• Keine Ergebnisse gefunden

Wortprotokoll. Ausschuss für Verfassungsund Rechtsangelegenheiten, Immunität und Geschäftsordnung. Wortprotokoll Recht 16/

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Wortprotokoll. Ausschuss für Verfassungsund Rechtsangelegenheiten, Immunität und Geschäftsordnung. Wortprotokoll Recht 16/"

Copied!
14
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

16. Wahlperiode

Plenar- und Ausschussdienst

Wortprotokoll

Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Immunität und Geschäftsordnung

74. Sitzung 6. April 2011

Beginn: 15.00 Uhr

Ende: 16.37 Uhr

Vorsitz: Andreas Gram (CDU)

Redaktion: M. Nickert, Tel. 2325 1453 bzw. quer (99407) 1453

Vor Eintritt in die Tagesordnung Geschäftliches siehe Beschlussprotokoll.

Punkt 1 der Tagesordnung Aktuelle Viertelstunde

Wird für erledigt erklärt.

Vorsitzender Andreas Gram: Wir kommen nun zu

Punkt 2 der Tagesordnung

Vorlage – zur Beschlussfassung –

über ein Gesetz zur Angleichung des Richterrechts der Länder Berlin und Brandenburg

Drs 16/3849

0283

Die Anzuhörenden hatte ich schon begrüßt. Wir hatten uns ursprünglich in der Sprecherrunde dahin gehend verständigt, dass die Anhörung am heutigen Tag stattfinden sollte, und haben dann den dezenten Hinweis bekommen, dass jetzt gerade eine sehr bedeutende Richtertagung stattfindet, für die der eine oder andere Richter als Anzuhörender in Frage kommt oder gern an den Beratungen teilnimmt. Darauf nehmen wir natür- lich Rücksicht, sodass wir uns in der Sprecherrunde am letzten Donnerstag dahin gehend verständigt haben, dass wir die Anhörung in zwei Tranchen vornehmen, und zwar heute und am 4. Mai 2011, wo dann diejeni- gen, die zum heutigen Termin nicht rechtzeitig reagieren konnten, angehört werden. Die CDU-Fraktion hat angekündigt, für den 4. Mai einen Mitarbeiter des Deutschen Beamtenbundes als Anzuhörenden zu benen- nen. Das war zum heutigen Termin nicht mehr möglich, da alles etwas schnell ging. Es soll an diesem Tag auch denjenigen die Möglichkeit gegeben werden, zur Anhörung zu erscheinen, die heute aus beruflichen Gründen keine Zeit hatten. Herrscht darüber Einverständnis? – Das ist der Fall.

(2)

2

16. Wahlperiode 6. April 2011

- ni/sth -

Ich schlage vor, dass zumindest für diesen Teil der Anhörung ein Wortprotokoll geführt wird. – Auch dazu höre ich keinen Widerspruch, sodass wir so verfahren werden. Im Interesse der beschleunigten Bearbeitung des Protokolls möchte ich ein gutes Wort einlegen, ob wir das vielleicht schon zur nächsten Sitzung bekom- men könnten. Mir ist sehr wohl bewusst, dass viel Arbeit im Haus ist, aber vielleicht ein dezenter Hinweis.

Ansonsten frage ich in meiner Eigenschaft als Vorsitzender noch mal nach, weil wir sinnvollerweise die Erkenntnisse des heutigen Tages im Fragerecht am 4. Mai 2011 verwenden wollen.

Gleichzeitig ist es so, dass die Damen und Herren Kollegen des Landtags Brandenburg jetzt auch beschlie- ßen werden, wann ihre Anhörung stattfindet wird, die sie ebenfalls verschoben haben. Diese soll wohl auch Anfang Mai passieren, und da gilt nach wie vor, dass wir herzlich eingeladen sind. Wer daran Interesse hat, geht dort hin und hat auch ein Rederecht. Wir werden dann zeitnah die Kolleginnen und Kollegen dieses Ausschusses darüber informieren, wann diese Tagung stattfinden soll. Die müssen das immer in einem Be- schlusses im Ausschuss selbst treffen, während der Berliner Landtag die Üblichkeit der Sprecherrunde hat, wo bestimmte Dinge etwas beschleunigt besprochen werden können.

Meine Dame, meine Herren! Ich darf Sie noch einmal herzlich begrüßen. Aus Zeitgründen haben wir immer fünf- bis siebenminütige Statements, und danach ist es Usus, dass die Kolleginnen und Kollegen nachfragen.

Die Diskussion findet zu einem späteren Zeitpunkt statt. Heute gilt es, einfach Wissenslücken zu schließen und Ihre Erkenntnisse bzw. Beanstandungen oder Hinweise aufzunehmen, damit wir sie in die Gesetzesbera- tung einfließen lassen können. Der Courtoisie folgend schlage ich vor, dass wir mit der Dame beginnen. – Frau Gülzow, Sie haben nun die Möglichkeit, in fünf bis sieben Minuten Ihre Sicht der Dinge darzulegen.

Bitte schön!

Ingrid Gülzow (Neue Richtervereinigung): Mit dem vorgelegten Gesetzentwurf ist nach Ansicht der Neuen Richtervereinigung insgesamt weder eine Verbesserung gegenüber dem bisherigen Richtergesetz für Berlin gelungen noch die dringend notwendige Modernisierung des Richterrechts nach der Europäischen Magna Charta für Richter, die den Weg zur Selbstverwaltung als Ausdruck der Gewaltenteilung vorbereiten soll, eingeleitet worden. Auch die Vereinheitlichung des Rechts in den Ländern Brandenburg und Berlin ist nicht konsequent umgesetzt, sondern durch viele Sonderregelungen durchbrochen worden. Dabei sind insbesonde- re positive Lösungen aus einem Land nicht übernommen und unserer Information nach auch gar nicht inhalt- lich diskutiert worden, sondern sie sind durch einen neuen Entwurf wieder zurückgefahren worden, so insbe- sondere die Mitwirkungsrechte im Brandenburgischen Richtergesetz oder die Regelung, dass der Richter- wahlausschuss auch über Versetzungen entscheidet.

Ich will heute zu dem neuen Gesetz nur auf zwei Regelungen eingehen, auf die umfangreichen Änderungen zum Richterwahlausschuss und die zu den Dienstgerichten. Zu den Richtervertretungen haben wir eine Stel- lungnahme sowohl an die Senatsverwaltung als auch an die rechtspolitischen Sprecher abgegeben. Wie ich gesehen habe, entspricht diese inhaltlich der Stellungnahme des Hauptrichterrats, die Herr Harms dann aus- führlich darstellen wird.

Zum Richterwahlausschuss: Die Zuständigkeit sollte nach unserer Vorstellung künftig auf Versetzungen erweitert werden – wie bisher in Brandenburg. Allein die Tatsache, dass ein Richter bereits einer Besol- dungsstufe angehört, für die die neue Stelle ausgeschrieben ist, sagt in vielen Fällen nichts über seine Befä- higung für ein bestimmtes Amt, sodass die Konkurrentenlage doch geklärt werden müsste. Das ergibt sich bereits aus Artikel 33 Abs. 2 des Grundgesetzes, dass der am besten Geeignete gewählt werden muss. Diese Entscheidung sollte – wie nicht nur im bisherigen brandenburgischen Recht, sondern auch in Hamburg und anderen Bundesländern – dem Richterwahlausschuss überlassen werden. Die Tatsache, dass die Zusammen- setzung dahin gehend geändert werden soll, dass die Fraktionen nur noch Abgeordnete schicken und nicht mehr von ihnen gewählte Mitglieder, halten wir nicht für sinnvoll. Nach dem bisherigen Recht haben die Fraktionen Fachleute gewählt, die zum Teil nicht den Fraktionen angehörten. Das hat sich im Richterwahl- ausschuss bewährt, denn in vielen Fällen ist ausreichendes Fachwissen zur Beurteilung von Leistungen und Zeugnissen als Voraussetzung für Personalvorschläge und -entscheidungen notwendig. Wir halten es für gut, dass Mitglieder seitens der Fraktionen im Ausschuss saßen, die damit umgehen konnten und auch Erfahrung hatten.

(3)

3

16. Wahlperiode 6. April 2011

- ni/sth -

Die Arbeit des Richterwahlausschusses hat sich nach meinen Erfahrungen bis zur vorangegangenen Legisla- turperiode dadurch ausgezeichnet, dass keine parteipolitischen Entscheidungen getroffen wurden und partei- politische Strömungen niemals Gegenstand der Erörterungen waren, sondern dass es um die Qualifikation ging. Wenn jetzt eine Zweidrittelmehrheit eingeführt wird, dann ist es angesichts dieser hohen Quote leicht vorstellbar, dass es Absprachen gibt, nach dem Motto: Heute mein Kandidat, das nächste Mal deiner. – Das ist mit der Bestenauslese der Bewerber nicht zu vereinbaren. Daran knüpft auch der eigenartige Vorschlag an, eine Folgesitzung einzuführen, in der dann mit einfacher Mehrheit gewählt werden soll. Das ist ange- sichts der Tatsache, dass auch weiterhin für jedes Mitglied ein Vertreter gewählt wird und bei Verhinderung der Vertreter kommt und auch nicht alle kommen müssen, eine praktisch sehr schwer umzusetzende Lösung, weil es durchaus passieren kann, dass in der Folgesitzung der Richterwahlausschusses in anderer Besetzung dasitzt und dass man dann an die Entscheidung einer vorangegangenen Sitzung anknüpft. Das ist, glaube ich, keine glückliche Lösung. Die Neue Richtervereinigung ist daher insgesamt dafür, dass die bisherige Beset- zung des Richterwahlausschusses nach dem Gesetz beibehalten werden soll, auch im Hinblick auf die Tatsa- che, dass zurzeit Richter aller Fachgerichtsbarkeiten in jeder Sitzung als ständige Mitglieder vertreten sind und dass das eine gute, gerichtsgrenzenübergreifende Diskussion gewährleistet. Es gibt auch Versetzungen – ich denke, das ist auch weiterhin gewollt –, dass Richter von einer Fachgerichtsbarkeit in die andere wech- seln. Dann sind die unterschiedlichen Erfahrungen der Kollegen im Richterwahlausschuss hilfreich und er- öffnen gute Diskussionen über Fähigkeiten und unterschiedliche Anforderungen.

Eine weitere Forderung, die die Neue Richtervereinigung schon längere Zeit vergeblich gestellt hat, ist die, dass es eigentlich einen echten Wahlausschuss – entsprechend dem Namen – geben sollte und nicht nur – wie zurzeit – zugestimmt oder blockiert werden kann. Alle die, die längere Zeit in der Personalpolitik tätig sind, wissen, dass dieses Nichtwählen, das Blockieren eines Vorschlags in der Praxis manchmal sehr un- schöne Ergebnisse erzielt, wenn Stellen, die längere Zeit nicht besetzt waren, aber dringend besetzt werden müssen, nicht besetzt werden können. Das war überwiegend im Hinblick auf die Konkurrentenlage der Fall.

Wenn der Richterwahlausschuss ein Auswahlrecht bekommt und in bestimmten Fällen – man könnte das auf Beförderungsämter ab R 3 oder Stellen mit Dienstaufsicht beschränken – eine Auswahlliste vorgelegt be- kommt, dann hätte er – wie es seinem Namen entspricht – auch eine richtige Wahl zu treffen, und dann könnte man diesen Stillstand in der Besetzung umgehen. Solche Regelungen gibt es im Hamburger Richter- gesetz und im Schleswig-Holsteinischen Richtergesetz. Aus beiden Bundesländern gibt es keine negativen Reaktionen dazu.

Vorsitzender Andreas Gram: Ich darf Sie bitten, langsam zum Ende zu kommen.

Ingrid Gülzow (Neue Richtervereinigung): Kurz noch ein Satz zu den Dienstgerichten: Wir halten es nicht für sinnvoll, dass die am Verwaltungsgericht angesiedelt werden sollen, weil der Instanzenzug nach dem Deutschen Richtergesetz nach wie vor am Bundesgerichtshof endet, und dann vermischt man zwei Gerichts- barkeiten. Das ist vielleicht schwierig. Es besteht auch noch eine Auffälligkeit beim brandenburgischen Recht: Die Vorschlagslisten sollen für Brandenburg vom OLG und für Berlin vom Kammergericht erstellt werden. Da fragt sich: Gibt es dann einen geteilten Dienstgerichtshof in zweiter Instanz, oder was passiert, wenn die aus unterschiedlichen Vorschlagslisten gewählt werden? Wir denken, dass es wegen der Unabhän- gigkeit der Richter und der besonderen Problematik auch nicht unbedingt an die Verwaltungsgerichtsbarkeit – wegen der Beamtenfragen – angegliedert werden muss.

Vorsitzender Andreas Gram: Vielen Dank, Frau Gülzow! Sie werden später noch die Gelegenheit be- kommen, aufgrund der Fragen der Kolleginnen und Kollegen Weiteres auszuführen. – Dem Alphabet fol- gend bitte ich jetzt Herrn Harms um seine Stellungnahme. Der Hauptrichterrat Berlin hat uns bereits eine Stellungnahme zukommen lassen, die mir vorliegt. Haben Sie sie alle bekommen? – Ich glaube, es ist alles in Ihre Fächer gekommen. – Bitte, Herr Harms, mit derselben Zeitvorgabe!

Torsten Harms (Hauptrichterrat Berlin): Herzlichen Dank, Herr Vorsitzender! – Was sollen wir als Richter von diesem Entwurf halten? – Es soll weniger Richter im Richterwahlausschuss, im Dienstgericht, im Dienstgerichtshof geben. Das Letztentscheidungsrecht der Senatsverwaltung für Justiz gegenüber den Rich- terräten wird deutlich ausgeweitet – weiter als es beim Personalrat gegenüber den übrigen Verwaltungen der Fall ist. Die künstliche Aufteilung der Beteiligungsrechte zwischen Präsidialrat und Richterrat und damit

(4)

4

16. Wahlperiode 6. April 2011

- ni/sth -

eine Einschränkung der Möglichkeiten der Richterräte wird weiter aufrechterhalten, obwohl es eigentlich keine Gründe dafür gibt. – Das nur ganz kurz zu den übrigen Gremien. Im Übrigen kann ich mich als Haupt- richterrat Frau Gülzow von der Neuen Richtervereinigung anschließen. Das entspricht auch unserer Auffas- sung im Gremium Hauptrichterrat.

Ich beschränke mich daher – naturgegeben und wegen der Zeit – auf den Bereich Richterrat, auch wenn wir natürlich relativ gute Einblicke in die anderen Bereiche haben, weil das – ich komme vielleicht gleich noch dazu – im Bereich des Hauptrichterrats oder der Richterräte liegt, dass man überall erfährt, was der Präsidial- rat oder der Richterwahlausschuss macht und was sonst so an den Gerichten los ist. – Welche Aufgaben soll der Richterrat haben? Soll er die gleichen Aufgaben haben wie der Personalrat? – Sicherlich bedürfen Rich- ter – auch wenn sie unabhängig sind – eines gewissen Schutzes und einer gewissen Unterstützung eines Gre- miums. Das kann ich jetzt nicht im Einzelfall ausführen, würde ich näher darlegen, wenn Sie das möchten.

Zunehmend ist es auch Aufgabe des Richterrats wie des Personalrats, die Verwaltung bei Organisationsmaß- nahmen zu unterstützen. Insbesondere in der EDV hat sich herausgestellt, dass es eine wesentliche und wich- tige Aufgabe für den Gesamtbereich Organisation ist, wenn die Beschäftigten über die Personal- und Rich- terräte in die Entscheidungen einbezogen werden. Der Unterschied zwischen Richtern und übrigen öffentlich Beschäftigten liegt unseres Erachtens vornehmlich im Verfassungsgefüge begründet. Nach der Berliner Ver- fassung sind die Gerichte unabhängig – das besagen die Artikel 3 und 79 der Verfassung. In Europa gibt es überwiegend einen Justizverwaltungsrat. Man kann nicht sagen, das ist ein gestärkter Richterrat, weil er ja originär Rechte in den Bereichen Personal und Finanzen hat. Er ist also nicht auf eine Mitbestimmung ange- wiesen, sondern er kann selbst entscheiden, was gemacht und was nicht gemacht wird. Das ist die Entwick- lung, die auch der Europarat eigentlich für Deutschland und die übrigen Länder – – Ich glaube, es sind nur noch Österreich und Tschechien, die ähnlich geringe Rechte der Richterinnen und Richter haben, die darüber entscheiden sollten, vielleicht auch diesen Weg zu gehen. Die politische Entwicklung in Deutschland ist ähnlich. Meiner Kenntnis nach greifen immer mehr Parteien das Thema auf, und teilweise wird auch schon eine zunehmende Selbstverwaltung gefordert. In diese Richtung geht der Entwurf überhaupt nicht. Zu nen- nen wäre in Deutschland noch Schleswig-Holstein, wo die Richterräte eine Allzuständigkeit haben. Meiner Erfahrung nach fährt Schleswig-Holstein damit sehr gut, auch im Verwaltungsbereich wird das sehr aner- kannt, dass die Zusammenarbeit mit den Richterräten sehr gut ist. Die haben also in allen Bereichen Mitbe- stimmungsrechte.

Der Berliner Entwurf zeigt hingegen eine Schlechterstellung der Richterräte gegenüber den Personalräten, vornehmlich in der von mir schon genannten Stärkung des Letztentscheidungsrechts der Senatsverwaltung, die vor allem in § 47 Abs. 8 des Entwurfs zum Ausdruck kommt, aber auch in §§ 49, 50 und 52. Wir verste- hen nicht, warum die Senatsverwaltung hier mehr Rechte und Möglichkeiten haben sollte als andere Verwal- tungen in Berlin, und wir verstehen auch nicht, warum die Richterinnen und Richter – Gerichte sind unab- hängig – hier weniger Rechte haben sollten als Personalräte.

Zu den einzelnen Beteiligungsrechten wäre uns sehr wichtig, dass bei Beurteilungen eine Mitwirkung oder besser noch eine Mitbestimmung erfolgen kann. Bei Versetzungen und Abordnungen – das betrifft auch den Personalbereich – wäre uns das auch sehr wichtig, wobei für uns da vorstellbar ist, dass der Richterwahlaus- schuss diese Rechte übernimmt. Bisher kann zu Versetzungen und Abordnungen nur der Präsidialrat eine Stellungnahme abgeben. Hier stellen wir uns vor, dass das deutlich aufgewertet wird, weil es unseres Erach- tens in der Vergangenheit relativ viel Intransparenz gab und insbesondere der Bereich Beförderung / Beurtei- lung für den Rechtsstaat, also für die Unabhängigkeit der Gerichte, ein sehr neuralgischer Bereich ist. Wir können uns vorstellen, dass – wenn da ein zusätzliches Gremium eine gewisse Kontrolle ausübt – das insge- samt für den Rechtsstaat gut wäre.

Wenn Sie sich den Entwurf anschauen und die Rechte in § 42 Abs. 2 – Mitwirkung des Richterrats – und

§ 60 Abs. 1 – Stellungnahme/Rechte des Präsidialrats – vergleichen, dann werden Sie feststellen, dass das im Wesentlichen alles Individualpersonalrechte sind. Uns leuchtet in keiner Weise ein, dass diese Beteiligungs- rechte – anders als es beim Personalrat der Fall ist, der unproblematisch über alle diese Rechte verfügt – aufgesplittet werden zwischen einem Präsidialrat einerseits und einem Richterrat andererseits. Wir setzen uns deshalb dafür ein, dass der Präsidialrat abgeschafft wird – der muss nicht extra gewählt werden, das ist unse- res Erachtens vollkommen überflüssig – und die Rechte des Präsidialrats auf den Richterrat übertragen wer-

(5)

5

16. Wahlperiode 6. April 2011

- ni/sth -

den, entweder im Rahmen des § 42 oder als Sondernorm. Das habe ich in der Stellungnahme noch kurz aus- geführt. Das sind die wesentlichen Punkte, die uns als Richterräte wichtig waren. – Vielen Dank!

Vorsitzender Andreas Gram: Vielen Dank, Herr Harms! – Bitte, Herr Kollege Dr. Mollnau, jetzt sind Sie am Zug!

Vizepräsident Dr. Marcus Mollnau (Rechtsanwaltskammer Berlin): Herzlichen Dank, dass wir die Mög- lichkeit haben, heute Stellung zu nehmen! – Die Rechtsanwaltskammer begrüßt den Entwurf des Gesetzes dort, wo die Stellung der Rechtsanwaltschaft als unabhängiges Organ der Rechtspflege weiter gestärkt und ausgebaut wird. Ich will deshalb nur zu den Punkten etwas sagen, wo die Anwaltschaft beteiligt ist, nämlich in den Bereichen Richterwahlausschuss und Dienstgerichte. Hinsichtlich des Richterwahlausschusses schlie- ße ich mich den Ausführungen der Vorrednerin, Frau Gülzow, an. Die Zusammensetzung wird aus unserer Sicht kritisiert. Dass jetzt mindestens acht ständige Mitglieder des Abgeordnetenhauses Mitglied dieses Aus- schusses sein sollen und dann – vor dem Hintergrund der Zweidrittelmehrheitsentscheidung mit insgesamt zwölf Mitgliedern – sozusagen immer die Mehrheit haben, ist aus unserer Sicht eine Gefahr für das Eindrin- gen von parteipolitisch geprägten Kriterien bei der Richterauswahl, bei der Besetzung von Richterstellen und auch bei der Beförderung. Wir befürchten, dass es ohne Zustimmung der Mitglieder des Abgeordnetenhauses künftig nicht mehr möglich sein wird, eine Richterstelle zu besetzen und kein Richter mehr befördert werden kann. Damit steigt aus unserer Sicht zumindest die Gefahr, dass ohne parteipolitische Allianzen eine Einstel- lung oder Beförderung zumindest erschwert werden wird. Ziel des Richteramts und damit auch Ziel der Auswahl eines Richters sollten jedoch parteipolitische Neutralität und insbesondere auch das Kriterium der Arbeitstätigkeit eines Richters sein. Insofern plädieren wir für eine Beibehaltung der bisherigen Struktur.

Zudem können wir nicht erkennen, wo die Nachteile in der derzeitigen Struktur des Richterwahlausschusses sein sollen.

Sollte es jedoch dazu kommen, dass der Richterwahlausschuss so statuiert wird, wie er jetzt vorgeschlagen ist, möchte ich zu einzelnen Punkten Stellung nehmen, und zwar als Erstes zur Vorschlagsliste, § 15 Abs. 2 des Entwurfs: Dort heißt es, dass die anwaltlichen Vertreter aufgrund einer Wahl auf der Kammerversamm- lung vorgeschlagen werden. In dem Entwurf wird jedoch nur davon gesprochen, dass die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte diese Wahl durchführen. Mitglieder der Rechtsanwaltskammer sind jedoch neben Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten auch Rechtsbeistände – § 209 BRAO – sowie Anwaltsgesellschaf- ten, die auch die gleichen Rechte haben, Wahlen durchführen und Beschlüsse fassen können. Insofern schla- gen wir vor, dass die Regelung verändert wird und es zukünftig heißen soll, dass diese Vorschlagsliste nach näherer Regelung der Rechtsanwaltskammer von ihren Mitgliedern in einer Kammerversammlung gewählt wird, nicht von den Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten.

In diesem Zusammenhang leuchtet uns derzeit nicht ein, warum die Vorschlagsliste, die erstellt werden soll, erweitert wird. Bisher war es so, dass es ein Mitglied und einen Stellvertreter gab. Die Vorschlagsliste, die von der Kammerversammlung kam, bestand aus mindestens zwei Vorschlägen, aus denen dann ausgewählt wurde. Jetzt wird die Anzahl der Vorschläge auf vier erhöht. Insofern sehen wir darin – mit allem Respekt – eine Verringerung unserer Selbstverwaltung und Selbstbestimmung. Die demokratische Legitimität eines Mitglieds im Richterwahlausschuss, das aus der Anwaltschaft kommt, erfährt dieses zuerst über die Kam- merversammlung, als Vertretungsorgan der Anwaltschaft, und dann über die weiteren Wahlen, das ist klar.

Aber ich glaube, dass dieser Ansatzpunkt sehr wichtig ist und für uns auch nicht erkennbar ist, warum hier eine Verdopplung erfolgt. In jedem Fall plädieren wir dafür und bitten nachgerade darum, dass es, wenn es so kommt, zu einer Übergangsregelung kommt. Wir hatten gerade unsere Kammerversammlung. Wenn das Gesetz jetzt kommt – die Abgeordnetenhauswahl ist in diesem Jahr, die Konstituierung des neuen Richter- wahlausschusses müsste dann auch in diesem Jahr stattfinden –, hätten wir die Notwendigkeit, da wir jetzt aufgrund der geltenden Rechtslage gewählt haben, eine außerordentliche Kammerversammlung durchzufüh- ren. Das ist – mit Verlaub – auch hinsichtlich der Kosten unverhältnismäßig. Wir bitten sehr um eine Über- gangsregelung.

Zum Erlöschen der Mitgliedschaft – § 16 Abs. 1 Ziffer 5 –: Dort wird festgehalten, dass die Mitgliedschaft erlischt, wenn der Rechtsanwalt keine Kanzlei mehr in Berlin betreibt. Das ist schon fraglich, warum das so sein soll. Nach der BRAO gibt es die Möglichkeit, dass Anwälte in Berlin zugelassen und von der Kanzlei-

(6)

6

16. Wahlperiode 6. April 2011

- ni/sth -

pflicht befreit sind. Man könnte sagen, es soll eine engere Bindung an das Land mit einer Kanzlei geben. Das wäre noch hinnehmbar. Dann müsste aber dieses Kriterium auch Voraussetzung für die Vorschlagsliste wer- den. Wir können natürlich nach der jetzigen Regelung jemanden wählen, der von der Kanzleipflicht befreit ist, und dann würde, wenn er gewählt wird, seine Zulassung [sic] dadurch erlöschen, da halte ich den vorlie- genden Entwurf zumindest nicht für stringent.

(7)

16. Wahlperiode 7

6. April 2011 - ni/ur -

In jeden Fall würde ich vorschlagen, dass der zweite Satz für das Erlöschen gestrichen wird. Dort heißt es, dass die Mitgliedschaft erlischt, wenn der Anwalt nicht mehr in der Liste der Rechtsanwälte eingetragen ist.

Eine solche Liste gibt es nicht mehr. Das ist aus dem alten Gesetz. Konstitutiv für die Zulassung zur Rechts- anwaltschaft ist nicht mehr die Eintragung in einer Liste, sondern nur noch die Vereidigung und Aushändi- gung der Zulassungsurkunde. Insofern sollte es aus unserer Sicht heißen, dass die Mitgliedschaft erlischt, wenn die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft des als Rechtsanwältin oder Rechtsanwalts gewählten Mitglieds erloschen ist. Es gibt zwar noch ein Anwaltsverzeichnis, aber das ist nicht mehr konstitutiv.

Zum Ruhen der Mitgliedschaft in diesem Ausschuss heißt es für den Anwalt, dass die Mitgliedschaft ruht, wenn er seine Tätigkeit nicht mehr ausübt. Das ist meines Erachtens eine Tatsachenfrage. Es ist natürlich sehr schwierig zu belegen, ob jemand seine Tätigkeit ausübt oder nicht. Was, glaube ich, gemeint ist, ist eine Verweisung auf § 47 BRAO. Dort sind die Berufsausübungsverbote geregelt. Ein Anwalt darf seine Tätig- keit nicht mehr ausüben, wenn er z. B. ein öffentliches Amt bekleidet, wenn er Angestellter des öffentlichen Dienstes wird etc. Deshalb sollte hier auch zur Klarstellung geregelt werden, dass die Mitgliedschaft ruht, wenn der Anwalt seinen Beruf im Sinne von § 47 nicht ausüben darf.

Zu dem Erlöschen bzw. Ruhen der Mitgliedschaft ist jetzt geregelt, dass die besondere Rechtswegzuweisung an den Verfassungsgerichtshof gestrichen wird. Gleichzeitig wird das Verfassungsgerichtshofgesetz geändert und die Zuständigkeit für diese Streitigkeiten dort herausgenommen. Wenn ich den Verweis auf die allge- meinen Regelungen richtig verstehe, bedeutet das doch, da es eine Entscheidung der Senatorin oder des Se- nators ist, dass die Verwaltungsgerichtsbarkeit für die Überprüfung dieser Entscheidung, denn einen Rechts- schutz muss es geben, zuständig wäre. Das halte ich auch für fraglich, warum nicht die Verfassungsgerichts- barkeit hier weiter zuständig sein sollte. Die Richter des Verfassungsgerichtshofes werden nicht durch den Richterwahlausschuss gewählt, sondern durch das Abgeordnetenhaus. Die Verwaltungsrichter werden durch den Richterwahlausschuss besetzt. Insofern halte ich hier auch, um hier diese Trennung durchzuführen, die Mitglieder des Richterwahlausschusses für eine Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes.

Einen Satz noch zu den Dienstgerichten: Wir begrüßen das sehr, dass es nunmehr anwaltliche Beisitzer gibt, und wir unterstützen diese Bestrebungen sehr, die Außensicht der Anwälte über die Arbeit der Richterinnen und Richter etc. soll hier eingebracht werden. Das ist, denke ich, auch vielfach Konsens. Es ist kein Miss- trauen der Anwaltschaft gegenüber der Richterschaft, wie teilweise auch gesagt worden ist. Das kommt schon deshalb zum Ausdruck, dass wir kein Misstrauen haben, weil wir eine Pendantregelung in der BRAO haben. Auch die Richter sind bei den Gerichten, die sozusagen über den Anwälten sitzen, nämlich dem An- waltsgerichtshof, beteiligt. Insofern schlagen wir hinsichtlich des Dienstgerichtshofes vor, dass es nicht nur einen Beisitzer aus der Anwaltschaft gibt, sondern zwei, damit wir auch hier einen Gleichklang mit dem Anwaltsgerichtshof haben. Dort haben wir drei Anwälte, einen Vorsitzenden, zwei Beisitzer, und zwei Be- rufsrichter. Als Pendant dazu könnte man auch den Dienstgerichtshof so ausgestalten, dass es hier zu einer einheitlichen Besetzung kommt.

Letzte Formulierung – § 71 Abs. 2 –: Aus meiner Sicht könnte dort eine kleine dogmatische Unsauberkeit versteckt sein. Da heißt es: Solange ein Strafverfahren eingeleitet ist, gibt es ein Verbot der Amtsausführung für den Richter bei diesem Dienstgericht. – Das ist ein sehr fragwürdiger Begriff, was damit gemeint ist. Die Kammer schlägt vor, dass wir es gleichlautend formulieren wie § 17 Abs. 1: „solange wegen einer vorsätzli- chen Straftat ein richterlich eröffnetes Strafverfahren schwebt“. – Dann haben wir hier den richterlichen Er- öffnungsbeschluss über die Anklage, die Zulassung, und wir haben zumindest auch gewährleistet, dass ein unabhängiger Richter den Anklagevorwurf geprüft und festgestellt hat, dass zumindest ein hinreichender Tatverdacht besteht. – Vielen Dank!

Vorsitzender Andreas Gram: Wunderbar! – Meine Dame, meine Herren! Erst mal herzlichen Dank für Ihre substantiierten Ausführungen! Es besteht jetzt Gelegenheit der Damen und Herren Kollegen, konkrete Nachfragen zu stellen. Ich würde auch bitten, im Interesse der zeitlichen Abwicklung, davon absehen zu wollen, Koreferate zu halten, sondern konzentriert die Fragen zu stellen und dann immer auch denjenigen zu benennen, an den die Frage gestellt ist, sonst ist das etwas unstrukturiert. – Gemeldet haben sich bislang Dr. Behrendt und Dr. Felgentreu. – Dr. Behrendt, Sie haben das Wort!

(8)

8

16. Wahlperiode 6. April 2011

- ni/ur -

Dirk Behrendt (Grüne): Danke schön, Herr Vorsitzender! – Es liegt mir fern, Koreferate zu führen, deswe- gen komme ich zu den Fragen. Eine Frage an die Kollegen Gülzow und Harms, vier Punkte: Zum einen war in den schriftlichen Stellungnahmen der abgenötigte Planstellenverzicht für diejenigen Kolleginnen und Kol- legen Thema, die aus familiären Gründen eine Zeit lang ihren Dienst nicht ausüben. Insbesondere sind davon Frauen betroffen. Frau Senatorin hat bei der Einbringung des Gesetzes geltend gemacht: Wenn man auf die- sen Planstellenverzicht, der aus dem Richtergesetz von 1963 resultiert – – Wir haben alle eine Vorstellung davon, wie damals Familienvorstellungen waren und wie sie heute sind. Sie hat geltend gemacht, es würde den reibungslosen Ablauf der Rechtspflege stören, wenn man auf diesen Planstellenverzicht im Gesetz ver- zichten würde. Mich würde interessieren, wie Sie das sehen.

Zweite Frage: Es wird immer geltend gemacht, wir sollten möglichst wenig an diesem Gesetzentwurf än- dern, weil es die Notwendigkeit einheitlicher Regelungen mit dem Land Brandenburg gebe. Das ist insoweit auch völlig zutreffend, dass es Sinn macht, dass man das angleicht. Vielleicht können Sie aber noch mal aus der Praxis erzählen, was denn passieren würde, wenn wir beispielsweise Regelungen zum Richterwahlaus- schuss hier ändern würden, die die Brandenburger nicht nachvollziehen, was dann eigentlich bei den Oberge- richten passiert. Nach meinem Kenntnisstand ist das ohnehin im Staatsvertrag geregelt und wird von dem Gesetz gar nicht betroffen.

Dritter Punkt: Ausschreibungen. – Ein wesentlicher Unterschied zum brandenburgischen Gesetz ist, dass im Berliner Entwurf keine Ausschreibung von Planstellen vorgesehen wird. Die Brandenburger machen das schon immer und sehen das auch weiterhin vor. Da würde mich interessieren, wie das aus Richtersicht gese- hen wird, eher als eine gute Idee, Planstellen auszuschreiben, oder eher als eine schlechte Idee, Planstellen auszuschreiben.

Zu guter Letzt noch mal die Frage insbesondere an Frau Gülzow, als langjähriges Mitglied im Richterwahl- ausschuss, ohne jetzt Details zu verraten, da gibt es ja Verschwiegenheitspflichten, aber vielleicht können Sie plausibel machen, wie die Beratungen im Ausschuss in der bisherigen Zusammensetzung gelaufen sind und was für Befürchtungen konkret aus Richtersicht bestehen, wenn das jetzt grundlegend geändert wird. – Dan- ke schön!

Vorsitzender Andreas Gram: Danke schön! – Ich würde vorschlagen, dass direkt geantwortet wird, weil es vier Fragen sind, damit es keine Überschneidungen gibt, und Dr. Felgentreu ist danach dran. Einverstanden?

– Frau Gülzow, Sie sind so nett und beginnen bitte!

Ingrid Gülzow (Neue Richtervereinigung): Diesen Planstellenverzicht bei Beurlaubung wegen Familien- betreuung halten wir nicht für notwendig. Die augenblickliche Regelung, dass das an eine bestimmte Zeit geknüpft ist, reicht, denke ich, aus, auch um einen organisatorischen Gerichtsbetrieb an den einzelnen Ge- richten zu gewährleisten, und dass das grundsätzlich mit jeder Beurlaubung einhergehen soll, ist nicht not- wendig und auch für die betroffenen Kollegen nicht zumutbar.

Ausschreibung von Planstellen: Das ist wichtig für die auf Lebenszeit zu ernennenden Kollegen. Da ergibt sich wahrscheinlich ohnehin durch die Zeitabfolge, also wer am dienstältesten von den Richtern ist, die noch nicht auf einer Planstelle sitzen und deren Eignung, wie das im Augenblick gehandhabt wird, festgestellt ist, dass der an erster Stelle zu berücksichtigen ist. Ich denke, dahinter steht die Gefahr, wenn man die Stellen ausschreibt, dass sehr gut beurteilte Kollegen rasend schnell auf eine Planstelle kommen und die anderen vor sich hindümpeln. Aber irgendwie ist das zeitlich nach dem Richtergesetz nach wie vor gar nicht möglich.

Deswegen finden wir, dass eine Ausschreibung nicht erforderlich ist. Das soll einfach ordnungsgemäß unter Berücksichtigung der zeitlichen Reihenfolge geregelt werden.

Dann war noch eine Frage zum Richterwahlausschuss: Ich denke, die Erörterungen waren in diesem Zu- sammenspiel zwischen parlamentarischen Mitgliedern, Richtern und auch dem Rechtsanwalt, wobei auch die Fraktionen Rechtsanwälte schicken. Das ist auch sehr sinnvoll. Früher gab es auch Richter, die von den Frak- tionen reingeschickt wurden. Das findet die Neue Richtervereinigung gar nicht so gut, weil ein Übergewicht von Richtern vielleicht ein Problem mit der demokratischen Legitimation ist, gerade bei Neueinstellungen.

Aber es war sehr gut, weil die unterschiedlichen Sichtweisen ausgetauscht werden konnten und Anwälte von

(9)

9

16. Wahlperiode 6. April 2011

- ni/ur -

außen sagen, was ihnen auffällt. Das ist manchmal für Richter gar nicht so nachvollziehbar gewesen. Es wird so viel zusammengetragen. Deswegen finde ich diese lebhafte Diskussion, warum jemand für bestimmte Ämter qualifiziert ist und was man in den Zeugnissen liest, sehr gut, weil da jeder seine eigene Sichtweise hat, und aus den unterschiedlichen Erfahrungen kommt das zusammen. Deswegen wird sich das mit den acht Abgeordneten und dann drei Richtern und einem Rechtsanwalt und Staatsanwalt vielleicht doch mehr, gera- de bei höheren Beförderungsstellen, für den Bereich ist das auch problematisch, für Einstellungen ist es, glaube ich, nicht so schwierig, auf andere Themen möglicherweise konzentrieren.

Vorsitzender Andreas Gram: Danke schön! – Die weitere Frage hatte sich an Herrn Harms gerichtet. – Herr Harms, bitte!

Torsten Harms (Hauptrichterrat Berlin): Zum Planstellenverzicht fällt es mir schwer, das zu beurteilen. Wir sind nicht in diese Entscheidung eingebunden, wo jemand wieder eingesetzt wird. Es ist natürlich so, Richter sind unversetzbar, und insofern gibt es da ein etwas größeres Problem als bei den übrigen Beschäftigten im öffentlichen Dienst. Ich denke aber, dass andere Personen nicht unbedingt freimachen müssen für denjenigen oder diejenige, die aus der Elternzeit oder Ähnlichem zurückkommt. Insofern ist es sicherlich schwerer zu handhaben, aber ich denke, das müsste sich machen lassen. Wie Frau Gülzow sagte, es gibt entsprechende zeitliche Vorlaufzeiten, und in den nächsten Jahren stehen auch relativ viele Pensionierungen an, sodass wir auch ausreichend Proberichterinnen und Proberichter haben, die dann entsprechend die Stellen für die Zu- rückkommenden freimachen können.

Richterwahlausschuss Berlin-Brandenburg – Problematik: Sehe ich erst mal rein rechtlich nicht, dass das groß problematisch sein sollte, habe allerdings die starke Hoffnung, dass man sich hier vielleicht doch noch, auch wenn die Verfassung dann zu ändern wäre, auf eine einheitliche Linie einigen kann.

Mit der Ausschreibung der Planstellen haben wir eigentlich nicht so das Problem, weil wir denken, diejeni- gen, die zur Lebenszeiternennung anstehen, müssten eigentlich nach Artikel 97 einen Vorrang vor denjeni- gen haben, die bereits eine feste Planstelle haben, weil Artikel 97 insbesondere in Absatz 2 vorschreibt, dass möglichst alle Richterinnen und Richter auf festen Planstellen sitzen sollen. Und wenn jemand zur Lebens- zeiternennung ansteht, dann hat er ja noch keine Planstelle. Insofern müsste er da eigentlich einen Vorrang haben, auch wenn er möglicherweise eine schlechtere Note hat oder nicht so sehr qualifiziert ist.

Vorsitzender Andreas Gram: Sind damit alle Fragen beantwortet? – Vielen Dank! – Dann erteile ich Dr. Felgentreu das Wort!

Dr. Fritz Felgentreu (SPD): Eine Frage richtet sich an die Senatsverwaltung: Herr Harms hatte kritisiert, dass die Befugnisse des Hauptrichterrats oder der Richterräte insgesamt gegenüber dem Status quo reduziert würden. Da möchte ich die Senatsverwaltung noch mal bitten, zu sagen, ob sie diese Einschätzung teilt bzw.

wie die im Einzelnen von Herrn Harms beanstandeten Regelungen von Ihnen begründet werden oder eine Notwendigkeit dafür gesehen wird.

Zweiter Punkt – meine Frage an Herrn Dr. Mollnau und auch Frau Gülzow: Sie hatten angesichts einer ange- strebten Zweidrittelmehrheit von Abgeordneten im Richterwahlausschuss die Befürchtung geäußert, dass das zu einer Politisierung des Ausschusses führen könnte. Da meine Nachfrage, ob Sie da nicht zu holzschnittar- tig denken, gerade auch in Bezug auf das, was Abgeordnete selber mitzubringen haben. Es ist ja klar, dass die Abgeordneten, die da hingehen, nicht alle Abgeordnete einer Couleur sein werden, sondern unterschied- liche Affinitäten mitbringen. Dass sie als Volksvertreter natürlich eine starke Legitimation mitbringen, gera- de über einen Richterwahlausschuss, an der Zusammensetzung der Richterschaft mitzuwirken, denke ich, liegt auch auf der Hand. Das ist letztlich der Sinn des Richterwahlausschusses, an dieser Stelle ein Scharnier für die demokratische Legitimierung der dritten Gewalt zu sein. Da es niemals, auch bei den jetzt in der Ge- setzesvorlage vorgesehenen Mehrheitsverhältnissen, dazu kommen kann, dass beispielsweise lediglich das Regierungslager den Richterwahlausschuss dominieren würde, gegen den Widerstand aller anderen, noch einmal meine Nachfrage, worauf Ihre Besorgnis da konkret gründet, ob es nicht einfach zu abstrakt, zu ma- thematisch von Ihnen gedacht ist und zu stark abstrahiert von den tatsächlichen lebensweltlichen Gegeben- heiten einerseits der Politik und andererseits der Zusammenarbeit in einem solchen Ausschuss.

(10)

10

16. Wahlperiode 6. April 2011

- ni/ur -

Letzter Punkt – eigentlich mehr ein Einwand: Da würde ich Herrn Dr. Mollnau bitten, noch mal zu präzisie- ren, wie er das meint. Sie hatten gesagt, die demokratische Legitimierung des anwaltlichen Mitglieds im Richterwahlausschuss gehe von der Kammer aus. – Das scheint mir ein Irrtum zu sein, wenn ich es richtig verstanden habe. Soweit ich sehe, kann die Kammer doch von ihr gewählte Personen nur insoweit demokra- tisch legitimieren, als sich ihre Tätigkeit auf die Kammer bezieht. Die demokratische Legitimierung eines Mitglieds des Richterwahlausschusses müsste in jedem Fall durch das Abgeordnetenhaus erfolgen und kann nicht durch die Rechtsanwaltskammer, die letztlich eine ständische Vertretung ist und nur einen Ausschnitt der Gesamtgesellschaft darstellt, vorgenommen werden. Vielleicht könnten Sie an dem Punkt ihre Überle- gung noch mal genauer bestimmen, damit ich sie besser nachvollziehen kann. – Herzlichen Dank!

Vorsitzender Andreas Gram: Die letzte Frage war an den Kollegen Dr. Mollnau. Und die Eingangsfrage nach dem holzschnittartigen Denken? – [Zuruf] – An beide! – Dann fangen wir wieder mit Frau Gülzow an. – Die Frage ist, ob Sie holzschnittartig denken. Bitte!

Ingrid Gülzow (Neue Richtervereinigung): Dazu sage ich jetzt nichts. – Es ist uns allen bekannt, dass es bei der Wahl der Richter zum Bundesverfassungsgericht jeweils kompakte Absprachen gibt, und das findet die Neue Richtervereinigung und, ich glaube, auch sonst die politisch interessierte Öffentlichkeit bei dem Ge- richt auch gar nicht negativ. Wenn man aber große Mehrheiten braucht und – genau wie Sie sagen – die ver- schiedenen Fraktionen und Mitglieder im Richterwahlausschuss unterschiedliche politische Ansichten haben, dann müssen Sie sich bei einer Zweidrittelmehrheit notgedrungen verständigen. Und wenn es Probleme gibt, dann ist die Gefahr, wie man das auch von den Bundesgerichten hört, doch da, dass man sagt: Gut, dieses Mal überlassen wir euch das Feld, aber nächstes Mal sind wir dran. – Das ist einfach aus dem politischen Geschäft bei den Wahlen zu den Bundesgerichten.

Vorsitzender Andreas Gram: Kurze Nachfrage von Dr. Felgentreu dazu direkt!

Dr. Fritz Felgentreu (SPD): Hinkt dieser Vergleich nicht? – Der Richterwahlausschuss ist an die Bestenaus- lese gebunden, und zwar sehr streng an klare gesetzliche Vorgaben. Da gelten ganz andere Spielregeln als bei der Zusammensetzung des Bundesverfassungsgerichts.

Ingrid Gülzow (Neue Richtervereinigung): Das kann ich Ihnen aus meiner Erfahrung sagen – ich sage dazu auch keine Namen –: Das ist bei Abgeordneten, die im politischen Tagesgeschäft sehr engagiert sind und an vorderer Front mitmischen, irgendwie so drin. Da sind auch zu meiner Zeit schon mal Sätze gefallen wie:

Könnt ihr eure Bedenken nicht mal zurückstellen? Das nächste Mal können wir darüber reden. – Und diese Frage: Wer ist denn der Sprecher der Richter? – hat mich total erstaunt, weil es so etwas gar nicht gibt. Da sind einzelne Mitglieder drin, und die fühlen sich der gesamten Richterschaft gegenüber verpflichtet. Es kommt schon aus dem Bereich der aktiven Politiker.

Vorsitzender Andreas Gram: Danke schön! – Dann Herr Dr. Mollnau – bitte sehr!

Vizepräsident Dr. Marcus Mollnau (Rechtsanwaltskammer Berlin): Zur Politisierung des Ausschusses:

Holzschnittartig oder nicht, die Mehrheitsverhältnisse sind klar. Die Mathematik ist in der Regel auch immer ziemlich eindeutig. Wenn man acht ständige Mitglieder des Abgeordnetenhauses in diesem Ausschuss hat und man eine Zweidrittelmehrheit bei 12 Mitgliedern braucht, dann ist verhältnismäßig klar, dass es dort doch eine Mehrheit gibt, die organisiert werden kann. Ich konstatiere sehr wohl, dass es natürlich so ist, dass nicht das Regierungslager ausschließlich diese Mitglieder stellt oder Sonstige. Das Entscheidende ist aber das, was Frau Gülzow sagte, nämlich die Bildung von Koalitionen und Allianzen: Bringst du meinen Kandi- daten durch, bringe ich deinen Kandidaten durch. – Auch die Spielregeln, die Sie angesprochen haben, unter- stützen wir, und ich glaube auch, das ist sicherlich das einzige Kriterium, die persönlich und fachlich am besten Geeigneten sollen gewählt werden. Vor dem Hintergrund sehen wir bei dem jetzigen Vorschlag, die justizielle Kompetenz, die in der jetzigen Besetzung des Wahlausschusses besser zum Tragen kommt als in dem vorgeschlagenen Entwurf, auch zu stärken. Justizielle Kompetenz heißt natürlich, die Richterinnen und Richter, der Staatsanwalt bzw. auch die Anwaltsvertreter, die dort die Rolle spielen sollen, die sie jetzt schon spielen, und nicht zurückgedrängt werden.

(11)

11

16. Wahlperiode 6. April 2011

- ni/ur -

Zu dem zweiten Problem: Demokratische Legitimität des Vertreters. – Ich meine das quasi in einer doppel- ten Legitimität. Wenn die Anwaltschaft einen Vertreter im Richterwahlausschuss hat und die Anwaltschaft das Recht hat, auf der Kammerversammlung als Selbstverwaltungsorgan diesen Vertreter vorzuschlagen, dann vergrößert sich, und das sehen wir als Gefahr und als Problem, natürlich die Verwässerungsmöglichkeit des Vorschlages der Rechtsanwaltskammer, wenn wir bisher zwei Vorschläge unterbreiten konnten, aber in Zukunft vier Vorschläge unterbreiten müssen. Die erfahren dann sozusagen eine demokratische Legitimität, aber durch die Auswahl. Das ist das Problem – zumal es bei uns auch noch nicht ganz klar ist, aber das ist sicherlich dann nur eine Klarstellung, ob wir denn nun für das ständige Mitglied vier Vorschläge und für den Stellvertreter vier Vorschläge vorlegen sollen oder ob wir insgesamt für beide vier Vorschläge vorlegen sol- len. Das ist nicht so ganz klar.

Vorsitzender Andreas Gram: Danke schön! – Frau Senatorin! Wollen Sie gleich kurz dazu antworten, bevor ich Herrn Kollegen Rissmann das Wort erteile? – Bitte schön!

Senatorin Gisela von der Aue (SenJust): Vielen Dank! – Auf die Frage kann ich nur antworten: Nach mei- nem Kenntnisstand haben wir keine Einschränkung der Rechte des Richterrats vorgenommen. Wir haben eigentlich die Mitbestimmungstatbestände zusammengefasst. Wir haben sie aus verstreuten, verschiedenen Bereichen in ein Kapitel zusammengefasst und präzisiert. Vielleicht könnten Sie noch mal sagen, wo Sie sich da eingeschränkt fühlen.

Vorsitzender Andreas Gram: Herr Harms, bitte!

Torsten Harms (Hauptrichterrat Berlin): Ich habe in meiner schriftlichen Stellungnahme auch betont, dass ich es sehr erfreulich finde, dass einige Beteiligungsrechte aufgewertet wurden und dass andere hinzuge- kommen sind, ähnlich wie die brandenburgische Regelung. Die war insofern positiver für die Richterräte. Ich hatte vor allen Dingen versucht darzulegen, dass die Ausweitung des Letztentscheidungsrechts, und das ist neu, für die Richterräte sehr unangenehm ist – das sind die §§ 47, 49, 50, 52 –, insbesondere für den Haupt- richterrat als Partner der Senatsverwaltung für Justiz, die bei Mitbestimmungsrechten jetzt sagen kann: Okay, ihr seid zwar dagegen, dann verhandeln wir noch mal, und nach der Verhandlung brauchen wir aber nicht mehr in die Einigungsstelle zu gehen. – Das verschlechtert natürlich die Position des Hauptrichterrats emi- nent. Da kann er noch so viele Rechte haben, da könnte er statt fünf 20 Rechte haben, aber wenn er kaum eine Möglichkeit hat, da in irgendeiner Form, und sei es nur durch das Verfahren selbst, dass eine Verzöge- rung eintritt oder Ähnliches und die Einigungsstelle angerufen werden muss oder Ähnliches, wird er eventu- ell nicht mehr ernst genommen. Insofern sehen wir mit dieser Entscheidung, das ist vor allen Dingen § 47 Abs. 8, eine Verschlechterung der Beteiligungsrechte.

Vorsitzender Andreas Gram: Danke schön! – Kollege Rissmann, bitte!

Sven Rissmann (CDU): Danke, Herr Vorsitzender! – Ich erlaube mir, mich kurz an der Holzschnittdiskussi- on zu beteiligen, und erlaube mir, dem Kollegen Dr. Felgentreu einen Versuch einer Antwort auf seine Frage zu geben, wie die Anzuhörenden darauf kommen, die geplante Zusammensetzung des Richterwahlausschus- ses zu kritisieren. Man kann genau die Frage zunächst mal stellen, die auch die Sachverständigen in den Raum gestellt haben: Warum wollen Sie von einem bewährten System abweichen? – Als Konservativer muss ich Ihnen sagen: Das müssen Sie erst mal erklären, warum man von einem bewährten Modell abweicht.

Da muss ja das, was Sie hier antizipieren, besser sein. Den Beweis sind Sie bisher schuldig geblieben, die Senatsverwaltung erst recht. Ich will Ihnen ganz konkret in der Erklärung weiterhelfen. Es sind nicht nur die acht Abgeordneten, bei denen Sie die Axt anlegen, sondern das ist auch § 12 Abs. 2, wo Sie zukünftig die einfache Mehrheit des Abgeordnetenhauses ausreichen lassen wollen, um die ständigen Mitglieder des Rich- terwahlausschusses zu wählen.

Kollege Dr. Mollnau hat darauf hingewiesen, dass die Vorschlagsliste der Anwaltschaft auf vier erweitert wird, aus denen man auswählen kann. Gleiches gilt für die Richterschaft. Das heißt also, eine Koalitions- mehrheit hat damit die Möglichkeit, im Abgeordnetenhaus mit ihrer ihr innewohnenden einfachen Mehrheit aus der breiter gewordenen Vorschlagsliste von Anwalt- und Richterschaft sich einen – das unterstelle ich

(12)

12

16. Wahlperiode 6. April 2011

- ni/ur -

jetzt – genehmen Kandidaten auszuwählen. Damit – das will ich jetzt gar nicht konkret unterstellen, aber abstrakt – steigt natürlich eine Missbrauchsgefahr, und die kann man vermeiden, wenn man bei der bewähr- ten Regelung bleibt.

Vorsitzender Andreas Gram: Jetzt würde ich Sie bitten, zur Frage zu kommen.

Sven Rissmann (CDU): Ja, Herr Vorsitzender! Ich werde jetzt den Zorn Ihrer Person auf mich ziehen, weil ich gar keine Fragen an die Sachverständigen habe. Ich habe mich bei ihnen nur zu bedanken und verzichte einfach darauf, meine Auffassung und Kritik in Frageform an die Sachverständigen einzuführen, sondern habe nur eine Frage an die Senatorin. Das vorläufige Ergebnis dieser Anhörung ist für Sie vernichtend. Das war zu erwarten, denn wir haben ja alle vorher die Stellungnahmen bekommen. Die zweite Anhörung wird noch vernichtender werden. Da werden sich der Deutsche Richterbund und der Deutsche Beamtenbund äu- ßern. Auch da wissen wir, was kommen wird, weil wir schon schriftliche Stellungnahmen haben. Wie die Oppositionsfraktionen das sehen, haben Sie in der Plenardebatte am 17. Februar mitbekommen. Ich will das gar nicht vorab zusammenfassen, nicht nur die ganzen zahlreichen handwerklichen Fehler, auf die der Kolle- ge Dr. Mollnau hingewiesen hat, sondern auch die grundsätzliche Kritik, die von den beiden richterlichen Vertretern geäußert wurde. Deswegen kann ich Ihnen nur eine Frage stellen: Wollen Sie uns allen Zeit und Mühe ersparen? Ziehen Sie diesen Gesetzentwurf zurück, bessern Sie nach! Selbst wenn wir über die großen Linien nicht sprechen, hat der Kollege Dr. Mollnau auf so viele handwerkliche Fehler hingewiesen, die Sie nicht ernsthaft so ins Gesetzgebungsverfahren einbringen wollen.

Vorsitzender Andreas Gram: Danke schön! – Frau Senatorin hat jederzeit Rederecht – bitte schön!

Senatorin Gisela von der Aue (SenJust): Herr Abgeordneter Rissmann! Ich ziehe diesen Gesetzentwurf natürlich nicht zurück. Wir sind hier zusammengekommen, um die – – [Zuruf] – Nein, es ist ein ausgespro- chen demokratisches Verfahren, das wir nicht zum ersten Mal durchführen. Anhörungen haben wir verschie- dentlich durchgeführt, insofern finde ich das auch zu relativieren, was Herr Harms in seiner schriftlichen Stellungnahme noch mal geschrieben hat. Wir sind auch nicht so, dass wir die dort in den einzelnen Anhö- rungen eingebrachten Vorschläge nicht aufgegriffen haben. Wir haben einen großen Teil von diesen ver- schiedenen Vorschlägen aufgegriffen. Das will ich hier im Einzelnen nicht weiter ausführen, weil wir die Anhörung auch noch zu einem anderen gegebenen Zeitpunkt miteinander auswerten und dann Schlussfolge- rungen ziehen werden. Ich denke nur, wir sollten fairerweise so miteinander umgehen. Herr Dr. Mollnau hat hier handwerkliche Fehler angemerkt, zu denen ich jetzt auch noch eine ganze Menge sagen könnte. Ich denke, das sind zum Teil Missverständnisse, genauso wie Ihre Kritik an der Erweiterung der Vorschlagsliste, die auch etwas damit zu tun hat, dass die Gremien möglichst geschlechterparitätisch zu besetzen sind. Ich will dieses nur einmal zwischendrin sagen und werde mich ansonsten in der Diskussion jetzt zurückhalten.

Das werden wir dann machen, nachdem die Anhörungen durchgeführt worden sind.

Vorsitzender Andreas Gram: Danke schön! – Herr Mollnau! Wollten Sie zu der Geschlechterparität noch etwas sagen? – Dann erteile ich Dr. Kluckert das Wort!

Dr. Sebastian Kluckert (FDP): Der erste Teil meiner Frage hat sich schon ein bisschen erledigt. Ich frage trotzdem noch mal nach. Ich wollte auch zur Mitwirkung ein konkretes Beispiel hören, wo sich jetzt sozusa- gen die Mitwirkungsrechte reduziert haben. Aber ich glaube, es ging Ihnen offensichtlich doch nur um die Letztentscheidung der obersten Dienstbehörde. Falls da noch was übrig ist, würde ich Sie noch mal bitten, ein praktisches Beispiel zu bringen, wo Sie sagen können: Bisher konnten wir da mitwirken, und das ist jetzt draußen.

Der nächste Punkt betrifft den Hauptrichterrat. – Jetzt sollen Sie noch die Staatsanwälte mit dabei haben. Sie sollen einen Hauptrichter- und Hauptstaatsanwaltsrat gemeinsam bilden. Da wollte ich fragen, wie das bei Ihnen gesehen wird. Wird das problematisch gesehen? Ich könnte mir vorstellen, dass die spezifischen Inter- essen und auch Lagen von Staatsanwälten, die im Prinzip viel stärker in einer Weisungshierarchie als Richter sind, noch mal besonders sind als die der Richter. Meinen Sie, dass da ein gemeinsames oberstes Vertre- tungsorgan nützlich ist? Oder könnte es nicht sein, dass da vielleicht bestimmte Interesse eher am Rande nur

(13)

13

16. Wahlperiode 6. April 2011

- ni/ur -

behandelt werden oder nicht mehr so wirksam wahrgenommen werden, als wenn es ein Gremium ist, das alleine durch die entsprechende Berufsgruppe besetzt wird?

Vorsitzender Andreas Gram: Herr Kollege Dr. Kluckert! An wen richtete sich die Frage? – [Zuruf] – Bitte, Herr Harms!

Torsten Harms (Hauptrichterrat Berlin): Zur Mitwirkung hatten Sie ja schon selber aufgrund meiner zwei- ten Antwort festgestellt: Es sind keine Mitwirkungsrechte reduziert worden. Wir treten für eine Ausweitung der Mitwirkungsrechte entsprechend meiner Stellungnahme ein, vor allen Dingen im Bereich der Beurtei- lung, Versetzung und Abordnung. Das, was den Personalräten bisher auch schon zusteht, hatten die Richter- räte traditionell aber nicht. Traditionell ist es so, dass die Richterräte deutlich weniger Rechte hatten als die Personalräte. Das wird so ein bisschen durch den Entwurf fortgeführt.

Zu der Mitgliedschaft der Staatsanwälte: Das hatten wir vornehmlich den Staatsanwälten überlassen – die haben auch einen Personalrat –, darüber zu entscheiden, ob sie das richtig finden oder nicht. Als Richterin- nen und Richter haben wir damit gar keine Probleme. Wir hatten nur auch das Problem gesehen, dass wegen der – da haben Sie völlig recht – Weisungsgebundenheit der Staatsanwaltschaft bestimmte besondere Rechte erforderlich sind. Darauf nimmt der Entwurf auch Rücksicht und räumt den Staatsanwälten diese entspre- chenden zusätzlichen Rechte ein, die sie benötigen, um eine Schutzfunktion in dem Bereich, in dem sie der Weisungspflicht unterliegen, ausüben zu können. In Brandenburg gibt es schon länger Staatsanwälte im ge- meinsamen Gesamtrichterrat, heißt er, glaube ich, und da sind mir keine negativen Erfahrungen bekannt geworden. Auch von den Staatsanwälten habe ich nicht gehört, dass sie sich da irgendwo in der Minderheit gefühlt haben oder Ähnliches, wie wir uns übrigens als Richterinnen und Richter immer deutlich in der Min- derheit fühlen, wenn es um gemeinsame Angelegenheiten geht. Da sitzen wir nämlich mit dem Hauptperso- nalrat zusammen und sind da nur sehr wenige. Das verkraften wir aber auch ganz gut. Im Gegenteil profitie- ren wir sogar von dessen Know-how sehr stark.

Vorsitzender Andreas Gram: Danke schön! – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. – Ich bedanke mich sehr herzlich bei Ihnen Dreien, dass Sie willens und in der Lage waren, heute hier so kurzfristig einzu- springen. Sie sind auch herzlich zu unserer Sitzung am 4. Mai um 15 Uhr, gleicher Raum, eingeladen, wenn da noch weitere Anzuhörende ihren fachlichen Rat zur Gesetzesberatung geben, sodass Sie, wenn Sie Zeit haben, herzlich Willkommen sind und vielleicht auch noch Rede und Antwort stehen könnten. – Entspre- chend der Vereinbarung der Sprecherrunde würde ich dann diesen Tagesordnungspunkt für heute als vertagt erklären, und wir setzen die Beratung am 4. Mai fort.

Punkt 3 der Tagesordnung

Vorlage – zur Kenntnisnahme –

Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages über die Errichtung gemeinsamer Fachobergerichte der Länder Berlin und Brandenburg Drs 16/3833

0282

Siehe Inhaltsprotokoll.

Punkt 4 der Tagesordnung Antrag der Fraktion der FDP

Schuldenbremse auch in Berlin in der Verfassung verankern!

Drs 16/3539

0261

Siehe Inhaltsprotokoll.

(14)

16. Wahlperiode 14

6. April 2011 - ni/ur -

Punkt 5 der Tagesordnung

Besprechung gemäß § 21 Abs. 3 GO Abghs

Planungen der Justizsenatorin zur Einführung von elektronischen Fußfesseln für aus der Sicherungsverwahrung Entlassene

(auf Antrag der Fraktion der CDU)

0292

Siehe Inhaltsprotokoll.

Punkt 6 der Tagesordnung

Verschiedenes

Siehe Inhaltsprotokoll.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

1.2 Wurde der Restitutionsantrag der Deutschen Bahn AG von 1994 im Zuordnungsverfahren der Oberfinanzdirektion Berlin vom 9. Mai 1995 berücksichtigt und wurde das Land Berlin über

Und dann ist es ja auch sehr zu begrüßen, dass die personelle Verstärkung, dass acht zusätzliche Stellen im Wohnraumschutz geschaffen wurden, die machen sich zwar erst im Bericht

Fraktionsrunde, wo wir die Abgeordneten zu Wort kommen lassen, und da gibt es die Möglichkeit, Fragen an bis zu zwei Sachverständige in der Zeit von zwei Minuten zu richten. Da

€ zu erbringen haben. Das ist, wenn Sie so wollen, der Kompromiss für den fünfjährigen Planungshorizont und die Sicherheit für die Verträge. Das ist das eine. Frau Liebich hat

Das Ge- samtumfeld bedeutet einfach, und das haben wir ja eben auch schon einmal gehört durch die Ren- tenversicherung beispielsweise, dass diese Vorver- legung eben gleichzeitig

Und wenn jemand seine Arbeit nicht mehr leisten kann, ist es menschlich verständlich, dass er Arbeit los- werden möchte, aber bitte nicht sinnvolle Arbeit, die einem

SV Carsten Pfeiffer (bne): Ja, vielen Dank für die Frage, vielen Dank für die Einladung. Die Frage ist sehr umfangreich. Also zunächst mal will ich das begrüßen, weil, wir haben

Christiane Seidel (vzbv, per Video): Ja genau, das ist auch eine wichtige Frage. Gerade bei den Nah- rungsergänzungsmitteln sehen wir, dass hier im In- ternet ein Wildwuchs