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Archiv "Folge des Ärztemangels: Kommt jetzt der „War for Talents“?" (19.09.2003)

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er sich abzeichnende Ärztemangel führt suk- zessive zu Engpässen in der Versorgung. Meldungen über Versorgungslücken im ambulanten und stationären Sektor gerade in den neuen Bundesländern häufen sich.

Die Ursachen für die of- fensichtlich abnehmende At- traktivität des Arztberufes sind vielfältig: Hohe Arbeits- zeitbelastung, (schlecht be- zahlte) Bereitschaftsdienste, Überlastung durch Verwal- tungs- und Dokumentations- aufgaben, geringe Zukunfts- chancen in der Klinik durch befristete Arbeitsverträge und Bettenabbau, ungünstige Ar- beitsbedingungen in veralte- ten und schlecht instand gehal- tenen Kliniken, Budgetierung und folglich Investitionsstau und mangelnde Umsetzung medizinischen Fortschritts, Nie- derlassungssperre, drohende Rezertifizierung und Kompe- tenzüberprüfung, Kunstfehler- prozesse, sinkendes Ansehen in der Bevölkerung.

Falls das Gesundheitssy- stem nicht weiter über mas- sive Personalreduktion „ge- sund“gespart wird, dürfte mit dem Ärztemangel zuneh- mend ein vermehrter Wettbe- werb um qualifizierte Ärzte einhergehen. In der Industrie hat ein solcher Mangel an qualifizierten Mitarbeitern im „Human Ressource Man- agement“ zu einem „War for Talents“ geführt und speziell zu der Frage, was ein Unter- nehmen für die Bewerber at- traktiv macht. Das Gesund- heitswesen ist heute weit von einem vergleichbaren Perso- nalmanagement entfernt. Auf- grund des Nachwuchsman- gels werden Aspekte des Personalmarketings und der Personalentwicklung zuneh- mend aber auch im Gesund- heitswesen relevant.

Im Rahmen der Studie

„Great Job“ bei einem Au- tomobilkonzern wurde eine nach Berufsbildern und Ab- teilungen geschichtete Zu- fallsstichprobe von 112 Mitar- beitern befragt. Aus den 2 700 Nennungen konnten inhalts- analytisch 64 Statements ge- neriert und acht Kategorien zugeordnet werden: Tätigkeit, berufliche Perspektive, Be- lohnung, Arbeitsumfeld, Kol- legen, Vorgesetzter, Unter- nehmenskultur und Image.

Von den 64 Statements wur- den am häufigsten eine gute Bezahlung (96,4 Prozent), eine konstruktive Zusammenarbeit unter Kollegen (83,9 Prozent) und eine der persönlichen Nei- gung entsprechende Tätigkeit (82,1 Prozent) genannt (siehe Tabelle). Seltener genannte,

aber für das Gesundheitswe- sen relevante Statements be- treffen die Aspekte bewältig- bare Tätigkeit (55,4 Prozent), mit Privatleben vereinbare Tätigkeit (48,2 Prozent), fun- dierte Aus- und Weiterbil- dung (47,3 Prozent) und kei- ne Bürokratie (28,6 Prozent).

Lassen sich diese Aussagen zum Thema Great Job auf das Gesundheitswesen übertra- gen, obgleich sich Motivation und Arbeitsbedingungen eines Arztes von denen eines In-

genieurs oder Betriebswirt- schaftlers unterscheiden? Stu- dien bei Hochschulabsolven- ten zeigten schon in den 80er- Jahren den Wandel der Wert- orientierungen, Arbeitsmotive und Ansprüche haben sich ver- ändert: Die Tätigkeit soll inter- essant, abwechslungsreich und verantwortungsvoll sein, das Einbringen eigener Ideen er- möglichen, Kontakt zu ande- ren Menschen mit sich bringen und in einem guten Betriebs- klima erfolgen. Für die Stellen- wahl sind aber auch Entwick- lungsaspekte der Tätigkeit von Bedeutung – und hier liegen derzeit die Problemfelder im Gesundheitswesen.

Die derzeitigen ökonomi- schen Restriktionen lassen den Arztberuf als „Great Job“

nicht mehr realistisch erschei-

nen: Die ärztliche Tätigkeit ist aufgrund der zunehmen- den Arbeitsverdichtung durch immer kürzere Verweildau- ern, mehr Patienten (mit höhe- ren Erwartungen),vermehrten Dokumentationsaufgaben und der bestehenden Personal- knappheit kaum bewältigbar.

Der Arztberuf ist wegen der ständigen Überstunden mit dem Privatleben nur schwer vereinbar. Die von Ärzten ge- wünschten flexiblen Arbeits- zeitmodelle in der Klinik schei-

tern an der Personalsituation und den starren Vorschriften des öffentlichen Dienstes. Ein erfolgreicher beruflicher Wer- degang und eine leistungsge- rechte Bezahlung kann auf- grund der wenigen leitenden Klinikstellen sowie der Nie- derlassungssperre und der Budgetierung von vielen nicht erreicht werden.

Das hierarchische System in der Klinik schränkt auch die Möglichkeiten einer eigenver- antwortlichen Tätigkeit und eines aktiven Mitgestaltens ein. AiP- und Assistenzarzt- zeit wirken ernüchternd – und führen zum Abwandern der Ärzte in nichtärztliche Tätig- keitsfelder, wo sie bessere Ar- beitsbedingungen vorfinden.

Andere Anreize setzen Die nach wie vor bestehenden Gratifikationen durch das Er- leben einer effektiven Tätig- keit, die diagnostische Sicher- heit und die therapeutischen Erfolge reichen alleine nicht aus, den Arztberuf in Zukunft attraktiv zu machen.Trotz oder gerade aufgrund der derzeiti- gen Situation im Gesundheits- wesen sollten diese Attrakto- ren für die berufliche Tätigkeit wichtige Anhaltspunkte für das Personalmanagement sein.

Die Gewinnung von Medi- zinstudenten für den Arztbe- ruf muss bereits während des Studiums erfolgen, die Förde- rung der Jungärzte sollte Kli- nikleiter und Geschäftsführer, die Vertreter der Standesorga- nisationen, aber auch die Ko- stenträger und Gesundheits- politiker in die Pflicht nehmen.

Die notwendigen Maßnahmen, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern, reichen von der at- traktiveren Gestaltung des Ar- beitsplatzes bis hin zu neuen Anreizsystemen wie die Ho- norierung von Leistung anstel- le starrer BAT-Vergütung. Ei- ne hohe Arbeitszufriedenheit hat auch positive Effekte auf die Patientenversorgung – und darum geht es auch in Zeiten knapper Ressourcen.

Dr. med. Hermann Spießl Bettina Hübner-Liebermann Psychiatrische Universitätsklinik, Regensburg

V A R I A

Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 3819. September 2003 AA2461

Folge des Ärztemangels

Kommt jetzt der „War for Talents“?

Aufgrund des Nachwuchsmangels werden Aspekte des Personalmarketings und der Personalentwicklung zunehmend auch im Gesundheitswesen relevant.

´ TabelleCC´

Die zehn häufigsten Nennungen von Mitarbeitern eines Automobilwerkes (n = 112) zum Thema „Great Job“

1. Gute Bezahlung 96,4 %

2. Konstruktive Zusammenarbeit mit Kollegen 83,9 % 3. Persönlicher Neigung entsprechende Tätigkeit 82,1 %

4. Sicherer Arbeitsplatz 76,8 %

5. Attraktive Arbeitszeitmodelle 72,3 %

6. Abwechslungsreiche Tätigkeit 71,4 %

7. Guter Ruf des Unternehmens 70,5 %

8. Aktiv mitgestalten 68,8 %

9. Eigenverantwortliche Tätigkeit 67,0 % 10. Kollegialität des Vorgesetzten 63,4 % Wirtschaft

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