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Wortprotokoll. Ausschuss für Integration, Arbeit, Berufliche Bildung und Soziales. Wortprotokoll IntArbBSoz 16 /

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16. Wahlperiode

Plenar- und Ausschussdienst

Wortprotokoll

Ausschuss für Integration, Arbeit, Berufliche Bildung und Soziales

10. Sitzung 3. Mai 2007

Beginn:

Ende:

10.07 Uhr 12.58 Uhr

Vorsitz: Dr. Stefanie Schulze (Linksfraktion)

Redakteurin: Barbara Oehler, Tel. 23 25 1467 bzw. quer (99407) 1467

Punkt 1 der Tagesordnung Aktuelle Viertelstunde

Siehe Inhaltsprotokoll.

Vorsitzende Dr. Stefanie Schulze: Wir kommen nun zu Punkt 2 der Tagesordnung

a) Besprechung gemäß § 21 Abs. 3 GO Abghs

Situation und Wege zur Verbesserung des Sonderfahrdienstes

– Mobilitätskonzepte unter Einbindung des ÖPNV, Taxen und Mobilitätsdienst (auf Antrag aller Fraktionen)

b) Besprechung gemäß § 21 Abs. 3 GO Abghs

Sonderfahrdienst für Menschen mit Behinderungen in Berlin leistungsstark und effizient – oder warum die Darstellungen des Senates immer noch nicht mit der erlebten Wirklichkeit der Betroffenen übereinstimmt

(auf Antrag der Fraktion der CDU)

0071

0065

Ich schlage den Fraktionen vor, auf eine detaillierte Begründung zu verzichten und die Zeit dafür zu nutzen, die von uns eingeladenen Anzuhörenden zu Wort kommen zu lassen. Danach werden wir noch genügend Zeit für Nachfragen haben, um im Detail die Dinge zu erfahren, die uns interessieren. – Ich frage zunächst die CDU-Fraktion: Wäre das für Sie okay, wenn alle verzichten? – [Gregor Hoffmann (CDU): Ja!] –

Ein Mitglied des Petitionsausschusses, Herr Pauzenberger von der SPD, möchte an unserer heutigen Sitzung teilnehmen. Er wurde extra beauftragt, im Namen des Petitionsausschusses an dieser Anhörung teilzuneh- men. Formal müssen wir ihm das Okay dazu geben und ein Rederecht einräumen. Deshalb frage ich Sie, ob Sie damit einverstanden sind. – Es sind alle einverstanden, damit sind Sie autorisiert.

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Dann schlage ich vor, ein Wortprotokoll anfertigen zu lassen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall, dann können wir so verfahren.

Ich stelle Ihnen nun kurz die eingeladenen Experten vor, die uns heute zur Verfügung stehen: Das sind Herr Koop, Schwerbehindertenbeauftragter der BVG, Herr Ploke von der Wirtschaftsgenossenschaft der Berliner Taxibesitzer, Herr Schütz, Vertreter der Fuhrunternehmen, Herr Purmann von Der Paritätische Berlin, der uns zum Tagesordnungspunkt 3 zur Verfügung steht, und Herr Marquard, Landesbeauftragter für Menschen mit Behinderungen, der in diesem Ausschuss bestens bekannt ist. – Ich heiße Sie alle herzlich willkommen!

Wir sollten gleich in die Anhörung eintreten. Sie sind vorab mit Fragen der einzelnen Fraktionen versorgt worden. Es wäre sehr entgegenkommend von Ihnen, wenn Sie für Ihre Stellungnahme eine Redezeit von fünf Minuten pro Person einhalten würden. – Das Wort hat Herr Koop. – Bitte sehr!

Wolfgang Koop (BVG): Herzlichen Dank, für die Einladung! Ich möchte das Statement, dass wir vorher schriftlich bzw. per Mail eingereicht haben, um diese fünf Minuten ergänzen. – Die BVG orientiert sich prinzipiell seit vielen Jahren darauf, Mobilitätsdienstleister für alle Berlinerinnen und Berliner sowie die Gäste dieser Stadt zu sein. Dazu gehört auch, dass der barrierefreie Ausbau des Verkehrssystems BVG und sicherlich auch der S-Bahn die oberste Priorität hat.

Ich möchte auf meine Wortwahl verweisen: Wir reden seit etwa zwei Jahren im Haus der BVG nicht mehr von der „behindertengerechten Beförderung“, sondern wir reden verstärkt von der „barrierefreien Beförde- rung“, da wir davon überzeugt sind – Sie werden das sicherlich täglich zum Beispiel bei der Nutzung der Aufzüge in der U-Bahn beobachten können –, dass alle Maßnahmen für behinderte Fahrgäste auch allen anderen Fahrgästen dienen.

Ich verweise auf das Tempo dieser Entwicklung. Wir haben heute 68 U-Bahnhöfe barrierefrei ausgestattet.

Dazu gehören ein Aufzug bzw. eine Rampe und ein Blindenleitsystem, das wir auf sehr viel mehr Bahnhöfen haben. Der erste Aufzug – vielleicht registrieren Sie die Zahl – in der Berliner U-Bahn wurde 1982 in Be- trieb genommen. Dieser Aufzug nutzte noch nicht allzu vielen Leuten, weil man auf dem Bahnhof nur hinun- ter- und wieder herauf-, aber nirgendwo anders herauskam. Immerhin haben wir heute 68 Bahnhöfe und werden in den nächsten Jahren konsequent weitermachen. Wir werden diese 40 Prozent im Jahr 2010 – wenn alle Planungen korrekt umgesetzt werden – auf fast 60 Prozent der U-Bahnhöfe ausgebaut haben.

Im nächsten Jahr werden Sie in Berlin neue Straßenbahnen sehen, die als Prototypen laufen – natürlich mit einer barrierefreien Ausstattung. Ich möchte auch hier daran erinnern: Wir hatten die erste barrierefreie Stra- ßenbahn – sprich eine Straßenbahn, die niveaugleich bzw. mit Einstiegshilfe erreichbar war – im Jahr 1994.

Heute haben wir 150 dieser Züge und werden mit der Aussonderung der Tatra-Fahrzeuge, nach Bestätigung und Test der Prototypen von Bombardier, im nächsten und übernächsten Jahr eine hundertprozentig barriere- freie Straßenbahnausstattung haben.

Bei den Omnibussen fange ich mit der Zahl an: Wir hatten 1988, also vor weniger als 20 Jahren, die ersten sieben Busse, in die man mit dem Rollstuhl und Unterstützung hineinkam. Heute haben wir alle Eindecker- busse der BVG barrierefrei, mit unterschiedlichem Alter. Einige der Busse sind ein bisschen schicker, andere ein bisschen älter, aber diese werden dann planmäßig restauriert. Mit der Einführung unseres Doppeldecker- Flaggschiffs, das auf der hier vorbeifahrenden Linie M 48, auf der 100 und der 200 usw. eingesetzt wird, haben wir erstmals einen barrierefreien Bus geschaffen, der in einem Multifunktionsabteil eine Aufstellflä- che für zwei Rollstühle, ein Fahrrad und Kinderwagen usw. hat. Hier ist eine außerordentliche Quantität erreicht. Wenn wir sagen, wir bedienen in den Spitzenzeiten 90 Prozent des Busangebots barrierefrei, dann ist das für die Größe des Berliner Nahverkehrssystems wirklich toll.

Die Basis dafür sind die Leitlinien zum Ausbau Berlins als behindertengerechte Stadt vom 15. September 1992. Alle Bahnhöfe, die wir grundsanieren bzw. neu bauen – damit sind wir momentan etwas zurückhal- tend, abgesehen von der U 55 –, werden barrierefrei und nach dem modernsten Standard sein. Wir machen alle Fahrzeuge, die wir anschaffen, vorher öffentlich bekannt, testen sie und lassen Probefahrzeuge auch von mobilitätseingeschränkten Personen testen. Das trägt der demografischen Entwicklung dieser Stadt Rech-

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nung, denn auch ältere Leute, die nicht im Rollstuhl fahren oder noch nicht über irgendwelche Hilfsmittel verfügen, haben Probleme, Stufen zu überwinden bzw. entsprechende Sitzhöhen zu finden. Alles das wird bei diesen Fahrzeugkonzepten berücksichtigt, und das wird auch weiterhin so sein.

Wir haben vielfach Informations- und Trainingsmöglichkeiten geschaffen, zu denen ich Sie herzlich einla- de. – Die Termine finden Sie im Onlineangebot der BVG. – Wir haben im Durchschnitt 500 bis 600 Fahrgäs- te im Jahr, die dieses Mobilitätstraining nutzen. Die BVG macht zunehmend Schulungen mit Initiativen aus den Berliner Bezirken, die Mobilitätshilfsdienste oder andere Unterstützungsdienste betreffen, sodass diese Damen und Herren, die zum Teil ein halbes oder Dreivierteljahr über bestimmte Fördermaßnahmen als Mo- bilitätshelferinnen oder -helfer zur Verfügung stehen, wissen, was im Berliner Nahverkehr los ist, wie er funktioniert und was beim Ein- und Ausstieg, beim Sitzen und Festhalten gemacht werden muss. – Vielleicht mag der eine oder andere lächeln, aber es ist tatsächlich so wie ich sage: Auch im Alter muss man bestimmte Gewohnheiten verändern, um sicher und dem Fahrplan gerecht an sein Ziel zu kommen.

Wir werden auch in diesem Jahr weitere Omnibusse barrierefrei ausgestalten. Das besprechen wir nicht nur mit unseren Bustechnikern, sondern auch vielfach mit den Behindertenbeiräten, mit denen wir auch darüber sprechen, wo bestimmte bezirkliche Schwerpunkte liegen, sodass wir uns im engsten Kontakt mit den Be- troffenen befinden, um das Nahverkehrsnetz der BVG weiterhin barrierefrei auszugestalten. – Vielen Dank!

Vorsitzende Dr. Stefanie Schulze: Recht herzlichen Dank, Herr Koop! – Bitte, Herr Ploke, Sie haben das Wort!

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Bernd Ploke (Wirtschaftsgenossenschaft der Berliner Taxibesitzer e. G. – WBT –): Sehr geehrte Frau Vor- sitzende! Sehr geehrte Damen und Herren! Schönen Dank für die Einladung und die Möglichkeit, uns fünf Minuten lang äußern zu dürfen. Wir sind als Betreiber des SFD Berlin als Wirtschaftsgenossenschaft Berli- ner Taxibesitzer im Vorstand zu zweit. Davon bin ich einer. Wir haben uns intern darauf geeinigt, wenn niemand dagegen ist, dass Herr Schmidt, der zweite Vorstand der Wirtschaftsgenossenschaft, als Träger die fünf Minuten ausnutzt. Deshalb möchte ich auch nicht zu viel davon herunterreden, sondern Herrn Schmidt das Wort übergeben.

Vorsitzende Dr. Stefanie Schulze: Sind alle anderen Ausschussmitglieder damit einverstanden? – Herr Schmidt, Sie haben das Wort!

Dietmar Schmidt (Wirtschaftsgenossenschaft der Berliner Taxibesitzer e. G. – WBT –): Ich danke dem Kollegen, und danke für das Rederecht. Verehrte Senatorin! Sehr geehrte Ausschussvorsitzende! Liebe Nut- zerinnen und Nutzer! Meine Damen und Herren! Ich möchte uns einleitend kurz vorstellen. Ich denke, es sind einige Damen und Herren im Saal, die uns vielleicht noch nicht kennen. Den Herrn Kollegen Ploke, den zweiten Vorstand in der WBT haben Sie eben kennengelernt. Mein Name ist Dietmar Schmidt, ebenfalls geschäftsführender Vorstand der Wirtschaftsgenossenschaft. Herr Ploke fungiert im Rahmen des Sonder- fahrdienstes als Projektleiter. Zu meiner Linken sitzt Herr Hübner, der auch in der Beschwerdeabteilung aktiv ist und als Regieleiter des Sonderfahrdienstes fungiert.

Wir vom WBT begrüßen Sie als Träger des Sonderfahrdienstes herzlich und weisen einleitend auf Folgendes hin: Wir sind seit 1938 ein berlingebundenes und erst recht in der Neuzeit ein hauptstadtverbundenes Unter- nehmen des Mittelstands. Dies wollen wir auch künftig bleiben und an der spannenden und positiven Ent- wicklung dieser Stadt in unseren Bereichen weiter mitwirken. Wir sind über unsere Arbeit hinaus in vielen Dingen auch ehrenamtlich engagiert, und ich erwähne das deshalb, weil wir neben der Arbeit, die wir dort machen, doch immer hauptberuflich Mensch sind. Dies sind Beweggründe, auch die Verbundenheit zu Ber- lin, dass wir uns damals an der Ausschreibung des Sonderfahrdienstes beteiligt haben. Ich setze die Historie des Telebussystems über mehr als zwei Jahrzehnte und die finanzielle Lage, die Haushaltslage Berlins als bekannt voraus, die zur Folge hatte, dass gemäß des Doppelhaushalts 2006/2007 zunächst 10 Millionen € für den Sonderfahrdienst zur Verfügung standen und in diesem Jahr rund 7 Millionen € zur Verfügung stehen, auf einen Blick gesehen eine zwar bedauerliche, aber notwendige Kürzung von 30 % der Mittel.

Aus der erwähnten Ausschreibung des Sonderfahrdienstes ist die WBT unzweifelhaft als Gewinner hervor- gegangen. Zum 1. Juli 2006 haben wir den Betrieb aufgenommen, und die Anfangszeiten in den Monaten Juli und August gestalteten sich sehr schwierig. Ich will hier nicht zu viele Punkte nennen, damit auch die Zeit eingehalten werden kann, aber der Hauptgrund hierfür war, dass die Stammdaten aller Nutzerinnen und Nutzer erneut erfasst werden mussten. Das müssen Sie sich so vorstellen, dass das eine enorme Gesprächs- dauer am Telefon für die Disponenten, für die Nutzer natürlich auch, bedeutet. Es war also eine Verlänge- rung der Gesprächszeiten festzustellen und somit in den Anfangsmonaten auch eine schlechte Erreichbarkeit der Telefonzentrale. Innerhalb des Systems – das möchte ich an der Stelle durchaus lobend erwähnen, – ar- beiten viele politisch verantwortliche und nachgeordnete Behörden – Senatsverwaltung, LAGeSo –, Fuhrun- ternehmer, wir als Regieleister, der Fahrgastbeirat auf vielen Ebenen zusammen. Aus dieser fruchtbaren Zu- sammenarbeit ist es möglich gewesen, das System umfänglich zu stabilisieren. Es zeigte sich, dass die Er- reichbarkeit bis zum Jahresende 2006 sehr stark verbessert werden konnte. Auch die Zuverlässigkeit und die Verbindlichkeit der ausgeführten Aufträge sind besonders wichtig und ein hohes Gut, damit niemand stran- det, der unterwegs ist. Hierauf wird sehr viel Wert gelegt. Auch dieses ließ sich verbessern.

So konnten wir im Jahr 2006 im täglichen Schnitt ca. 550 Fahrten durchführen. Zum Weihnachtsgeschäft – das ist sicherlich bekannt – war es möglich, durch eine senatsseitig ermöglichte Kapazitätserweiterung um ca. 30 % die Disposition zu verstärken und den Fuhrpark, sodass wir an den Feiertagen bis zu 800 Fahrten täglich durchführen konnten. Gleichwohl, Anfragen hatten wir für Heiligabend 2 500. Aus den Zahlen wird deutlich, dass leider nicht aller Ansinnen und nicht alle Fahrtwünsche an den Feiertagen erfüllt werden konn- ten, aber doch schon ein hoher Prozentsatz.

Die mit Wirkung zum Jahresende 2006 erfolgte neuerliche Ausschreibung der Fahrleistungen erbrachte im Ergebnis eine Reduzierung des zur Verfügung stehenden Fuhr- und Wagenparks von ca. 30 %. Dies war

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nochmals eine Hürde, die alle Beteiligten im Sonderfahrdienst nehmen mussten. Das hat sich in negativer Hinsicht im Januar 2007 ausgewirkt. Es war erstmals schwer aufzufangen, und wir hatten erneut den Faktor, dass die eingehenden Fahrtwünsche oftmals aus Kapazitätsgründen nicht angenommen werden konnten, dass sich somit auf der Suche nach Ersatzterminen – anderer Tag, andere Uhrzeit – die Gesprächszeiten wieder enorm verlängerten und die Erreichbarkeit der Zentrale darunter wieder litt. Ich will an der Stelle deutlich sagen: Das war eine vorübergehende Erscheinung, denn bereits ab Februar 2007 konnten wir anhand unserer Statistiken, die wir anhand der Zahlen, die wir aus der Telefonanlage entnehmen können, führen, durchaus wieder eine Verbesserung der Erreichbarkeit der Zentrale feststellen, und die Fuhrunternehmer hatten sich mit Schnelligkeit bemüht, den Wagenpark aufzustocken. Das ist ihnen auch gelungen. Und somit kamen wir wieder ein ganzes Stück weit besser ins Rollen, sodass ab Februar 2007 eine allgemeine Entspannung einge- treten ist. Nicht nur die Annahmezeiten in der Telefonzentrale konnten verbessert werden, sondern die Zu- verlässigkeit und Verbindlichkeit der durchgeführten Fahrten waren und sind von Februar bis heute gegeben.

Die positive Entwicklung im Allgemeinen ist auch ablesbar an der Beschwerdelage. Das LAGeSo betreibt bekanntermaßen ein Qualitätsmanagement. Wir haben selbst als Wirtschaftsgenossenschaft Berliner Taxibe- sitzer eine hauseigene Beschwerdeabteilung – Beschwerdemanagement hat man das zu dem Zeitpunkt da- mals noch nicht genannt – Anfang der 90er Jahre eingerichtet und für unsere Kunden im Taxibereich aufge- baut. Das heißt, wir verfügen in dem Bereich schon seit mehr als 15 Jahren über entsprechende Erfahrungen.

Das kam uns im Sonderfahrdienstbereich selbstverständlich auch dann zugute und zunutze. Das LAGeSo, das Qualitätsmanagement des LAGeSo und unsere eigene Beschwerdeabteilung synchronisieren sich. Ich möchte Ihnen in der Folge einige Zahlen vorlesen: Wenn wir noch einmal in den August 2006 gehen, in die kritische Phase, dann gab es 248 Beschwerden, die die Regiezentrale betrafen. Im September 2006 waren es 117, im Oktober 2006 48, im November 2006 38 und im Dezember 2007 73. Von Januar bis April 2007 sind 38 Beschwerden bei uns eingegangen, und ich bitte Sie das Mengengerüst zu berücksichtigen. Wir konnten die Aufträge im neuen Jahr wieder steigern und vermitteln heute 480 Fahrten täglich, also keine 30 % weni- ger, sondern nur geringfügig weniger als 2006. 480 Fahrten täglich im Schnitt machen von Januar bis April 2007 57 000 Fahrten. Vor dem Hintergrund dieser 57 000 Fahrten sind 38 Beschwerden vorhanden. Hier ist die Rede von schriftlichen Beschwerden, fernmündliche gibt es auch. Ich hatte Herrn Kollegen Hübner er- wähnt, der das Sorgentelefon betreut, das wir drei Tage die Woche geschaltet haben, wo es aber auch mehr Anfragen und Informationsbedürfnis gibt, als dass Beschwerden geführt werden.

Selbstverständlich wird jeder Beschwerde differenziert nachgegangen, und jeder Beschwerdeführer erhält vom SFD eine schriftliche Antwort. Hierzu gehören auch Abgabenachrichten, sofern es sich um eine Be- schwerde hinsichtlich des Fahrpersonals handelt, oder eine Beschwerde über den Zustand des Busses, was dann an die Fuhrunternehmer weitergereicht wird. Beschwerden über – das kommt sehr selten vor – Perso- nal, das bei uns eingesetzt ist, bearbeiten wir selbstverständlich selbst. Einer Beschwerde wird je nach Vor- fall nachgegangen und immer konkret, und sofern in diesem Zusammenhang nach der Evaluation gefragt worden ist: Wir beurteilen und bewerten ex usu.

Im Notfall bedeutet an dieser Stelle, dass der Wagenpark, der Fuhrpark, der zur Verfügung steht, nicht im- mer zu jeder Zeit und jeder Minute ausreicht. Dafür gibt es ein sogenanntes Überlaufventil, dass der Sonder- fahrdienst und wir als Regiebetreiber auf Teletaxen zurückgreifen dürfen. Die gibt es nur in ganz bescheide- ner Anzahl. Und sofern ein Mensch mit Behinderung umsetzbar ist und ein Teletaxi nicht zur Verfügung steht, werden Taxis auf Coupons gerufen und eingesetzt, immer aber erst unter der Bedingung, dass kein Teletaxi da ist. Ich hatte mich bemüht, in meinen Vortrag ein paar Fragen, die vorher eingegangen waren, schon einzuarbeiten. Wir wollen an der Stelle nur deutlich machen: Vor diesem Hintergrund ist ein Wettbe- werbsverzerrungsgedanke völlig abwegig, denn die 300 monatlich durchgeführten Taxifahrten entsprechen 0,16 % der von Funktaxi Berlin durchgeführten Taxifahrten im Monat. Diese Aufträge machen enorm viel Arbeit, aber wir setzen uns an der Stelle dafür ein, diese Taxifahrten auf Coupon doch zu machen, damit Nutzerinnen und Nutzer nicht im Stadtgebiet verlorengehen und nach Hause kommen. Das ist wohl auch der oberste Sinn des Gesetzes des Sonderfahrdienstes, und das ist im Gesetz auch so formuliert, dass Nutzerin- nen und Nutzer und deren Beförderungswünsche ein hohes Rechtsgut sind.

Aus unserer Sicht ist ein Sonderfahrdienst ohne Regieleister mit erheblichen Nachteilen behaftet, denn der durchaus richtige Grundgedanke, der dem Sonderfahrdienstprojekt zugrunde liegt, nämlich den Nachteils- ausgleich für Nutzerinnen und Nutzer zu gewähren, wäre aus unserer Sicht nicht mehr zu realisieren und

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einem hohen Maß an Missbrauch hinsichtlich Preisgestaltung, Durchführung und Abrechnung wären Tür und Tor geöffnet. Wir halten diese Gedankengänge für den falschen Weg.

Eine Bemerkung noch zu den Taxicoupons, ein Querverweis sei mir da gestattet. Sollten im Notfall, um Nut- zerin und Nutzer nicht stranden zu lassen, Taxis auf Coupons eingesetzt werden können und müssen und insofern zum Einsatz kommen, dann sind das aus unserer Sicht Fahrten, die den ÖPNV betreffen, denn nach Personenförderungsgesetz sind Taxis immer dann Bestandteil des ÖPNV, wenn sie Verkehre verdichten und ergänzen.

Ich komme langsam zum Schluss: Die angefragte Vertragserfüllung zwischen dem Land Berlin und dem Regieleister ist aus unserer Sicht vollumfänglich gegeben. Das gilt für alle Bereiche: Personaltechnik, Ver- waltung inklusive der Beschwerdeabteilung und auch der Abrechnung, wo wir die abrechnungsvorbereiten- den Unterlagen und Grundlagen bearbeiten und zur Verfügung stellen. Schlussendlich ist unter den beste- henden Rahmenbedingungen, insbesondere den finanziellen, der Sonderfahrdienst für Menschen mit Behin- derungen in Berlin aus unserer Sicht als Erfolg zu werten. Wir denken, dass wir mit dieser ersten Stellung- nahme einige Fakten dargestellt und vielleicht auch schon einige der Fragen, die uns vorab zugeleitet wur- den, beantwortet haben. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

Vorsitzende Dr. Stefanie Schulze: Vielen Dank, Herr Schmidt! – Herr Schütz als Vertreter der Fuhrunter- nehmer, bitte!

Uwe Schütz (Vertreter der Fuhrunternehmer): Danke schön! Frau Vorsitzende! Frau Senatorin! Ich möchte mich gleich auf die Sachfragen stürzen. Im Sonderfahrdienst des Landes Berlin stehen den zurzeit 17 000 Magnetkarteninhabern täglich 520 Fahrten zur Verfügung. Die beauftragte Leitstelle setzt modernste GPS- gestützte Datenfunktechnik ein, die einen optimalen Fahrzeugeinsatz und eine metergenaue Abrechnung der Fahrten möglich macht. Die unterschiedlichen Fahrtwünsche finden in Form von Daueraufträgen, Vorbestel- lung und Spontanfahrten auch kurzfristig Berücksichtigung. Die zur Verfügung stehenden Mittel werden leistungsbezogen und damit sparsam eingesetzt, da nur die tatsächlich durchgeführten Fahrten bezahlt wer- den. Die Bündelung von Fahrten durch die Leitstelle führt zu erheblichen Einsparungen beim Kostenträger und damit auch zu einer Ausweitung des Fahrtenangebots. Die flexible Koordination von Fahrten reduziert die Kosten der Betriebe und macht eine sparsame Mittelverwendung möglich. Dem beauftragten Regie- leister, der WBT, ist es gelungen, Qualitätsstandards zu setzen. So sind die Fehlfahrten mit zurzeit 1,5 % auf den niedrigsten Stand seit über 20 Jahren in diesem System gesunken.

Entscheidend dürfte aber auch aus meiner Sicht sein, dass die Zentrale die gestellte Hauptaufgabe erfüllt. Die Anzahl der täglich vermittelten Fahraufträge bewegt sich durchschnittlich im Rahmen der vereinbarten Kon- tingente. Spitzenwerte von 550 Fahrten an normalen Betriebstagen und 680 Beförderungen zu besonderen Anlässen unterstreichen die Leistungsfähigkeit des Systems und der Leitstelle. Dies wird – Herr Schmidt hat es auch schon kurz angesprochen – zum überwiegenden Teil von den Fahrgästen so beurteilt und findet sei- nen Ausdruck in der geringen Zahl von Beschwerden, die im Monat April 2007 auf einen Tiefststand gesun- ken ist. Gleichwohl kann und sollte man immer Überlegungen bezüglich möglicher Systemverbesserungen anstellen. Dabei wird schnell deutlich, dass ein System wie der alte Telebus, der sich seinerzeit durchaus einer gewissen Beliebtheit erfreute, ganz anders arbeitete. Durch eine feste Routenplanung war die Buchung von Spontanaufträgen damals überhaupt nicht möglich. Durch feste Dienstpläne konnte das Fahrtenangebot zeitlich nicht dem tatsächlichen Bedarf angepasst werden. Die Berechnung der Beförderungsentgelte nach Einsatzstunden führte damals teilweise zu einer ineffizienten Mittelverwendung und zu einem reduzierten Angebot an Fahrten.

Nach meiner Überzeugung stützt der Einsatz einer Leitstelle den Fahrdienst aber ganz entscheidend, denn ohne diesen wäre die Bildung von Gruppen und Einbindungsfahrten nicht oder nur sehr schwer möglich, dem System würden Gelder für zusätzliche Fahrten fehlen. Mit dem Wegfall der Regiestelle entfiele auch die Möglichkeit des Kostenträgers, sich jederzeit und auch kurzfristig einen Kostenüberblick zu verschaffen und vor allem im Rahmen der Kostenkontrolle steuernd einzugreifen. Andere Mobilitätskonzepte werden nicht zwangsläufig Verbesserungen dieses Fahrdienstes möglich machen. Sobald mehrere Verkehrsteilnehmer im Rahmen eines koordinierten Fahrtenangebots zusammenarbeiten, besteht immer vom Grundsatz her schon die Gefahr von Reibungsverlusten. Natürlich ist es sinnvoll – und das klang auch schon an –, all denen die

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Nutzung des ÖPNV zu empfehlen, die dazu in der Lage sind, damit den übrigen Fahrgästen mehr Fahrten zur Verfügung stehen. Die Anforderungen an die beteiligten Betriebe im Sonderfahrdienst sind hoch. Betriebe, die nur gelegentlich Rollstuhlfahrer befördern, werden wegen der hohen Fahrzeugumbaukosten diese Fahr- ten nicht rentabel durchführen können. Gleichwohl könnte der Fahrdienst durch die Reduzierung der Storno- quote von meist 20 % und mehr erheblich verbessert werden, weil sich damit zumindest in den Zeiten der Hauptinanspruchnahme das Fahrtenangebot deutlich erhöhen ließe. Auch die Erhöhung des Anteils der Spontanfahrten könnte dazu beitragen, dass Kapazitäten, die durch Stornos freigeworden sind, kurzfristig wieder gefüllt werden.

Dann möchte ich noch kurz etwas zu dem zweiten Tagesordnungspunkt sagen: Die Differenz zwischen der Darstellung des Senats und der erlebten Wirklichkeit. Hier muss man zunächst einmal hinterfragen: Um wel- chen Teil von Betroffenen geht es dabei überhaupt? – Bei den täglichen Erfahrungen, die wir haben, stellen wir fest, dass der überwiegende Teil der Nutzer zumindest zufrieden ist. In einem zweiten Schritt muss dann auch erfragt werden, um welche Details es geht und wo diese Beschwerden, die es teilweise gibt, herkom- men. Da gibt es viele unterschiedliche Ursachen, aber eine aus meiner Sicht ganz wesentliche und entschei- dende Ursache im System ist die Fahrtenablehnung. Immer dann, wenn das System voll ist und Fahrten ab- gelehnt werden müssen, weil sonst die Überschreitung des Kontingents droht, werden Sie, da können Sie noch so gut sein, Beschwerden nicht verhindern können. Das sind sicherlich berechtigte, aber in diesem Sys- tem unvermeidbare Beschwerden.

Ich möchte das alles kurz zusammenfassen: Man kann feststellen, dass der Sonderfahrdienst aus unserer Sicht ein leistungsfähiges und flexibles System für die Fahrgäste ist, das die eingesetzten Mittel knapp ver- wendet und die gestellten Aufgaben erfüllt. Da sich Fahrtenablehnungen aber auch in einem gut funktionie- renden, jedoch begrenzten System nicht vermeiden lassen werden, sind Beschwerden der Fahrgäste nicht zu verhindern. – Vielen Dank!

Vorsitzende Dr. Stefanie Schulze: Vielen Dank, Herr Schütz! – Herr Purmann, Sie stehen uns dann später zur Verfügung. – Herr Marquard!

Martin Marquard (Landesbeauftragter für Menschen mit Behinderungen): Vielen Dank! – Ich möchte mich kurz zum Fahrgastbeirat äußern. Die Einladung des Fahrgastbeirats ist aus meiner Sicht ein bisschen schief gelaufen. Das hätte über unser Büro gehen müssen, und das ist mir aber gar nicht so klar gewesen. Ich wusste, dass Herr Budach eingeladen ist – das fand meine Zustimmung –, und ich sah darin kein Problem.

Jetzt ist in den letzten Tagen doch das Problem aufgetaucht, dass einige Mitglieder des Fahrgastbeirats das nicht als demokratisch angesehen haben, was auch verständlich ist. Da ich einige Tage verreist war und das nicht klären konnte, kann ich es jetzt hier nur so klären, indem ich mich nicht nur als Landesbeauftragter für Menschen mit Behinderungen vorstelle, sondern als Vorsitzender des Fahrgastbeirats und ich den Part über- nehme. Es sind aber auch einige Mitglieder des Fahrgastbeirats hier im Raum.

Ich habe ein paar Thesen zusammengefasst, die ich kurz vortragen möchte. Es ist einiges schon gesagt wor- den, aber vielleicht sage ich das noch einmal in der Prägnanz, wie ich es versucht habe zu formulieren. Die Veränderungen beim Sonderfahrdienst haben in den letzten zwei Jahren starke Erschütterungen hervorgeru- fen, die bis heute nicht vollständig beseitigt sind. Immerhin ist der zur Verfügung stehende Etat um fast die Hälfte gekürzt worden.

Zweitens: Das System hat sich in den letzten Wochen weiter stabilisiert. Ich verweise auf Ostern, wo knapp 700 Fahrten am Ostersonntag durchgeführt worden sind. Die Anzahl der ausgeschriebenen Fahrten beträgt 190 000 pro Jahr, durch 365 Tage geteilt, sind das 520 pro Tag. Das heißt, wir nähern uns zurzeit mit 480 Beförderungen am Tag nahezu dem Tageslimit im Durchschnitt. Eine weitere Steigerung bis zum Durchschnittslimit von 520 ist natürlich wünschenswert, und Durchschnitt hieße dann in stärker nachgefrag- ten Zeiten sogar noch mehr. Vielleicht sind wir dann bei 600, und in anderen Zeiten sind wir dann nur bei 400. Das müsste sich noch austarieren.

Schwachpunkte sind nach wie vor die Erreichbarkeit – das ist mein dritter Punkt – der Zentrale, Unpünkt- lichkeit wird immer wieder in Beschwerden genannt sowie häufige Parallelfahrten, also zu wenig Einbin- dungen.

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Viertens: Weitere Optimierungen sind wünschenswert in Bezug auf eine stärkere Abendnutzung. Da kann ich aber sagen, und das ist vor allen Dingen auch im Fahrgastbeirat ausgehandelt worden, dass eine Verläss- lichkeit für die Abendfahrten seitens der Beförderungsunternehmen seit einiger Zeit sichergestellt wird, in- dem zusätzliche Autos und Teams unterwegs sind, die für den Fall bereitstehen, dass jemand nach dem Theaterbesuch strandet. Es gibt sogar zusätzlich noch einen Notfalldienst, der im allerschlimmsten Fall aus dem Bett geklingelt wird. Weitere Optimierungen sind in diesem Notfall- und Beschwerdemanagement noch möglich. Darüber diskutieren wir aber noch.

Ich komme zum zweiten Komplex: Sonderfahrdienst als Nachteilsausgleich. Erstens soll es keine Einkom- mensprüfung geben. Ich spreche mich ganz klar für den Nachteilsausgleich aus und nicht für eine Regelung nach Bedürftigkeit, wie wir es in anderen Großstädten haben. Der Sonderfahrdienst ist ein Nachteilsaus- gleich für den behinderungsbedingten Ausschluss von der öffentlichen ÖPNV-Nutzung, und das muss es auch bleiben.

Zweitens soll es auf keinen Fall eine Budgetierung für die Berechtigten, in welcher Form auch immer, ob man das mit Geld, Kilometer oder Strecke macht – es gibt unterschiedliche Modelle in den anderen Städten – geben. Es würde immer zu einer Gießkannenregelung mit erheblichen Nachteilen für die führen, die auf den Fahrdienst wirklich angewiesen sind, weil es Mitnahmeeffekte gibt. Wenn ich jedem Berechtigten einen bestimmten Geldbetrag zur Verfügung stelle, dann würden in Berlin 32 000 Berechtigte diesen Geldbetrag selbstverständlich auch in Anspruch nehmen.

Der nächste Punkt: Sonderfahrdienst und ÖPNV. Erstens sollen die Sonderfahrdienstberechtigten, wo immer es möglich ist, den ÖPNV nutzen und damit den SFD für die entlasten, die den ÖPNV in keinem Fall nutzen können und auf den SFD angewiesen sind. Das ist eine alte Leier, die wir seit Jahren diskutieren, und das gilt nach wie vor. Ich verweise immer auf die Solidarität unter den Berechtigten selbst, denn jemand, der den Fahrdienst nutzt – ich unterstelle das jetzt einmal –, obwohl er ÖPNV fahren könnte, er hat die S-Bahn vor der Tür, nimmt letztlich doch einem anderen die Fahrt weg, der diese Möglichkeit nicht hat. Wahrscheinlich liegt auch hier – das ist schon lange meine These – das Hauptpotenzial überhaupt für die Entspannung in dem ganzen System. Wir brauchen eine stärkere ÖPNV-Nutzung, dafür brauchen wir eine breite qualifizierte ÖPNV-Beratung, nicht nur von der BVG und S-Bahn – da wird vieles getan, Herr Koop hat schon darauf hingewiesen, wir begrüßen das sehr –, sondern auch von den Verbänden und Vereinen, Einrichtungen und auch von der Regiezentrale des SFD. Die BVG stellt das BVG-Info, das in Kürze auf einen Stand gebracht sein wird, dass es für alle nutzbar ist, online zur Verfügung und bietet darüber hinaus Schnupperkurse in den Bezirken an, die auch gut nachgefragt werden, und das ist eine sehr gute Sache. Darüber hinaus weiß ich, dass es eine Initiative aus Betroffenenkreisen gibt: „Den ÖPNV kennen und lieben lernen“, die Schulungen für Menschen anbieten will, die sich nicht trauen, den ÖPNV zu nutzen und wo diese Schwellenangst über- wunden werden soll.

Eine Verzahnung oder Vernetzung zwischen beiden Systemen, also ÖPNV und Sonderfahrdienst, halte ich für nicht praktikabel. Es gibt immer diese Vorstellungen: Ja, der Sonderfahrdienst, der dann nur noch zur nächsten U-Bahn fährt, und dann fährt man mit der U-Bahn, und am Ende braucht man den Sonderfahrdienst wieder. Dann ist er einem letztlich überirdisch auf der Straße hinterhergefahren und lädt einen am anderen Ende wieder ein. Das ist natürlich eine Extremsituation, aber das halte ich für nicht praktikabel. Wir brau- chen eine stärkere Nutzung des ÖPNV immer da, wo es geht, und da möchte ich auch noch einmal betonen:

Wir teilen die Menschen, die Berechtigten nicht in ÖPNV-Nutzer und Nichtnutzer ein, sondern wir gehen immer nach den Umständen der Fahrt. Wenn das ÖPNV-Angebot irgendwo nicht da ist, dann muss jemand natürlich den Sonderfahrdienst nutzen können, so fit er auch ist. Oder wenn er sich an dem Tag schlecht fühlt, dann muss er den Sonderfahrdienst nutzen können, da kann auch das Wetter oder anderes eine Rolle spielen. Es geht immer um die Umstände der Fahrt.

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Wir haben ganz bewusst das Landesgleichberechtigungsgesetz mit der Novellierung in dem Punkt geändert, wo es nämlich früher hieß: Für die Menschen, die den ÖPNV in keinem Fall nutzen können, ist der Fahr- dienst vorgehalten. Das hätte alle, die den ÖPNV auch teilweise nutzen können, ausgeschlossen. Wir haben das bewusst auf die Umstände der Fahrt abgehoben, und das finde ich ein sehr gutes Prinzip.

Wünschenswert – das ist der letzte Punkt zum ÖPNV – wäre eine große gemeinsame Kampagne für die stär- kere ÖPNV-Nutzung durch Menschen mit Behinderungen. Eine solche Kampagne haben wir Ende 2003 schon einmal mit großen Plakaten mit der BVG, dem BZA – ich weiß nicht, wer noch dabei war – durchge- führt, und das war nicht schlecht. Darüber sollten wir nachdenken.

Es wurde danach gefragt, wie man die ÖPNV-Nutzung steuern will. Ich plädiere grundsätzlich für Freiwil- ligkeit. Das kann man nicht administrativ regeln.

Zum Schluss: Sonderfahrdienst und Mobilitätshilfedienste. Es gibt die Mobilitätshilfedienste. Das ist ein außerordentlich leistungsfähiges und bewährtes System, das man auf keinen Fall ändern kann, will und soll.

Es ist aber in der Diskussion – und da haben wir mit den entscheidenden Verantwortlichen schon Gespräche geführt –, vielleicht eine zweite Säule bei den Mobilitätshilfediensten aufzubauen, die ein flexibles Abruf- und Bestellsystem zur Grundlage haben, das die jetzigen Mobilitätshilfedienste nicht haben. Sie arbeiten mehr nach einem Abonnementsystem, wo Menschen zweimal in der Woche zu festen Zeiten jeweils ihre Helfer haben. Hier ging es jetzt um den Abruf, und zwar für die Treppenhilfe ohne Fahrt. Das ist ein Prob- lem. Manche Menschen wollen gar nicht fahren, aber sie brauchen Treppenhilfe, und der Telebus – der Fahrdienst – ist die einzige Institution, die Treppenhilfe macht. Für Begleitdienste im Umkreis von zwei Kilometern, also auch die Kurzfahrten, ist der Sonderfahrdienst eigentlich gar nicht notwendig, wenn man eine Begleitung aufbauen könnte und letztlich auch – was ich sehr attraktiv finde – für die begleitete ÖPNV- Fahrt. Das hätte zwei Vorteile, könnte nämlich einmal den Menschen helfen, mit dem öffentlichen Nahver- kehr zu seinem Einkaufsziel oder anderem Fahrziel zu kommen, und zum anderen lernt der Betroffene den ÖPNV kennen und kann vielleicht nach kurzer Zeit diese Fahrten auch allein machen. Das halte ich für wün- schenswert, dass wir auf diesem Weg weiterhin diskutieren und zu Ergebnissen kommen. – Danke schön!

Vorsitzende Dr. Stefanie Schulze: Vielen Dank, Herr Marquard! – Herr Lehmann, bitte!

Rainer-Michael Lehmann (FDP): Danke, Frau Vorsitzende! Ich weiß, ob erst die Senatsverwaltung Stel- lung nehmen sollte.

Vorsitzende Dr. Stefanie Schulze: Wir haben zunächst eine schriftliche Beantwortung der Fragen bekom- men und hören dann zu einem späteren Zeitpunkt in der Debatte die Senatorin.

Rainer-Michael Lehmann (FDP): Eine Vorbemerkung: Wenn man das Verhältnis zwischen der Zahl der Fahrten und den Beschwerden sieht, muss man eindeutig sagen, dass die Beschwerden zurückgegangen sind, das ist keine Frage. Trotzdem ist hier aber das Problem, und das sehen wir auch im Petitionsausschuss, dass es weiterhin Beschwerden gibt, und das es Betroffene gibt, die sich nicht mehr beschweren, weil sie wegen der schlechten Erreichbarkeit der Stelle oder auch der Qualität der Antworten resigniert haben. Das muss dabei in dem ganzen Konstrukt auch zur Kenntnis nehmen.

Ich habe zwei Fragen an die WBT. Es gab – wie Sie sicherlich wissen, denn Sie waren dabei – im Januar 2004 eine Veranstaltung der LAG, wo es um das Forum Mobilität körperbehinderter Menschen ging. Es ging darum, dass alle aufgefordert wurden, Ideen zu entwickeln, wie ein künftiger Fahrdienst gestalten werden könnte. Da kam aus dem Kreise des Taxigewerbes nur ein Vorschlag, und deshalb meine Frage: Ab wann haben Sie sich eigentlich mit dem Gedanken befasst, hier diese Serviceleistungen anzubieten?

Die zweite Frage ist: Der Betreiber, der die Regieleistungen vorher angeboten hat, hat für seine Konzeption geworben. Da war es zum Beispiel üblich, dass dann auch die Parteien eingeladen waren, dass man sich einmal kennenlernt und über das Konzept spricht. Das war seinerzeit so, und aufgrund dieser Tatsache war uns auch die Zahl der Personalausstattung vor Ort bekannt, die in dem Zusammenhang wichtig ist, um solche Serviceleistungen anzubieten. In dieser Testphase hat sich seinerzeit, dadurch, dass wir das weiter begleitet haben, dann ergeben, dass die Kalkulation falsch war und zu niedrig angesetzt wurde, damit dieses Konstrukt

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läuft. Man sah auch in dieser Phase, dass es nicht optimal war. Das muss man hier auch zur Kenntnis neh- men. Dementsprechend gab es dann eine höhere Personalausstattung. Ich hatte die Personalausstattung letz- tens im Ausschuss schon einmal angesprochen, und da hieß es, das Angebot, das Sie abgegeben haben, wäre im Hauptausschuss einsehbar gewesen. Ich habe bei meinen Kollegen noch einmal gefragt und recherchiert, und es war eben nicht so. Uns lag diese Bewerbungsunterlage nicht vor. Deshalb hier meine Nachfrage:

Wenn Sie an der Stelle seriös kalkuliert haben – und davon gehe ich aus –, dann ist es Ihnen sicherlich mög- lich, die Zahl der monatlichen finanziellen Belastung Ihres Unternehmens aufgrund dieser Serviceleistungen, die Sie jetzt anbieten, zu benennen. Da interessiert mich, ob Sie in dieser ganzen Phase, wo Sie diese Servi- celeistungen betreiben, an Ihrer Kalkulation etwas verändern mussten, weil Sie sehen, dass das nachgebes- sert werden musste. – Danke schön!

Vorsitzende Dr. Stefanie Schulze: Danke schön, Herr Lehmann! – Frau Monteiro!

Birgit Monteiro (SPD): Vielen Dank an die Mitwirkenden der Anhörung! Es sind doch einige interessante Details berichtet worden, und es ist auch zu einigen Fragen Stellung genommen worden. – Ich habe ein paar konkrete Nachfragen, und zwar an Herrn Schütz: Wie viele Wagen sind derzeit von Ihrem Unternehmen für den Sonderfahrdienst im Einsatz? Und wie viele davon sind in Doppelschicht mit Mitarbeitern besetzt?

Ihre Aussagen zum Umgang mit Beschwerden haben mich nicht so richtig glücklich gemacht, nach dem Motto: Es wir immer Beschwerden geben, es ist gar nicht zu vermeiden. Es ist schön, wenn Sie ein Be- schwerdemanagement haben, aber ich glaube, dass gerade in dem Bereich die Entwicklung schon fortge- schritten ist. Ich habe nicht heraushören können: Ist Ihr Unternehmen da auch zertifiziert? Welchen Quali- tätsnormen folgen Sie im Umgang mit Beschwerden? – Die Eigensicht, wie man damit umgeht, ist immer das Eine, und dann gibt es noch die Außensicht, eine Bewertung, die dann objektiven Kriterien standhält.

Weitere Nachfragen richten sich an Herrn Schmidt. Ich habe noch nicht ganz verstanden, wie es funktioniert, wenn die Fahrten für den Tag eigentlich ausgebucht sind, und dann gibt es aber noch das Überlaufventil.

Wer entscheidet nach welchen Kriterien wann es ausgebucht ist? Oder gibt es eine prozentuale Anzahl, bis X Prozent haben wir noch Verhandlungsspielraum? Wer entscheidet: Wird jetzt zum Überlaufventil gegriffen, können wir noch zusätzliche Fahrten anbieten, oder sagen wir: Wir sind ausgebucht? Wie muss man sich das vorstellen?

Ein wichtiges Kriterium ist die Beratung zur Nutzung des ÖPNV. Wie findet sie derzeit statt? Das ist einer- seits auch ein Widerspruch, dass die Anbieter von Fahrleistungen dann den Anrufenden darüber informieren sollen: Hören Sie einmal zu, bei Ihnen in der Nähe ist gleich die und die behindertengerechte U-Bahn- Station. Gerade Herr Koop hat darauf hingewiesen, dass die BVG schon ein ganzes Stück vorangekommen ist. Es reicht nicht, wenn man sich einmal informiert hat, sondern das ist ein Prozess, der ständig in Verände- rung ist. Wie gehen Sie damit um?

Es wurde etwas gesagt über eine hohe Zahl von Einbindungsfahren oder von steigenden Einbindungsfahrten.

Vielleicht können Sie da noch einmal Zahlen nennen. Wie viel Prozent Ihrer Fahrten sind Einbindungsfahr- ten? Sind Sie mit dem Stand zufrieden? Welches Ergebnis wollen Sie da erreichen? – So viel erst einmal in der ersten Runde von mir.

Vorsitzende Dr. Stefanie Schulze: Vielen Dank, Frau Monteiro! – Frau Breitenbach, bitte!

Elke Breitenbach (Linksfraktion): Vielen Dank! – Ich möchte an dem Punkt ansetzen, wo Herr Marquard gesagt hat, er finde eine Verzahnung von Sonderfahrdiensten und BVG gar nicht so optimal – so hatte ich Sie verstanden – und auch nicht wünschenswert. – [Uwe Schütz (Fuhrunternehmen): Nicht praktikabel!] – Nicht praktikabel, das verstehe ich nicht. Dass es nach dem alten System nicht funktioniert hat, verstehe ich schon, aber nach dem jetzigen System müsste es funktionieren, und zwar nicht so, dass jemand am Her- mannplatz in die U-Bahn steigt, in Spandau aussteigt, und der Telebus die ganze Strecke entlanggefahren ist, denn eigentlich geht es nicht darum, Parallelfahrten zu organisieren. Über die Einbindung müsste es sich doch organisieren lassen, oder ist das jetzt realitätsfremd? Herr Marquard, vielleicht können Sie dazu noch einmal etwas sagen. Auch Ihre Meinung, Herr Koop, interessiert mich dazu. Mich interessiert auch, ob die

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BVG ein Interesse an einer solchen Verzahnung hat, weil es von Ihrer Seite aus unterschiedliche Positionen gab, und ob Sie dafür Konzepte haben.

Meine zweite Frage, Herr Koop, richtet sich auch an Sie. Da geht es um das Mobilitätstraining. Es gibt seit vielen Jahren immer wieder die Kritik, dass die Menschen, die daran teilnehmen, sagen, das sei eigentlich eine gute Sache, aber letztlich sei das wiederum sehr realitätsfremd, weil auf dem Betriebsbahnhof und nicht in Echtzeit an dem Busbahnhof, an der Bushaltestelle – – Ist es möglich, da irgendetwas zu verändern, oder reicht es Ihrer Meinung nach aus, dass das an den Betriebsbahnhöfen stattfindet? Herr Marquard, Sie kennen die Beschwerden oder Anregungen. Vielleicht können Sie dazu auch etwas sagen.

Herr Schütz sagte, dass es eine Stornoquote von 20 % gebe. Das finde ich nach wie vor eine hohe Zahl. Mei- ne Frage ist, ob irgendjemand eine Idee hat, wie man diese Zahl künftig reduzieren kann oder ob sie schon reduziert wurde oder ob es da keine Möglichkeit gibt.

Noch eine Frage an Herrn Schmidt: Machen Sie jetzt eigentlich BVG-Beratung oder nicht, wenn die Men- schen anrufen?

Ein Thema wurde gar nicht angesprochen. Wir haben eine hohe Zahl von täglichen Fahrten. Über die Unfall- rate hat niemand etwas gesagt. Sind die Unfälle gestiegen, liegen Ihnen Zahlen vor?

Herr Marquard verwies auf einzelne Schwachpunkte, und darunter haben Sie genannt, dass es nach wie vor zu viele Parallelfahrten gebe und dass zu wenig Einbindungen stattfänden. – Herr Schütz, ich verstehe nach wie vor nicht, warum. Ich sage Ihnen aber auch, es gibt ein Gerücht, dass sich die Fahrer nicht einbinden, sondern sich gegebenenfalls ausklinken. Haben Sie eine Erklärung dafür, warum es diese Parallelfahrten gibt und ob es stimmt, dass die Fahrer sich nicht einbinden lassen wollen und ob es irgendwann Konsequenzen hat, wenn dies der Fall ist?

Wie ist das Verhältnis gegenwärtig zwischen einerseits den Daueraufträgen, den normalen Fahrten und den Spontanfahrten? – Das war es. Danke!

Vorsitzende Dr. Stefanie Schulze: Vielen Dank, Frau Breitenbach! – Herr Hoffmann, bitte!

Gregor Hoffmann (CDU): Vielen Dank, Frau Vorsitzende! – Ich hatte nach der Anhörung den Eindruck, dass eigentlich alles in Ordnung ist und kann das nicht mit den vielen Beschwerden zusammenbekommen, die mich per E-Mail erreicht haben, denn ich bin seit 1999 hier im Parlament und seit 2000 mit dem Thema vertraut und kann mich nicht erinnern, jemals so viele Beschwerden zu dieser Sache bekommen zu haben, wie im letzten halben Jahr. Das ist nicht nur hier so, sondern auch im Petitionsausschuss hat sich die Anzahl deutlich erhöht. Deswegen stellt sich für mich die Frage, wie verantwortungsvoll jeder damit umgeht, denn der Eindruck drängt sich auf, dass die Zahl der Beschwerden zurückgeht, weil man als derjenige, der bisher Nutzer war, sich gar nicht mehr beschwert, weil man denkt, es ändert sich sowieso nichts. Das ist ein Punkt.

Der zweite Punkt geht gar nicht gegen das System, sondern ist die Frage: Wie hilft man denjenigen, die sich beschwert haben? Sie haben alle dargestellt: Eigentlich läuft das alles, theoretisch ist alles ganz gut, die Quo- ten sind relativ gering, trotzdem kommt es vor, dass die Leute bestellt haben und mehrere Stunden warten mussten, dass einmal einer vergessen worden ist usw. Das ist alles bekannt und auch dem Ausschuss be- kannt, deswegen will ich das nicht weiter vertiefen. Dass es zu Abmeldungen von Fahrten kommt, ist klar, weil jemand, der eine schwere Behinderung hat, eher krank ist als jemand, der sich in einer anderen Situation befindet, und dadurch kommt es zu erhöhten Abmeldezahlen. Das ist gerade die Aufgabe einer Disposition, darauf reagieren zu können. Auch da interessiert mich die Diskrepanz der einzelnen Aussagen. Über die Disposition wird gesagt: Es läuft eigentlich alles ganz gut. Wie kommt es denn dazu, dass sich auf der einen Seite die Nutzer darüber beklagen, dass sie keine Fahrt mehr bekommen und auf der anderen Seite sich Fuhrunternehmen, Unternehmer oder jemand, der ein solches Fahrzeug fährt – es kann ja sein, dass er zu dem Unternehmen gehört – beklagen, dass sie keine Aufträge bekommen? Diese Situation gibt es auch, und das scheint mir, weil es immer wieder vorgetragen wird und ich es auch immer wieder höre – wo ich bin werde ich darauf angesprochen –, dass es doch häufiger vorkommt, als in den ausgewiesenen Zahlen ausge-

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drückt, denn sonst würde man es nicht so oft an uns herantragen, und es wäre auch nicht so oft Bestandteil von Petitionen.

An den Senat die Frage: Wie stellt man es sich vor, für eine Anbieterverbreiterung bei den Fahrten zu sor- gen? Offensichtlich hat die Begrenzung auf eine Bietergemeinschaft nicht unbedingt zur Wettbewerbserwei- terung beigetragen und auch den einen oder anderen Ärger verursacht, der nicht nötig gewesen wäre, wenn man da aus mehr Anbietern hätte wählen können. Das scheint auch für die Betroffenen so zu sein, die sich dann offenbar besser befördert fühlen. Wir haben die Situation: Bei 17 000 entsprechenden Nutzern hätte jeder Nutzer rein theoretisch 347 Fahrten im Jahr, wenn ich davon ausgehe, dass wir allein für die Fahrten ungefähr 5,9 Millionen € zur Verfügung haben, denn nach meiner Kenntnis ist es so, dass wir ungefähr 500 000 € für die Regieleistung bezahlen, sonst müssten wir die Zahl noch einmal korrigieren. Das ist das, was bei mir so hängen geblieben ist. Daraus müsste sich eine entsprechende Nutzungsmöglichkeit ergeben.

Dann wird immer wieder die Frage zum Stand der Technik an mich herangetragen. Sie haben gesagt: Die Fahrzeuge sind alle super ausgerüstet, alle tiptop, modernste GPS-Technologie, und deswegen sind sie sofort da und wissen genau Bescheid, wo sie sind und wo sie eingesetzt werden können. Wie kommt es dann zu den Klagen der Nutzer, die sagen: Da gibt es Fahrzeuge, die mit dem Stadtplan fahren? Das ist uns immer wieder begegnet. Das ist ein Widerspruch zwischen der Theorie und der Praxis. Woran liegt das? Wie kommt das zustande?

Zur Beratung über BVG-Fahrten, die auch Bestandteil des Regieleistervertrags ist: Das scheint mir etwas schwierig zu sein, insbesondere vor dem Hintergrund der Fahrten, wenn es eher in die Richtung geht, dass die Fahrtkontingente, die da festgelegt sind, nicht ausgeschöpft werden. Dann scheint ein Konflikt zu beste- hen. Gibt es da eine Abstimmung mit der BVG, weil das eigentlich eine Schwierigkeit ist, Dienstleistungs- angebote zu unterbreiten, die ein anderer Anbieter schon vorhält? Natürlich ist das Mitbestandteil des Ver- trags, das ist mir schon klar, und soll umgesetzt werden, und Sie werden sich sicherlich bemühen, aber ich denke, dabei ist auch ein Konfliktpotenzial. – Ich belasse es einmal dabei.

Ich habe nur die eindringliche Bitte, dass Sie sich auch mit den kritischen Fragen so auseinandersetzen, dass man zumindest diese Diskrepanz zwischen der uns erreichenden Beschwerden und dem hier vorgetragenen:

Eigentlich ist alles in Ordnung, etwas verifizieren kann, wo genau das Problem zum Tragen kommt, denn es ist nicht nur so, dass man sagt: Die Fahrten sind begrenzt. Wir haben die Situation, dass wir teilweise nicht 480 Fahrten im Monat haben und dass auch an Tagen, wo zusätzliche Fahrten mit zusätzlichem Geld durch den Senat zur Verfügung gestellt wurden, diese nicht ausgeschöpft wurden. Es muss noch andere Gründe geben, warum es da nicht zu allen Fahrten kommen kann, obwohl dafür die Mittel vorhanden waren.

Vorsitzende Dr. Stefanie Schulze: Vielen Dank, Herr Hoffmann! – Herr Pauzenberger, bitte!

Markus Pauzenberger (SPD): Danke, Frau Vorsitzende! – Ich möchte mich auch noch einmal recht herz- lich bedanken, dass ich heute als Mitglied des Petitionsausschusses sprechen kann. Mir kommt es so vor, als ob es gleich eine kleine Petitionsausschusssitzung ist. Die nachfolgende Sprecherin ist im Petitionsausschuss, und zwei vorhergehende Sprecher sind auch Mitglied des Petitionsausschusses.

Ich möchte nicht alles wiederholen, was meine Vorredner vom Petitionsausschuss erzählt haben. Es ist für uns ein akutes und aktuelles Problem. Wir bekommen Anrufe, E-Mails und auch Petitionen. Die letzte Peti- tion ist im März gekommen. Wir wissen auch, dass wir nicht über die Spitzenzeiten im Petitionsausschuss sprechen. Wir wissen, dass es immer Beschwerden geben kann, aber März ist keine Spitzenzeit mehr. Wir gehen davon aus, dass wir das Wortprotokoll von dieser Sitzung im Petitionsausschuss eingehend diskutieren werden. Wenn wir dann keine befriedigenden Antworten im Protokoll finden, werden wir möglicherweise selbst noch eine Anhörung starten.

Wir sind im Petitionsausschuss der Meinung, dass wir vom Amt, vor allem vom LAGeSo teilweise sehr un- terschiedliche Antworten bekommen. Wir können damit teilweise nichts anfangen. Wir hören, die Be- schwerden nehmen ab, unsere subjektive Wahrnehmung ist, die Beschwerden nehmen zu. Ich habe Zahlen bekommen, die mich froh machen, wenn es sehr wenige offizielle Beschwerden gibt. Aber zu dem, was mei- ne Vorrednerinnen und Vorredner gesagt haben: Wir gehen im Petitionsausschuss davon aus, dass es die

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Spitze des Eisbergs ist. Der Frust bei den Teilnehmern der Sonderfahrten ist gegeben, den bekommen wir im Petitionsausschuss mit richtiger Gewalt ab, aber auch Sie werden davon sicherlich schon einige E-Mails bekommen haben.

Deshalb möchte ich eine Frage an Herrn Marquard und Herrn Schmidt stellen. Sie haben gesagt, dass es kaum Probleme bzw. Beschwerden gebe. Ich habe gehört, von Januar bis April seien es nur 38 Beschwerden gewesen. Dann frage ich mich, warum wir im Petitionsausschuss am 5. April 2007 vom Landesamt für Ge- sundheit und Soziales folgenden Satz bekommen haben:

Es gibt Engpässe. Solche Stoßzeiten sind insbesondere an Feiertagen, Wochenenden und während der Woche ab 14.00 Uhr.

Wenn ich diesen Satz vom LAGeSo höre, denke ich, es gibt nur Probleme, und es würde mich interessieren, ob Sie das auch so einschätzen, dass es an Feiertagen, Wochenenden und unterhalb der Woche ab 14.00 Uhr Probleme gibt. Das ist die Frage an Herrn Schmidt und Herrn Marquard.

Vorsitzende Dr. Stefanie Schulze: Vielen Dank, Herr Pauzenberger! – Frau Villbrandt, bitte!

Jasenka Villbrandt (Grüne): Danke, Frau Vorsitzende! – Erst einmal bedanke ich mich auch für die Aus- führungen, die unsere Teilnehmer an der Anhörung gemacht haben. Ich fand es auch gut, dass wir vorher zum Teil Material bekommen haben und uns anders auf eine solche Sitzung vorbereiten konnten als bisher.

Für diese Zuarbeit erst einmal vielen Dank!

Ich finde es heute sehr gut, dass wir einen Vertreter der BVG hier haben, denn wenn wir über Mobilität der Menschen mit Behinderungen reden, dann muss auch der öffentliche Personennahverkehr immer mit bedacht werden, weil die Sonderfahrdienste zwar eine wichtige Leistung oder Maßnahme sind, aber das ist eine zu- sätzliche Maßnahme zum öffentlichen Personennahverkehr. Deshalb habe ich sehr aufmerksam gelesen, was Sie uns vorgelegt haben, Herr Koop, und auch Ihren Ausführungen aufmerksam zugehört.

Offensichtlich hat die BVG sehr viel getan, um das Ziel Barrierefreiheit zu erreichen, allerdings sind wir – das werden Sie auch bestätigen – noch weit davon entfernt, den Menschen mit Behinderungen verlässliche Mobilität zu liefern, und zwar nicht nur aufgrund dessen, dass viele Stellen noch nicht barrierefrei ausgebaut sind, sondern auch, weil es zwischendurch Umbaumaßnahmen gibt, Veränderungen, die nicht immer alle Menschen zeitig herausbekommen und sich dann vielleicht in einer Situation befinden, wo sie nicht wissen, wie es weitergeht.

Mir hat es nicht eingeleuchtet, Herr Marquard, warum Sie meinten, dass diese zwei Bereiche, persönlicher Nahverkehr und Sonderfahrdienst, nicht verzahnt werden können. Dass man da nicht ständig gut und aus- führlich zusammenarbeiten kann, ist vielleicht eine Sache, aber gerade in der Notsituation wäre es für mich erst einmal logisch, dass da eine Art von Vernetzung stattfinden muss, die dann die Situation für die Men- schen, die betroffen sind, besser macht.

Ich habe auch einige Anmerkungen zu den Ausführungen von Herrn Ploke, Herrn Schmidt und Herrn Schütz. Wir haben alle registriert – das haben schon viele Leute hier gesagt –, dass die Zahl der Beschwer- den zurückgegangen ist. Es kann ein Zeichen dafür sein, dass eine gewisse Besserung stattgefunden hat, aber es kann auch ein Zeichen dafür sein, dass die Leute nicht mehr das Gefühl haben, dass sie mit ihren Be- schwerden etwas erreichen können. Darüber müssen wir ein bisschen genauer reden. Wenn wir nach wie vor viele Anrufe und Beschwerden in Bezug auf die Erreichbarkeit – sie wurden alle schon genannt, ich werde sie jetzt nicht wiederholen – und das Zurverfügungstellen von Fahrzeugen oder alles das, was hier schon gesagt wurde, bekommen, dann muss es da auf jeden Fall Probleme geben.

Ich möchte auf die Vergangenheit eingehen. In den Fragen der Grünen-Fraktion habe ich Sie gefragt, ob Sie gewisse Kalkulationen, die Sie damals bei der Bewerbung gemacht haben, heute auch noch als realistisch ansehen. Ich frage das nicht deshalb, um Ihnen jetzt nachzuweisen, Sie hätten da vielleicht geschummelt – das ist nicht mein Anliegen –, sondern um zu beurteilen, ob dieses System, wie es jetzt ist, besser laufen könnte. Ein Stück Ehrlichkeit muss auch von Ihrer Seite kommen, dass man dann diskutieren kann: Wie soll es in Zukunft damit weitergehen?

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Zweitens wurde die Frage zu den Taxis auch nicht richtig beantwortet. Frau Senatorin hat irgendwann ein- mal von ca. 300 Taxifahrten geredet. Sind diese 300 Fahrten Überlauffahrten? Und wenn es Überlauffahrten sind, welche Taxiunternehmen werden damit beauftragt? Das war unsere Frage, ob da nicht irgendwann einmal die Gefahr der Wettbewerbsverzerrung besteht, wenn der WBT die Fahrten nur an eigene Taxis ver- gibt. Das ist meine Frage direkt an Sie, weil ich glaube, dass das wichtig ist, um in die Zukunft gucken zu können und für die Zukunft ein besseres System zu finden.

Mich interessiert es, ob die Senatsverwaltung das Konstrukt mit dem Regieleister, also so, wie das heute ist, mit der Summe, die die Regieleister zur Verfügung hat nach wie vor richtig findet. Wäre es nicht besser, zu überlegen, ob ein Teil dieser Aufgaben, die der Regieleister macht, an die Fuhrunternehmer direkt zu geben und zum Beispiel nur die Kontrolle der Kosten beim Senat zu belassen? Warum denkt der Senat nicht in diese Richtung? Immerhin geht es hier um viel Geld, und für die Zukunft sollten wir vielleicht ein besseres System finden. Auch wenn man denkt, dass man auf Regieleistungen nicht ganz verzichten kann, gibt es eine Möglichkeit, einen Teil über Regieleistungen dann auch preiswerter laufen zu lassen und dann irgendwo einen anderen Teil auszugliedern und freizugeben. Auch da gab es diverse Vorschläge von Unternehmen. Ich möchte wissen, wie die Senatsverwaltung darüber denkt.

Letzter Punkt: In Ihren Antworten in Bezug auf die Kontrolle, wie gearbeitet wird, wie die Regieleister und auch die Fuhrunternehmer ihre Aufgaben erfüllen, ist viel an Kontrolle an den Regieleister selbst abgegeben.

Das heißt, der Regieleister kontrolliert sich im Grunde selbst und kontrolliert auch die Fuhrunternehmen, aber hat kein Interesse daran, dass diese Beschwerden, die die Betroffenen äußern, nach außen dringen. Auch dieses finde ich nicht befriedigend und möchte gern wissen, ob der Senat einen Vorschlag hat, wie das in Zukunft besser laufen könnte.

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Vorsitzende Dr. Stefanie Schulze: Jetzt hatten alle Fraktionen einmal das Wort. Ich bitte diejenigen, die auf Fragen antworten sollen, das kurz und knapp zu tun, weil wir in jedem Fall Herrn Purmann noch hören möchten und den Tagesordnungspunkt Mobilitätsdienste auch behandeln müssen. Deshalb bitte ich Sie, nacheinander auf die Fragen einzugehen, wenn Sie sich angesprochen gefühlt haben. – Herr Koop, vielleicht beginnen Sie.

Wolfgang Koop (BVG): In aller Kürze: Frau Breitenbach fragte, wie realitätsnah oder -fremd die Mobili- tätstrainings seien. Wir verfahren seit 2006 so, dass wir in Abstimmung mit den Bezirksbehindertenbe- auftragten wesentlich mehr Trainings in den Bezirken, zu Veranstaltungen vor Ort, an Haltestellen machen, allerdings mit separaten Fahrzeugen. Das hat einen Grund. Im vergangenen November haben wir ein Mobili- tätstraining auf dem U-Bahnhof Alexanderplatz gemacht, als eine Rollstuhlfahrerin aus Pankow, die wun- derbar barrierefrei bis zum Alexander gekommen wäre, mit dem Sonderfahrdienst von Aufzug zu Aufzug, von Pankow zum Alexanderplatz kam. Sie fuhr auch so zurück und war sehr begeistert. Wir können den Betroffenen nur in dieser relativ ruhigen Atmosphäre Mut machen. Es geht ja nicht nur um Rollstuhlfahrer.

Es geht um Mobilitätsbehinderte, die z. B. schlecht sehen können, die blind sind, um hörgeschädigte oder gar taube Mobilitätsbehinderte. Wir sehen das immer in einer Einheit. Diese Damen und Herren begrüßen es sehr, wenn wir es machen. Ich persönlich freue mich immer, wenn ich dann im öffentlichen Verkehr jeman- dem treffe, der vorher bei einem Schnupperkurs war und dann sage: Hallo! Jetzt geht es doch allein. – Inso- fern ist die begleitete ÖPNV-Nutzung doch eine sehr interessante Idee. Ich treffe mich nachher mit Leuten aus Neukölln, die so etwas machen, am Alexanderplatz, um ihnen zu zeigen, wie wir es auf dem Alexander- platz machen.

Wir haben noch keine bessere Idee, als immer stärker in die Bezirke und aus unseren Betriebshöfen heraus- zugehen, also dort, wo es möglich ist, vor Ort zu sein. Natürlich werden wir in Spandau keine Straßenbahn hinstellen können.

Die Verbindung und Verzahnung des Sonderfahrdienstes und des öffentlichen Nahverkehrs im Allgemeinen will ich noch einmal erläutern. Die BVG hat vom Aufgabenträger, dem Land Berlin, die Aufgabe bekom- men, öffentlichen Nahverkehr in bestimmten Takten, auf bestimmten Linien und in bestimmten Gebieten durchzuführen und das zunehmend barrierefrei. Das ist der Auftrag, den wir mit außerordentlicher Kraft und sinkenden Kosten seit vielen Jahren erfüllen. Ergänzt wird die Geschichte – das können meine Kollegen vom Sonderfahrdienst viel besser beurteilen – – Der Sonderfahrdienst ist kein Linienbetrieb, der alle zehn Minu- ten an der Haltestelle steht, sondern ein Taxibetrieb mit Servicefunktionen, mit Treppenhilfe, mit Haustür- service und vielen anderen kleinen Dingen, die wir mit einem Linienbus in dieser Form nicht leisten können.

Aus diesem Grund wird das so gemacht, was nicht heißt, dass wir mobilitätseingeschränkten Bürgern nicht immer mehr Mut machen und sagen: Kommt und nutzt den öffentlichen Personennahverkehr. – Dass mehr Leute, die im Rollstuhl sitzen und zum Teil blind sind, den ÖPNV nutzen, merke ich auch an Briefen und Beschwerden. Die Zahl steigt, und natürlich gibt es auch Leute, die sagen, dass ihnen dieses oder jenes nicht gefällt oder eine abschlägige Antwort bekommen haben. Wir versuchen dann, mit den Betroffenen selbst, zum Teil auch vor Ort – das können sicher viele, die heute mit im Saal sind, bestätigen – Probleme zu lösen, und wenn es der Umbau einer Haltestelle oder ein ähnliches Problem ist. – Soweit zu den Fragen.

Vorsitzende Dr. Stefanie Schulze: Vielen Dank! – Herr Ploke oder Herr Schmidt?

Bernd Ploke (WBT): Kollege Schmidt und ich haben uns eben per Augenkontakt verständigt, dass wir uns die Antwort teilen. Trotzdem wollen wir sie relativ kurz halten – es wurden sehr viele Punkte angesprochen –, nicht zuletzt, um den Rednern nach uns auch die Gelegenheit zu geben, sich dazu zu äußern.

Ich rolle die ganze Geschichte einmal von hinten auf. Frau Villbrandt fragte, wie der Regieleister kontrolliert wird. Er stehe im Raum, sei relativ selbstherrlich und könne machen, was er wollte. – Das ist mitnichten so.

Wir haben eine Fahrten- und Finanzstatistik per Vertrag an die Senatsverwaltung abzuliefern, die auch über- prüft und ausgewertet wird. Wir haben regelmäßig Anfragen aus diesem Bereich, auch aus dem parlamenta- rischen Bereich, die wir zu beantworten haben. Auch das ist vertraglich geregelt.

Mehrere Redner haben gefragt, ob der Regieleister nach Kalkulation wirtschaftlich arbeite. Das tut er, aber nur in einem knappen grünen Bereich. Die Grobkalkulation, die wir im Rahmen der Teilnahmeerklärung

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haben abliefern müssen, war insofern gar nicht einmal so schlecht. Sie traf es ziemlich genau, obwohl das unsere erste Bewerbung in diesem Bereich war. Die eventuell zweite wird detaillierter und auf gewisse Punkte genauer eingehen können. Man ist ja auch kein Hellseher.

Herr Pauzenberger, Sie sprachen davon, dass in Ihrer subjektiven Wahrnehmung – auch andere Personen haben das angesprochen – die Beschwerden zunähmen. Herr Hoffmann hatte das, glaube ich, auch erwähnt.

Das kann doch nicht sein. Die Menschen mit Behinderung sind doch nicht feige. Wieso verzeichnen denn das LAGeSo, die Senatsverwaltung und wir einen deutlichen Rückgang der Beschwerden, und bei Ihnen nehmen sie schlagartig zu? Wie kommt das? Das kann ich nicht verstehen.

Die Zahl von 5,9 Millionen € mag ungefähr stimmen. Ich kann aber nicht beurteilen – das geht uns als Mobi- litätszentrale auch nichts an –, ob noch Gelder, z. B. über das Taxikonto oder Verbrauchsmittel vom LAGe- So hineinfließen. Wir sind in diesem Jahr in der Lage, diese 5,9 Millionen € zu erreichen. Das heißt, es wer- den keine Gelder aus diesem Topf verschenkt. Es sind leider zu wenig. Frau Bauersfeld, die auch im Audito- rium sitzt, hat es einmal auf den Punkt gebracht. Wir haben die Nachfragen vorwiegend ab 14.00 Uhr und zu Feiertagen und besonderen Anlässen, z. B., wenn im Britzer Garten ein Fest ist. Wir können nicht einfach sagen: Na gut, dann nehmen wir unsere 48 Wagen, lassen sie vormittags nicht fahren – da möchte nämlich niemand fahren –, und dann haben wir am Nachmittag 96. Nein, wir haben immer noch 48, und irgendwann müssen wir leider sagen: Es tut uns leid, wir sind ausgebucht. Die Nutzerinnen und Nutzer – dafür habe ich vollstes Verständnis – sind natürlich nicht bereit, bei einer Veranstaltung, die z. B. 15.00 Uhr beginnt, bereits 10.30 Uhr hinzufahren, weil wir da noch Kapazitäten haben. Das möchten sie nicht, und wir können ihnen dann leider nicht helfen. Trotzdem haben wir eine gewisse Balance gemeinsam mit den Fuhrunternehmen.

Und da irrt jemand. Es hat nicht nur ein Fuhrunternehmen die Ausschreibung gewonnen; es waren insgesamt zehn, und zwar ein Fuhrunternehmen und eine Bietergemeinschaft, die aus einer ARGE besteht – VTU e. V.

–, die sich in neun Unternehmen untergliedert.

Es wurde nach den Daueraufträgen gefragt. Das ist ein beliebtes Thema. Der Fahrgastbeitrag will sie völlig abschaffen. Wir sind der Meinung – und haben uns auch mit der Senatsverwaltung dahingehend geeinigt –, dass es einen Bestandsschutz gibt, aber wir nehmen keine Neuen mehr auf. Das ist der Tatsache geschuldet, dass wir dieses Wagenkontingent haben, nicht mehr und nicht weniger. Wir wünschen uns, dass wir 20 mehr hätten, aber die haben wir leider nicht. Wir haben Spitzenzeiten – insbesondere Freitagnachmittag –, in de- nen wir zu einer bestimmten Zeit, 12 oder 15 Daueraufträge haben, und dann wird es schon eng. Dann müs- sen wir aufpassen, dass wir es begrenzten. Das lehrt uns die Erfahrungen, denn wir schauen jeden Tag, ob wir es schaffen oder nicht, ob genügend Wagen frei sind oder nicht. Wir haben ein bestimmtes Limit, und wir sind bereit und in der Lage, es durch bestimmte Weiterentwicklungen, was die Disposition und Doppel- besetzungen – da möchte ich Herrn Schütz nicht vorgreifen, der sicherlich darauf eingehen wird – betrifft, zu steigern. Aber es ist in meinen Augen nicht sinnvoll, morgens um 7.00 Uhr 48 Wagen auf der Straße zu ha- ben, wenn nur fünf Fahrgäste fahren wollen.

Sie sprachen die hohe Stornierungsrate an. Die war schon immer so hoch. Ich habe die aktuellen Zahlen für April, denn ich führe die Statistik tagesaktuell für mich. Wir konnten die Stornierungsrate inzwischen auf unter 20 Prozent senken, allerdings fragen wir den Nutzer nicht, warum er stornieren will. Wir hatten einen Fall, bei dem eine Dame innerhalb von sechs Wochen 45 Bestellungen immer wieder zu den Gropius Passa- gen aufgegeben hat, und von diesen 45 hat sie 25 Bestellungen wieder storniert. Das sind mehr als 50 Prozent. Ich weiß nicht, warum. Ich weiß aber – von Erzählungen der Fuhrunternehmen, der Senatsver- waltung und dem LAGeSo –, dass diese Quote schon immer bei 20 Prozent bis 25 Prozent gelegen hat. Diese Stornierungsrate führt mitnichten dazu, dass ein Telebus ungenutzt in der Ecke herumsteht, sondern der be- kommt dann nach Verfügbarkeit und Möglichkeit eine Ersatzfahrt. Das ist die Flexibilität, die auch Herr Marquard vorhin erwähnt hat. Es ist nicht so, dass wir feste Schichtpläne erstellen, denn dafür würden wir ungefähr so viele Mitarbeiter brauchen, wir hier Anwesende sind. Das ist nicht zu bezahlen. Insofern müssen wir auf maschinelle Einbindungen zurückgreifen, die dann vom Menschen nachkontrolliert werden.

Die Einbindungsquote liegt bei uns – ich möchte mich nicht gern mit dem Vorbetreiber vergleichen, aber ich mache es einmal – – In der Teilnahmeerklärung der Ausschreibung stand: Rechnen Sie bitte mit einem Einbindungsfaktor von drei bis fünf Prozent. – Wir wollen die Menschen mit Behinderungen gerade jetzt bei 30 Grad kreuz und quer durch Berlin schaukeln. Das ist nicht im Sinne des Erfinders. Wir haben eine Einbin-

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dungsquote von acht bis zehn Prozent, also eine wesentlich höhere. – Jetzt übergebe ich an Herrn Schmidt, falls er etwas zu ergänzen hat.

Vorsitzende Dr. Stefanie Schulze: Ganz kurz, Herr Schmidt!

Dietmar Schmidt (WBT): Ich gebe mir Mühe. – Von Frau Monteiro, Frau Breitenbach und, ich glaube auch, von Herrn Hoffmann wurde die ÖPNV-Beratung angesprochen. Das ist der erste Punkt, den ich kurz ergänzen möchte. Selbstverständlich wird das durch die Disponenten in der Telefonzentrale wahrgenommen, aber – damit hier kein Missverständnis entsteht – nicht erst dann, wenn wir mit 480, 500 Fahrten am Tag ausgebucht sind, bieten wir als Ersatz ÖPNV-Beratung an, sondern sie ist in dem Betriebsablauf voll integ- riert und wirkt gerade an den Stellen – und da möchte ich mich noch einmal auf Herrn Marquard beziehen, der das vorhin ganz sauber dargestellt hat –: Die Intelligenz dieses Systems kann dadurch gesteigert und erweitert werden, indem man sinnvoll andere Möglichkeiten mit einbezieht. Das heißt, wenn man einen Nut- zer, eine Nutzerin am Telefon hat, die nicht unbedingt diesen Doppelbus oder den Solobus braucht, entspre- chend ÖPNV-Beratung vorzunehmen. Das wird getan. Das ist übliche Praxis.

Ich muss meinem Kollegen beipflichten, das wird auch keinen wundern. Das ist ein wenig spekulativ. Ich will nicht bestreiten, dass bei dem Petitionsausschuss Beschwerden eingehen. Dass diese Zahl so stark wächst, kann ich auch nicht bestreiten. Mir leuchtet aber nicht ein, dass ohne jegliche weitere Grundlage von vielen behauptet wird, das sei reine Resignation. Das bleibt spekulativ im Raum stehen, und jeder kann das so bewerten.

Zu Herrn Lehmann und Frau Villbrandt möchte ich Folgendes sagen, weil es als Anspielung klang: Wir sind eine Genossenschaft. Eine Genossenschaft ist in Deutschland eine Betriebsform, die wieder stark im Kom- men ist. Das begrüße ich. Keine Betriebsform in Deutschland wird so stark überprüft wie eine Genossen- schaft. Also, auf die leisen Anspielungen, ob wir ordentlich gerechnet und kalkuliert hätten, will ich nicht weiter eingehen. Wir sind ordentliche Kaufleute. Nehmen Sie uns das bitte auch so ab!

Eine weitere Geschichte ist schon ein wenig her. Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, was ich im Januar 2004 gemacht habe. Da bin ich jetzt ein bisschen überfordert. Aber ich kann Ihnen erklären, dass ich in den Übergangszeiten der Umstrukturierung des BZA hier im Haus an Sozialausschusssitzungen teilgenommen habe. Ich wurde von der Referentin von Herrn Hoffmann eingeladen worden, habe Visitenkarten zur Be- nachrichtigung über den weiteren Werdegang abgegeben. Vielleicht haben wir uns damals nicht gesehen oder gesprochen. Das ist durchaus möglich.

Ich will Ihnen noch einen weiteren Faktor nennen. Die WBT hat als Taxizentrale in Zeiten des BZA über Jahre – ein Jahrzehnt oder sogar länger – den Überlauf von Fahrten mit Menschen mit Behinderungen be- treut. Das heißt, es geht weit zurück – Herr Schütz schaut schon verständnisvoll. Er kennt diese Zeiten auch.

– bis zum Anfang der 90er Jahre. Insofern haben wir uns nicht kurzfristig einmal interessiert und einmal an einer Ausschreibung teilgenommen, sondern es ist ein historisch gewachsenes Interesse. Das können Sie uns so glauben. – Das waren meine Ergänzungen.

Vorsitzende Dr. Stefanie Schulze: Recht herzlich Dank! – Herr Schütz, bitte!

Uwe Schütz (Vertreter der Fuhrunternehmen): Danke schön! – Ich beginne mit der Anzahl der eingesetzten Wagen. Ich habe die Frage so verstanden, dass damit alle Fahrzeuge im System gemeint sind. Herr Ploke und Herr Schmidt haben schon gesagt, dass es sich um 48 Wagen handelt, die prinzipiell doppelschichtig zur Verfügung stehen. Weil wir leistungsbezogen bezahlt werden, kommen sie allerdings bedarfsgerecht zum Einsatz. Das heißt, wenn in den Morgenstunden nicht genügend Aufträge zur Verfügung stehen, dann setzt ein Teil der Fahrzeuge später ein.

Die Einbindungsfahrten – das hat Herr Ploke schon gesagt – machen bis zu zehn Prozent aus. Die Unfallfall- quote – das wurde auch angesprochen – strebt nach meiner Kenntnis gegen null. Einbindungsfahrten dürfen vertraglich nicht abgelehnt werden. Das gilt auch für das von uns beschäftigte Fahrpersonal. Im Zweifel dro- hen personalrechtliche Konsequenzen. Die Stornierungsquote von 20 Prozent ist zu hoch. Darüber sind wir uns einig. Es wurde die Frage gestellt, was man dagegen tun könne. Man muss versuchen – aber das ist

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