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Psychodynamische Psychotherapie der Persönlichkeitsstörungen

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Academic year: 2022

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Psychodynamische Psychotherapie der Persönlichkeitsstörungen

Handbuch für die klinische Praxis

Bearbeitet von

John F. Clarkin, Peter Fonagy, Glen O. Gabbard

2013 2012. Buch. 502 S. Hardcover ISBN 978 3 7945 2835 6 Format (B x L): 16,5 x 24 cm

Weitere Fachgebiete > Psychologie > Psychotherapie / Klinische Psychologie >

Psychodynamische Therapieverfahren Zu Inhaltsverzeichnis

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der Persönlich keit und

der Persönlichkeits pathologie

Eve Caligor, John F. Clarkin Ein Objektbeziehungsmodell der Persönlich keit …

Therapeuten, die Patienten mit einer Persönlichkeitsstörung behandeln, müssen sich gewöhnlich mit mehreren grundlegenden Fragen auseinandersetzen:

z Wie verhalten sich die normalen und die pathologischen Persönlichkeits funk- tio nen zueinander?

z Welche pathologischen Merkmale haben viele oder die meisten Persönlich- keitsstörungen gemeinsam?

z Wie ist das Verhältnis zwischen Persönlichkeitsstörungen auf höherem Struk- turniveau und schweren Persönlichkeitsstörungen?

z Wie lässt sich die Schwere der Pathologie bei den verschiedenen Persönlich- keitsstörungen bewerten und beschreiben?

z Wie lässt sich die Schwere der Pathologie der einzelnen Patienten innerhalb einer diagnostischen Gruppe bewerten und beschreiben?

Das Objektbeziehungsmodell der Persönlichkeitsstörungen bietet einen auf kli- nischen Erfahrungen basierenden Ansatz für die Beantwortung dieser Fragen.

Um den Einstieg in die Einführung zu erleichtern, stellen wir hier vier Fallbei- spiele von Patienten mit einer Persönlichkeitsstörung vor:

Frau N. ist 28 Jahre alt, Single und Angestellte. Als sie in die Sprechstunde kommt, gibt sie an, sie habe »Probleme mit Männern« und »Schwierigkeiten mit Konfliktsituationen«. Frau N. ist attraktiv, charmant und dezent verfüh- rerisch. Sie räumt ein, dass es sie oft überrascht, dass sie bei geselligen Anläs- sen im Mittelpunkt steht. Dennoch fühle sie sich im Vergleich zu ihren Freunden und Kollegen minderwertig. Sie sagt, sie sei Männern gegenüber schüchtern und sexuell gehemmt. Diese Eigen schaften erklärten, weshalb sie seit dem College keine längere Beziehung hatte. Frau N. klagt außerdem über Schwierigkeiten mit »Konfliktsituationen«, sie weiche Konflikten eher aus.

Sie meint, sie sei deswegen manchmal übermäßig entgegenkommend. Sie hat keinen Freund, hat aber einige enge Freunde. Über ihre Arbeit als Grund- schullehrerin sagt Frau N., diese sei eine Herausforderung und erfüllend. Sie meint, sie sei im Großen und Ganzen optimistisch und ausgeglichen, es de- moralisiere sie jedoch, dass es ihr nicht gelinge, eine längerfristige Beziehung mit einem Mann einzugehen oder sich selbst mehr zu akzeptieren. Am Ende des einstündigen Gesprächs empfindet der Arzt Sympathie für sie und ge-

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1 Ein Objektbeziehungsmodell der Persönlich keit … 3 winnt einen Eindruck von Frau N., von ihren Schwierigkeiten und von den Menschen, die eine wichtige Rolle in ihrem Leben spielen.

Frau B. ist 28 Jahre alt, Single und Angestellte. Als sie in die Sprechstunde kommt, gibt sie an, sie habe »Probleme mit Männern« und »Schwierigkeiten mit Konfliktsituationen«. Frau B. ist attraktiv und einnehmend. Sie trägt einen kurzen Rock und eine tief ausgeschnittene Bluse und verhält sich aufreizend, was dem Arzt unangenehm ist. Sie sagt, sie fühle sich unwohl, wenn sie nicht im Mittelpunkt steht. Frau B. berichtet, sie habe Schwierigkeiten, ihren Zorn bei Konflikten mit ihrem jeweiligen Freund im Zaum zu halten, und neige zu Wutausbrüchen. Seit dem Abschluss des College habe sie eine Reihe von Ar- beitsstellen gehabt; derzeit arbeitet sie als Empfangsdame. Sie findet ihre Ar- beit eintönig und langweilig, andererseits hat sie keine Vorstellung davon, was sie lieber machen würde. Sie lebt allein und hat keinen festen Partner. Sie be- richtet von vielen Beziehungen mit Männern, die nach ihren Angaben stets schlecht geendet hatten. Sie hat einige Freunde, doch der einzige Mensch, dem sie wirklich vertraue und dem sie sich verbunden fühle, sei ihre Schwester. Sie meint, ihr Leben »führt nirgendwohin«, sie fühle sich zeitweise leer und hasse sich selbst. Dem Arzt fällt der offensichtliche Widerspruch zwischen Frau B.s Beherrschtheit während des Gesprächs und ihrem berichteten zornigen, an- klagenden und manipulativen Verhalten gegenüber ihren Partnern auf.

Herr N. ist 38 Jahre alt, verheiratet, hat zwei Kinder und ist Rechtsanwalt. Als er in die Sprechstunde kommt, gibt er an, er habe »Probleme mit der Arbeit«

und Probleme mit seinem Selbstwertgefühl. Herr N. beschreibt seine Arbeit als Juniorpartner in einer erfolgreichen Anwaltskanzlei als Herausforderung und intellektuell befriedigend. Dennoch fühle er sich bei der Arbeit minder- wertig und weniger fähig als die anderen. Außerdem beunruhige es ihn, dass er sich »zu sehr auf Einzelheiten konzentriert« und Dinge bis zum letzten Mo- ment aufschiebt. Herr N. ist emotional angespannt und reserviert, berichtet aber dennoch über eine tiefe Verbundenheit zu seiner Frau und seinen kleinen Kindern. Er weiß, dass seine Lieben ihn als emotional unzugänglich empfin- den, ist jedoch nicht in der Lage, sein Verhalten zu ändern. Er hat einige enge Freunde aus seiner Schulzeit, ist jedoch nach eigenen Angaben nicht beson- ders gesellig. Nachdem der Arzt Herrn N.s Geschichte hört, ist er beeindruckt von seinem Pflichtbewusstsein und seiner Bereitschaft für eine Therapie.

Herr B. ist 38 Jahre alt, verheiratet und arbeitsloser Rechtsanwalt. Als er in die Sprechstunde kommt, gibt er an, er habe »Probleme mit der Arbeit« und Probleme mit seinem Selbstwertgefühl. Er bezeichnet sich als »Zauderer«

und klagt, er verliere sich in Einzelheiten und verbringe oft Stunden mit der Suche nach unwichtigen Informationen. Im Verlauf des Gesprächs stellt sich heraus, dass Herr B. seit dem Abschluss seines Jurastudiums 10 Jahre zuvor mehrfach entlassen wurde, weil er Schwierigkeiten hatte, Projekte zu Ende zu

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bringen, und häufig Fristen versäumt hatte. Außerdem hatte er Zeiterfas- sungsbögen gefälscht, sich oft krankgemeldet und Machtkämpfe mit sei nen Vorgesetzten gehabt. Zuletzt hatte er als juristische Hilfskraft gear bei tet – was er als anspruchsvoll empfand – und war 6 Monate vor dem Gespräch entlassen worden. Herr B. gibt an, er halte sich abwechselnd für schlauer als alle anderen und für einen »absoluten Loser«. Er ist emotional unnahbar und angespannt;

seine Frau beschwere sich, dass er weder finanziell noch emotional eine Stütze sei. Er berichtet, er habe schon zu Beginn der Ehe das sexuelle Interesse an ihr verloren und suche ab und zu Prostituierte auf. Er klagt darüber, dass er sich leer und ruhelos fühle. Er erwartet, dass der Arzt ihm sagt, wie er es erreichen könnte, weniger dysphorisch und angsterfüllt zu sein und sich dauerhafter als einen außergewöhnlichen Menschen zu sehen. Am Ende des einstündigen Ge- sprächs hat der Arzt lediglich einen vagen und oberflächlichen Eindruck von Herrn B. und ein noch lückenhafteres Bild von dessen Frau. Er ist überwältigt von der Ausweg losig keit von Herrn B.s Problemen und befürchtet, dass Herr B. nicht wirklich gewillt ist, sich auf eine The ra pie einzulassen.

All diese Patienten haben eine Persönlichkeitsstörung. Die Unterschiede zwischen ihnen sind jedoch augenfällig und von großer klinischer Bedeutung. Dieses Kapi- tel skizziert ein Gerüst zur Einordnung der Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen diesen Patienten. Das Objektbeziehungsmodell der Persönlichkeitsstö- rungen bietet einen systematischen Ansatz für die Bewertung, Einordnung und Behandlung von Persönlichkeitspathologien aller Schweregrade.

1.1 Was ist die Objektbeziehungstheorie?

In der psychodynamischen Psychiatrie bezeichnet der Begriff Objekt − aus histo- rischen Gründen und in der Wortwahl nicht sehr gelungen − einen Menschen, zu dem das Subjekt eine Beziehung hat. Dementsprechend bezeichnet der Begriff Ob- jektbeziehungen die Art der Beziehungen des Subjekts zu anderen Personen, also die äußeren, zwischenmenschlichen Beziehungen des Subjekts. Der Begriff inneres Ob- jekt bezeichnet dagegen die Repräsentanz oder Existenz eines Anderen in der Psyche des Subjekts. Die Objektbeziehungstheorie umfasst lose miteinander verbundene psychodynamische und psychoanalytische Modelle der Motivation und der psychi- schen Funktionen, die die Verinnerlichung früher Beziehungs mus ter als zentrales Merkmal der psychischen Entwicklung und der psychischen Funktionen betrachten.

Das auf der Objektbeziehungstheorie basierende Modell der Persönlichkeitsstö- rungen, das hier vorgestellt wird, wurde von Otto Kernberg und seinen Kollegen am Personality Disorders Institute des Weill Cornell Medical College entwickelt (Kernberg u. Caligor 2005). Bei diesem Ansatz handelt es sich um eine Integration der wichtigsten Beiträge der Klein’schen und der britischen psychoanalytischen

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1 Ein Objektbeziehungsmodell der Persönlich keit … 5 Schule und der Entwicklungen in der amerikanischen Ich-Psychologie – insbeson- dere der Arbeit von Edith Jacobson, Margaret Mahler und Erik Erikson. In Kapi- tel 2 (»Bindung und Persönlichkeitsstörung«) wird ein Ableger der Objektbezie- hungstheorie, die Bindungstheorie (Shaver u. Mikulincer 2005), vorgestellt. Im vorliegenden Kapitel liegt der Schwerpunkt auf den Aspekten von Kernbergs Modell, die die größte klinische Relevanz haben. Wir besprechen die wichtigsten Konzepte, die der Herangehensweise der Objektbeziehungstheorie bei Persön- lichkeits störungen zugrunde liegen, und das Klassifizierungssystem von Persön- lichkeits pathologien, auf dem Kernbergs Modell basiert. Wir verzichten auf eine Bespre chung von Kernbergs umstrittener Entwicklungstheorie und seiner Unter- suchungen zum psychoanalytischen Konstrukt der »Triebe«. Da das hier vorge- stellte Modell auf klinischen Erfahrungen aus dem Bereich der psychodynamischen Therapie bei Patien ten mit einer Persönlichkeitsstörung beruht, ist es nicht an ein bestimmtes Modell der Ätiologie der Persönlichkeitsstörungen geknüpft.

1.2 Psychische Strukturen

Die Objektbeziehungstheorie geht bei Persönlichkeitsstörungen davon aus, dass die für eine bestimmte Persönlichkeitsstörung charakteristischen deskriptiven Merkmale der Persönlichkeitspathologie die Art und die Organisation der zu- grunde liegenden psychischen Strukturen abbilden. Psychodynamische Thera- pien, die Veränderungen der psychischen Strukturen bewirken, führen gleichzei- tig zu Veränderungen der deskriptiven Merkmale der Persönlichkeitspathologie und zu einer Verbesserung der psychischen Funktionen. Dieser »Von-unten- nach-oben«-Herangehensweise an die Therapie und die durch sie bewirkten Ver- änderungen kann man die »Von-oben-nach-unten«-Ansätze der kognitiv-beha- vioralen Therapie gegenüberstellen, bei denen der Schwerpunkt auf der unmittel- baren Änderung maladaptiven Verhaltens und maladaptiver Denkmuster liegt (und mit denen sie nutzbringend kombiniert werden kann).

Zunächst sei hier noch die Bedeutung des Begriffs Struktur in der psychodyna- mischen Psychiatrie erläutert, da diese häufig unklar ist. Im psychodynamischen Verständnis sind Strukturen konstante Muster psychischer Funktionen, die in bestimmten Kontexten wiederholt und auf vorhersehbare Weise aktiviert wer- den.1 Das bedeutet, dass psychische Strukturen keine Strukturen im konkreten

1 Wir unterscheiden zwischen dieser Bedeutung des Begriffs Struktur und dem psychomet- rischen Konzept der Struktur. In der Trait-Theorie bezeichnet Persönlichkeitsstruktur eine Struktur von Faktoren, die zu vorhandenen Daten passt. Diese statistische Methode wird zur Untersuchung latenter Variablen verwendet, die verschiedenen Persönlichkeitsmerk- malen zugrunde liegen. Dabei wird die Kovarianz von Merkmalen ermittelt. Die Trait- Theorie ermittelt Strukturen in einer Population. Im Gegensatz dazu beschreiben Struk- turen in der Psychodynamik die Organisation psychischer Funktionen des Einzelnen.

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