Die Farben des Koran
Semantik und Funktion der koranischen Farbbezeichnungen
Von Juliane Muller , Berlin
Summary
:The semantics of colour terms m Pre islamic Arabic diverge m various ways from Classical and Modern Arabic This has to be taken into consideration for an authen¬
tic translation of the colour terms m the Quran This article contains
asystematic presen¬
tation of the nomenclature of colours m the Quran with
asemantic commentary based on the meanings of Arabic colour terms m Preislamic Poetry as analysed by W Fischer The Qur
'anic inventory of colours is placed m its context within the History of language and the quantitative distribution and contextual functions of the colour terms m the Quranic text are explored They illustrate the chronological development m the use of colour terms m the course of the Qur
'amc
revelat ion
— from the varying secundary colour terms in the early Meccan Suras to the reduction of the Qur
'amc colour spectrum to the two contrast¬
ing primary colour pairs abyad / aswad and ah dar / asfar m Med man times
Die Relativität der Semantik von Farbbezeichnungen hat seit jeher das Ver¬
hältnis von Farbe und Sprache geprägt . Zum einen bedingt die subjektiv vari¬
ierende Farbwahrnehmung unterschiedliche Einteilungen und Benennungen
des Farbspektrums in verschiedenen Sprachen und Kulturkreisen und zum
anderen kommt es nicht selten im Laufe der Sprachentwicklung zu einem
diachronen Bedeutungswandel bei bestimmten Färb wortern . 1 So kann im
Arabischen bei unhinterfragter Übertragung moderner Farbkonzepte auf
die altarabischen Farbbezeichnungen ohne Berücksichtigung eines mögli¬
chen semantischen Wandels unter Umstanden ein verfälschtes Bild entstehen .
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit sollen nun die altarabischen Farb¬
bezeichnungen 2 des Koran , dessen Sprache - mit gewissen Einflüssen des
mekkanischen Dialekts - der poetischen Komë der altarabischen Dichtung
entspricht , 3 auf ihre Semantik hin untersucht werden , insbesondere durch
den Vergleich des koranischen Farbwortgebrauchs mit den von Fischer
1 Das mittelhochdeutsche Farbwort brun beispielsweise bezeichnete im Gegensatz zum heutigen braun gleichermaßen braune und violette Farbtone
(vgl Jacobsohn
1915 ,S 86f ) 2 Der Begriff der
„Farbe " ist hier als Bezeichnung fur Farbqualitaten zu verstehen , was - gerade m antiken und mittelalterlichen Sprachen - zum Teil auch Bezeichnungen fur Lichteffekte mit einschließt Nicht untersucht werden in dieser Arbeit Begriffe fur Farbe¬
mittel
,wie zum Beispiel Purpur oder Indigo
,da diese im Korantext nicht vorhanden sind
3 Vgl Welch
1981 ,S 419
118 J
uliane
Müller
ermittelten Farbwortbedeutungen bei den altarabischen Dichtern . Der umfassenden Darstellung des koranischen Farbinventars wird dessen sprach™
geschichtliche Einordnung folgen , bevor schließlich , ausgehend von der se¬
mantischen Analyse , die quantitative Verteilung und kontextuelle Funktion der Farbwörter im Korantext untersucht wird .
Hierdurch soll nicht zuletzt auch ermöglicht werden , den Korantext auf farbsemantischer Ebene anderen monotheistischen Texten , wie etwa dem Alten Testament , für das bereits Farbwortstudien von Gradwohl und
Brenner vorliegen , gegenüber zu stellen .
1 Einführung
1 . 1
Farbtheorie und Farbkategorien
Farbe als physische Manifestation des Lichts wird in drei verschiedenen Di¬
mensionen wahrgenommen
4 :Im Bezug auf ihren Farbton
( d . h .die durch die Wellenlänge der Lichtstrahlen bedingte Chromatizität
) , 5ihre Helligkeit
(die Stärke der Lichtreflektion ) und ihre Sättigung
(die Reinheit des Farbtons ,
z . B
.
„tiefblau " im Gegensatz zu
„trübem blau
" ) .Weiß und schwarz weisen
weder Chromatizität noch Sättigung auf , sie stellen die beiden Helligkeits¬
pole zwischen vollständiger Lichtreflektion ( weiß ) und vollständiger Ab™
sorbtion
(schwarz ) dar
.6
Bei der systematischen Untersuchung von Farbwörtern muss zunächst zwischen Grund - oder Primärfarbwörtern und den diesen untergeordneten Sekundärfarbwörtern unterschieden werden . Zur Definition von Primär¬
farbwörtern haben Berlin und Kay 7 bestimmte Kriterien entwickelt , die nun auf die koranischen Farbwörter angewendet werden sollen
. 8Zunächst muss das Farbwort monolcxcmisch sein ,
d . h. es darf das ursprünglich farb - gebende Objekt nicht als Wortbestandteil enthalten . Da arabische Wörter jedoch aufgrund ihrer etymologisierenden Wurzel struktur nur schwer als
„
monolexemisch " zu bezeichnen sind , muss sich dieses Kriterium auf ein¬
deutige Fälle beschränken . So wäre das koranische ward
„rosenfarben " als Primärbegriff au
s z u sch
1i e ßen
. 9Des Weiteren darf die Bedeutung des Farb -
4 Vgl
. z . B .Brenner 1982
, S . 9 ; Morabia 1983
, S .699.
5 Wellenlangen der Spektralfarben : Rot 800 - 600 nm ; Gelb 600
-580 nm ; Gr un 580 - 500 nm
;Blau 500
-430 nm
;Violett 430
-400 nm
(s .Gradwohl 1963
, S . 98 ).
6 Siehe Morabia 1983
, S .699. 7 Siehe Berlin
/Kay
1969 , S . 6f.
8 Fur genauere semantische Erlauterungen der einzelnen Farbworter
s . u.
9 Bei anderen Farbwortern wie abyad oder girbïb lasst sich zwar aufgrund der Wort¬
wurzelbedeutung ebenfalls auf die farbgebenden Objekte schließen , jedoch haben diese
Die Farben des Koran 119
wortes nicht in einem anderen , weiter gefassten und weiter verbreiteten
Farbwort mit inbegriffen sein . Im Korantext betrifft dies die Farbworter
ahwä ( Nuance von ahdar ) , adham , girblb und yahmüm ( zu asmad ) sowie
azraq ( zu abyad ) . Auch darf die Anwendung des Farbwortes nicht auf be¬
stimmte Objekte beschrankt sein , so dass asyab ( fur Haar ) und abwar ( fur
Augen ) ebenfalls als sekundär einzuordnen waren .
Als koranische Primarfarbworter verbleiben die beiden achromatischen
Helligkeitspole abyad und aswad sowie die drei altarabischen Grundfarben
ahdar , asfar und ahmar . 10
1 . 2 Die altarabischen Farbbezeichnungen und ihre
Beschreibung bei den frühen Lexikographen
Die altarabische 11 Sprache ist zwar ungeheuer reich an Farbbezeichnungen , 12
doch sind die meisten dieser Farbworter lediglich Sekundarbegriffe . Zu¬
gleich umfassen die drei chromatischen Primarfarbworter ahmar , asfar und
ahdar „ einen wesentlich größeren Bereich der Farbskala [ . . .] , als die entspre¬
chenden Farbbezeichnungen der heutigen Sprache " . 13
Semantische Unterschiede in der Verwendung der altarabischen Farb¬
worter lassen sich jedoch nicht erst im Vergleich zum modernen Sprach¬
gebrauch feststellen , weist doch bereits die Sprache der arabischen Phi¬
lologen im islamischen „ Mittelalter " wesentliche Abweichungen von der
altarabischen Farbsemantik auf . 14 Da die arabischen Farbworter im Laufe
der Jahrhunderte keinen morphologischen Wandel erfahren haben , wurde
die aktuelle Bedeutung dieser Farbworter beim Verfassen der Wörterbü¬
cher in der Regel auch in altere Sprachperioden hineinprojiziert , so dass
ein eventueller diachroncr Bedeutungswandel der Farbworter in den klas¬
sischen arabischen Wörterbüchern unberücksichtigt bleibt . 15 Auch kam es
seitens der Lexikographen zu Missverstandnissen bei der Interpretation
im Gegensatz zu ward , welches das Objekt der Rose explizit benennt , zumindest morpho¬
logisch die abstraktere Form von Farbadjektiven angenommen (af cal bzw fi chl )
10 Fischer 1965 , S 236f Diese werden auch in den klassischen Wörterbüchern noch
als die drei Farben des Regenbogens angegeben (s Ihn Manzür 2005 , q - z - h > 3213 , Mo ra¬
bia 1983 , S 700 )
11 Bei der in dieser Arbeit als „ altarabisch " bezeichneten Sprachstufc handelt es sich
um die von Fischer in seiner Farbwortstudie untersuchte Sprache der vor - und fruh -
lslamlschen poetischen Texte von den frühesten überlieferten Quellen des 6 Jh bis etwa
zum Ende der U m ay ya d c n herrschaft Mitte des 8 Jh (s F ischer 1965 , S 3f )
12 Siehe Morabia 1983 , S 698
13 F ischer 1965 , S 237 , vgl auch die Erlauterungen zur Farbsemantik m dieser Arbeit 14 Siehe F ischer 1965 , S 2
15 Vgl Fischer 1965 , S 17 , 24f Es wurden somit teilweise entscheidende Bedeutungs¬
differenzen ubersehen , beispielsweise m Bezug auf azraq , das im „ mittelalterlichen "
120
Juliane Müller
der Farbwörter in älteren Texten , was dazu führte , dass manchen Farb¬
wörtern teilweise widersprüchlich erscheinende Bedeutungen zugeschrie¬
ben wurden . 16
Für die Untersuchung der koranischen Farbwörter bedeutet dies , dass
die Angaben in den klassischen Wörterbüchern , die mehrere Jahrhunderte
nach der Offenbarung des Koran verfasst wurden , keinesfalls automatisch
als Wortbedeutungen übernommen werden dürfen , da diese nicht notwen¬
digerweise die tatsächliche altarabische Semantik wiedergeben . Als Grund¬
lage zur Bedeutungsbestimmung der altarabischen Farbwörter kann allein
deren Verwendung und Zuordnung zu bestimmten Referenzobjekten in der
alten Dichtung dienen . 17
2 Semantische Untersuchung der koranischen Farbbezeichnungen
2 . 1 Übersicht
Primäre Farbbezeichnungen
Altarabische Gesamt¬ Offen¬
\
Lexeme Farbbedeutungnach Fischer
anzahl im
Korantext
Adj . Verb Part . Nom .18 barungs -
perioden Achro¬
matische Farben
abyad
hell / strahlend , glänzend / weiß
11 8 3 Mk . II - III ,
Md .
aswad dunkel / finster /
schwarz
7 2 2 3 Mk . II - III ,
Md .
Chro¬
matische Farben
ahdar grün / blau /
dunkelfarbig
8 6 1 1 Mk . I - III ,
Md .
asfar gelb / beige /
braun
5 2 3
Mk . I , Mk . III ,
Md .
ahmar rot / braun 1 1 Mk . III
Hocharabischen bereits „ blau " bedeutet und dessen altarabische Bedeutung als „ glänzend , schillernd " in den Wörterbüchern nicht benannt wird .
16 So kam es beispielsweise durch die Verwendung von abyad und aswad zur Bezeich¬
nung von Helligkeitsgraden , bzw . der Verwechslung zwischen Helligkeits - und Farbton¬
angabe zu Unklarheiten (vgl . Fischer 1965 , S . 233ff . ; Morabia 1964 , S . 75 ) .
17 Hierbei darf nicht vergessen werden , dass die Farbzuordnungen in der dichterischen
Sprache durchaus auch im Rahmen von literarischen Topoi verwendet werden können
und somit unter Umständen nicht unbedingt die persönliche Farbwahrnehmung des
Dichters widerspiegeln , (s . Morabia 1964 , S . 85 ) .
18 Auch die nominalisierten Formen hadir „ Grün " ( im Sinne von „Vegetation " ) und sayb ( „ altersgraues bzw . weißes Haar " ) werden hier zu den Farbwörtern gerechnet , da sie direkt auf die Farbigkeit des bezeichneten Objekts verweisen .
Die Farben des Koran 121 Sekundäre Farbbezeichnungen
\ Lexeme Sekun¬
där zu
Altarabische Farbbedeutung
nach Fischer
Gesamt¬
anzahl im Korantext
Adj . Part . Nom . Offen¬
barungs - perioden weiß - schwarz -
abwar abyad /
aswad
Kontrast ( in
den Augen von
Gazellen , Anti¬
lopen , Frauen )
4 4 Mk . I - II
Achro¬
matische Farben
asyab abyad
weiß / grau (für das Haar alter Menschen )
3 1 2 Mk . I - III
azraq abyad
schillernd / glänzend
1 1 Mk . II
yahmüm aswad schwarz / dunkel 1 1 Mk . I
adham aswad schattig 1 1 Mk . I
girbïb aswad rabenfarben 1 1 Mk . III
Chro¬
matische Farben
ahwä ahdar dunkelgrün /
dunkelblau 1 1 Mk . I
ward a s far /
ahmar
gelblich - beige /
rosenrot 1 1 Mk . I
2 . 1 . 1
Primäre Farbbezeichnungen
2 . 1 . 1 . 1
abyad
Gegenüber dem Farbbegriff abyad „ weiß " im modernen Arabischen weist das altarabische abyad
19einen erweiterten semantischen Rahmen auf . Ne¬
ben rein weißen und allgemein hellen Farbtönen kann es auch die Helligkeit von Lichteffekten bezeichnen , etwa bei strahlenden oder glänzenden Licht¬
reflektionen auf Wasser oder metallischen Gegenständen
.Abyad lässt sich etymologisch auf bayd zurückführen , im Wüstensand hell aufleuchtende Straußeneier
,20 und kann im übertragenen Sinne für moralische Reinheit stehen
.21
19 Zu abyad vgl . Fischer 1965 , S . 243 - 249 . 20 Siehe Fischer 1965 , S . 243 f .
21 Zum semantischen Feld des altarabisch - koranischen abyad lassen sich verschiedene
Entsprechungen in weiteren antiken Sprachen finden , so etwa das althebräische lavan
des Alten Testaments (weiße bis blasse Farbtöne , Helligkeit , Glanz , moralische Reinheit ; s . Brenner 1982 , S . 105 ) oder das altgriechische levxoç zur Zeit Homers ( „ hell , strahlend , klar " , u . a . verwendet für Schnee , Wasser , reflektierendes Metall ; vgl . Berlin / Kay 1969 , S . 70f .) .
122 Juliane Müller
I . Moses ' Hand
Q
27 :12
(Mk .
II ) :wa
-adhil yadaka fi gaybika tahrug bay da a mm gayn su in
ß tis ci äyätin üä firawna wa - qawmihï [ . . .] - Und stecke deine Hand in dei¬
nen Hemdschlitz , dann kommt sie weiß (wieder ) heraus , ohne daß ( es ) etwas
Schlimmes ware . [ Dies ist eines von ] neun Zeichen 22 fur Pharao und sein Volk
[ - J -23
Vgl . Q20 : 22 ( Mk . II ) ; Q28 : 32 ( Mk . III ) ; Q26 : 33 ( Mk . II ) ; Q7 : 108 ( Mk . III ) .
Die hier angeführten Koranverse gehen vermutlich auf Exodus 4 zurück , wo
Moses ' Hand in demselben Kontext als „ aussätzig wie Schnee " ( mesoraat
ka - seleg ) 24 beschrieben wird . Brenner weist in diesem Zusammenhang
auf die weitverbreitete Fehlübersetzung white as snow hin : Der Vergleich
der aussätzigen Haut mit Schnee beziehe sich nicht auf weiße Farbigkeit ,
sondern auf die sich infolge der Erkrankung ablösenden Hautschuppen , die
mit Schneeflocken verglichen werden . 25 Zugleich wäre es aber auch denkbar ,
dass der Ausdruck mesoraat ka - seleg tatsächlich indirekt auf helle Farbig¬
keit verweisen will , da die für den Aussatz symptomatischen Hautflecken
bei dunkelhäutigen Menschen in der Regel heller gefärbt sind als die übrige
Haut . 26 In der alttestamentarischen Version wird der Ausgangszustand der
Iiand anschließend wiederhergestellt , indem Gott den Aussatz heilt . Der
Koran schildert diesen Handlungshergang in stark kondensierter Form , in¬
dem er der Beschreibung des Symptoms unmittelbar das Ergebnis der Hei¬
lung folgen lässt ( min gayn su in ) . Dieser koranische Ausdruck könnte un¬
ter Umständen auch dahingehend verstanden werden , dass die weiße Farbe
der Hand keineswegs wie im Vorgängertext negativ oder als Anzeichen für
Krankheit zu deuten sei , zumal das Motiv der y ad bay da als „ freigebige ,
edle Hand " in der altarabischen Dichtung überaus positiv konnotiert ist . 27
II . Faden zur Bestimmung des Fastenbeginns
Q 2 : 187 ( Md .) : [ . . .] wa - kulü wa - srabü hattä yatabayyana lakumu I - hay tu l - ab y a du mina I - h ay ti l - aswadi mina l -fagri tumma atimmü s - siyäma üä l -
22 Zum Vergleich der Zeichen Gottes fur Moses in Exodus und Korantext
s.
Speyer
1961 , S .
258f .
23 Die Ubersetzungen der in
2 .1 angeführten koranischen Belegstellen stammen von
Paret ( 1989 ) , wobei dessen ergänzende , m Klammern gesetzte Erklärungen größtenteils
nicht oder nur verkürzt wiedergegeben werden
.Von
Paret abweichende Färb wort Über¬
setzungen von
Bell
(1937
/1939 ) , Bobzin
(2010
)oder
Ruckert
(Hrsg
.Bobzin 2001
)sind jeweils angegeben .
24 Exodus
4 , 6.
25 Vgl
. Brenner 1982
, S .90.
26 Siehe Regenass
-Klotz 2009
, S . 86.
27 Siehe
Fischer 1965
, S .247.
Die Farben des Koran 123
layh [ ] -
f . . .] und eßt und trinkt , bis ihr m der Morgendämmerung einen
weißen von einem schwarzen Faden unterscheiden könnt ! Hierauf haltet das
Fasten durch bis zur Nacht ! [ . . .]
Die Verwendung der Faden zur Bestimmung des Beginns des Fastentages
nimmt Bezug auf eine talmudische Vorlage ( Mi s na Beräköt I . 2 ) , 28 wo der
Augenblick der Unterscheidung zwischen dunkelblau ( tdkelet ) und weiß
(lavan ) den Tagesbeginn fur rituelle Handlungen markiert
.Gemeint sind
dabei die Faden in den sogenannten sisiyöt , den Fransen an den Ecken
des traditionellen judischen Gebetsschals ( s . auch den Kommentar zu as¬
mad III
) .29
III . Erblindung der Augen
Q 12 : 84 ( Mk . III ) : wa - tawallä canhum wa - qäla yä asafä calä yusufa wa -
byaddat
caynahu mma
l -huznifa
-huwa kazim - Und er wandte sich von ihnen
ab und sagte : „ Wie grame ich mich um Josef ." Aus [ . . .] Trauer ( und Weinen )
erblindeten seme Augen ( w . wurden seme Augen weiß ) . Und er grollte ( dem
Schicksal ) .
Bell : white ( blind ) ; Bobzin : trub
Die Blindheit wird im Arabischen idiomatisch mit der Sichtbarkeit der wei¬
ßen Augapfel assoziiert . 30 Dass mit dem Verb ihyadda hier tatsachlich der
Vorgang des Erblindens gemeint ist , ergibt sich im Folgenden aus dem Vers
Q 12 : 93 , in dem Jakob sein Augenlicht wiedererlangt .
IV . Gesteinsschichten der Berge ( s . Q 35 : 27 bei ahmar )
Hier können entweder rein weiße Streifen im Gestein gemeint sein oder aber
auch „ hellfarbige " Streifen .
V . Gesichter der Menschen ( s . Q3 : 106 - 107 bei aswad )
In der Dichtung bezieht sich abyad oft auf Gesichter , jedoch ist mit dem
„ hell strahlenden Gesicht " in der Regel immer der edle Charakter des Men¬
schen gemeint , nicht eine helle Färbung seiner Gesicht s haut . 31
28 Vgl Speyer 1961 , S 459 , Nkuwïrth 2001 , S 444f
29 Siehe Williams 1921 , S 4 Das alttestamentarische takelet bezeichnet einen spezi¬
ellen blaulichen Farbstoff , der aus einem als hilazon bezeichneten Meerestier gewonnen
wurde (vgl Yitzhak 2006 , S 90 ) und mit dem gemäß der biblischen Anweisung m Nu¬
meri 15 , 38 jeweils ein Faden m jeder Ecke des Gebetsschals gefärbt sein sollte Die übri¬
gen Faden verblieben ungefärbt bzw weiß
10 Siehe Rippin 2001 , S 364 31 Siehe Fischer 1965 , S 246f
124 Juliane Müller
VI . Trinkbecher im Paradies
Q
37 :45- 46
(Mk
. II ) :yutäfu
"alaybim
bi -kasin mm main i bay da a laddatin
h - s -
sâribîn - Wahrend man mit einem Becher
(voll
)von Quellwasser
[ . . .] un¬
ter ihnen die Runde macht / einem silbernen
( ?)
( w .weißen
), aus dem zu trin¬
ken ein Genuß ist .
Bobzin
:silbern
;Bell
:white
Der hier beschriebene Trinkbecher zeichnet sich offenbar durch seine hel¬
len Lichtreflektionen aus , so dass die Interpretation eines silbernen Bechers
sehr nahe liegt , zumal abyad in der Dichtung auch als „ Farbe " des Silbers
verwendet wird . 32 Unter Umständen könnte auch ein gläsernes Trinkgefäß
gemeint sein , das im Licht glänzt .
2 . 1 . 1 .
2 aswad
Dem altarabischen abyad polar entgegengesetzt ist das Farbadjektiv aswad ? 3
Auch bei aswad findet keine eindeutige Unterscheidung zwischen Farbwert
und Helligkeitswert statt , so dass es neben der schwarzen Farbe im engeren
Sinne auch alles „ Dunkle " und „ Finstere " bezeichnen kann . 34 I . Gesichter der Menschen
Q
16 :58
(Mk . III
): wa
-idä bushra ahaduhum
bi - l -untä zalla waghuhü mus - waddan wa
-huwa kazïm - Wenn einem von ihnen die Geburt eines weibli¬
chen Wesens angesagt wird
[ . . .] macht er dauernd ein finsteres Gesicht und grollt
[ . . .] .Vgl
.Q43
:17
(Mk
.II ).
Q3
:106 - 107
(Md
.): yawma tabyaddu wuguhun wa
-taswaddu wuguhun fa - ammä lia dîna swaddat wugühuhum akfar tum ba
cda ïmdnikum fa
-düqü
l - c
adäba
bi -mä kuntum takfurün / wa
-ammä lia dîna byaddat wugühuhum
fa -fî rahmati llähi hum fîha hälidün - Am Tag
(des Gerichts ) da die einen Gesichter strahlend
(w. weiß
), die anderen finster
( w. schwarz ) sein werden ! Diejenigen nun
,deren Gesicht
(dann ) finster wird
(zu denen wird gesagt
) : [ . . .] seid ihr
[ . . .] ungläubig geworden , nachdem ihr glaubig wäret
?Jetzt bekommt ihr die Strafe
[ . . .] zu spuren dafür
,daß ihr ungläubig wäret
./ Diejenigen aber , deren Gesicht
(dann ) strahlend wird , gehen in die Barmherzigkeit Gottes ein , um
(ewig
)darin zu weilen
.Vgl
.Q
39 :60
(Mk
.III
).
Ruckert
/Bobzin
:weiß , schwarz
;Bell
:white , black
Auf das menschliche Gesicht bezogen bezeichnet aswad - als Gegensatz zu
abyad - in der altarabischen Dichtung den niederen Charakter eines Men¬
schen . Auch die koranische Yerbalform iswadda bzw . deren Partizip mus -
12
Vgl .Fischer 1965
, S .244f .
11 Zu aswad
vgl .Fischer
1965 , S .273 -277.
34 Siehe Fischer
1965 , S .273 .
Die Farben des Koran
125
waddun wird in diesem Zusammenhang oft verwendet . 35 Daruber hinaus
wird das Bild der „ Verdunklung " des Gesichts auch zur Beschreibung von
Menschen verwendet , deren Gesichtsausdruck - wie in Q 39 : 60 - von Be™
drangnis und Sorge gezeichnet ist . 36 Wie auch im Falle von abyad im Bezug
auf die menschlichen Gesichter erscheint eine Ubersetzung von as wad in
Q 3 : 106 - 107 in seiner Eigenschaft als Helligkeitsbezeichnung „ dunkel " bzw .
„ finster " ( und nicht als Farbton „ schwarz " bzw . „ weiß " ) , wie sie auch P aret
vorgeschlagen hat , hier am Angebrachtesten .
IL Gesteinsschichten der Berge ( s . Q 35 : 27 bei ahmar )
Hier steht aswad in Kombination mit girbïb ( vgl . 2 . 1 . 2 . 6 ) , was darauf hin™
weist , dass die betreffenden Gesteinsschichten nicht als „ dunkel " , sondern
explizit als „ schwarz " , nämlich „ rabenschwarz " bezeichnet werden sollen .
III . Faden zur Bestimmung des Fastenbeginns s . Q 2 : 187 und Kommentar
bei abyad
Theoretisch hatte an dieser Stelle bei enger Anlehnung an den talmudischen
Intertext auch ahdar anstelle von aswad zur Wiedergabe des blaulichen
Farbstoffs tdkelet verwendet werden können ( vgl . 2 . 1 . 1 . 3 und 2 . 2 ) . Aswad
steht hier entweder aufgrund der Interpretation der mit takelet gefärbten
Faden als „ dunkel " bzw . „ schwarz " 37 oder aber als bewusste Modifikation ,
um den Tagesanbruch als denjenigen Moment , in dem sich das Licht von der
Dunkelheit scheidet , durch den elementaren Kontrast zwischen weiß und
schwarz zu markieren .
2 . 1 . 1 . 3 ahdar
Der in der Spat antike von ahdar™ abgedeckte Spektralbereich ist sehr viel
umfassender als jener des neuhocharabischen ahdar , das den Farbwortern
fur „ grun " in den meisten modernen europäischen Sprachen entspricht . In
der alten Dichtung wird ahdar als Begriff fur alle kurzwelligen Farbtone
von grun über blau bis hin zu violett verwendet , F ischer spricht von einer
„ den ganzen dunklen Farbbereich umfassende [n ] Grundfarbe " . 39 So stellt
35 Vgl z B Imru ' al - Qays ida ma swadda waghu l - gabani - „ wenn das Gesicht des
Feiglings sich [als Ausdruck seiner Gesinnung ] verfinstert " ( Fischer 1965 , S 275 ) 36 Siehe Fischer 1965 , S 277
37 Vgl Y I tzhak 2006 , S 90
38 Zu ahdar vgl Fischer 1965 , S 305 - 314
39 S Fischer 1965 , S 234 , 306 Die altarabische Semantik von ahdar ist auch in man¬
chen neuarabischen Dialekten erhalten geblieben , so wird beispielsweise in den ländlichen Gebieten des Sudan zwischen „ grun " und „ hellblau " nur du rch ein dem Farbwort axa dar beigefugtes s p e z i fi zierendes Adjektiv unterschieden (axadar zara ci bzw axa dar labam , s
Reichmuth 1981 , S 56f )
126 Juliane Muller
abdar in altarabischen Versen gemeinhin die charakteristische Farbe des
Himmels dar , der oft auch als al - hadra bezeichnet wird . Auch tiefe Ge¬
wässer werden gemeinhin als abdar beschrieben , was entweder auf „ blau "
oder auf „ grün " erscheinendes Wasser hindeuten kann . 40 In seinen dunkel™
sten Farbstufen reicht das Spektrum von abdar bis in den achromatischen
Bereich von aswad hinein , etwa bei der Bezeichnung dunkelfarbiger Pferde
und dunkelhautiger Menschen . 41
I . Vegetation
Q
36 :80
(Mk
. II ) :alladï gaala lakum mina
s -sagari
l -ahdari näran fa
-idä an -
tum mmhü tüqidün - ( Er ) der euch [ . . .] aus ( Holz von ) grünen Baumen Feuer
hat entstehen lassen
[ . . .] so daß ihr gleich damit anzünden könnt .
Q
22 :63
(Md
.) : a -lam tara anna lläha anzala mina
s -samai maanfa
-tusbihu
l - ardu muhdarratan [ . . .] - Hast du denn nicht gesehen , daß Gott Wasser vom
Himmel hat herabkommen lassen , worauf die Erde grün wurde ?
[ . . .]. Vgl . Q6
:99
(Mk
.III
) .42
Q
12 :43
(Mk . III
): wa
-qäla
l -mahku innï arä sab
"a baqarätin simänin
ya ' kuluhunna sab cun cigäfun was ab 'a sunbulätin hu drin wa - uhara yäbisät
[
. . .]
—Und der Konig sagte
:Ich sah
[ . . .] sieben fette Kuhe , die von sieben ma -
G
radwohl
(1963 ,
S . 98) weist darauf hin , dass das Phänomen der Zusammenfassung aller kurzwelligen Farbtone unter einem einzigen Färb wort fur zahlreiche Sprachen be¬
legt
ist .Besonders die fehlende begriffliche Unterscheidung zwischen blauen und grünen Farbtonen ist auch in vielen modernen Sprachen noch anzutreffen . Vgl . auch die Unter¬
suchung von
L i n d s e y / Bro
wn
(2002 ) zum
Zusa
m m e n h a ng zwischen hoher Sonnenein¬
strahlung und mangelnder Unterscheidungsfahigkeit zwischen kurzwelligen Farbtonen sowie Morabia
1983 , S .701:
„It does not appear that tonality
,in its sense of specific col¬
our , was of fundamental importance to the Arabs when they evoked , in their literature , the colour of a landscape
,agarment or any object belonging to their regular lives
. [ . . .] On the other hand
[ . . .] luminosity
,and saturation even more
so,impressed them particularly . This is to be expected of a people living m a sun
-drenched environment
." In Regionen
mit geringerer Sonneneinstrahlung hingegen sind sprachliche Farbsysteme starker auf die Unterschiede der Farbtone ausgerichtet
(vgl . Berlin
/ Kay
1969 , S. 149f .).
40 Siehe
Morabia 1983 ,
S .700 .
„A further illustration of the link between blue and green , often confused m antiquity
.The Greeks , the Chinese , the Melanesians , the New Caledonians
,the Romans
,among others
,used the same term to denote these two colours
."
Vgl
.auch
Fischer 1965
, S .307
,sowie den dort angeführten Halb vers buy
utan hu dran ka -
lawm s - sarna i - „ Faden , ahdar - iiubcn , wie die Farbe des I Timmels ."
41
Vgl .Fischer 1965
, S .239
;309
- 312 .Die semantische Verwandtschaft der Farbworter fur grun und schwarz lasst sich auch umgekehrt beobachten
,so
z . B .bei der Bezeichnung
as - saw ad fur die fruchtbaren (und „ grünen " ) Gebiete bei Kufa (vgl . M orabia 1964 , S . 78 ) . 42 Rippin ( 2001 , S . 362 ) weist darauf hin , dass es sich bei der nommalisierten Form h adir aus Q6 :99 streng genommen nicht um eine F a r b b e z e i c h n u n g handelt , da dessen Be¬
deutung bereits auf Grünes im Sinne von Vegetation festgelegt war
.Nach
Fischer
(1965 ,
S . 8)
handelt es sich bei
h adir um einen Vorlaufer der af
ca / -Far b a d j e k 11ve, der spater von
ah dar verdrangt und dabei auf seme nominale E i g e n b e d e u t u n g festgelegt wurde .
D
le Farben des Koran 127 geren gefressen wurden und sieben grüne Ähren und
(sieben ) andere , die ver¬
dorrt waren
. [ . . .] .Vgl
.Q
12 :46
(Mk
.III
).
Einer der zentralen A nwendungsbereiche von ah dar findet sich -
in der Dichtung wie im Koran - in der Bezeichnung der Farbtöne der Pflanzen™
weit , wobei die natürliche Färbung des Referenzmaterials nahe legt , dass ahdar in diesem Zusammenhang eindeutig grüne und nicht blaue oder vio¬
lette Farbtöne meint
.Uber seinen reinen Farbwert hinaus ist ahdar auch mit der Vorstellung von
„Lebendigkeit " und
„Frische " konnotiert
, 43so dass die
„
grünen " Ähren in Q
12 :43 als wörtlicher Gegensatz zu den vertrockneten (yähisät ) stehen , während die Ähren im zugrunde liegenden alttestamenta¬
rischen Text Genesis
41, 5 nicht
„grün
", sondern
„gesund und gut " (briöt
we
-tovöt ) geschildert werden .
II . Textilien im Paradies
Q
55 :76
(Mk .
I ): muttakiïna
calä raf rafin hudrin wa
- "abqarïyin
h isan - Sie liegen auf grünen Decken
( ?) und schönen Abqari - Teppichen .
Q
18 :31
(Mk
.II ) :[
. . .]yuhallawna fiha min asawira min dahahin wa
-yalbasuna tiyäban hu dran min sundusm wa
-istabraqin [
. . .] -
[ . . .]Sie sind
(dann
)darin mit Armringen aus Gold geschmückt und in grüne Gewander aus Sundus - und Istabraq
-Brokat gekleidet
[ . . .] .Vgl
.Q76
:21
(Md
.) ,dort silberne Armreifen . In Bezug auf die paradiesischen Textilien hingegen ist die Semantik von ahdar weniger eindeutig . Ahdar
-färb ene Kleidungsstücke und Teppiche kommen in der altarabischen Dichtung sehr häufig vor
,wobei damit
„wahr¬
scheinlich ebensooft
,blaue ' wie
,grüne
'"
( Fischer 1965 ,
S .308 ) Textilien gemeint sind , die in ihrer
„dunkelfarbigen " Eigenschaft auch metaphorisch mit dem Nachthimmel verglichen werden
.Gerade die Farbe des sundus bzw . sudüs wird in der Dichtung oft mit der Farbe der Nacht in Verbindung ge¬
bracht
.44 Auffällig ist auch die Kombination der Gewänder in den Koran¬
versen mit den goldenen und silbernen Armreifen , die mit dem dunklen ahdar der Seide kontrastieren . Die zutreffendste Übersetzung für ahdar wäre hier wohl
„dunkelfarbig
" ,wobei nicht der Helligkeitsgrad
,sondern die Farbqualität gemeint ist
.45
43 Siehe
Fischer 1965
, S .306
; Rippin 2001
, S .362 .
44 Vgl . Goldziher
, S.149f
., sowie den Vers des vorislam ischen
.Dichters
al -Afwah
al- Awdl
:va
- 1-lay lu ka
- d -da
Jmai mustafirun / min dünihl lau nan ka
-laum
s -sudüsi
(Ihn Manzür 2005
, s - d - s,
1786 )-
„Die Nacht wie das Meer hüllt sich in eine Farbe
,die wie jene des Sudüs ist
." Bei sudüs handelt es sich um eine gleichbedeutende Variante zu sundus
(vgl. den Vers des Yazld
b .Haddäq
al - 'Abdl bei Ihn Manzür 2005
, s - n - d - s,
1910 ).
45 Siehe
Fischer
1965,
S .3041
.: Die rem helligkeitsbezogenen Abstufungen im Farb¬
bereich von ahdar können gegebenenfalls auch dureh eigene Farbworter zum Ausdruck
gebracht werden
,so ahwä fur dunkles ahdar oder awraq fur helles ahdar .
128
Juliane Müller
2 . 1 . 1 .
4 asfar
Asfar 46 bezeichnet im Altarabischen den Farbbereich von hellgelb und beige
bis hin zu orange und gelblichem dunkelbraun und wird beispielsweise zur
Beschreibung von Butter , Aprikosen , Elfenbein , Messing , sumpfigem Was™
ser und vertrockneten Pflanzenteilen verwendet . 47
I . Vertrocknete Vegetation
Q
39 :21
(Mk . III
):
a -lam tara anna lläha anzala mina
s -samai ma an fa -
salakahü yanäbl 'a fi - l - ardi tumma yubngu hihi zar an muhtahfan alwänuhü
tumma yahïgu fa
-tarähu musfarran tumma yagaluhü hutäman [
. . .]
.- Hast du denn nicht gesehen
,daß Gott vom Himmel Wasser hat herabkommen und als Quelladern in die Erde eindringen
[ . . .] lassen
?Hierauf bringt er
[ . . .] dadurch
[ . . .
] Getreide von verschiedenen Arten hervor
.Hierauf vertrocknet es
( ? ) ,und du siehst , daß es gelb wird
.Hierauf macht er es zu bruchigem Zeug
[ . . .] .Vgl . Q
30 :51
(Mk
.III
) ;Q
57 :20
(Md
.).
Auch in der Dichtung findet sich die Verbalform isfarra in diesem Kontext ,
wobei asfar hier schon beinahe die übertragene Bedeutung des „ Vertrockne™
ten " angenommen hat , hinter welcher der eigentliche Farbwert zurücktritt . 48
Die hier als asfar bezeichneten Farbtöne der vertrockneten Pflanzenteile
dürften nicht nur im Bereich des gesättigten „ gelb " , sondern auch im ge -
trübteren , beige - hellbraunen Farbbereich liegen .
II . Funken des Höllenfeuers / Kamele
Q
77 : 32 -33
(Mk
. I ) :mnahä tarmi
bi -sararin ka
- l -qasri / ka
- 'annahu gimälätun
sufrun . - Es ( d . h . das Hollenfeuer ) sprüht Funken ( so groß ) wie ein Schloß , /
die aussehen wie falbe Kamele .
Bobzin : gelb
Asfar wird in der altarabischen Dichtung nur sehr selten für Tiere gebraucht ,
es ist jedoch nicht auszuschließen , dass es bereits zu vorislamischer Zeit auch
als Kamelfarbe verwendet wurde , wie heute noch in den neuarabischen Dia¬
lekten des Sudan , wo asfar eine gold - bzw . honigbraune Färbung des Kamel -
felis bezeichnet . 49 Im angeführten Koranvers steht es lediglich im Rahmen
des Vergleichs als Adjektiv für die Kamele , um im übertragenen Sinne die
glühenden Funken des Höllenfeuers zu charakterisieren . 50
46 Zu asfar vgl
.Fischer 1965
, S .358 -365 .
47 Siehe Fischer 1965 ,
S .358 - 361. Die vertrockneten ,
„gelb " gewordenen Pflanzen¬
teile (sufür ) gelten als Etymon der Farbbezeichnung asfar
( s .Fischer 1965
, S. 116 ). 48 Vgl
.Fischer 1965
, S .360 .
49 Siehe
Reichmuth
1981 , S .62.
50 Siehe Fischer 1965
, S .363 .
Die Farben des Koran 129
III . Die Kuh
Q 2 : 69 ( Md .) : [ ] y a quin innaha baqaratun safra 3u faqiun lawnuha tasurru n - nâzirïn - [ . . .] Gott ( w . Er ) sagt , es soll eme gelbe Kuh sein , von intensiver Farbe , ( eme Kuh ) , die denen , die sie anschauen , Freude macht .
Bell : dun [ . . .] of pure colour ; Ruckert : rothgelb ; Bobzin : leuchtend gelb
Die Schilderung der Kuh beruht auf Numeri 19 , wo die Israeliten zur Opfe¬
rung einer „ makellos rotbraunen Kuh " (parab adomah tdmlmah ) aufgefor¬
dert sind . 51 Fischer weist darauf hin , dass Muhammad die Kuh möglicher¬
weise als Antilopenkuh ( haqaratu l - wahsi ) aufgefasst haben konnte , und
ihre Fellfarbe aus diesem Grund nicht rotlich , sondern gelblich beschreibt . 52
Vielleicht wurde ihm die Geschichte aber auch in einer vom biblischen
Text abweichenden Version uberliefert . Faqi c steht an dieser Stelle als Ent¬
sprechung zum a 111 e s t a ment a r i sehen tamim „ makellos " , das sich ebenfalls
auf die Reinheit der Farbe bezieht . 53 Es handelt sich um ein zu asfar oder
ahmar hinzufugbares Beiwort , das einen hohen Grad der Farbsattigung und
Leuchtkraft zum Ausdruck bringt , so dass asfar fäqi c ausdrucklich ein rei¬
nes , und kein braun lieh getrübtes Gelb bezeichnet . 54
2 . 1 . 1 . 5 ahmar
Das altarabische ahmar umfasst sowohl rote als auch braune Farbtone und
bezeichnet in der alten Dichtung beispielsweise Blut , Wein , Kamele , Fei s en¬
gestein , Sandhugel und Holz . 55
Gesteinsschichten der Berge
Q 35 : 27 ( Mk . III ) : [ ] wa - mina l - gib ah gudadun bidun wa - humrun
muhtahfun alwänuhä wa - garâbïbu sudun - [ . . .] Und bei den Bergen gibt es
verschiedenartige Schichten ( w . Streifen ) , weiße , rote und kohlschwarze . Bobzin : weiß ; braun ; rabenschwarz
Die naturliche Färbung von Bergen und Felsen legt nahe , dass in diesem
Vers vermutlich nicht nur rote , sondern in verschiedenen Farbtonen des
51 Siehe Brenner 1982 , S 62 - 64 Wie im Koran ist auch im Alten Testament keine
eigene Farbbezeichnung fur „ braun " vorhanden , die betreffenden Farbtone werden im
Althebraischen durch adom zum Ausdruck gebracht , dessen Farbbereich sich weitgehend
mit jenem des altarabischcn ahmar deckt ( vgl Brenner 1982 , S 58 ) Zum Vergleich der
Geschichte der zu opfernden Kuh in Altem Testament und Koran s Speyer 1961 , S 345f
52 Siehe Fischer 1965 , S 364
51 Siehe Brenner 1982 , S 64
54 Siehe Fischer 1965 , S 339 , An m 1 , M orabia 1983 , S 701 55 Vgl Fischer 1965 , S 335 ^ 339
130 Juliane Muller
gesamten Spektralbereichs von ahmar von hellrot bis dunkelbraun
56gefärbte Gesteinsschichten gemeint sind , zumal auch die koranische Formulierung hier explizit auf verschiedene dem Farbbereich von ahmar zugehörige Färb™
tone verweist
(humrun muhtahfun alwänuhä
).
2 . 1 .
2 Sekundare Farbbezeichnungen
2 . 1 . 2 . 1
asyab
Das von sayb
„das weiße Haar des Alters " abgeleitete Farbadjektiv asyab wird außer in metaphorischen Ausdrucken
( z . B .fur schneebedeckte Berge )
ausschließlich zur Bezeichnung der Weiß - bzw . Graufarbung menschlichen Haars gebraucht . Es kann in der Dichtung auch durch das ubergeordnete abyad ersetzt werden
.57
Das Haar alter Menschen
Q 73 : 17 ( Mk . I ) : [ ] yawman y again l - wildäna siban - [ . . .] em Tag [ . . .] , der
bewirkt , daß Kinder zu Greisen werden .
Bell : grey - headed
Q 30 : 54 ( Mk . III ) : [ ] tumma ga cala mm badi da cfin quwwatan tumma ga cala
mm ba
cdi quwwatin da
cfan wa
-saybatan [ ] -
f . . .] Hierauf ließ er nach
[ . . .]
Schwache [ . . .] Kraft eintreten . Hierauf ließ er nach [ . . .] Kraft [ . . .] Schwache ( des Alters ) und Greisenhaftigkeit eintreten [ . . .] . Vgl . Q 19 :4 ( Mk . II ) . Bell : grey hairs ; Bobzin : weißes Haar
2 . 1 . 2 .
2 abwar
Abwar bezeichnet ursprunglich
„besonders stark hervortretendes weiß
" ,58 in der Dichtung wird es nur fur Gazellen™ und Antilopenaugen , bzw
.- im übertragenen Sinne - fur die Augen schöner Frauen verwendet , die sich durch einen starken weiß
-schwarz
-Kontrast auszeichnen
.59
Paradiesjungfrauen
Q 55 : 72 ( Mk . I ) burun maqsuratun fi - l - hiyam - Huris , m den Zelten ab¬
gesperrt [ . . .]
56 Vgl Fischer 1965
,S 237 57 Siehe Fischer 1965
,S 260
58 Vgl den im Lisan
al- carab belegten vermutlichen Vorganger der af
cal~Form abwar hawarwar
„weiß
", möglicherweise entlehnt aus syr hewwara
„weiß "
(s Fischer 1965 , S
115,vgl Ihn Manzür 2005
, h -u
-r
,983) Vgl auch Fischer 1965
,S 57
59 Siehe Siiivtiel
1991 ,S 335
Die Farben des Koran
131
Q52
:20
(Mk .
I)/ ] wa
-zaw wagnah um
bi -hurm hnin -
[ . . .] Und wir geben ihnen großäugige Huris als Gattinnen
.Vgl
.Q
56 :22
(Mk
. I ) ;Q
44 :54
(Mk
. II ).
Bell : dark - , wide - eyed ( maidens ) ; Bobzin : ( Madchen ) mit großen schwarzen
Augen .
Einer anderen Deutung nach beschreibt das Farbwort hür zur Charakteri¬
sierung der koranischen Paradiesjungfrauen nicht nur deren Augen , sondern
auch deren helle Hautfarbe , 60 wahrscheinlich in Anlehnung an die Etymolo¬
gie von ah war und die innerkoranischen Vergleiche der hür mit Perlen und
( Straußen - ) Eiern in Q 56 : 23 und Q37 : 49 . 61
2 . 1 . 2 . 3 azraq
In Bezug auf abyad in seiner Funktion zur Beschreibung heller Lichteffekte
stellt das altarabische azraq 62 ein weiter spezialisiertes Adjektiv in diesem
Bereich dar und bezeichnet den „ ras che [ n ] Wechsel der Helligkeit bei flak™
kerndem Licht oder bei irisierendem Farbenspiel " 63 . In der alten Dichtung
wird azraq z . B . fur Lanzenspitzen , Sterne , Augen und sprudelndes Wasser
verwendet , es ist dabei in den meisten Fallen durch das ubergeordnete abyad
ersetzbar und mit „ blinkend " , „ glitzernd " oder „ schillernd " zu ubersetzen . 64
Der Bedeutungswandel von azraq hin zur Primarbezeichnung fur die blaue
Farbe im Arabischen erfolgte erst wesentlich spater , vermutlich zu abbasi -
d i scher Zeit . 65
60 Vgl Lane 1863 , S 666
61 Vgl auch Fischer 1965 , S 244
62 Zu azraq vgl Fischer 1965 , S 47 - 55 63 Fischer 1965 , S 49
64 Siehe Fischer 1965 , S 48f , 252 Die spatere Bedeutung von azraq als „ blau " scheint zwar in manchen altarabischen Versen möglich zu sein , doch ist m diese Interpretation
m anderen Versen eindeutig auszuschließen So vergleicht der Dichter Näbiga al - Ga ' dl
( 7 Jh n Chr ) eme metonymisch als azraq benannte Lanzenspitze mit einem Stern wa -
yawmin ka - hahyati l - urgu rua - / m mm waq ci azraqa kal - kaukabi - „ und ein Tag (von Blut rot ) wie ein Purpursaum ( am Kleid ) , hervorgerufen durch das Auf treffen einer azraq - Lanzenspitze ( blinkend ) wie ein Stern " ( Ubers s Fischer 1965 , S 48 ) Die Verwendung des Sterns als Referenzobjekt fur blaue Farbe scheint relativ unwahrscheinlich , mit azraq ist hier vielmehr die Eigenschaft des Bhnkens und Leuchtens bezeichnet , die der Lanzen¬
spitze und dem Stern gemeinsam ist
65 Vgl Fischer 1965 , S 47 sowie Abschnitt 2 2 dieses Aufsatzes , eine direkte Entspre¬
chung der Bedeutungsentwicklung von azraq findet sich im griechischen yXauicoç , das bei
Homer noch „ glänzend , schillernd " bedeutete und spater zur Bezeichnung von blauen
Farbtonen verwendet wurde ( s Fischer 1965 , S 238 )
132 J uliane M uller
Die Augen der Sunder am Tag der Auferstehung
Q20 102 ( Mk II ) yawmayunfahu fi - s - suri wa - nahsuru l - mugnminayawmaidin
zurqan - Am Tag , da [ . . .] m die Trompete geblasen wird ! An jenem Tag ver¬
sammeln wir die Sunder blau ( augig ) . R uckert : blind ; B ell : blue , ( blind ? )
Bei der Beschreibung von Menschen bezieht sich das altarabische azraq im¬
mer auf die Augen und bezeichnet durch Angst , Neid oder Gier hervor™
gerufenes Augenschillern bzw
.einen flackernden Blick
,der als Zeichen mo¬
ralischer Minderwertigkeit gilt und in der alten Dichtung als literarischer Topos verwendet wird . Auch Augen , die nicht vollkommen tiefschwarz ,
sondern durch Lichtreflexe als
„schillernd " erscheinen , werden - zumeist mit negativer Konnotation - als azraq bezeichnet
. 66Im Koranvers beschreibt azraq demnach , wie
Fischer feststellt , keine
„blaufarbigen " Augen , son¬
dern den
„angstvoll flackernden " Blick der Sunder angesichts der kommen¬
den Strafe
.67
2 . 1 . 2 . 4 yahmüm
Bei
yah mum handelt es sich um eine altere Form des spateren af
cal
-Adjektivs ahamm , dessen Bedeutung im Vergleich zu yahmüm jedoch weiter ein¬
geschränkt ist
. Fischer weist darauf hin
,das
sdas seltenere Farbwort yahmüm in der Dichtung mit dem häufigeren aswad
„vollkommen bedeutungsgleich "
sei und möglicherweise vor der Bildung von aswad die Position der generel¬
len Färb - und Helligkeitsbezeichnung fur
„dunkel , schwarz " im Altarabi¬
schen innehatte
.68 Schatten im Hollenfeuer
Q 56 : 43 ( Mk . I ) : wa - zühn min yahmüm - Und ( im ) Schatten von schwarzem Rauch ( ? ) .
Das in diesem Vers mit yahmüm Bezeichnete las st sich nicht eindeutig iden¬
tifizieren
.In den meisten Kommentaren wird davon ausgegangen , das s hier der
„schwarze " Rauch des Hollenfeuers impliziert ist , und auch
Fischer deutet das koranischc yahmüm als Bezeichnung fur rußgeschwarztcn Rauch
.69
66 Siehe F ischer 1965 , S 53 f
67 Siehe F ischer 1965 , S 48 Die Deutung von azraq als „ blind " (vgl R uckert , B ell ) beruht auf der ahnlichen Stelle Q20 124
68 Siehe F ischer 1965 , S 277 , 285 Vgl auch F ischer 1965 , S 114 „ Die af cal ~Adjektive erweisen sich also [ ] als Ersatzworter fur altere Farbbezeichnungen , die bis auf wenige Reste verschwunden sind "
69 Vgl To el le 2006 , S 64 f , F ischer 1965 , S 285
Die Farben des Koran
133
2 . 1 . 2 . 5 adham
Adham ist dem Primar färb wort aswad in seiner Funktion als Helligkeits - bezeichnung
„dunkel " untergeordnet und bezeichnet in der Dichtung spe¬
zifisch das Phänomen von
„abgedunkelter Helligkeit
", bzw .
„dunkle Schat¬
ten
" ,welche die Helligkeit beeinträchtigen
.70 Paradiesgarten
Q
55 : 62- 64
(Mk
. I ) :wa
-min dunihimä gannatäni / / mudhämmatäni - Au¬
ßer ihnen
(oder
:Unterhalb
( ? )von ihnen
[ . . .])gibt es
(noch [ zwei ] andere ) Gar¬
ten /
[ . . .] / Saftig grüne
( w .schwärzliche ) Garten .
Bell : dark - green ; B obzin : von dunklem Grun
Nach Fischer sollen die mit dem Partizip zur Yerbalform des XL Stammes idhämma
„sehr adham werden
" 71bezeichneten Garten somit nicht - wie ge¬
meinhin in der arabischen Tradition erklart - in einem bestimmten Farbton
„
dunkelgrün " oder
„schwarzlich
-grun " geschildert werden , denn adham be¬
ziehe sich allein auf die
(achromatischen ) Helligkeitsverhaltnisse . Gemeint sei hier vielmehr der
„schattige " Charakter der durch ihre dichten Zweige
(
vgl
.Q
55 :48) abgedunkelten Garten
.72
2 . 1 . 2 .6
girhïh
Das von guräb
„Rabe " abgeleitete Farbwort girhïh
(pl . garàhïh ) ist nach dem Augmentativschema fi
cM gebildet und bezeichnet rabenfarbene ,
d . h. schwarze Farbtone
.73
Gesteinsschichten der Berge
( s .Q
35 :27 bei ahmar und Kommentar bei aswad ) Girhih tritt in der Dichtung auch als eigenständiges Farbwort auf
,im Koran¬
vers steht es in Kombination mit aswad , um dessen Farbwert zu intensivie¬
ren
.74
2 . 1 . 2 . 7 ahwd
Ahwa bezeichnet die dunklen Farbnuancen von ahdar und ist somit immer auch durch das allgemeinere ahdar ersetzbar
.Es beschreibt insbesondere das dunkle Grun feuchter Vegetation
(nach Regenfallen , an Wasserlaufen , etc
.)
70 Siehe Fischer 1965
,S 288 Zu adham vgl auch Fischer 1965
,S 288
-293
71 Bei dem XI Stamm
if calla handelt es sich um eine Intensivierung des IX Stammes , vgl isuadda
„schwarz werden
",
isruadda
„schwarz wie Ebenholz werden "
( Morabia
1983
, S
699) Wegen der uberlangen Silbe
- cal- kommt diese Yerbalform aus metrischen Gründen m der Dichtung nicht vor
(s Fischer 1965
,S 228 )
72 Siehe Fischer 1965
,S 289
73 Siehe Fischer 1965
,S 200f
74 Vgl Morabia 1964
,S 76
134
Juliane Muller
sowie blaulich
-schwarzes Haar und Gazellenaugenwinkel . Wahrend ahwä in der alten Dichtung in der Regel nur
„dunkelfarbig " im Sinne von
„dunkel™
grün " oder
„dunkelblau " meint
,ist es bei den umayyadischen Dichtern auch als achromatische Helligkeitsbezeichnung
„schwarzlich
-dunkel " zu finden
.75 Treibgut
Q
87 :4-5
(Mk .
I ):wa
-lladi
a hraga
I -mar a / fa
-gaalahu guta 'an abwa - Der das Weidefutter
(aus der Erde ) hat hervorkommen / und es
(daraufhin ) zu grau
(versengt
)em Plunder hat werden lassen !
Bell : blackened drift ; Bobzin : verdorrtes Grasland ( Variante m Anm . S . 774 :
zu grau
(farbig
)em Treibgut )
Mit dem hier als ahwä beschriebenen gut a ist nach Lane
76Treibgut aus verrotteten Blattern zu verstehen
,was auf die traditionelle Verwendung von ahwä fur die im feuchten Zustand dunkel
(grun ) erscheinenden Pflanzen¬
teile hindeutet .
2 . 1 . 2 .
8 ward
Das Lehnwort aus dem mittelpersischen ward
„Rose " bezeichnet als Farb¬
wort sowohl gelbliche als auch rot
Iiche Farbtone . So kann es einerseits , mit Bezug auf die Blutenfarbe der gelben Rose ,
z . B. Safran , Urin und das Fell der Löwen
,und andererseits
,mit Bezug auf die rote Rose
,Blut und Rotwein beschreiben
.77
Leder
( ? ) /Ol
( ? ) /Himmel am Tag der Auferstehung
Q
55 :37
(Mk .
I ) :fa
-ida nsaqqati
s -sama
3u fa
-kanat war da tan ka
- d -dihan - Wenn dann der Himmel sich spaltet und rot ist wie ein
(frisch abgezogenes )
Fell
( ?) (oder
:rot ist wie angestrichen
^ ? ),oder
:rot ist
(glänzend
)wie Ol
? )!
B ell : rosy like grease ( or „ like a red hide " ) ; B obzin : rot [ . . .] wie die Haut
Die Bestimmung des in diesem Vers mit ward bezeichneten Farbtons wird hier zusatzlich durch die ambivalente Bedeutung des Referenzobjekts dihän erschwert . Nach Lane
78kann damit entweder die Plural form zu duhn
„Ol "
oder aber eine
„rote Tierhaut " gemeint sein
.In der Parallelstelle Q 70
:8wird der Himmel am Tag des Weltendes mit muhl verglichen , ein ebenfalls dop¬
peldeutiges Wort
,das entweder geschmolzenes Metall oder eine Art Fett be¬
zeichnet , mit dem die Kamele im Winter eingerieben werden
79- moglicher -
75 Siehe Fischer 1965 , S 314 - 316 76 Siehe Lane 1863 , S 2231 77 Siehe Fischer 1965 , S 365 - 367 78 Siehe L an e 1863 , S 926f
79 Siehe Ihn Manzür 2005 , m - h - l , 3794
Die Farben des Koran 135 weise ein Hinweis darauf , dass hier eher das Öl gemeint ist , von dem eine
gelbliche Farbe anzunehmen wäre
.Für eine Interpretation von ward als rot für die Himmelsfärbung am Tag der Auferstehung hingegen spricht die ne¬
gative Konnotation des rotgefärbten Himmels in der altarabischen Dichtung und dessen Funktion als Vorbote von Stürmen und Hungersnöten
.80Der rote Himmel in der eschatologischen Szenerie würde somit den protatischen Charakter dieses Verses zum Ausdruck bringen
,dem anschließend als Apo - dosis die Schilderung des Schicksals der Ungläubigen folgt
.81
2 .
2 Diachrone Einordnung des altarabisch - koranischen Primärfarbinventars
Bei vergleichender Betrachtung der Farbwörter in verschiedenen antiken und spätantiken Sprachen fällt auf , dass die Anzahl der primären Farbbezeich¬
nungen gegenüber jener in modernen Sprachen vergleichsweise gering aus¬
fällt
. 82Die wenigen Farbwörter decken zunächst relativ große Spektralberei¬
che ab , bis sie im Laufe der Sprachentwicklung eine weitere Spezifizierung erfahren
. 83Berlin und Kay unterscheiden hierbei sieben Entwicklungssta¬
dien der Primärfarbennomenklatur , die von jeder Sprache chronologisch durchlaufen werden
,wobei in jeden Stadium neue Primärfarbwörter hinzu¬
kommen und das Spektrum der mit den älteren Farbwörtern bezeichneten Farbtöne eingeengt wird
84:
Stadium
I.
II. III . IV .
V. VI . VII .
Primär¬
farbwörter
weiß schwarz
+
rot
+ grün
(lila ) + gelb
+ blau + braun + violett
,+ pink , + orange
,+ grau + gelb
(Illb ) + grün
So bezeichnet bei einer Sprache im
I .Stadium das Farbwort „ weiß " alle hel¬
len und
„schwarz " alle dunklen Farben . Als
„rot " gelten im nächsten Sta¬
dium die meisten gesättigten Farben , so dass die mit „ weiß " und
„schwarz "
bezeichneten Farbfelder weiter eingeschränkt werden
. 85Der Begriff
„grün "
80 Vgl
.Fischer 1965
, S .336 . 81 Vgl
.Neuwirth
1981 , S .210 . 82 Vgl
.Brenner 1982
, S.12.
83 Vgl
.Shivtiel 1991
, S .336
.Dabei darf aus dem Fehlen eines eigenen Lexems für eine bestimmte Farbe in einer Sprache nicht automatisch auf eine unzulängliche Farbwahrneh¬
mung bei der zugehörigen Sprechergemeinschaft geschlossen werden ,
„Farbensinn und
-
nomenklatur stehen bisweilen in einem argen Mißverhältnis zueinander "
(Gradwohl 1963
, S . 98 ).
84 Vgl
.Berlin
/Kay
1969,
S . 2;
15 - 23:Die in der Tabelle angegebenen Farbwörter be¬
zeichnen elf
„universelle Primärfarben
",die auf Grundlage von rund hundert untersuch¬
ten Sprachen ermittelt wurden .
85 Vgl
.auch Goldziher
, S. 141.
136
Juliane Muller
im III . Stadium kann Farbtone von gelbgrun bis blauviolett , zuweilen auch
Brauntone , umfassen . 86
Wahrend sich das moderne Arabische heute zusammen mit den meisten
europaischen Sprachen im VIL Stadium befindet , 87 ware das Altarabische zur
Zeit des Korans nach der semantischen Analyse ( s . o . 2 . 1 ) erst dem IV . Sta¬
dium zuzuordnen , da sich noch keine Primarbegriffe fur blaue und braune
Farbtone gebildet haben 88 und die vorhandenen chromatischen Pri mar färb -
worter ahmar , ahdar und asfar ein dementsprechend erweitertes Spektrum
aufweisen . 89 Der Ubergang ins V . Stadium erfolgt fur das Arabische somit
erst zu islamischer Zeit mit dem Bedeutungswandel von azraq . 90
3 Kontextuelle Funktionen der Farben im Koran
3 . 1 Verteilung der Farbworter auf Offenbarungsperioden und funktionale Surenabschnitte
In der ch ron ol o g i sehen Entwicklung der Farbwortverwendung im Laufe
der koranischen Offenbarung lassen sich verschiedene Tendenzen erkennen :
Neben der allmählichen quantitativen Abnahme der Farbworter sinkt auch
deren Varianz , so dass in den medinensisehen Suren nur noch vier verschie¬
dene „ Farben " vertreten sind - halb soviele wie in den ältesten mekkanischen
Suren . Besonders signifikant ist dieser Farbwortruckgang im Bereich der
sekundären Farbbezeichnungen , die zur medinensischen Zeit ganzlich ver¬
schwunden sind , parallel dazu steigt der Gebrauch von Pri mar farbwor tern ,
der sich in spatmekkanischer und medinensischer Zeit im Vergleich zur
fruhmekkanischen Zeit verdoppelt hat .
86 Vgl das altarabische ahdar (s o ) , das altgriechische yXupoc , oder das alt hebra ische yaroq ( beide jeweils gelb - grün , vgl Gradwohl 1963 , S 97 )
87 Siehe Berlin / Kay 1969 , S 90
88 Vgl Fischer 1965 , S 236 , 335 Die Brauntone werden im Altarabischen je nachdem , ob sie gelblich oder rötl ich ersch einen , mit asfar bzw ah mar bezeich net
89 Altere antike Sprachen , wie das homerische Griechisch , wurden dem III Stadium
zugeordnet ( s Berlin / Kay 1969 , S 7 Of ) Ebenfalls im IV Stadium befindet sich - zeit¬
lich m etwa parallel zum Altarabischen des Koran - das Mittelhebraische des Talmud
Im Gegensatz zu m a 111c s t a m cntarische n I lebraisch , das die Ubergangsphase von Sta¬
dium III zu IV widerspiegelt ( vgl Gradwohi . 1963 , S 91 , 97 ) , sind yaroq und sahov i m M i ttel h e b r a i s c h e n als eigenständige PrimarbegrifTe fur „ grün " und „ gelb " fest etabliert , wahrend cine primare Bezeichnung fur „ blau " weiterhin fehlt (vgl Brenner 1982 , S 185 , 202 ) I leu te finden sich Sprachen des IV Stadiums vor allem m Afrika und Mittelamerika
(s Berlin / Kay 1969 , S 31 ) Berlin und Kay weisen auch auf die zu beobachtende Paral¬
lelität von der Entwicklung des P r i m a r f a r b w o r t s c h a t z e s einer Sprache und der zivilisato¬
rischen Entwicklung der zugehörigen Kultur hin ( s Berlin / Kay 1969 , S 104 ) 90 Vgl 2 1 2 3
Die Farben des Koran 137
Es wird deutlich , dass die fruhmekkanischen Suren im Verhältnis zu
ihrem Anteil am gesamten Korantext uberdurchschnittlich viele und - im
Gegensatz zu den übrigen Offenbarungsperioden - fast ausschließlich se™
kundare Farbworter aufweisen . Diese Sekundarbegriffe , die im Koran
größtenteils als hapax legomena auftreten und zum Ausdruck bestimmter
Nuancen und Abstufungen der einzelnen Grundfarben dienen , werden in
jenen Suren vorwiegend in den eschatologischen Abschnitten verwendet . In
den mittel - und spatmekkanischen Suren finden sich verhältnismäßig viele
Farbworter in den Passagen zu den Zeichen Gottes ( ayat ) sowie im erzahlen¬
den Mittelteil von Suren des Typus I a . 91 Der Farbwortanteil der medinen¬
sischen Suren schließlich erweist sich als auffallend niedrig und beschrankt
sich auf die beiden Pr i m arfarbpaare abyad / aswad und ahdar / asfar , die dort
zumeist in ihrer kontrastiven Wirkung eingesetzt werden .
Diese Unterschiede im Gebrauch von Farbwortern in den ältesten mek -
kanischen Suren einerseits und den medinensischen Suren andererseits spie¬
geln die chronologische Entwicklung des koranischen Sprachstils vom Poe¬
tischen zum Prosaischen 92 wider .
So sind die fruhmekkanischen Suren geprägt von einer überaus bild -
reichen Sprache mit „ farbenreichen Schilderungen " 93 , die auf die Zuhörer
wirken und deren Phantasie anregen sollen . 94 Hierbei erweist sich insbeson¬
dere die Verwendung und Varianz der Sekundarfarbworter als ein Indika¬
tor fur die Poeti zitat der koranischen Sprache . Wie auch andere poetische
Elemente treten diese in den spateren Suren allmählich in den Hintergrund . 95
Die medinensischen Suren schließlich weisen einen ihren legislativen In¬
halten angepassten , eher prosaischen Stil auf und verzichten weitgehend auf
rhetorischen Schmuck , 96 was auch im quantitativen Rückgang der Farbwor¬
ter zu medinensischer Zeit zum Ausdruck kommt . Charakteristisch fur die
spaten Suren ist zudem die zum Teil wortliche Wiederholung von Inhalten
früherer Offenbarungen , so dass sich in den medinensischen Suren sprach¬
lich kaum neue Ausdrucke und Wendungen finden . 97 Diese Tendenz ist auch
bei den medinensischen Farbwortern erkennbar , die größtenteils im Rahmen
von bereits zu mekkanischer Zeit offenbarten Motiven verwendet werden . 98
91 Vgl N euwirth 1981 , S 242f
92 Vgl Noldeke 1909 , S 27 , 34
91 N oldeke 1909 , S 74
94 Siehe N oldeke 1909 , S 71
95 Vgl Noldeke 1909 , S 119
96 Siehe N oldeke 1909 , S 171 97 Siehe N oldeke 1909 , S 143 , 171
98 Neu sind in den medinensischen Suren nur die beiden von judischen Intertexten
beeinflussten Motive des weißen und schwarzen Fadens sowie der gelben Kuh
138
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Die Farben des Koran
139
3 . 2 Zeichen und Kontraste - Farben als Symboltrager
Die Farben ( alwän ) werden im Koran oftmals ausdrucklich als Zeichen
Gottes ( äyät ) bezeichnet , zumeist im Zusammenhang mit der Schöpfung . "
Eine besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang dem von Gott
gesandten Regen zu , dessen Ergebnis unmittelbar durch Farbigkeit zum
Ausdruck gebracht wird . So stellt der Koran in drei verschiedenen Suren die rhetorische Frage
a -lam tara anna
Ilah a amala mina
s -samah ma
"an
?-
„
Plast du nicht gesehen , dass Gott Wasser vom
IIimmel hinabgesandt hat
?"
( Q22 : 63 ; Q35 : 27 ; Q39 : 21 ) , 100 um im Folgenden jeweils auf die grün ge¬
wordene Erde und die verschiedenfarbigen Fruchte und Pflanzen als farbige Zeichen Gottes schöpferischen Wirkens zu verweisen , wobei diese plötz¬
liche Färbung der Natur infolge der Regenfalle gerade in den oft einheitlich gefärbten Wustenlandschaften der arabischen Halbinsel eine besondere op¬
tische Wirkung hervorgerufen haben durfte
.101
Bei Betrachtung der einzelnen Farbworter im Hinblick auf ihren jeweili¬
gen Symbolgehalt fallt zunächst der elementare Kontrast zwischen den bei¬
den achromatischen Helligkeitspolen abyad und
aswad auf , die fur Licht und Dunkelheit stehen und schließlich auch als Sinnbilder fur Gut und Bosc verwendet werden
(vgl
.Q
3 :106
) .102
Neben abyad und aswad stehen sich ahdar und asfar als weiteres duali¬
stisches Farbpaar im Koran gegenüber , ihrerseits als farbliche Symbole fur Leben und Tod , Erschaffung und Zerfall , und auch fur den Gegensatz von Paradiesgarten und Hollenfeuer .
Die Farbgestaltung des koranischen Paradieses und seiner Bewohner zeichnet sich vor allem durch ihren Kontrastreicht um aus : Das
„schattige "
adham der Garten , welches indirekt einen Kontrast zum hellen Sonnen¬
licht impliziert , heller Glanz und Lichteffekte reflektierender Edelmetalle
( abyad
-farbener Trinkbecher
,Armreifen
)vor dunkelfarbigem Hintergrund
( ah dar
-izrhcnc Gewander und Kissen ) sowie der als ästhetisch empfundene starke schwarz
-weiß
-Kontrast in den Augen der Paradiesjungfrauen (abwar
).
Den Gegenpol zum dunkelfarbigen , im Zusammenhang mit Pflanzen
auch als
„lebendig " bzw
. „frisch " konnotierten
103ahdar des Paradieses bildet
99
Vgl z B Q 16
13, Q 30 22 sowie
Rippin 2001 , S 361 Die Farben als Zeichen fur die Gegenwart Gottes sind jedoch nicht auf den Kontext der Schopfung beschrankt
(vgl Q 27
12 ,Moses ' weiße Hand als aya fur den Pharao )
100
Noch wesentlich häufiger
(in insgesamt 26 Versen
)findet sich der kürzere Ausdruck
anzala min
as -sama
ima 'an -
„Kr hat Wasser vom
Ilimmel hinabgesandt
"im Koran
,z B
auch in Q6 99 im
Z u s a m m e n h a ng mit den grünen Pilan zen
( h adir )
101
Vgl
Morabia 1964
,S 78
102
Siehe Netton 2003
,S 535
103