chirurgische Kon- zepte zur komplett arteriellen Revaskularisation in der täg- lichen Routine liegen derzeit

nicht vor. Die skelettierende Präparati- onstechnik der ITA (5), die RA als zu- sätzliches Conduit (11) und die T- Graft-Konfiguration (20) stellen chir- urgische Techniken dar, mit denen das Ziel, ohne venöse Bypassgrafts eine komplette Revaskularisation zu erzie- len, leichter erreichbar ist.

Die von den Autoren vorgestellte Operationstechnik ist ein sicheres und effektives Verfahren, mit dem sich bei fast allen Patienten eine komplett arte- rielle Revaskularisation mit nur zwei arteriellen Conduits erzielen lässt (24).

Im Vergleich mit der konventionellen Bypasschirurgie unter Verwendung ei- ner ITA in Kombination mit Venen- grafts fanden sich keine Nachteile (25).

In den postoperativen Koronaran- giographien weisen sowohl die RA, als auch die linke und die rechte ITA ex- zellente Offenheitsraten auf (24). Bei den von den Autoren nachuntersuch- ten Patienten mit verschlossenen Ana- stomosen wurde nach interdisziplinä- rer Diskussion gegebenenfalls eine zu- sätzliche PTCA durchgeführt. Ein Pa- tient musste 8 Monate nach der initia- len Revaskularisation erneut operiert werden.

Obwohl bei der arteriellen Revas- kularisation mittels T-Graft der ge- samte Bypassfluss vom Blutfluss in der linken ITA abhängig ist, zeigen die von den Autoren durchgeführten in-

travasalen Flussmessungen, dass hier- aus keine Nachteile resultieren. Zum einen ist der Zufluss in das T-Graft nicht von den physiologischen Schwankungen des Blutflusses in der Arteria subclavia abhängig (9), zum anderen findet sich auch nach Revas- kularisation einer 3-Gefäß-KHK mit- tels T-Graft-Technik eine für arterielle Conduits normale CFR (13). Der ab- solute Blutfluss ist dabei abhängig von der Schwere der nativen Arterio- sklerose (13). Sechs Monate postope- rativ lässt sich sogar ein Anstieg der CFR im T-Graft – analog zu den Be- funden an konventionell verwandten einfachen ITA-Conduits – nachwei- sen (13). Hinsichtlich des Blutflusses

im T-Graft wurden keine Unterschie- de zwischen ITA/RA-T-Grafts und ei- ner Kombination mit beiden ITAa festgestellt (23).

Bei Diabetes-mellitus-Patienten bie- tet die komplette arterielle Revasku- larisation unter Verwendung der ske- lettierten ITA und RA eine sichere Therapieoption. Falls eine RA nicht verwandt werden kann, ist nach ske- lettierender Präparation beider ITAa aber auch bei diesen Patienten eine komplett arterielle Revaskularisation mit geringer Morbidität möglich.

Es bleibt abzuwarten, ob die guten perioperativen Ergebnisse einen Überlebensvorteil und eine verbesser- te Lebensqualität im Langzeitverlauf erbringen. Hinsichtlich der sehr guten früh-postoperativen Offenheitsraten der arteriellen Conduits wird sich zei- gen, ob sich diese auch mittelfristig be- stätigen lassen. In welcher Weise sich die Anwendung der T-Graft-Konfigu- ration auch positiv auf das Langzeiter- gebnis des zweiten arteriellen Conduit auswirkt, bleibt abzuwarten.

Derzeit bietet die komplett arteriel- le Revaskularisation die einzige Opti- on, die Langzeitergebnisse nach koro- narer Bypassoperation insbesondere beim jungen Patienten und bei Vorlie- gen eines Diabetes mellitus zu verbes- sern. Da sie in der vorgestellten Ope- rationstechnik kein erhöhtes Risiko bezüglich perioperativer Morbidität und Mortalität in sich birgt und bisher keine Berichte über eingeschränkte Langzeitergebnisse nach komplett ar- terieller Revaskularisation vorliegen, sollte die arterielle Revaskularisation beim jungen Patienten in der Routine- versorgung etabliert werden.

Manuskript eingereicht: 19. 11. 2002, revidierte Fassung angenommen: 9. 4. 2003

Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2003; 100: A 1876–1882 [Heft 27]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literatur- verzeichnis, das beim Verfasser erhältlich oder im Internet unter www.aerzteblatt.de/lit2703 abrufbar ist.

Anschrift für die Verfasser:

Priv.-Doz. Dr. med. Olaf Wendler Abteilung für Thorax- und Herz-Gefäßchirurgie Universitätskliniken des Saarlandes Kirrberger Straße 1

66424 Homburg/Saar

E-Mail: chowen@med-rz.uni-sb.de

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A1882 Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 274. Juli 2003

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Grafik 4

Absoluter Blutfluss im T-Graft in Abhängigkeit von der Schwere der Arteriosklerose im nativen Koronarsystem.

Aus Markwirth et al.: Ann Thorac Surg 2001; 71: 788–793.

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