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Die inter¬ nationale Indologie verliert mit ihm einen bedeutenden Vertreter des Faches, der maßgeblich an der Erforschung des Pali-Bud- dhismus und des alten Jainismus beteiligt war

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In memoriam Chandrabhal B. Tripathi (19.9.1929-4.3.1996)

Von Klaus Bruhn, Berlin

Am 4. März 1996 starb Chandrabhal Bhailalbhai Tripathi

nach längerem Leiden in einem Berliner Krankenhaus. Die inter¬

nationale Indologie verliert mit ihm einen bedeutenden Vertreter

des Faches, der maßgeblich an der Erforschung des Pali-Bud-

dhismus und des alten Jainismus beteiligt war.

C. Tripathi war von Haus aus Gujarati und bis zu seinem Tode

der kulturellen Tradition seines Heimatlandes verbunden. 1929

im damaligen Fürstentum Cambay geboren, wuchs er in einer

traditionellen Familie auf und erhielt bereits vom vierten Lebens¬

jahr an Sanskritunterricht, zunächst von seinem Vater Bhailal¬

bhai D. Tripathi, der Anwalt (und „President of the Bar Associa¬

tion") war, später von dem Pandit B. D. Kavi. Nach seinem

Schulabschluß studierte er in Bombay Jura und geisteswissen¬

schaftliche Fächer bis zum B.A. (1952) und in Ahmedabad Sans¬

krit und Ardhamagadhi bis zum M.A. (1953). Parallel zum Stu¬

dium unterrichtete er von 1950 bis 1954 Sanskrit und moderne

Sprachen an den höheren Schulen von Nar und Anand. In Vi-

dyanagar traf er mit Prof. D. R. Mankad zusammen, der ihn in

die Beschäftigung mit Handschriften einführte und ihn vielleicht

auch auf Ernst Waldschmidt hinwies. Jedenfalls ging C. Tripa¬

thi 1954 mit einem Humboldt-Forschungsstipendium versehen

nach Göttingen. Das war damals für einen jungen indischen

Sanskritisten zweifellos ein mutiger Schritt.

In Göttingen wurde C. Tripathi bald zu einem aktiven Mitglied

der WALDSCHMiDT-Schule. 1960 promovierte er, inzwischen zum

Lektor ernannt, über Fünfundzwanzig Sütras des Nidänasamyuk¬

ta. E. Waldschmidt hatte 1957 zwei Aufsätze veröffentlicht, in

denen er über seine Identifizierung einer längeren Turfanhand¬

schrift (S474) berichtete. Der neu entdeckte Text war ein Teil des

Nidänasamyukta, und E. Waldschmidt vertraute die Edition und

weitere Bearbeitung (S474 und „andere Fragmente") C. Tripathi

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2 Klaus Bruhn

an. Tripathi schrieb auf S.9: „Diese Sütras [1-25] repräsentieren

annähernd die Hälfte des gesamten Nidänasarnyukta und bilden

einen bisher für verloren gehaltenen buddhistischen Sanskrit-

Text". Die 1962 publizierte Studie war ein eindrucksvolles Zeug¬

nis von C. Tripathis philologischen Fähigkeiten und wurde zu ei¬

nem wichtigen Hilfsmittel bei der Arbeit an dem von E. Wald¬

schmidt 1953 begründeten Sanskrit-Wörterbuch der buddhisti¬

schen Texte aus den Turfan-Funden. Von 1958 bis 1964 nahm

C. Tripathi selbst an den vorbereitenden Arbeiten für das Wör¬

terbuch teil. In einem 1974 erschienenen Aufsatz hat sich

J.W. DE Jong ausführlich mit Tripathis Dissertation beschäftigt'.

C. Tripathi war etwa zehn Jahre in Göttingen. Am Anfang der

„Acknowledgements" seiner Ekottarägama-kvhe'xi (s.u.) richtet

C. Tripathi den Blick dankbar zurück und schließt mit dem Hin¬

weis auf Göttingen: „First, I am beholden to my respected tea¬

chers. With Sri B. D. Kavi (Cambay) I learnt the Sanskrit lan¬

guage and literature. Prof. D. R. Mankad (Vidyanagar) intro¬

duced me to the subtle and rewarding field of manuscriptology.

Prof. Dr. Ernst Waldschmidt (Göttingen) taught me the many

ways of dealing with fragments, especially when identifying, de¬

scribing or editing them. The solid ground laid in Cambay, the

training in Vidyanagar and the critical methods taught in Göttin¬

gen have all proved to be a valuable asset for me."

Von Göttingen ging C. Tripathi 1964 nach Köln, um neben ei¬

ner Tätigkeit als Lehrbeauftragter bei K. L. Janert an der Katalo¬

gisierung indischer Handschriften mitzuarbeiten. In das Jahr

1964 fällt auch C. Tripathis Teilnahme an einer von J.Haekel ge¬

leiteten Österreichischen Indien-Expedition. Die Expedition

diente der Erweiterung und Absicherung der Ergebnisse einer

vorangegangenen ethnologischen Expedition (1960/61), die in

das Gebiet der Rathva-Kolis, einer Regionalgruppe der zentral¬

indischen Bhilalas geführt hatte. C. Tripathi, der sich mit den

Rathva-Kolis in seiner Muttersprache Gujarati unterhalten

konnte, diente 1964 als Dolmetscher und war maßgeblich an der

Ausarbeitung der Ergebnisse beteiligt. In Köln war er 1964-1966

Mitarbeiter an Band 11,2 {Indische und nepalische Handschriften)

' „A propos du Nidänasarnyukta", in: Melanges de Sinologie offerts a Mon¬

sieur Paul Demieville. II. Paris 1974. Bibliotheque de ITnstitut des Hautes Etudes Chinoises. Vol. XX, S. 137-149. Vgl. auch De Jongs zuvor erschienene Rezension in Band 10 (1967/68) des Indo-Iranian Journal (S. 198- 99).

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In memoriam Chandrabhal B. Tripathi 3

im Verzeichnis der Orientalischen Handschriften in Deutschland.

Von Köln ging er jedoch bereits 1966 nach Vrindaban bei Mathu¬

ra, um die Leitung des Sanskrit Departments am dortigen „Insti¬

tute of Oriental Philosophy" zu übernehmen.

Die Tätigkeit in Vrindaban dauerte nur ein dreiviertel Jahr. Im

April 1967 kehrte C. Tripathi nach Deutschland zurück und ging

an das damalige „Seminar für Indische Philologie" der Freien

Universität Berlin. An dieser Stätte hat er bis zum Jahre 1989 im

aktiven Dienst gewirkt, erst als Lektor und Akademischer Rat,

dann (seit 1971) als Universitätsprofessor. Nach der gesundheits¬

bedingten vorzeitigen Pensionierung im Jahre 1989 war er im

Rahmen des Möglichen bis in das letzte Lebensjahr hinein aka¬

demisch tätig.

C. Tripathi begann in Berlin mit Arbeiten auf dem Gebiet des

alten Jainismus. Zunächst war er maßgeblich an der Erstellung

der „Jaina-Konkordanz" (B. Bhatt, K. Bruhn, C. Tripathi) betei¬

ligt. Dieses meist nur Spezialisten bekannte Arbeitsinstrument

zur alten Jaina-Literatur (50000 Karteikarten) gehört in den grö¬

ßeren Zusammenhang der von W. Schubring und vor allem von

L. Alsdorf in die Wege geleiteten Wiederaufnahme der

LEUMANNschen Studien zur jainistisehen Niryukti-Bhäsya-Litera-

tur. C. Tripathi hat zu Lebzeiten nicht oft auf diesem Gebiet pu¬

bliziert, aber neben einigen Aufsätzen zeigen seine für die Kon¬

kordanzarbeit wichtigen handschriftlichen Eintragungen in Po-

thT-Ausgaben des Instituts, wie intensiv er sich seinerzeit mit der

Materie beschäftigt haL Zugleich begann er mit der Katalogisie¬

rung der von E. Leumann in den neunziger Jahren des vorigen

Jahrhunderts aufgebauten Sammlung von Jaina-Handschriften in

der Universität Straßburg (Bibliotheque Nationale et Universitai¬

re de Strasbourg). Bei diesem Projekt, mit dem er sich 1971 an

der FU Berlin habilitierte und das 1975 publiziert wurde, konnte

er die Kölner Erfahrungen mit den Erfahrungen aus der Konkor¬

danz-Arbeit verbinden. Die Bedeutung des Katalogs {Catalogue

of the Jaina Manuscripts at Strasbourg) ergibt sich zunächst aus

dem Umstand, daß E. Leumann - in jeder Hinsicht seiner Zeit

voraus - die Handschriften gezielt gekauft hatte, z. B. unter Ein¬

beziehung von Digambara-Handschriften. C. Tripathi schreibt

auf S. 10: „The collection of Indian (specially but not exclusively

Jaina) Manuscripts at Strasbourg bears the uneffaceable stamp of

the personality of Professor Dr. Ernst Leumann." Jaina-For-

schung war zu Leumanns Zeiten normalerweise Forschung auf

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4 Klaus Bruhn

der Grundlage von Handschriften, und durch die Straßburger

Sammlung war die Zahl der in Europa verfügbaren Jaina-Texte

spürbar vermehrt worden. Obwohl inzwischen meist Ausgaben

erschienen sind, handelt es sich doch bei den Straßburger Hand¬

schriften um Texte, die trotz ihres großen Interesses für die For¬

schung bis in die Gegenwart hinein nur wenig Beachtung gefun¬

den haben. C. Tripathis Behandlung der einzelnen Handschriften

war somit nicht nur deskriptive Arbeit, sondern zugleich ein Bei¬

trag zur Jaina-Literaturgeschichte. Die Bedeutung des Katalogs

ergibt sich sodann aus dem umfangreichen und durch Tafeln er¬

gänzten Einleitungsteil. Er bildet eine durchsystematisierte Dar¬

stellung der jainistisehen Textüberlieferung, eine Darstellung,

die von E. Bender als „a primer of manuscriptology^" bezeichnet

wurde. Leider ist der ca. 450 Seiten starke Band seit 1988 nicht

mehr im Buchhandel erhältlich.

In der Zeit nach der Herstellung des Straßburger Katalogs

stand für C. Tripathi die Arbeit an dem „Gilgit" Ekottarägama

aus dem buddhistischen Sanskritkanon im Vordergrund, womit

er wieder an die Göttinger Zeit anknüpfte. Es handelt sich um

siebenundzwanzig in Neu Delhi und Ujjain aufbewahrte und in

„Proto-Säradä" geschriebene Blätter einer Handschrift dieses

Werkes. Vermutlich begann C. Tripathi sich für das Werk zu in¬

teressieren, als er feststellte, daß das im SangTtisütra nur in ein

paar Worten erhaltene „antaroddäna" im Gilgit Ekottarägama

nahezu vollständig überliefert war. In zwei 1985 und 1989 er¬

schienenen Aufsätzen'' wies C. Tripathi Beziehungen zwischen

SangTtisütra und Gilgit Ekottarägama nach und kündigte zu¬

gleich eine Ausgabe des letztgenannten Werkes an. Die bald zur

Monographie erweiterte Textausgabe beschäftigte ihn - mit lan¬

gen Unterbrechungen - seit dem Ende der siebziger Jahre, erfor¬

derte zwei Indienreisen zur Herstellung von Handschriftenphotos

und erschien erst kurz vor seinem Tode {Ekottarägama-Frag-

mente der Gilgit-Handschrift).

Ein zeitlich weit zurückliegendes Projekt gelangte nicht mehr

^ Rezension des Katalogs in JAOS 98. 1978, S. 199.

^ „SahgTti-Sütra, Nipäta II, und Ekottarägama-Parallelen", in: H. Bechert (Hg.) : Zur Schulzugehörigkeit von Werken der Hinayäna-Literatur Erster Teil. Göt¬

tingen 1985, S. 191-99. - „SangTtisütra, Nipäta II, and Parallel Passages in the Ekottarägama", in: N. H.Santani and H.S.Prasad (eds.), Amalä Prajnä: Aspeets of Buddhist Studies (P.V. Bapat Vol.). Delhi 1989, S. 87-95.

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In memoriam Chandrabhal B. Tripathi 5

zur Publikation, obwohl die Arbeit schon seit längerer Zeit nahe¬

zu abgeschlossen war. Es handelt sich um eine Ausgabe des zum

Niryukti-Bhäsya-Bereich gehörenden Pancakalpabhäsya, über

das C. Tripathi 1980 auf dem „Deutschen Orientalistentag" in

Berlin und 1981 auf dem „International Symposium on Jaina Ca¬

nonical and Narrative Literature" in Straßburg berichtet hatte.

Eine postume Publikation ist geplant.

Leumanns Straßburger Handschriftensammlung enthielt auch

drei Manuskripte der Ratnamanjüsä, eines Jaina-Werks zur

Sanskrit-Metrik. C. Tripathi publizierte in der Waldschmidt-Fest¬

schrift (1977) einen Aufsatz über die Beziehungen der R. zu an¬

deren Texten (vor allem zu der von D. Schlingloff herausgege¬

benen Turfan-Chandovociti), hatte aber weiterreichende Pläne:

„We have, no doubt, to admit that further investigations are ur¬

gently needed to solve various problems regarding the early lite¬

rature on Sanskrit Metrics." Aus verschiedenen Gründen ist es

leider nicht zur Fortsetzung dieser Arbeit gekommen, die ihn

zeitweilig sehr beschäftigt hatte.

In den letzten Jahren seines Lebens eröffnete sich für C. Tripathi

noch einmal die Möglichkeit, an einem größeren Katalogisie¬

rungsprojekt zu arbeiten. Die British Library bat ihn, eine dort

befindliche Sammlung von Jaina-Manuskripten (Sanskrit, Prakrit

und vor allem Alt-Gujarati)'' zu katalogisieren. C. Tripathi war

mehrere Male in London und hat einen Teil des Materials aufge¬

arbeitet. Seine Aufzeichnungen sind jedoch aufgrund der be¬

grenzten Zeit, die ihm blieb, ein Torso geblieben, der nur im

Rahmen einer Fortsetzung der von ihm geleisteten Arbeit veröf¬

fentlicht werden könnte.

Der Parallelismus verschiedener unabgeschlossener Projekte

war für den von seiner Krankheit Gezeichneten eine schwere Be¬

lastung. Gerade die allerletzte, die Londoner Arbeit lag ihm sehr

am Herzen, und er hat lange Zeit gehofft, die Aufnahme der

Londoner Manuskripte trotz seines verschlechterten Gesund¬

heitszustandes fortsetzen zu können.

C. Tripathi war ein Gelehrter der alten Schule, und im Grunde

genommen bis an sein Lebensende ein „Göttinger". Sein Blick

war immer fest auf die Texte gerichtet, obwohl er für alle weiter-

Handschriften aus den „Oriental Collecdons" und aus den „India Office CoUections" innerhalb der British Library.

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6 Klaus Bruhn

führenden Überlegungen aufgeschlossen war. Überhaupt war er

nicht nur Forscher. Er kannte das ahe wie das neue Indien und

verfügte über ein stupendes Wissen, das er mit größter Bereitwil¬

ligkeit an die Studierenden weitergab und das auch die Hörer

seiner öffentlichen Vorträge beeindruckte. Die zahlreichen Schü¬

ler, die er zum Examen führte, haben ihn in dankbarster Erinne¬

rung. Die befreundeten Kollegen an der FU Berlin und an ande¬

ren Universitäten bewunderten sein Wissen und die Begeiste¬

rung, mit der er sich den alten Texten widmete, eine Begeiste¬

rung, die auch im Lichte seiner religiösen Überzeugungen gese¬

hen werden mußte. C. Tripathis Tätigkeit beschränkte sich auch

nicht auf den akademischen Bereich. Er war aktives Mitglied

und von 1990 bis 1996 Vorsitzender der „Deutsch-Indischen Ge¬

sellschaft Berlin". Als Inder und Gujarati fühlte er sich Mahatma

Gandhi verbunden und zeigte lebhaftes Interesse für alle Aktivi¬

täten, die mit Mahatma Gandhi im Zusammenhang standen.

Sein Leben endete viel zu früh, aber sein Lebenswerk wird blei¬

bende Erinnerungen hinterlassen.

Die Bibliographie von C. Tripathi wird in Band 11 der Berliner

Indologischen Studien erscheinen.

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