2)^2
Zu den palmyrenischen Inschrillen.
Von Prof. Dr. M. A. Lctj,
Der Aufsatz des Herrn Dr. Mer.x iu dieser Zeitsclirift (XXH,
S. >Mi \'g.): „Bemerkuugeu über bis jetzt bekanute aramäisebe lu¬
schrifteu" veraulasst mich zu deu uacbfolgeuden kurzen Bemerkun¬
gen, die lediglich deu Zweck haben, iie Vermuthungen dieses
Gelehrten einer Prüfung zu unterwerfen, besonders auf Grund der
soeben erschieneneu .Abtbeilung des treffliclieu Werkes von M. de
Vogüe ..Syrie centrale" betitelt : ..Inscriptions semitiques publiees
avec traduction et commentaire, Paris 1868", um jeue in der
Uebersebrift genannten Inscliriften nach sprachlicher und graphischer
Seite so sicher als möglich zum Verständniss zu brhigen.
Bekanntlich habeu die Herren de Vogüe u. Waddington vor
einigeu Jahren Palmyra uud den Haniäu besucht uud einen reichen
Schatz von lateinischen, griecbischen. nabathäischeu, sabäischeu
( neuhinijariseheu ) und palmyrenischen Inscliriften erworbeu. Eiue
Sammlung der lateinischen und griechisclien Inscbriften wird bald
durch deu zu diesem Unternehmen so sehr befiihigteu Waddington
an's Licht treten; wäbrend ein Tbeil der semitischen in dem vor¬
hergenannten Werke uns geboten wird. Es enthält, ausser deu im
Texte selbst abgezeiclineteii, anf 12 Tafelu folio die Abbildung vou
146 palmyrenischen Inscliriften, welclien 88 Seiteu folio als Com¬
mentar voraufgehen. Wir kommen auf dieses so wichtige epigra¬
phische Werk iu einem ausführlicheren Artikel noch zurück; für
dieseu .Augenblick wolleu wir, wie gesagt, versuchen, diejenigen
palmyrenischen Texte, weicbe sich iu den Händen der Leser dieser
Zeitschrift hetinden, an der Hand der neuen Dokumente wo möglicb
sicher zu stelleu und zu erklären. Dies wird uns ermöglicht durch
die Correktheit der Copien des Herrn de Vogüe, zumal derjenigen,
die sich auf photograpbische .Abbildungen stützen ; aber auch wo
dies uicbt der Fall ist , haben wir nacb eingehender Prüfung allen
Gruud auf die epigraphisclie Treue bei deu allermeisten uus zu
verlassen. Oliuehin wird der semitische Text bei sehr vielen pal¬
myrenischen Inschriften dnrcli griechisclie Beischrilten , die vou
Waddington uehen dem erstem copirt worden, leicht controlirt.
Wir wertleii auf solche Weise im Staude sein, die Vermutiiungeu
Lccy , zu den ixdmyreninchen Inschriften. 283
des Herrn Merx, insofern sie sicii auf Verbesserung des febler-
liaften alten Textes erstreclten , zu prüfen. Leider bat sicb fast
Iteine seiner Verrautbungen bestätigt. Folgen wir seiuer Arbeit
nach der Reihenfolge der von uns in dieser Zeitschr. (XVHI,
S. 65 fg.) herausgegebenen palm3'renischen Inschriften.
Deu Text der drei ersten Oxonienses war de Vogüe durch
einen treuen Abklatsch, den er in Oxford anfertigen liess, nochmals
zu prüfen im Stande. Die Lesung, welche er S. 73 Ig. (no. 123a)
giebt 1), stimmt im Wesentlichen mit dem unsrigen überein. No. I
(s. Ztschr. XVIH S. 69) Zeile 4 liest de V. ^ycipN NT'ST d. i.
„Zebaida Sobn des Akupai". Solche nebeneinandergestellte Namen
geben das Verhältniss vom Vater zum Sohne an, wie dies aus der
reichen Sammlung und deu griechischen Beiscbriften zur Genüge
erhellt.
No. II (a. a. 0. S. 7Ü) liest de Y. ■'Minx Z. ü., ob aber die
Inschrift diese richtige Form hat, bleibt zweifelhaft; dagegen lässt
sich N^m, statt -i^m, woran Merx Anstoss nimmt, vertheidigen, und
findet sich auch sonst in älnilichen Fälleu in unsern Inschr. als
Stat. estr. plur., s. weiter unten. Warum de Vogüe i^n^i statt des
von Beer vorgeschlagenen ii^n;: liest, weiss ich nicht zu sagen,
ich erinnere mich nicht deu Namen noch eiumal angetroffen zu
haben.
No. III Z. 4 ist nicht mit Merx bar'"'"^ , sondern mit Beer bayTi beizubehalten, weil auch sonst sicli •'3*-) findet. Ebendaselbst
ist zu lesen: niM •'ra ins i?: in „welcher ist vou der Abtheilung
der Beni-Migrath (oder Migdatli)" und bestätigt sich Nöldeke's Ver¬
muthung üher -rii:, es sei gleich dem arab. w\.j!^.i, durch mehrere
Belege aus den Inschriften aufs Beste (s. diese Ztschr. XIX, S. 639).
Die Lesnng von No. IV ist nunmelir durcli einen pliotogra-
phischen Abdruck bei de Vogüe (no. 15) ganz sicher gestellt. Diese
Copie zeigt auch das diakritische Zeichen über dem i, um es vom
T zu unterscheiden ■'), wodurcli manche Uusiclieiiieit im Lesen ge¬
hoben wird. Weil nuu diese Inschrift so viele Versuche zur Lösung
1) In lieliriiischer Umsclirift , nicht nher in Zeichen des Originals.
2) Wir bedienen uns. wie frülier, zur Umschrift der palmyr. Zeichen der hebriiisclieu liuelistnhen. Herr Mei'x bat nieht wolilgcth.'in dafür die S}risehen Minuskeln zn wählen. Einerseits steht die heiträisclie QLi.idrafsclirift der pal- niyrenischcn näher, als die letztgeuannte : andrerseits giebt «lie syr. Punktatiun nicht richtig den Lautwerth der piilmyr. Zeieben wieder. VVir werden in unserer iiusfTduIicheren Arbeit näher auf diesen Puidtt eingelien. S<jviel kiinnen wir sebon jetzt bcbnuiiten , dass der Dialekt der Inschriften viel niilier dem Ost- aramäischen , als dem Westariimäiselien steht.
3") Die von de Vogüe abgezeiciiueten Inscliriften .'■ind zum grösseren Theil von Waddington copirt. der. weil nicht auf dieses Kennzeiehen aufmerksam ge- macht , dasselbe in der IJegel uiibeiielitet gelassen hat. Dagegen haben die pliotogra|iliiseli aufgenonnneneii Insehriften, weicbe Vogüe im Auftrage des Due de Luynes l)e.^nlgt und die Herr de Vogüe benutzt hatte, jenes diakritische Zeichen berücksichtigt.
2 *
284 Ijevy, r.u den xtalmyreniscken Inschriften.
der mannigfachen Schwleriglceiten und zuletzt uoch den des Herrn
Merx hervorgerufen hat, so mag sie hier nach der neuesten Copie
und nach unserer Worttheilung, die in einigen Punkten von der
des Herrn de Vogüe abweicht, einen Platz finden :
isba -la iDbu -ia sbnar D-'b^is* D-'br obis
1-1 NpiiniMa N-irbpb 3üi:;dn Nifi 11 üiia:
i:n Nim nD ttjaoi -iDp DniroabN snbt*
Nir:)b ni tob insi ist N3i7:5in Di5iDDf"iJp
INiam -jiNn -;Dm piia a-i Nim i^iao iiat
biami nb nno ms ba?: niniaa nia» -ian
nnin73 ninn ncd in oibii r]t<i «nb«
n2"pn njö nipib 017211 «bia nb aipN it
Zur Erklärung mögen wenige Bemerkungen folgen, indem das
früber in dieser Zeitschrift Angeführte (S. 77 fg) vorausgesetzt wird.
I)ie ersten drei Zeilen bis nach dem Worte 10p sind von alleu
Erklärern gleichmässig aufgefasst worden^). Die folgenden Worte
entsprechend den griechischen xai vnijQiTijaavTa nagovcic} diijvexü
theilt Herr de Vogüe — von Herrn Merx' Deutung, weil auf fal¬
schem Texte beruhend, und diesem zu viel Gewalt anthuend, müssen
wir ganz absehen — "jm Nin iir. Wir glauben dem Chaidaismus
gemässer zu verfahren, wenn wir lesen iin Nini na „als dort war"
der Hegemon Crispinus ^). Ebenso müssen wir auch bei der Thei¬
lung der nächstfolgenden Worte von dem französischen Gelehrten
abweichen. Dieser liest: Ni;5b m NabinN iiai „au passage des
legions". Er muss dann NabiriN als 3. Person plur. fera. des Perf
Itbpael von ibi = "^bn und das ni nach dera passiven Verbum als
Ergänzung im Nominativ-Werthe nehraen. Ich glaube seiner Zu-
stimmung gewiss zu sein uud die vielen grammatikalischen Schwie¬
rigkeiten, die sich seiner Erklärung entgegenstellen, zu verraeiden, wenn ich theile:
Nii-3b ni Nab inNi 121
„und als er brachte hierher die Legionen". Als Subject ist der¬
selbe Hegemon Crispinus beizubehalten ; inNi ist Imperf Aphel von
NPN, wofür auch ipn gesagt werden kanu; als Ergänzung steht
Nijiijb ni und ein Nachsatz iNiao "jiat. Für den Aramäismus ist
nuu uusere Inschrift aus der Mitte des dritten Jahrhunderts von
hohem Werth; sie lehrt uus den Gebrauch der Form 1, als Zeicheu
der dritten Person des Imperf, und das an zwei Stellen (regelrecht
nach der Partikel ia) und den des Accusativs durch ni; diese
1) Dass der Anfang ObS statt pbn geleseu werden müsste, hahen wir
sehon in dieser Zeitschr. (XXII, S. 261 Anm. 1) vorgeschlagen. Herr Mer.t muss diese Ahhandlung hei der Abfassung der seinigen noch nicht vor sich ge¬
haht haben.
2) Wir dürfen an dieser Stelle die geniale Divinationsgabe des sei. Beer nicht mit Stillschweigen Ubergehen, da er (vgl. a. a. O. S. 79) scbon das Rich¬
tige hat; man darf nur das NINi in Nini verwandeln.
2 1 *
l^evy , xu den palmj/reniarhen Inschriften. 285
Partikel ist sonst im Ostaramäisehen sehr selten Wir wollen
auf diese Punkte hier nieht weiter eingehen, weil sich in unserer
ausführlicheren Abhandlung dazu Gelegenheit finden wird, und keh¬
ren zu unserer Inschrift wieder zurück. Der Anfang der fünften
Zeile "jNiao 'jiat ist, wie gesagt, der Nachsatz zu den Worten „als
er die Legionen hierher führte": machte er bedeutende Ein¬
käufe. Im Griechischen ist dieser Satz nicht besonders ausge¬
drückt; man kann jedoch deu Siun errathen, obgleich nicht genau
sprachlich feststellen. Die Form "iiaT kommt im Cbaldäiscben uur
in der Bedeutung „Verkauf vor; man muss also wohl ■paT punk¬
tiren und als dritte pers. Perf, wie anin und audere an¬
sehen. Freilich kommt sonst das Perfect o iu der Regel nur bei
intransitiven Verben vor, wenn auch einzelne Ausnabmen bei tran¬
sitiven sich finden (s. Fürst's liChrgebäude, §. 121); bei dem Verb.
■jaT aber findet sich im biblischen Chaidaismus das Perf 0 nicht.
Als Object steht dabei "(Ni-iD, das als Plur. fem. nur die Bedeutung
von multa haben kann. Der Schluss der Zeile bietet die
Schwierigkeit^) -iNis-r -pNTI ^Dm, das dem griechischen xal ovx
oXiyiüV äcpEidtjfSavTa ygrjiidriov entsprechen muss. Aber yiUTi
ist dem Aramäismus ganz fremd, man muss es also wohl r^'jiNTT =
■J1T1T (s. die Inschr. No. VI in dieser Zeitschrift a. a. 0. S. 86)
nehmen, und "On ersparen, aufwenden erklären , gerade wie
dies Verbum auch in der Insebrift no. 6 bei de Vogüe vorkommt:
riNunbn yp^m am ii y^m -prasn b-^ia. Es ist dort
die Rede von einem Karawanen-Vorsteher (Nnli«) ai), dem die
Mitglieder der Karawane ein Denkmal gesetzt haben, „weil er ihnen
300 Denare erspart hat" ^).
Der Aufang der sechsten Zeile ist durch die bessere Copie
wohl gesicherter, aber dem Verständniss nicht leichter geworden.
rT^aa scheint in der That ein Fehler für n^inibaa zu sein, wie
Beer schon die Stelle emendiren wollte, damit es dem xaXüg in
der griechischen Beischrift entspräche *). So nimmt es auch de
1 j Sie findet sieli indessen auch noch hei E])hr. III , 422, F. und im syrisch-jerusalemischen Uialekt. An andern Orten ist das Vorkommen als Ac¬
commodation an das Ilehrüisehe zu betrachten, s. l'hlemann: Grammatik der syr. Sprache, S. 219.
2) Beachtenswerth ist, dass in ein uud derselben Zeile dasselbe Wort bald mit .Sin, bald mit Samcath geschrieben ist.
3) Die griechische Beischrift lautet an dieser Stelle : ,,ä</eiStjaam nvrovi Xfivuä mii.iua iii,iuoiii. zol :y.iiiüiii'^. So fasst auch unsere Stelle de Vogüe, indem er bemerkt: dass das Piilmyrenische klarer als das Griechische ist ,,le veritable service municipal consiste ii avoir epargne les finances publiques en achetant des «iiprovisionnemcnts destinc.s k rentretien des troupes romaines".
4l Das 113 ist in diesem Worte wie in ]Ni3123 als Sin =0 zu nehmen.
Die Emendation ist freilich etwas gewaltsam mit dem Texte umgegangen.
riTliaiU ist nicht in unsern aram. Lexicis , doch kaun es immerhin , als Ad¬
verbium von der Wurzel riDÖ (naD) spectare, intueri gebildet, die Be¬
dentnng prudenter gehabt haben. Unsere Inschriften zeigen nns noch man¬
ches andere Wort, welches unsere Wörterbücher nicht kennen.
286 Levy, za den palmyven/'sidnn Inscliri/ten.
Vogüe ; jedoch liest er may, trotzdem, dass das n den diakritischen
Punkt hat. Indessen kann man mit Merx *"::y = J'^QiL in der
Bedeutung ratio vivendi nehmen ').
Das Ende der siehenten Zeile stellt nunmehr als STm ndo
nn^ia lest. Das Verbum NCO lehlt zwar in den Wörterbüchern,
doch findet es sich als jj^ioo „redundantem, liberalem esse" bei
Ephr. (s. carm. Nisib. 31, 72 und opp. om. III, 125 C. vgl. Bickell:
carm. Nisib. p. 5(j s. v.) und „weil er freigebig war", passt sehr
gut au unserer Stelle. Das letzte Wort nni")?: ist = nn:in7: und
kommt iu dieser Form noch häufig in den palmyr. Inschrifteu
vor; es bildet mit c^m zusammen gewissermassen ein Wort, ent¬
sprechend dem griech. (fü.OTzaTQig, für welches es auch iu der Hegel
in den griechischen Beischriften steht (s. bei de Vogüe uo. 1 u. 2);
ähnlich sehen wir nabathäisclie Könige sich iiay sr.- „Philodemos"
nennen (s. diese Zeitschr. XIV, S. 370). Ich habe darum nicht
„falsch übersetzt", wie Herr Merx glaubt, wenn ich das Palmyre¬
nische wiedergab „weil er die Stadt liebte" -). Die ganze Inschrift
ist uun zu übersetzen :
„Statue des Julius Aurelius Zabdila, Sohnes Malcliu, Sohnes
Malchu, Sohnes Nasum, welclier war Stratege der Colonic bei der An¬
kunft des Divus Alexander Cäsar, und er diente (w-ar dienstbeflissen),
als der Hegemon Crisiiinus dort war, und als er brachte hierher die
Legionen, machte er viele Einkäufe; cr war Marktaufseber (Aedil) und
wendete viel Geld auf, uud verständig führte er sein Leben. Also
bezeugt es ihm der Gott Jerechbul und Julius (Philippus), dass er
freigebig und vaterlandsliebend war. Der Senat und das Volk haben
(die Statue) errichtet zu seiuer Ehre im Jahre 554".
Die No. V unserer Inschrift hat eineu treuen photographiscben
Abdruck bei de Vogüe (no. 22) gefundeu und stimmt dieser ganz
und gar mit der von uns gegebeneu Lesung (a. a. 0. S. 83)
überein; nur dass der .Aiiiäng xabi: u. Z. 5 Nl-n lautet, vvie
wir bereits in dieser Ztschr. (XXH, S. 2G1) bemerkt haben. Im
griechischeu Texte ist demnach key\swvoi KvQijva\'ix?ig von Wad¬
dington hergestellt, da die III. Cyrenische Legion in Bozra daraals
stand. Ebenso ist der schou von Franz (('. I. Gr.) vermuthete Name
Ileliodoros bestätigt durch die Copie Waddington's ; es ist die be¬
trefiende Stelle zu lesen: AL'or//.\iog 'lJikii'o]g \Ma]Q. 'IJhoöcj-
Qov argnnoJTijg •/.. t. X.
1) Vgl. ausser den lur diese Bedeutung von Mer.v aiigel'Uhrten Stellen noch zwei andere in Bernstein's lex. syriac. zu Kiisch's Chrest. s. v.
2) Schwieriger dürfte die Uehersetzung ..und er war gelieht von seiner Stadt" vou ihm vertheidigt werden können. .Vn den vielen Stellen , wo Cni sich tindet, hat es stets die Bedeutung Freund; urspiiinglicli allerdiugs als 2. Part, in passiver Fm-ni , „Geliebtci", geht cs doch bald in die Bedeutung ,, Freund'- iilier. So haben wir es auch ia den Targuinim.
Jjevji , zu lien palmyreiiinchen I usch ti ften. 287
Die Verbesserungen des Herrn Merx sind duber nicht unnehin-
bar, vollends ist gar kein Grund vorbanden an der richtigen Lesung
des P in zu zweifelu. Dies Wort ist aucb als Nom. pr. in
no. 16 bei Vogüe anzutreffen*); daber übersetzt dieser: „fils de
Marius Pbiiinus Raai, fils de Pbelekba". Dies letzte Wort wäre
dann das Nom. pr. Nttb^ ; aus Merx Erklärung ist uns uicht recht
ersichtlich , wie er es auffasst. Am Eude ist unsere Vermuthnng
(Ztschr. XVIII, S. 85. Anm. 1), nn'sts sei = miles, (>T{)aTiMTi,g
der griech. Beischrift, zu uehmen, noch der beste Ausweg. Herr
de Vogüe beruft sich freilich zum anderweitigen Nachweis eiues
Nom. prop, isnrs auf den llü.sxog (s. diese Zeitschr. XIX, 524,
vgl. Kirchhott': Studien zur Geschichte des griech. Alphabets) der
Inschr. von Ipsambul; alleiu es ist doch mehr als zweifelhaft, ob
diesem unser Nnbc eutspricbt.
Auch iu No. VI ist von mir, wie der photographische Abdruck
bei de Vogüe (uo. 17) ergiebt, ganz richtig "^-y iT^iy gelesen,
nicht ITI"." ifTJ wie Merx will -); beide aber haben wir bei "n72 (Z.4) nicht richtig conjecturirt; es muss heissen T:.7n = dem griech.
(fiXoTSi^rtadfiEVov unserer Inschrift und dem aTiayyei^kdfitvov der
no. 3 bei dc Vogüe. Dieser lührt zur Erklärung au letzterer Stelle
an: „"."iW nc se trouve plus en arameen (jue comme substantif, res
pretiosa; le mot s'est conserve eu arabe comme verbe A:s^ qui, ä
la IVe forme, a le sens d'houorer, donner beaucoup". Wir
möchten jedoch auf dem Boden des Aramäismus bleiben und das
Wort als Particip Aphel von n.': nehmen ; dies hat die Bedeutung
wie das hebr. ""ia „herbeiziehen ^ führen, zuführen oder
zukommen lasseu". In der obengenannten Stelle bei de Vogü6
(uo. 3) hat das Griechische (der palmyr. Text ist unvollständig an
der betreft'enden Stelle) „inayynXdfitvov avry (sc. dem Senate,
ßovky) tTiiSoaiv uuovictv [sit,-] xhvaiav xut erog x. t. " An
unserer Stelle ist die Rede davon, dass Julius Aurelius Ogga (so
lautet der genauere Text N.-,y 3) statt Nsa) dem Senat lüOüO Drach¬
men zukommen Hess'').
1) d. i. ('. I. Gr. 110. 4482.
2) Den Nftmon "INJiNta , den derselbe, durcb die vcrstiimnielte griecbi¬
scbe Insebrift verleitet, deu Paimyrenern imputirt , wollen wir ihm anderweitig nachzuw-eisen und zu erklären überlassen.
3) An der Eichtigkeit des Te.xtes ist um so weniger zu zweifeln, da in der Nähe der Inschrilt eine andere (Vogüe no. 18) sich bcHndet, also lautend:
-r Nwi^n nn Njjabs
Nb^Nffl [iTiJiy it-ry
ci7:n N513 nb n^-N
■jci: n-iia nzr,^ yz mp'b ypn n:a"i
Die Inschrift ist also eiu paar Jahre nach der unsrigen verfasst worden.
4) Herr Merx hat ganz recht, dass nicht der Senat, sondern Jul. Aurelius
das Geld gespendet hat. Aucb in Xo. IX ist NIOpT ein Versehen. —
288 T^ery, zu rien palmyrenischen Inschriften.
In No. VII lese ich ehenfalls mit Merx inay, auf welche Lesung
mich schon vor langer Zeit Herr Prof. Nöldeke aufmerksam gemacht
hat. Der genaue photographische Text bei de Vogüe (no. 7) be¬
stätigt dieselbe; das n in dem betreffenden Worte ist ohne diakri¬
tischen Punkt.
Die beiden folgeuden Inschriften VIII uud IX sind von Wood
arg verstümmelt uns überliefert. Erstere giebt de Vogüe (no. 26)
folgendermassen :
NE-iücN DlüDülp nin DrWÜEO
D^bv aipN NoasiNi Ni-pn
DipDn ci''m::dd DibniN
ipib 131-10 oi-ih;]D3bi< -ö
1-1 -(Oi: niia ü'Jiipi n73ni
!-iy"pr n:a
Die Uebersetzung ist durch die griechische Beischrift ganz
leicht. Diese weicbt ausser in der etwas veränderten Benennung
der Personen auch noch durch den Zusatz „äno axgctTitov vom pal¬
myrenischen Text ab. Interessant ist dabei auch die Uebersetzung
von Dlip , das sonst im Aramäischen nur in der Bedeutung von
„Erhaltung, Bestand", also als abstractum sich findet, hier durch
npoOTocTi/g Beschützer, patronns wiedergegeben wird.
No. IX lautet bei de Vogüe (no. 27):
Diaouip "11-11 OTiz'^to wUnaa-iNi Ni:pi nei-jen N7:b"r DibiiN oibii Dips
NpEn i:y7: -a srop na
[n72]rpi riKn-i npib ny"pn n:ia lO" mi
Nach diesem Texte ist also im Griechischen [Mav]vttiov statt
\Mek]evtttov zu lesen.
No. X liest Merx Z. 3 naia: ; die bessere Abschrift bei de
Vogüe (mit diakritischen Zeichen) hat naia:, trotzdem liest dieser
baia:, vermutblicli nacb dem (iriechischen \N\e[(i6]ßakos. Jene
Copie hat auch den Feliler oib-N. Zeile 4 schliesst n52n-i „seiu
Freund", dem Griechischen gemäss, uicht ~72n~b.
In No. XI hat Herr Merx wiederum niciit glücklich conjec¬
turirt; die Inschrift ist bei de V. no. 52 (nach photographischer
Aufnahme) zu lesen :
rrN irsrM ria in-rba
nbam -^a i:r:
l obi-lgons niHg Jie Vermutlimig hier Platz tindeii , oh nieht in den zw ei Texten (Vogüe 3 u. 17 1 von einer Anleihe die Itede sei, ..das Geld hinziehen", d. h. anf längere Zeit leihen. Wir wollen un? nieht «nf das Citat hei Buxtorf IS. V. "e'i) aus Kasehi Deut. 33. 25 berufen, da dort nieht gerade von ..bor¬
gen" die Rede ist
Liwf , -.11 den jnibni/rf.m'sfhen In.iclir/ften. 289
,r)eltihan, Tochter Itlipani's, (Uas Weih Manai's, Solines Waha- balath"
No. XII ist von mir ganz riclitig gelesen, bis auf den ersten
Namen, der iu do Vogüe's Copie (no. 51) Nilr^:« lautet.
No. XUI ist Z. 2 in der Coiiie bei de Vogüe (no. 70) zu
lesen: p"i3 Nl^i: d. h. nach diesem (ielehrten „Tsaida fils de Barai)".
.ledenfalls ist Merx' Vermuthung, "ar Z. 1 bedeute „Knecht", zu
verwerfen; denn an andern Orten der Votivtafel Ifonimt an der be¬
treffenden Stelle auch nay vor, wenu von mehreren Gelobenden
die Kedo ist. Ob uusere Annahme: p-ia habe die Bedeutung von
„Süller", zu verwerfen sei, müssen wir noch in Erwägung ziehen;
sie wäre es, wenu sich die Meinung de Vogüe's bestätigen sollte,
unsere Inschrift sei christlichen Ursprungs. Doch sind die Gründe
dafür nocb nicht überzeugend. Ein Ilauptargument sielit de Vogüe
iu den zwei Kreuzen zu beiden Seiten der letzteu Zeile.
Bei den Inschriften XIV, XV und XVII hat Herr Merx niclits
zu erinnern gefunden. Zur erstgenannten sei nur zu bemerken ge¬
stattet, dass Herr de V. diese ebenfalls in sein Werk nach einer
neuen Copie von Waddington aufgenommen hat, s. das. no. 21. Er
erkennt jetzt in den Namen der Grabsclirift Verwandte der Königin
Zenobia uud ihres Gemahls, was selir gründlich S. 23 fg. erörtert
wird. Die Copie von Waddington zeigt ganz deutlich den von uus
vermutheten ni::, dagegen hat diese nach nb eiu imsabi st. imiabi,
wahrscheinlich ein Fehler des Copisten. Beachtenswerth ist das N3abi
im;a, eine Form, auf die wir schon oben bei No. II aufmerksam
gemacht haben.
Bei No. XVI will Herr Merx statt ndiudi lesen NnipOT, was
paläographisch ganz ungerechtfertigt ist; denu iu diesem Schrift¬
typus, in welchem No. XVI und XVII abgefasst sind, ist das 13
gar wolil von p unterschieden; sodann ist es misslicb das Nrr^po
zu identificiren mit N^po und dieses nur zu dem arab. ^^^üa»"
zu stellen". Ich glanbe für die von mir lur NniJiD gegebene Be¬
deutung jetzt auch noch eine Stelle aus der alten chaldäisch ab¬
gefassten Megillath Ta'anith ^) anfüliren zu könuen. Nach unserer
Ansiclit bat das dort angeführte Nmto^iD (no. 20): iboaa Nnbna
Nnn l'J NnNiN72iD ibu:nis, dieselbe Bedeutung „signum" wie
bier 3).
Zu No. XIX, der iu Algier gefundenen palmyren. Inschr., hatte
ich rair längst in Z. 1 notirt: es sei n nn nüje: zu lesen, uud finde
1) Die Deutung der Niuncii iu dieser und der folgenden Inschrift versparen wir uns his auf unsere ausfiilirliehere Arheit. Sie kommen üljrigens his auf
■jninba und Nllnas häufig in den palmyr. Insclir. vor.
2) S. über diese Derenbourg: Essai sur I'liistoire de la Palestine p. 439 fg.
vgl. das. p. Gl fg.
3) Die monströse Form 1"13'T2) mit Scbin bei Merx, ebenso bei No. X bedarf keiuer Widerlegung.
Bd. xxm. 19
290 Leniy , zu den palmyrenischen Inschriften.
ZU meiner Freude, dass aucli de Vogüe (s. no. 79 S. 57 Anm. l)
dieselbe Ansicht ausspricht. Die Richtigkeit dieser Lesung kann
schwerlich bezweifelt werden und ]\Ier.\' Vorschlag nnoN rac:
ist weder graphisch uoch sprachlich zu rechtfertigen. Auch seine
Annabme, es sei Z. 5 n"?: y.'a "in zu leseu, möchte doch
vielleicht der Vorwurf treffen , dass dagegeu , wenn auch nicht
Grammatik, doch Scliriftzeiclien protestiren. Nur eine bessere
Abschrift kann hier Liebt verschaften. Die letzte Zeile ist
aber mit Bestimmtheit nicht mit Merx r|bn , sondern ban zu
lesen. Meine Vermuthung, ban bedeute als Sclimerzensausruf „er
ist dahin", findet ihre Bestätigung durch die neuen Belege bei de
VogüeSie war indessen gar nicht „aus der Luft gegriffen". Ich
habe Z. D. M. G. XV. S. G22 kurz auf Buxtorf lex. tlialm. verwie¬
sen, und hier finden sich zahlreiche Belege für die angegebene Be¬
deutung. Ich führe nur die bekannte Klage um dahingeschiedene
Fromme an: ■j-'nanyj): sbi •j-'-axi by ban „welie über die Daliin-
geschiedenen, die nicbt melir anzutreffen sind" (s. Sanhed. Illa)
vgl. auch im bibl. Ciialdaismus Hiob 10, 15 s:iT "ju ^by b^an
xan „wehe mir vor dem grosseu Gericlitstage !" — Die kleine In¬
schrift a. a. 0. XV, S. 622 ist daher zu lesen :
abi:
Nn:a ban
„Bild des Kenora, er ist dahin "! ^)
„Für unerklärt" gilt Herrn Merz „die luscbr. Zeitschr. XVIII,
S. HO und Bd. XII (uicht XXH)". Icli holl'c, cr stimmt mir lici,
wenu ich nunmehr lese:
n:! NOc:
na Di-ipa ban -rJivs
No'r r:o
d. h. „dies ist das Denkmal (des) ^) Mocimus, Solines Simeon. Er
ist dahin! Im Jahre 4G1" (149 u. Chr.). üemerkensweith ist,
dass der Name pyaa auch in der neuen Sammlung bei de Vogne
sich findet.
Zum Sclilusse sei noch erwälint, um das ganze in dieser Zeit¬
schrift mitgetlieilte IMaterial zu rectificiren , dass auch von der In¬
schrift der Stele, welche wir in dicker Zeitschrift XV, Gill (vgl.
XVIII, 105) erwälint haben, durcii de Vogne *) eine tLcnauerc Copie
1) S no. 72 u. 131.
2^ Vgl. (las S. 21.
3) Ob ein in der Coiiie überseben ist? Dies .«elieint mir wabrsebeiii- licb , da die sebr zublreieben (';r.ili>ebriltei! li.-i ile V in der lä jyrl n u li r;:i siar: da? •■- iiaijeu.
4.) S. a. a. O. ^. I'll. Ahm.
Lenj, -n ilen jKi Im y renisch en Insehrißen. 291
erworben worden ist. Nach dieser lassen sich die beiden Texte
der Inschrift, der griechische und aramäische, gegenseitig ergänzen
und zwar: ^ ^
fyeotg nuTQCpoig Brßcp 'laoiß\o7M
' Avid-rixav Maxxaiog Meth] t[ov 'Hkioöwgov xm 2äoSog
Gaifi^
iD-ipi i<7;ir nrci Nbr na 'pi: n^y]
„Es machten (die Statue) Makkai, Sohn des Male, Sohnes Lisch¬
masch, und Saodu, Sohn des Thaime, Sohnes des Leschamschi, und
habeu sie geweibt".
Auf die übrigen aramäischen luscbriften, welche Herr Merx in
seiner Arbeit einer Prüfung unterwirft, wollen wir hier nicht weiter
eingehen; nur das wollen wir in der Kürze bemerken, dass die
Deutung der luscluift des einen Siegels S. 090 auf einer falschen
Copie berubt und die des andern S. 1)92: tcn -b ern Nb
„uon obsignatum tibi, bihe, line" doch etwas zu weit über
die einfache Legeude eines Siegels hinausgeht >). — Ueber die Vase
des Serapeum's bringt Herr Merx manches Interessante, jedoch
muss ich die Richtigkeit seiner Behauptungen kundigen Aegyptolo¬
gen überlassen -).
Die Entzift'erung der Carpentras, wie sie Herr Merx versucht,
dürfte schwerlich Beifall findeu. Wir verweisen auf deu Artikel
des Herrn J. Derenbourg: „L'inscription dite de Carpentras" im
Journal asiatique, Fev. et Mars 18(58, p. 277 et suiv.
11 S. Huser ..Siegel und Gemmen'- S. 7 Taf. I. no. 2 u. S. 38 no G.
21 l>as* ^n'ON in letzter Zeile stelle, müssen wir bezweifeln, die Auto¬
psie bat uns in unserer Lesung bestärkt.
19*
292
Miscellen.
Von Th. Nöldeke.
I.
Dyn:a.
In seiner Besprechung der Inschrift von Carpentras sagt Merx
(Ztsclir. d. D. M. G. XXII, 097): „Nöldeke's Vorschlag statt eyn:?:
mit Annahme mandäischer Ortliographie Dyn:73 — )c?,v> aliquid zu
leseu , ist eben um der mandäischen Orthographie willen abzuweisen,
üiese Schreibweise ist auf allen alteu Monumenten unerhört." Ich
muss gestehen, dass mich diese Worte ein wenig geärgert haben.
Seit ich selbständig Sprachstudien treibe , liabc ich es mir immer
besonders angelegen sein lassen, dem wechselnden Verhältniss von
Laut und Schrift zu einander auf die Spur zu kommen ; namentlich
habe ich dabei die Buchstaben N und y in's Auge gefasst, um zu
bestimmen, wie weit diese in den verschiedenen Sprachen und Dia¬
lecten als Consonanten, wie weit als Voealzeichen zu betrachten sind.
Die willkürliche Anwendung von Laut- und Schrcibregeln aus einem
Dialect auf weit ältere oder doch ganz heterogene Denkmäler bat
mir von jeher missfallen, ünd nun soll ich mandiiisclie Orthographie
gerade in Bezug auf y und s für eine vielleicbt 1000 Jahre ältere
Inschrift ganz anderer Herkunft angenommen liahen! Bei Liebte
besehen zerfällt der Vorwurf iu uichts. Mandäiscli heisst „Etwas"
nidit etwa cyir; soudern csir« 'i. Da hier N ebenso blosser
Vocalbuchstabe ist wie ^ und zwar aller Wahrscheinlidikcit nach
ein kurzes a anzeigt, so haben wir das mind am zu sprechen
{ mit arabischen Buchstaben wäre cs ). Nehmen wir dazu
einerseits die neusyrisclie Form miudi, andrerseits targumisches
ay^'p, syrisches (mit Qussäi des d, also Verdoppelung), tal-
.\ •'
\) Im noiuTi'ii M:ii»l;iiscli NT;"" li. t;iil,i>(.T 71 Ij lin. 42 cod. P.ir. XI).