Ueber saniaritanische Inschriflen.
Von Dr. Roa«ii.
Hebron, d. 30. August 18.'>9.
— Da ich in einem Briefe von Dr. Blau bei Uebersendung
eines Abdrucks der Samaritanischen Inschriften von Näblus ihm
versprochen, dass ich meine Zeichnung dieser Inschriften ihnen
zuschicken wiirde, so glaube ich keinen weiteren Posttag unbe¬
nutzt vorUber gehen lassen zu dürfen, indem sonst ein Brief von
ihm mit Bezugnahme auf meine Zusage der Ausführung dieser
zuvorkommen könnte. — Am 28. Juui trat ich mit meiner Fa¬
milie eine uns allen, nach den ihnen bekannten schweren Prüfung :n
höchst nothwendige Grholungs- und Krheiterungsreise nach Näblus
an. Solche Reisen mit Zelten und Zelteinrichtung, d. h. mil
Küchenbatterie, Stühlea, Tischen, Betten u. dgl., mit Dienerschaft
und Bedeckung haben natürlich ihr sehr Dmständlicbes, aber man
hat den Vortbeil, nachher auch leicht und auf die Dauer völlig
zu Hause zu sein. An der schönen Quelle Räs el-'Ain, weicbe
in ziemlicher Höhe über der Stadt aus dem Fusse des Garizim
entspringt, schlugen wir unser Lager auf. Ea ist dies wohl
einer der schönsten Punkte in Palästina, wo man auf die wohl¬
gebaute weisse .Stadt inmitten des üppigen Grüns bewässerter
Gärten hinunterblickt und die Aussicht durch die rothbraune
Bergwand des Ebal geschlossen wird. Auch empfanden wir bald
den kräftigenden Einfluss der Berglufl und fingen an , uns sebr
behaglich zu fühlen. Wegen Erkrankung des uns noch übrigen
älteren Knaben kehrten wir nach Jerusalem zurück, wo das Debel
durcb passende Behandlung bald sich zur Besserung neigte. Das
Zeltleben hat den Vortbeil, u. A. auch das bequemere Haus mit
seinen Comforts und geistigen Hülfsmitteln recht paradiesisch
erscheinen zu lassen. Aher was wir vun allen Seiten von den
Krankheiten in andern Häusern hörten und sahen, liess uns nicbt
zum Genüsse der Ruhe gelangen. Zelte und Reisegeräth blieben
daher in der Verpackung, uud nach 14 Tagen brachen wir hieher
auf^ wo das Kind endlich völlig genesen ist. Meine Familie
wird bier bis Ende des nächsten Monats verweilen; ich selbst
werde nächstens nach Bcyrdt reisen müssen, wobin dringende
Geschäfte mich rufen.
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Samaritanische InschnTt auf einer in dem Hadra-Minaret zu Nablus vermauerten Kalksteintafel.
Höhe inol. des verzierten Randes 19 ^i" Lenge do 55)4' Dicke der Platte 8."
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Samaritanische inschrift im Besitze des Jakub Schelebi zu Nablus.
HöhelSli'Breite 15XDicke(ierKaik»teintofel1G'.
Roten, über tamarilaniscke Intchriflen. 623
leb komme jetzt zu den loschrifteo, von deneu Nr. 1. Ihnen
bereits nacu der Wildenbruclischen Abschrift bekannt gewordeu
sein dürfte. Uocb muss ich hier gleich mein Bedaueru aus¬
sprecben, dass das Heft der Zeitschrift, welches nach deo An¬
deutungen in Ihrem Briefe vom 7. Juni d. J. schoo eine Notiz
darüber enthält, nuch immer nicht in meine Hände gelangt ist.
Wie Sie wissen, ist die Steinplatte, auf welcher die Inschrift
sich beündet, in die Südwand des einzeln stehenden Mindrets
eines mubammedaniscben Heiligthums eingemauert, welcbes letztere
bei den Muhammedanern voo Näblus Hyzn Jüsuf wA«^ CIT^
„die Trauer (Jakobs um) Josepb" oder Gämi ei-badri l^^aü ^Lä.
„die .Moschee des grünen" (Baumes iyf^) genannt wird, uod
als die Stätte gilt, wo Jakob seinea verloren geglaubten Suho
unter eioem verdorrten Baume beweinte, bis bei der Ankunft des
ibm von diesem aus Aegypten (sie) zugesandten Gewandes die
irockenen Zweige aich plöulich mit neuem Grün bekleideten. Das
iieiligtbum besteht aus einem mit Citronen, Maulbeeren und Gra¬
naten bepflanzten Garten, welcher sich vom Südwestwinkel der
Stadt, dem Samaritaoerviertel , in eine vom Garizim abfalieode
Schlucht Wädi Räs el-'Ain hineinerstreckt und ausser jenem Mi-:
iiäret, eioer geräumigen, aber schmucklosen Moschee nebst der
beschränkten Wohouog des Mutewelli, noch einen Schutt- uud
Trümmerhaufen enthält, welchen Muhammedaner nnd Samariter
gleichmässig als die Stelle einer früheren Synagoge der letztereo
bezeichneo. Du beide Religionsgenossenschuften deo Bau der
Moschee mit der Zerstörung der Synagoge iu Verbindung hringen,
8u kann uiun mit Zuversicht die in der Wand des Mindrets an¬
gebrachte Inschrift als dem samaritanischen Gehäude entlehnt
betrachten, welches vielleicht sowohl zu der Moschee als auch
zu dem Miodret das hauptsächliche Material hergab. Der Umstand,
dass die Inschrift Nr. 'Z vor Jahresfrist in dem Scbutthügel der
Synagoge aufgefunden wurde, überhebt bei der Analugie der bei¬
den schriftlichen Denkmäler diese Hypothese jedem Zweifel. Bis
vor die Anlegung des Qadrd-Stifts muss man also sicher den
Ursprung der beiden Scbrifttafeln zurückfuhren, aher diesen Zeit¬
punkt geoau zu bestimmen ist mir nicht möglicb gewesen. Die
Muhammedaner nennen Saladin als den Erbauer der Moschee, was
im Allgemeinen nicht viel mehr besagen will, als die Zurückfüh¬
rung so vieler Kirchenbauten io Palästina auf die b. Helena.
Docb widerspricht dieser Aosicht die über dero Portale angebrachte Inschrift nicht, welche lautet:
AUI ^yUiLJ! S Ajswti IJ^
aUI 8 ^UJi ^y,iL9 j^jJl Uu-
yoi j* X: iLoJI tfUil ^liiLJI »jJ, ....
40*
624 Rosen, über samaritanische Inschriflen.
Cs wurde also sclion zu ^aläün's Zeiten der Bau restaurirt,
und zwar wie es scheiot (deon im Anfang der dritten Zeile ist
das erste Wort uoleserlich) vor dem Tode seines früh verstorbe¬
nen Sohnes El-Melik el-^älih, so dass sie damals schon eioe ge¬
raume Zeit hestanden hahen müsste. Der Kähin der Samariter,
'Amram, versicherte mir dagegen, die alte Sjnagoge sei seiner
Nation erst zur Zeit l^aldün's weggenommen und zerstört wordeu,
und zwar von dem damaligen Gouveroeur vun Näblus obne Vor¬
wissen der mämlukischen , Regierung. Die Samariter seien in
Polge dessen in Kähira klagend aufgetreten und der Gouverneur
hahe den Befehl erhalten, ihnen ein neues Bethaus aufzuführen.
Er sei diesem Geheisse nochgekommen, und von ihm rühre die
jetzige Synagoge her, welche gleich östlich an das Qadrä-Stift
stösst und seitdem beständig in den Händen der Gemeinde ge¬
blieben ist. Es lässt sich dies vielleicht so vereinigen, dass zur
Zeit der Restauration der Moschee das Grundstück erweitert und
aus dem Material der Synagoge erst damals nachträglich das
Minäret aufgeführt wurde. Doch scheint his zur Entscheidung
des Processes eioe geraume Zeit verflossen zu sein, so dass man
die Angaben des Kähin nicht wohl wörtlich nehmen kann. Nach
einer in der jetzigen Synagoge auf einer Steintafel ausgehauenen
Insebrift fällt nämlich der Bau dieser in eioe viel jüngere Epoche.
Diese Inschrift lautet, in hebräische Buchstaben umgeschrieben :
•nasn .n«J53n .nsti .m73ya .nn*) .un .mni .Qi^a
.•«aam .Sa« .p .niDDas» .]a .D.-najt .nrsoo
.«jttja .bai .iaa .ba^i .mn"« .ib .'c .nnesn .pn /ao"« ."sa .'aab .tib«i .nttai omusi .nizjbc
nitta .niab» .n'saa .nb .lattita .tirnt .«-la»
:9i-> .mrT>i .n3\B .Di'nttJSi
.TT^*) .Tl? .^l-^lTT
=^^ij .'iav=[ .?"^b;3? .AA^ •A'^^v^a
.■ps .^i^^sA .^ü^-^aA .^^nrü
.vZ -^^iTr .?A3^T .nr^a^üT •'^aA
-^x^2,"* .a1]"*s -Züt .1-^^ .Z^vnri-
.nr^a .^'üZ .JZAf .^Atüt .ti}nT'^"*vi'
•t^A-m^ .?AA •tiD'^^V
.^ülTf^^^V^ .AtA'iJ .?^Z"* .=fffT^a^ .?Z
:vTiTr .^"^
*) nn isl ein Feliler für mn. E. R.
Rosen, über samarilanische Inschriflen. 62&
„Im Namen des grossen Gottes ! Es erneuerte den Bau dieses
„Bethauses der arme Knecht Abraham Ben Ahsichua, Ben Abra-
„harn, welcher von den Kindern Danufteh (möge der Herr ihm
„gnädig sein und ihn sich genehm sein lassen!), ünd dies
„im Jnhre 1123 der Herrschaft der Araber (der Flucht). Da
„wir aber es (das Bethaus) restaurirten , fanden wir es vor
„320 Jahren erbaut. Der Herr weiss es am sichersten !"
Danach besteht also die jetzige Synagoge erst seit wenig
mehr als 4^ Jahrhundert, was, wie wir gesebn, fdr die
Zeit, seit welcher die Inschrift durcb Ginmaoerung in die Süd¬
wand des Minarets der Witterung ausgesetzt ist, keinen genauen
Maassstab abgiebt. Gleichwohl findet die theilweise Zerstörung
der Inschrift, welche, seit Hr. v. Wildenhruch die erste Copie
geuommen, noch ziemliche Fortschritte gemacht hat, schon in so
langer Exponirong ihre genügende Erklärung, zumal da die Ar¬
heit io einem härteren Stücke des Jurakalks der hiesigen Ge¬
birge, also einem nicbt sehr dauerhaften Material ausgeführt wor¬
den ist. Bei der oft so scharfen Abgränzung des Erhaltenen
von dem unleserlich Gewordenen möchte man auch an Mitwirkung
zerstörenden Mnthwillens denken, indem das alte Werk durch ein
anstossendes Dach auch Kindern zugänglich ist ; wegen der zwei¬
teo Lücke der ersten Zeile, sowie derjenigen der achten, ist
gewiss diese Vernichtung sehr zu beklagen.
üeber deo Ursprung des Denkmals hat sich weder bei
den Mohammedanern noch bei den Samaritern irgend eine Sage
erhalten, nur stellte der'Kähin 'Amram auf das Bestimmteste in
Abrede, dass es ein heiliger Gegenstand oder je als von Moses
herrühreod betrachtet worden sei. Die Beschaffeoheit der Stein¬
platte und die rohe Bearbeitung der Seiten- und Rückenfläcbe
deuten darauf hin, dass sie in die Wand eines Gebäudes, offenbar
der früheren Synagoge, eingefügt war, aus welcher Wand sie
etwa einen Zoll weit hervorragte. Um mich in dieser Ansicht
zu bestärken, führte mich 'Amram in ein samaritanisches Privat-
liaus, in welchem sich eine Steinplatte von ähnlichen Dimensionen,
in sehr verwittertem Zustande, mit einer Inschrift, welche sich
nacb wenig lesbaren Spuren ebenfalls als eine Abkürzung' des
Decalogs erkennen liess, über der Oherschwelle einer Zimmerthür
eingemauert findet. Leider wissen wir nichts von jener Syna¬
goge; wenn aher, wie man wohl aooehmeo darf, die Inschrift
einen Theil ibres ursprünglichen Bauplanes ausmachte, so glaube
ich mir sie, der geschmackvollen Anlage dieses Werks entsprechend,
als ein architectoniscb nicht bedeutungsloses Gehäude denken zu
müssen. Säulentrümmer, Gesimsstücke und sonstige der höheren
Architectonik angehörige Skulpturreste, welche in- und ausserhalb
des Qadrä-Gartens his uach der nahen Quelle 'Ain el-'asal am Bodeo
umherliegen und zum Theil in der Moschee verhaut siod, liessen
mich sogar anfangs an ein umfangreiches Gebäude denken; aher
626 Rosen, üfter samaritanische Inschriflen,
der ümatand. dass bei der schweren Catastrophe, welche die sa-
maritische Natioo znr Zeit des Kaisers Justinian betraf, ein sol¬
ches schwerlich der Aufmerksamkeit der auf die Vernichtung des
Volks bedachten orthodoxen Geistlichkeit entgangen sein würde,
Hess mich davon zurückkommen. Vielleicht dass ein anderer
religiösen Zwecken ajewidmeter, aber früh zerstörter Prachtbau
in diesem Stadttheile stand , an welchen sich eine später vom
Islam modificirte .Mythe ans der jüdischen Patriarchenzeit knüpfte;
jedenfalls glaube ich die alte Synagoge nicht über die geringen
Dimensionen des jetzt als ihren Rest gezeigten Schutthügels aus¬
dehnen zu dürfen. Dass dieselbe dennoch die fanatische Habgier
der Muhammedaner rege machte, ja dass noch jetzt von Zeit zu
Zeit in dem Trümmerhaufen nach guten Quadersteinen gesucht
wird , scheint meiner Ansicht von dem architectonis'clien Werthe
des, wenn gleich kleinen, Gebäudes das Wort zu reden, und in
diesem Falle müssten wir es anf die vorjnstinianische Zeit zurück¬
fuhren, die Blüthezeit der samarilanischen Nation, welche bekannt¬
lich nnch ihrer letzten Unterwerfung mit einem in der Geschichte
fast beispiellosen Brfolge durch Schwert nnd Gesetzgebung ver¬
nichtet wurde.
In die vorjuetinianische Zeit möchte ich auch die Inschrift
Nr. 2. setzen, glaube aber dieselbe als eine spätere Nachbildung
der ersten betrachten zu müssen, welcher sie an künstlerischer
Ausführung weit nachsteht. Wie man sieht, enthält sie die
Schöpfungsgeschichte oder vielmehr die Schöpferworte in oft un¬
geschickter Abkürzung aus dem I. Capitel der Genesis; daran
schliesst sicb die Rede Jehovabs an Moses ans dem feurigen
Busche (Ezod. S, 6) nnd das Ganze wird , wie iu der Inschrift
Nr. 1, durch einen Anruf, welcher hier unterhalb des Randes
ansgehauen ist, geschlossen. Der Stein wurde von dem Mutewelli
der QadrI vor ungefähr eioem Jahre beim Nachgraben in dem
Schutthaufen der Synagoge entdeckt nnd an einen gewissen Ja'küb
Schelebi, einen wohlhabenden Samaritaner, verkauft; er ist, wie
•neh die Zeichnung bezeugt, nur am Rande etwas ausgebrochen,
übrigens aber durch den ihn bedeckenden Schutt von jeder Ver¬
witterung frei geblieben. Dass auch diese Tafel ihrer ursprüng¬
lichen Bestimmung nach einer Wand eingefügt war, bezeugt die
Beschaffenheit ihrer Rücken- und Seitenflächen. Beide Tafeln
müssen , glaube ich , zn den ältesten beschriebenen Denkmälern
Palästinas gezählt werden. G. Rosen.
Hebron, den 6. September 1859.
Kanm war mein letztes Schreiben an Sie abgegangen, als
mir die Ankunft einer durch die Kriegsverhältnisse iu Triest zu¬
rückgehaltenen Kiste gemeldet wurde, in welcher ich — wie sich
Rosen, über samarilanische inschriflen. 637
narhher herauiistellte , mit Reclit — die mir von Ihnen angekün¬
digten heiden ersten Hefte des Xlll. Bds. der Zeitschrift ver¬
mutbete. Ich liess dieselbe sofort hierherschaffen, und wenn ich
mich auf der einen Seite freue, ihnen meinen Dank für die gütige
Uebersendung auszusprechen, so bedaure ich doch auf der andern
.Seite den Abgang meines Briefes, welcher, wenn icb ihn nur um
wenige Tage zurückgehalten hätte, mit Berücksichtigung des
Blau'schen Aufsatzes : „der Decalog in einer samarit. Inschrift
-,0g dem Tempel des Garizim" nebst den Rödiger'schen An¬
merkungen, vollständiger hätte werden können. ich batte mir
nach ihrem Briefe diese Besprechung des Gegenstandes weniger
eingehend gedacht, hoffe aber dennoch, dass die localen Bemer¬
knngen in meinem Schreiben Ihnen nicht ganz überflüssig schei¬
nen werden. Meine Abzeichnung der Insebrift hat gewiss vor
ihren Vorgängerinnen den Vorzog, eio besseres Bild des alten
Denkmals zu geben, welchem es sich nicht allein in den relativen
Maassen , sondern auch in den Verzierungen und namentlich in
der Gestalt der Buchstaben genauer anschliesst. Ich verfertigte
dieselbe naeh einem von der Inschrift genommenen Papierabklatsche,
welchen ich seitdem nebst dem Abdrucke der zweiten Inschrift
dem Dr. Blau überscbickt habe, verglich sie aher sodann hei
einem nochmaligen Besnche mit dem Original, nm einige Kleinig¬
keiten , welche sich nicht wohl ausgeprägt hatten, nachzutragen.
Da ich aber meine Zeichnung mit Cebertragung der Abdruckseite
der inschrift auf die richtige ohne einen Spiegel benutzen zu
können anfertigte, und das Original, mit welchem ich sie ver¬
glich, bekanntlich auf dem Kopfe steht, so kann ich, was die
Porm der BuchslAeo anbetrifft, auch für mein Werk keine un¬
bedingte Genauigkeit in Anspruch nehmen. Ich hoffe, Dr. Blau
wird die von mir genommenen Abdrücke, nechdem er sie benutzt,
den Sammlungen der D. M. G. einverleiben.
Ich freue mich cu sehen, dass meine Abschrift die Schwie¬
rigkeiten der ersten Lücke ohne Weiteres löst, indem sie oach
einem für die Worte riin'< ^3:n gerade genügenden Räume das
sich im Texte daran schliessende .TJ'nbtt, wovon Lamed, He und
.lod nebst dem das Wortende bezeichnenden Punkte vollständig,
das Alef und Kaf aber dnrch hinreichende Ueherreste erkenntlich
erhalten ist, darbietet. Wie sich aber in dem folgenden geringen
Räume die Worte nn^ Hb bis '<3B vertbeilt oder wie sie abge¬
kürzt sein mögen, ist mir räthselhaft, zumal da die jetzt ganz
verwischten Anfangszeichen der 2ten Zeile in der Wildenbrucb-
schen Abschrift ^sD-b^ zu bedeuten scheinen. Weiter ist an dem
Text kein Zweifel bis zn der grossen Lücke der 8ten Zeile,
welche wegen des zurückweisenden Qttj der 9ten Zeile das lange
Wort D'>T'>3''*^n enthalten hahen muss. Die in der Wildenbruch.
sehen Abschrift mitgetheilten, jetzt aber völlig unsichtbar gewor¬
denen Buchstaben b und y machen besondere Schwierigkeiten
628 Rosen, über samarilanische Inschriflen,
wenn man sie mit einer Abkürzung' aus den Vordersätzen des
lOten Gebots der Samariter (-nx la'pn "T^Ti-ne» d3"i3ya rrrti
O'tia - ->n3 Ovn OSntt ms» -dj« nbJtn Ö'-aattn) in Verbin¬
dung bringen will , so dass man sicb dort lieber eine dem heil.
Teste nicht entlehnte Phrase, etwa 'm-ns« riiiin «b, denken
möchte. Da die Inschrift nicht eigentlich den Text des Decalogs,
sondern gleichsam die Quintessenz des Gesetzes, eine sinnig ver¬
fasste Abkürzung desselben, welche sich freilich sonst den Wor¬
ten der Bibel anschliesst, darbietet, so liegt eine Abweichung von
der allgemeinen Regel, wo der Sinn des Urtextes jeder kurzen
Zusammenfassung widerstrebte, vielleicbt nicht allzufern. Die
Worte Die n^sai der 9ten Zeile, welehe ich dem Kähin 'Amram
vorlas, wurden von diesem sofort in der vom Prof. Rödiger an¬
gegebenen Weise ergänzt: ("b«) nitvb nata, so dass darüber
kein weiterer Zweifel bleiben kann. Auch die letzte (lOte) Zeile
!T(fr nai«i nm"' noip las der Kihin trotz der in den beiden
mn'< mangelhaft erhaltenen Zeicben sofort richtig und bemerkte
mir dabei, dass diese Anrufung, welche, wie Sie hemerkt haben
werden, aicb nnter der Ihnen mitgetheilten Inschrift Nr. 2 in
etwas erweiterter Form wiederholt, bei den gottesdienstlicben
Uebungen der Samariter bänfig angewandt werde. Ich glaubte
vermutben zu können, dass sich vielleicbt diese ganze verkürzte
Form des Decalogs bei den Samaritern erhalten habe und befragte
darum den Kähin in der Boffnung, auf diese Weise zur AusHil-
lung der beiden übrigen Lücken zu gelangen. Derselbe, welcher
übrigens für die Sache einiges Interesse zeigte, versicherte mir,
dass meine Voraussetzung eioe irrige sei, und dass er keine Form
des Decalogs als die vollstäodige des 2ten nn(b5ten Buchs Mosis
kenne; ebenso scheiterte ancb meine Bemühung nach der in mei¬
nem letzten Briefe erwähnten in einem samarit. Privathause be¬
findlicben Gesetztafel das Fehlende zu ergänzen, an dem völlig
nnlesbaren Znstande der betreffenden Stellen auf dieser.
Dass es übrigens nicbt wohlgetban sein würde, Ansiebten
fiber paläographische BigenthUmlichkeiten auf die Wildenbrucb'scbe
Copie zu stützen , wird ihnen meine Zeichnung schon dargethan
haben. Die Form der Buchstaben ist von derjenigen der guten Perga¬
ment-Codices des Pentateuchs, deren eine ziemliche Anzahl noch
jetzt in der Näbluser Synagoge aufbewahrt werden , während
16—18 in den letzten 7 Jabren verkauft sein mögen*), durebaus
*) Die Frage wegen des Alters dieser Pentateuch - Mspte. dürfte gewiss in einigen Fällen ebenso schwer za einer genügenden Lösnng zu bringen sein, wie bei unsrer Inaebrift. Wabrscbeinlich warden dieselben in N&blus fnr die verschiedenen Gemeinden der Samariter, weicbe im Mittelalter in sy¬
rischen und vielleicht auch ägyptischen Städten bestanden, angefertigt, mit dem berühmten Hauplcodex collationirt nnd so jenen Gemeinden verkaaft.
Rei dem allmähligen Ausalerben der letzteren kehrten sie, als Eigenlhum dei- Filialsynagogen, in den Besitz der Hauplsynagoge zu Näblus zarück. Es er.
Rosen, über samarilanische Inschriften. 629
nicht wesentlich verichieden. Auch iat sie so distinkt, dass eine
Verwechselung tweier verschiedenen Buchstaben nicht wohl statt¬
finden kann; x. B. bat Chet die Gestalt ^^s^ ; He dagegen
die beiden Formen und liegend, lrjf=' , welche nach dem
Bedürfniss des grösserm oder geringeren von ihnen auszufüllen¬
den Raumes gebraucht werden, so wie auch Wau sich hald in
einer breiteren bald einer schmaleren Gestalt ^ findet.
Scbin hat nie einen Strich unter seiner mittleren Zacke, Jod ist
in der Regel su breit, oft bis znr Unkenntlichkeit, ausgefallen;
häufig finden sich an Buchstaben Abrundungen, wo Ecken sein
müssten u. s. w. Wer mit den Schwierigkeiten der Nachbildung
dieser eigenthümlichen Scbrift bekannt ist, der wird trotz dieser
.Ausstellungen der Wildenbruch'schen Arbeit seine Anerkennung
nicht versagen, aber diese nach den Umständen so natürlichen
Mängel können zur Begründung des hohen Alters der Inschrift
nicht dienen. Es erscheint mir deshalb als ein Postulat, nnd
zwar kein sehr glückliches, dieselbe bis auf den Tempel auf dem
Garizim , der doch gewiss wie der von Jerusalem nach der Idee
der Stiftshütte angelegt worden war, zurückführen zu wollen.
Die Anfertigung von transportabeln Tafeln , welche mit der Zeit
das Ansehn der ächten Mosaischen gewinnen sollten, liesse sich
der samaritanischen Priesterschaft schon zutrauen ; wozu aber in
dem Tempel eine Wandinschrift, welche den heiligen Text in
abgekürzter Form giebt? Für eine Synagoge, welche nach der
Zerstörung des Tempels dessen Stelle vertrat, erscheint eine solche
viel angemessener —, der Unwahrscbeinlicbkeit, dass sie in dem
Tempel dem fanatischen Eifer des Johannes Hyrkanus entgangen
sein sollte, uod der Schwierigkeit einen Stein, welcher zwei
Kameellasten wiegt, von der steilen Höhe des Garizim herunter
zu schaffen, nicht zu gedenken. • Wie mir der Kähin 'Amram
versicherte, hat die Tafel weder jetzt bei den' Samaritern irgend
eine heilige Geltung, noch solche jemals früher besessen, was
man glaublich finden muss, weon man berücksichtigt, dass sie
klärt dies die grosse Menge solcher Hschr. daselbst. Kiner Samariler-Colonie in Damaskus geschiebt, soweit mir bekannt ist, nirgends Erwähnung. Doch ist der vnn schwerer hochrother Seide gewobene Vorhang des Tabernakels der Näbluser Synagoge, auf welchem eine Goldstickerei die Stiftshütte mit ihren beiligen Geräthschaften, VorhSfen u. s. w. darstellt, vor elwa ÜOCl Jah¬
ren daselbst angefertigt worden, und zwar einer ehenfalls in Gold gestickten Inschrift zufulge von einem gewissen Ja'isch uj^yi , dessen Familie unter demselben Namen ((jmaxj noch jelzt geschriehen , aber 'es gesprochen) jelzt in NübliLS ein geachtetes muhammeilanisrhes Kniifmannshaus bildet, l'eher einrn in Damaskus geschriebenen sam. Penlaleuch werde ieh Ibnen eine kurze Nutiz znschicken.
630 Rosen, über samarilanische Inschriflen.
dieselbe, nnclidem sie ibnen entrissen, nicbt ullein in den Händen
der Muhammedaner beliessen, souderu sie völlig vergasseo. Auch
dies spricbt gewiss nicht fiir ihren Ursprung aus dem Garizim-
tempel. — Was ich hier für die erste Inschrift bemerke, gilt
natürlich in erhöhtem Maasse für die zweite, weicbe ich mir als
eine später angefertigte Nachbildung der ersteo denke. Wie
diese den wichtigsten Abschnitt des Pentateuchs, den Decalog,
in abgekürzter Form giebt, so sollte jene die vurnehmlichsten
Worte Gottes, die der Schöpfung und die der Uerufung Mosis,
der in der Synagoge versammelten Gemeinde ins Gedächtoiss
rufeo. Wenn aber erstere eioeo, so weit sicb erkeonen lässt,
überall an sich verständlichen Text durbietet, so hegoügt sich
diese in vielen Fällen mit einigen uus dem Zusammenhange ge¬
rissenen Wörtern, sich auf die allgemeine Bekanntschaft der Le¬
ser mit den Bibelstellen verlassend. Bemerkenswerth ist dabei,
dass sie die Anrufung, mit welcher sie wie die undere schliesst, als
nicht direct dem Pentateuch entlebnt, unterhalb des Rahmens
selzt. Da sie seit der Zerstöruog der Synagoge, in welcher sie
angebracht war, tief im Schutt vergraben hlieb, und demnach den
zerstörenden Einflüssen der Luft nie ausgeselzt wurde, so isl
sie vollkommen erhalteo uod ihre Lesung bietet nicbt die min¬
deste Schwierigkeit. — Sehr verwittert dugegen sind zwei
Bruchstücke einer dritten Tafel, welche ich als Bausteine in
schlechtem neuerem Gemäuer in dem H^drä-Gurten verwandl fand.
Nach meiner von dem einen angefertigten Zeichnuns: enthält sie
die Worte:
(l)ÖN'O) Bip-l (m) rt-« rtirt-
Die zweite hier erhaltene Zeile lässt auf einen voo dem der
beiden andern loschrifteo verschiedeoen Inhalt schliesseo; mit ib¬
nen hätte sie wahrscheinlich die Aorufuog des Schlusses gemein.
Ich berühre hier nucb einige Punkte, über welche nach den
Nacbrichten der früheren Reisenden Zweifel herrschen könnten.
Den Namen der Moschee und ihres Wakuf's el-IJadrä hat v. Wil¬
denbruch richtig wiedergegeben. Schultz dagegen und Barges
sebreiben Cliodra, offenbar weil ibr arabisches Sprachgefühl sich
gegen die Ueberselzung ,, grüne Mitschee" auflehnte. Ich habe
bereits in meioem früheren Briefe die richtige Deutung gegeben,
Rosen , über samarilanische Inschriften, 63 1
naoli welclier zu dem weibliclien Beiwort öj.>\.ü zu ergänzen ist.
o '
Chodra tyas», nicbt sowohl verdure (Barges) als legumes, Gor-
tenfrüchte, würde einen falschen Sinn gehen. In dem Cartulaire
llo St. Sepulcre wird einer Mabuuieria ( Aloschee) dictu Catara zu
Ascalon erwäbnt, mit welcber es dieselbe Bewandtniss haben mag.
Spuren von Preskeu habe ich in der Moschee nicht bemerkt; da¬
gegen befindet sich die Kybia, der einzige verzierte Tbeil des
ein einfacbes Oblongum bildenden Gebäudes, io der Mitte der
südlichen F.<ängenseite , was man als sichern Beweis ibres inu-
bammedanisrhen Ursprungs betrachten durf. Ueber dem Eingänge
des Minärets sind unter roh geurbeiteten Verzierungen nuch die
Worte in wenig zierlicher Schrift zu erkennen, als
Ueberrest des bekannten Spruches y^j.ä vi l ^-j-, j.*aj, dessen
Anwendung hier auf die noch furtduuerodeo Kämpfe des Islam
(regen die Reste der Kreuzfahrer deuten mag. F>eider scheiot
Nablus oie der Gegeostand von Monogriipliieii mulianiniedanisclier
(Jelebrfen gewordeo zu sein; bei den 'Uleinä der Stadt, welche
mir übrigens während meines Aufenthaltes daselbst viele Höflich¬
keit erwiesen, erkundigte icb mich vergebens nach einem solchen
Werke; und da ebenso wenig Archive bestehn, so siod die ge¬
nauen Nachrichten über den Ursprung jener Bauten wabrscliein-
li<;h für immer verloren.
Endlich muss ich hier noch uus meinem früheren Briefe die
Bemerkung wiederholen, dass die Inschrift nicht uuf einem Mar-
mnrblocke, sonderu auf einem härteren .Stücke hiesigen Jurakalks
ausgegraben ist. Marmor ist, wie Dr. Blau ricbtig bemerkt, in
Palästina ein kostbares, ich möchte hinzufügeo zur Zeit des sa-
maritunischen Teinpelbaues im Binnenlande unbekanntes Material,
und wenn sicb Spuren davon nur in uacbhadrianisclien Bauresten
vorfinden, so würde, wenn die Tafel der Inschrift Marmor wäre,
dies oicht für ihren früheren, sondern für ibreo späleren Ursprung
zeugen. Mit dem Ausdruck Marmor ist freilich seit den Zeiten
des Josephus, welcher die Ummauerung der Doppelhöble (Mach¬
pela) bieselbst aus köstlichem IVIarinor aufgefübrt sein lässt, von
den ßescbreibero Palästina's bis zu den neueslen Zeiten, in wel¬
chen das Pflaster der Hocharea der Kobbet es-.Sabra in Jerusu¬
lem (StoH .Sakhara bei Raumer p. 2t>0 d. Ii. suldl.i es Siihra) als
ans Marmor bestehend angegeben wird, viel gefehlt wurden. Nach
dem noch jetzt Vorhaodenen in solchen Prachtbauten zu Jerusalem,
in denen altes Material verwandt wurde, zu schliesseo, sind dortbin
fast nur farbige Marmorarteo nach dem Geschmack der römischen
Kaiserzeit transportirt worden, während der weissbläuliclie Marmor
der griechischen Inseln sich uur in Askuloo, Gaza und dessen Hafen¬
orte Majumas in grosser Menge unter den Trümmern vorfindet.
632
SchinssbemerkuDg Aber die samaritanischen Inschriften.
Von Prof. j;. RSdiKer.
Inschrift Nr. 1. Was daa Verhältniss der Rosenschen
Copie zu der von Wildenbruch'schen und Schultz'schen (s. Ztschr.
Bd. 13. S. 275 ff.) betrifft, so lässt sich schon nach dem, was
zu Anfang des zweiten der vorstehenden Briefe gesagt ist, mit
Sicherheit erwarten, dass die erstgenannte den Vorzug der Treue
und Genauigkeit vor den beiden andern voraus hat, und eine
eingehende Vergleichung des Einzelnen wird dies in jeder Be¬
ziehung nur bestätigen, weshalb wir es auch fiir angemessen
halten mussten, eine nochmalige Abbildung der Inschrift nach
dieser Copie in unsre Zeitschrift aufzunehmen. Zwar sind die
Schriftzüge in der Zeit, welche zwischen der früheren und
dieser letzten Abzeichnung derselben liegen, an ein paar Stellen
noch mehr verwittert oder sonst geschädigt, wie namentlich in
der vorletzten uod drittletzten Zeile, aber an andern Stellen ist
es Brn. Consul Rosen dagegen gelungen, durch sorgfältigere Beach¬
tung der noch vorhandenen Spuren einige Zeichen herzustellen, die
seine Vorgäoger nicht erkannt hatten , und auch sonst üherall
sind die einzelnen Züge von ihm offenbar richtiger und genauer
copirt. So erscheint hier auch ein* Randverzierung des Steines,
welche die früheren Copien gar nicht zeigten. Beide letztere
haben die Auslassung des ic in dem Worte ttian der 2. Zeile,
den falschen Trennungspunkt in dem Worte inw.npV Z. 4 und
mehrere andere Fehler mit einander gemein, und dies ist auffallend
genug, nm daraus zu sehliessen, dass sie in irgend welcher Ab¬
hängigkeit von einander stehen , so dass beide eigentlich nur für
Eine.Copie gelten können'), welcher jetzt die Rosen'sche als
eine zweite selbständige nnd zuverlässigere Zeichnung zur Seite
tritt. In der 2. Zeile bietet sie das ricbtige Nu;n nV, überall
auch die vermissten Trennuogspuncte , wogegen die falsche
Trennung in iniC.ipV verschwunden ist. In der 1. Z. erscheint
T<ti5M, sonst nichts. Auch die drei Zeichen, die bei v. W. zu
Anfang der 2. Z. (bei Scb. sicherlich falsch zu Anf. der 1. Z.)
steben, müssen jetzt sehr unscheinbar geworden seyn, denn bei
R. ist nichts davon sichtbar. Vermutblich steckt darin, wie aucb
Rosen bemerkt, der Schlnss des ersten Gebots •'Zt bs, wofür ge-
1) Viellrieht iat die aus von Wildenbrncb's Papieren stammende Copie, die, vor mebr als 12 Jahren von einem Besuche in Nablus mitgebracht wnrde, keine andere als die von .Schultz damals vom Steine abgenommene
und die im J. mir übergehene nur eine Abschrirt derselben, worauT
ohnediess die Siriehmanier sehliessen lässt. Es wäre zu wünschen, dass Herr voo Wildenbruch selbst nacb seiner Erinnerung hierüber Aufschluss gäbe.
E. R.
Rödiger , Schlussbemerkung über die samarit. Inschriflen. 633
rade Raum genug wäre; das überall aucb sonst in der früheren
Copie falsche Zeicbeo möcbte hier für das ^ stehen uod
beim Copiren aus Verseheo nach voro gerückt seyn, da :e schon
verschwunden waren. Statt ^'SiVn wäre daun OTIN xu lesen,
was in sofern keine Schwierigkeit hat als das auf dem Steine
nicht mehr ganz deutliche *] sich leicbt zu □ ergänzen lässt.
Hinter a^nsu könute füglich onnN gestanden haben, uud vor
demselben wäre nTf herzustellen , was mit den duzu-
gebörigen VVorttrennungspunkten gerade den leeren Raum der
ersteu Zeile füllen würde. Am Ende der 6. Z. ist der letzte
Buchstab vun "{$"13 und ebeoso Z. 7 am Ende n'*3 zu Tage
getreten. Hiuter "^yi Z. 8, wo die io deo beiden früheren Co¬
pieo ooch sichtbureo zwei vereiozelten Buchstaben ..y....'s
allenfalls auf eine kurze Fassung des 10. Gebots scbliessen
liessen, etwa, wie auch Blau wollte, "js-i n\L'N nannt«; 'j, wo¬
für gerade Raum wäre, steht bei Roseo gar nichts. Die letzte
Zeile aber ist nacb den uuf dem Steine nocb erkennbaren Spuren
vuu Kosen vollstäodig so ergäozt, wie ich sie geleseo hatle.
Wie viel ausserdem in paläographischer Uiosicht durch diese
neue Copie gewonnen ist, wird jeder Kenoer leicht sehen. Denn
hiud auch die luschrifteu nicbt gunz so alt, wie aofänglicb ver¬
muthet wurde, so bieten doch wohl diese Züge ein nahezu ent¬
sprechendes Bild der Schrift dar, wie sie schon in viel älterer
Zeit gebräuchlich war. Es kann dies um so mehr angenommen
iverden , da der Gebrauch der Schrift bei deu Samaritern aus
dem Kreise der heiligen Litteratur nur sehr wenig herausgetre¬
ten ist, in allen religiösen Dingeu aber dort viel Stetigkeit und
Beharrlichkeit gefunden wird Ohne hier auf paläographische
Eiozelerörteruugeo eingehen zu können, will ich nur nochmals
darauf aufmerksam machen , dass für die durchaus falscbe Figur
der früheren Copie in Rosen's Zeicbnuog überall die rich¬
tigen Zeichen, theils n, theils n, theils i, an's Licht getreten
sind (über -»..^s Z. 2 s. oben), dass das U9 durchweg ohne
Schuft nach uuten erscheint, dass die Trennungspuokte überall
in Ordnung sind, u. g. w.
1) Dies liegt wobl näber als die von Hrn. Consul Rosen oben S. t>28 vorgeschlagene Ergänzung. Das verbindende 1 und die Hinweisung auf die beilige Stätte io dem an den Decalog augeknüpften , fur den samaritischen
Glauben so wichtigen Gottesgebot n3Ta 01D n^331 kann micb in meiner
Ansicht nicbt stören. E. R.
2) Die in unsren Druckereien gebrauchien, selbst die in der Wiener Staalsdruckerei vorhandenen samarit. Lettern sind schlecht und zum Theil ganz lehlerbaft. Möchten sie docb bald besser gescbniltenen Platz macben I Etwas besser, aber zu unförmlich sind die Pariser, von de Sacy im 12. Bde.
der Notices el Exlrails angewandten Letlern. E. R.
4 1
634 itosen, liter Ndblu» und ümgegend.
Insclirift Nr. 2. Ueber diese Insebrift ist von Rosen
bereits alles Nötbige gesagt worden. Zu leicbterer Uebersiclit
füge ich sie hier iu hebräischer Quadratscbrift bei :
■«ni ' DTibi* "ISN'T "nt* dtiVn - -iön-'t DTjbtt Nia rT'ii5N-\a >
y-ixn ' Niann D'n'rN -laN'i D^an ♦ Tip' o^nb« "iöni-i s-p-,
-law^iT D'an ' ni:-!\üi OTrbN laN'T ni-nsa ■"!t> D'.-ibN -lajni DTibM lait'T DIN" nii5s: dtiVn iqn'i y"»«" " «i^in O'nbN
nxn 3it3 n^m n-tr '' iujn bs n« o-nb« n-i'i Dsb '° 'nnj n:r;
aps' 'n.Ni pnif ■«nb;-!"'" nmatt -«-ib« l'maN'nb« ' - laN-,
Der letite Satz ist, wie schon Rosen bemerkt, aus Exod. 3, 6
entnommen, "•'max ist Lesart des samarit. Pentateuchs für ■J'«3{<.
Am unteren Rande steht (aus Kxod. .34, 6): b« mn-« mn'
]"i:r[i Di]n-) uod (aus Num. 10, 35); mn' na-p.
Ueber Näblus und ünigeg^end.
Von llr. Ci. HoHeH.
Dem Versprechen in einem frühem Briefe gemäss schliesse
ich hieran in summarische Weise einige Nacbricbten über Näblus.
Das Gebiet der Stadt umfasst jetzt den Nordabbang des Garizim,
den Südabbang des Ebal und das sicb zwischen diesen Bergen
hinziehende lange Thal. Drei kleine Dörfer, Räfidiu ^^w\*j(J ^
'Askar /-•^'^ und Baläta »j-^, ersteres eine halbe Stunde weil
vom Weatende der Stadt, letztere beideu fast eben su weit von
ihrem Ostende gelegen, werden von den Bewohnern der Stadt
gemeiniglich als zu dem Weicbbilde gehörig betrachtet. Die
Stadt selbst ist nuf dem Fusse des Garizim erbaut, nur ein
Stadttheil und zwar der östlichste, häret el-liabeleh jiJlxil »jL^,
ragt his zur .Sohle des Thaies hinah und kommt dem Fusse des
Ebal nahe. Ausser diesem giebt es noch drei Quartiere, welche
die Namen haret el-Iyariün o.^*-*^^' l'"«"«' el - jäsemineli
?J.A^UJI ii^Li. , und häret el-^arb SJ/^' führen. Man spricht
«uch wobl missbräuchlich von einem »^1-=- b^^et es-Suinereb,
Samaritaner-Viertel, als dem seit alter Zeit von den Samaritanern
eingenommenen Strasseti-Complexe ; docb bildet dieser nur einen
Theil der häret el-jäsemineh , welcher sich vor der vom Garizim
abfallenden Schlucht Sö'b räs el-'ain ^^J| ^jJ,^ hinzieht.
Die Stadt hat 5 Moscheen, und zwar ausser der erwähoteo