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Der Waffenbegriff im StGB / eingereicht von Stephanie Aigner

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Academic year: 2021

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JOHANNES KEPLER UNIVERSITÄT LINZ Altenberger Straße 69 4040 Linz, Österreich www.jku.at DVR 0093696 Eingereicht von Stephanie Aigner Angefertigt am Institut für Strafrechts-wissenschaften Beurteiler / Beurteilerin Ass.-Prof.in Mag.a Dr.in Ingrid Mitgutsch Mai 2019

Der Waffenbegriff im

StGB

Diplomarbeit

zur Erlangung des akademischen Grades

Magistra der Rechtswissenschaften

im Diplomstudium

(2)

EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG

Ich erkläre an Eides statt, dass ich die vorliegende Diplomarbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt bzw die wört-lich oder sinngemäß entnommenen Stellen als solche kenntwört-lich gemacht habe.

Die vorliegende Diplomarbeit ist mit dem elektronisch übermittelten Textdokument identisch.

Gmünd, 13.5.2019

(3)

Danksagung

Vorneweg möchte ich Ass.-Prof.in Mag.a Dr.in Ingrid Mitgutsch meinen herzlichen Dank für die

Übernahme der Betreuung und Begutachtung meiner Diplomarbeit aussprechen. Mit ihrer Ge-duld und ihren konstruktiven Anregungen hat sie mich immer unterstützt.

Besonderer Dank gilt meiner Familie, im Besonderen meinen Eltern Michael und Edeltraut und meiner Schwester Doris, die mir das Studium ermöglicht haben. Des Weiteren möchte ich mich bei meinen Tanten, Onkeln, Großeltern und meiner Schwiegermutter bedanken. Ihr alle habt durch euren unermüdlichen, immer positiven Zuspruch einen wichtigen Beitrag zum Erfolg des Studiums geleistet.

Meinem Partner Kevin möchte ich ebenfalls meinen herzlichen Dank aussprechen, er hat mich und meine Launen bei den Prüfungen mit großer Geduld ertragen.

Des Weiteren möchte ich mich bei meinen Kommilitonen Astrid, Elisabeth und Sabrina bedan-ken, die mir immer mit Rat und Tat zur Seite standen und mich immer wieder motiviert und angetrieben haben. Ohne euch wäre die Zeit des Studiums nur halb so schön gewesen.

Zu guter Letzt möchte ich all meinen Freunden danken, dass sie mir in den Prüfungsphasen immer mit Geduld begegnet sind und mich in meiner Freizeit vom Lernstress abgelenkt haben.

Gmünd, 13.5.2019

(4)

Inhaltsverzeichnis

I.

EINLEITUNG ... 1

II.

DER WAFFENBEGRIFF ... 2

A. Historische Entwicklung ... 2 1. Überblick ... 2 2. StG 1803 ... 4 3. StG 1852 ... 5 4. StGB 1974 ... 6 5. Waffengesetz 1967... 7 6. Waffengesetz 1996... 7

7. Exkurs: deutsches WaffG 1938 ... 7

B. Der Waffenbegriff im Waffengesetz 1996 ... 8

1. Allgemeines ... 8

2. Legaldefinition ... 9

3. Unter die Legaldefinition des § 1 WaffG fallende Gegenstände ... 10

a) Schusswaffen ... 10

b) Beschädigte/funktionsuntüchtige/ungeladene Waffen ... 10

c) Spielzeuge/Attrappen/Scherzartikel ... 11

d) Sportgeräte ... 11

e) Technische und Signalgeräte ... 12

f) Messer ... 12

g) Reizgase/-sprays ... 13

h) Elektroschockgeräte ... 13

i) Schieß- und Sprengmittel ... 13

j) Gegenstände mit Waffenwirkung ... 13

4. Zusammenfassung technischer/enger Waffenbegriff ... 14

C. Der Waffenbegriff im StGB 1974 ... 14 1. Allgemeines ... 14 2. Enger Waffenbegriff im StGB ... 15 3. Funktionaler Waffenbegriff im StGB ... 15 a) Rechtsprechung ... 16 b) Lehre ... 17

4. Zusammenfassung funktionaler Waffenbegriff ... 23

5. Waffen und andere Mittel iSd StGB 1974 ... 24

a) Schusswaffen ... 25

b) Beschädigte/funktionsuntüchtige/ungeladene Waffen ... 25

c) Attrappen ... 26

d) Andere Mittel/Waffengleiche Mittel ... 27

III.

PROBLEME IM ZUSAMMENHANG MIT AUSGEWÄHLTEN DELIKTEN

DES STGB ... 27

(5)

B. Deliktsarten und geschützte Rechtsgüter ... 28

C. Vorsatz ... 29

D. Strafdrohung ... 30

E. Konkurrenzen ... 30

(6)

Abkürzungsverzeichnis

ABGB Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch

Abs Absatz

Anm Anmerkung

BGBl Bundesgesetzblatt

bzw beziehungsweise

dRGBl deutsches Reichsgesetzblatt

dWaffG deutsches Waffengesetz

GewO Gewerbeordnung

gem gemäß

hL herrschende Lehre

hM herrschende Meinung

Hrsg Herausgeber

idgF in der geltenden Fassung

iS im Sinne

iSd im Sinne des/r

lit litera

OGH Oberste Gerichtshof

ÖJZ Österreichische Juristen-Zeitung

RGBl Reichsgesetzblatt

Rsp Rechtsprechung

RV Regierungsvorlage

(7)

StG Strafgesetz

StGB Strafgesetzbuch

stRsp ständige Rechtsprechung

ua unter anderem

verst Senat verstärkter Senat

Vgl Vergleich

VO Verordnung

WaffG Waffengesetz

Z Ziffer

(8)

13. Mai 2019 Aigner 1

I. Einleitung

„Man kann zu Waffen stehen wie man will – sie sind mit dem Menschen seit Urzeiten verbun-den. Nicht die Waffe ist das Böse schlechthin, sondern das, was der Mensch mit der Waffe macht“.

- Kurt Hickisch1

Der zwischenmenschliche Bereich ist seit jeher von Konflikten geprägt. Oftmals kommt es bei anfänglich harmlosen Auseinandersetzungen zu körperlichen Übergriffen auf den Kontrahen-ten. Im Zuge dieser Überriffe wird dabei oft auf den Einsatz von gefährlichen Gegenständen zurückgegriffen, um ein Maximum an Schaden zu verursachen oder die eigene körperliche Kraft zu erhöhen. Auch bei den Vermögensdelikten werden solche Gegenstände verwendet, um einer Drohung Nachdruck zu verleihen bzw Widerstand zu überwinden oder erst gar nicht aufkommen zu lassen. Doch handelt es sich nicht immer um Waffen im traditionellen Sinn. Da Straftaten oft auf eine starke emotionale Gefühlsregung zurückzuführen sind, die dem Täter nicht viel Zeit geben nachzudenken, sind es häufig Gegenstände des täglichen Gebrauchs, die zweckentfremdet werden.

„Steirer muss wegen schwerer Körperverletzung sieben Jahre in Haft.“ (Der Standard vom 5.4.2018)2; „Raubprozess: Der ‚junge Trottel‘, seine Freunde und die Uzi“ (Der Standard vom

26.6.2018)3; „Wien-Donaustadt: Schwerer Raub mit Pistole geklärt“ (Regionews.at vom

19.3.2018)4; „Versuchter schwerer Raub mit Messer in Linz“ (meinbezirk.at vom 27.1.2018).5

Dieser kurze Rückblick in die bisherigen Schlagzeilen des Jahres 2018, und der Blick in die tagesaktuellen Artikel, überhäufen die Bevölkerung schon mit Meldungen zu verschiedenen Themenbereichen des Strafrechts. Die Artikel sind täglich mit neuen Meldungen zu versuchten oder erfolgreich durchgeführten Morden, schweren Körperverletzungen sowie Raub oder Diebstahl in Verbindung mit verschiedenen Gegenständen und Waffen gefüllt.

Diese Schlagzeilen spiegeln sich auch in der polizeilichen Kriminalstatistik wider. Laut dieser Statistik steigt der Einsatz von Hieb- und Stichwaffen bei Gewaltdelikten an. 1.060 Anzeigen wurden 2017 aufgenommen, 2008 lag die Zahl bei 272 Anzeigen. Bei Raubdelikten ist die Zahl

1 Vgl Hickisch, Österreichisches Waffenrecht (1999) V.

2 Vgl https://derstandard.at/2000077411755/Sieben-Jahre-Haft-fuer-Steirer-wegen-schwerer-Koerperverletzung (27.6.2018) 3 Vgl https://derstandard.at/2000082306803/Raubprozess-Der-junge-Trottel-seine-Freunde-und-die-Uzi (27.6.2018) 4 Vgl http://www.regionews.at/newsdetail/Wien_Donaustadt_Schwerer_Raub_mit_Pistole_geklaert-177307 (27.6.2018) 5 Vgl https://www.meinbezirk.at/linz/lokales/versuchter-schwerer-raub-mit-messer-in-linz-nachtrag-d2388596.html (27.6.2018)

(9)

immer weiter rückläufig. Beim Raub im Zusammenhang mit Geldinstituten verzeichnete man 2017 38 Fälle, dies ist in den letzten zehn Jahren der niedrigste Wert. Beim Raub in Zusam-menhang mit Trafiken wurden 2017 51 Fälle angezeigt, der Straßenraub erfasst 2017 1.332 Fälle.6

Nach allgemeinem Sprachgebrauch ist für jeden, auch Laien, selbstverständlich, was ein ge-fährlicher Gegenstand, nämlich eine Waffe, ist. Dem Verständnis von Laien kann alles dazu gezählt werden, was jemanden am Körper verletzen oder gar töten kann und Drohungen den nötigen Ernst verleiht. Erfasst werden nach unserem allgemeinen Verständnis von Waffen alle Gegenstände, beginnend bei einem Brotmesser bis hin zu einer Pistole, welche bei „richtigem“ Einsatz geeignet sind, uns zu verängstigen und unseren Willen zu beeinflussen. Doch ist die-ses allgemeine Verständnis oder der übliche Sprachgebrauch nicht mit dem gleichzusetzen, was der Gesetzgeber darunter versteht.

Die vorliegende Diplomarbeit befasst sich mit dem Waffenbegriff im StGB. Der Waffenbegriff ist bei einigen Delikten des StGB ein qualifizierendes Tatbestandsmerkmal. Bei den Körper-verletzungsdelikten stellt die Verwendung einer Waffe jedoch kein Tatbestandsmerkmal dar, sondern einen Umstand, der in die Strafzumessung mit einfließt. Da die Verwendung von Waf-fen bei Körperverletzungsdelikten einen Strafzumessungsgrund darstellt und folglich keine Auswirkungen auf die strafrechtliche Definition des Waffenbegriffs hat, wird im Rahmen dieser Diplomarbeit nicht auf Körperverletzungsdelikte eingegangen. Zur Vervollständigung dieser Arbeit wird auch auf das Waffengesetz eingegangen und der in diesem Gesetz enthaltene Waffenbegriff erläutert, da sich der strafrechtliche Waffenbegriff und der Waffenbegriff aus diesem Verwaltungsgesetz zwar nicht ganz decken, aber ergänzen.

II. Der Waffenbegriff

A. Historische Entwicklung

1. Überblick

Durch alle Epochen hindurch wurden verschiedene Gegenstände verwendet, um Verbrechen zu verüben. Dabei handelt es sich nicht immer um Waffen im engeren Sinn, denn es werden auch Gegenstände des täglichen Gebrauchs verwendet, die nicht unter die Definition einer Waffe fallen. Unter einer Waffe versteht man gem § 1 WaffG heute Gegenstände, deren Be-stimmung es ist, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen zu beseitigen oder

(10)

herabzusetzen oder die bei der Jagd- oder beim Schießsport verwendet werden, um Schüsse abzugeben.7 Es gilt zu erforschen, wann der Begriff der Waffe in das Strafgesetz

aufgenom-men wurde und was darunter zu verstehen war. Außerdem ist darzustellen, wie sich unser heutiges Verständnis des Waffenbegriffs entwickelt hat.

Das heutige StGB aus 1974 hat seinen historischen Ursprung im 18. Jahrhundert und erfuhr Änderungen und Novellierungen. Diese Vorläufer werden im Folgenden näher dargestellt. Die ältesten sind die Constitutio Criminalis Theresiana aus 1768, das von der österreichischen Kaiserin Maria Theresia erlassene Strafgesetz, und das von Josef II. erlassene Josefinische Strafgesetzbuch aus 1787. Das Strafgesetz aus 1852, welches eine erneute Kundmachung inklusive der mit dahin getätigten Ergänzungen und Novellierungen des Strafgesetzes 1803 darstellt, wurde 1945 wiederverlautbart.8 Die Wiederverlautbarung aus 1945 galt, modifiziert

durch mehrere Novellen, bis 1974. 1954 setzte das Bundesministerium für Justiz eine Straf-rechtsreformkommission ein, um das Strafgesetz aus 1852/1945 zu reformieren. Diese Kom-mission bestand aus Universitätsprofessoren und Praktikern, die einen Entwurf des StGB aus-arbeiteten und 1962 veröffentlichten. Dieser Entwurf war die Grundlage zweier Ministerialent-würfe in den Jahren 1964 und 1966, welche aber nicht über das Begutachtungsstadium hin-auskamen. Dringende Neuregelungen wurden 1970 im Strafrechtsänderungsgesetz 1971 um-gesetzt. Im Jahr 1971 wurde eine Regierungsvorlage eingebracht, welche 1974 vom National-rat beschlossen wurde. Das StGB 1974, welches mit 1.1.1975 in Kraft getreten ist, gilt bis heute und wurde durch zahlreiche Novellen modifiziert.9

Neben dem StGB ist auch das Waffengesetz bedeutsam für die Subsumtion verschiedener Gegenstände unter die Normen des StGB. Wie oben bereits erwähnt, findet sich in § 1 WaffG 1996 eine Definition des Waffenbegriffs. Die Vorläufer des WaffG 1996 waren bis zum 1. Juni 1939 die österreichische Gewerbeordnung für das Waffengewerbe und das Kaiserliche Patent vom 24. Oktober 1852 für die Waffenpolizei.10 Diese zwei Gesetze wurden mit Inkrafttreten der

Verordnung über die Einführung des deutschen Waffenrechts im Lande Österreich vom 13. Februar 1939 am 1. Juni 1939 durch das deutsche Waffenrecht ersetzt.11 In den

Nach-kriegsjahren erfüllte das deutsche Waffengesetz vom 18. März 1938 seinen Zweck nicht mehr zur Gänze, und eine Umgestaltung wurde notwendig. Dieser wurde mit der Änderung und Ergänzung der Gewerbeordnung durch die Gewerberechtsnovelle 1965 vom 17. März 1965 teilweise Rechnung getragen.12 Vom deutschen Waffengesetz aus 1938 waren neben den

7 Vgl Ellinger/Wieser, Waffengesetz 1996 (1997) 33. 8 Vgl StG 1852 RGBl 1852/117; StG 1945 StGBl 1945/25.

9 Vgl Fuchs, Österreichisches Strafrecht Allgemeiner Teil I7 (2008) 22 f.

10 Vgl GewO 1859 RGBl 1859/227; Kaiserliche Patent vom 24. Oktober 1852, RGBl 1852/223.

11 Vgl VO über die Einführung des deutschen Waffenrechts im Lande Österreich dRGBl I 1939, 213; dWaffG 1938

dRGBl I 1938/265.

(11)

Bestimmungen, die aufgrund der Gewerberechtsnovelle 1965 übergangsweise galten, nur noch die waffenpolizeilichen Bestimmungen übergeblieben. Um diese letzten Bestimmungen zu ersetzen, verfasste man 1966 den Entwurf eines neuen Waffengesetzes.13 Dieser Entwurf

wurde am 5. April 1967 als WaffG 1967 kundgemacht.14 Das WaffG 1967 wurde nach einigen

Novellen als WaffG 1986 im Jahre 1986 wiederverlautbart.15

Mit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union 1995 gelten auch deren Rechtsvorschrif-ten für Österreich.16 Das WaffG 1967 entsprach nicht den Voraussetzungen der Richtlinie des

Rates vom 18. Juni 1990 über die Kontrolle des Erwerbs und des Besitzes von Waffen (91/477/EWG). Auch den Anforderungen des Schengener Durchführungsübereinkommens vom 19. Juni 1991 wurde das Gesetz nicht gerecht.17 Die Anpassung an das Schengener

Durchführungsübereinkommen und die dementsprechenden Richtlinien hätten sehr umfang-reiche Änderungen des WaffG 1967 nach sich gezogen, weshalb man zu dem Entschluss kam, überhaupt ein neues Waffengesetz zu schaffen.18 Die Kundmachung des WaffG 1996

erfolgte am 10. Jänner 1997. Diese Gesetzesnorm hat bis heute Gültigkeit, wurde aber bereits durch mehrere Novellen ergänzt.19

2. StG 1803

Bereits im StG 1803 gibt es bei den einzelnen Delikten unterschiedlich ausformulierte Tatbe-standsmerkmale, unter die Waffen und andere Mittel zu subsumieren sind. Es finden sich beim Diebstahl gem § 154 lit b StG die Formulierungen „Gewehr und andere der persönlichen Si-cherheit gefährlichen Werkzeuge“.20 Beim Raub gem § 171 StG wird der Begriff „mörderische

Waffen“ verwendet. Unter diesen mörderischen Waffen sind tragbare Werkzeuge zu verste-hen, welche bei bestimmungsgemäßem Gebrauch und unter Anbringung an die für die Le-bensverrichtung unentbehrlichen Körperteile den Tod leicht zur Folge haben.21 Beim Delikt des

Zweikampfes gem § 140 StG wird auf „tödliche Waffen“ verwiesen. Unter diesen tödlichen Waffen sind ebenfalls tragbare, kriegerische Werkzeuge zu verstehen, die bei artgemäßem Gebrauch den Tod herbeiführen.Es sind aber auch Gegenstände erfasst, die bei nicht bestim-mungsgemäßem Gebrauch geeignet sind, tödliche Verletzungen zu verursachen.22 Die

13 Vgl RV 99 BlgNR 11. GP 13. 14 Vgl WaffG 1967 BGBl 1967/121. 15 Vgl Hauer/Kepplinger, Waffengesetz 1986 (1995) 5. 16 Vgl https://austria-forum.org/af/Wissenssammlungen/Chronik_Österreichs/1995_EU-Beitritt_Österreichs (27.6.18) 17 Vgl RV 457 BlgNR 20. GP 49. 18 Vgl RV 457 BlgNR 20. GP 50. 19 Vgl WaffG 1996 BGBl I 1997/12.

20 Vgl Maucher, Sistematisches Handbuch des österreichischen Strafgesetzes über Verbrechen und der auf dasselbe

sich unmittelbar beziehenden Gesetze und Verordnungen (1844) 446; Jenull, Das Österreichische Criminal-Recht: nach seinen Gründen und seinem Geiste dargestellt (1809) 314 f.

21 Vgl Jenull, Das Österreichische Criminal-Recht (1809) 349 f. 22 Vgl Jenull, Das Österreichische Criminal-Recht (1809) 280.

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Letalität einer Waffe ist nach dem Einzelfall zu beurteilen.23 Die schwere körperliche

Beschä-digung gem § 137 lit b StG knüpft ebenfalls an die Begehung der Tat mit Werkzeugen an, die gewöhnlich mit einer Lebensgefahr verbunden ist. Unter diese Werkzeuge fallen nicht nur ei-gentliche Waffen, sondern auch andere Instrumente, mit deren Gebrauch man eine Lebens-gefahr herbeiführen kann.24

3. StG 1852

Da das StG 1852 eine neuerliche Kundmachung des StG von 1803 ist, wurden auch die For-mulierungen der Delikte übernommen.25 Auch das StG 1852 erwähnt unter dem Delikt des

Diebstahls § 171 StG, in der Deliktsqualifikation § 174 Abs I lit a StG, die Tatbestandsmerk-male Gewehr und andere gefährliche Werkzeuge, die die persönliche Sicherheit gefährden. Unter Gewehr sind Schieß- oder Seitengewehre zu verstehen.26 Der Begriff „Seitengewehr“ ist

ein Synonym für Bajonett, welches eine Stoßwaffe ist, die am Lauf eines Gewehrs angebracht wird.27 Der Begriff „Waffe“ wird in der Gesetzesnorm nicht verwendet. Beim Delikt des Raubes

(§§ 190, 191, 192 StG) wird das Tatbestandsmerkmal der „mörderischen Waffe“ genannt.28

Anknüpfungspunkt für die Tatbestandsmerkmale der beiden Delikte ist die Verordnung gegen Gewaltverbrecher vom 5.12.1939.29 In § 1 der Gewaltverbrecher-Verordnung werden Schuss-,

Hieb- und Stoßwaffen als Waffen aufgezählt und auch andere gefährliche Mittel diesen gleich-gestellt.30 Auch im StG 1852 wird bei der schweren körperlichen Beschädigung auf Werkzeuge

verwiesen, die Lebensgefahr herbeiführen. Das Delikt des Zweikampfes § 158 StG erwähnt als Merkmal „tödliche Waffen“.31

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass bereits das StG aus 1803 und 1852 den Begriff der „Waffe“ in verschiedenen Variationen verwendeten und unterschiedlich weit auslegten. Bei manchen Delikten war unter dem Begriff schon damals nur eine Waffe zu verstehen wie in § 171 StG 1803. Bei anderen wiederum wie in § 154 lit b StG 1803 werden neben dem Begriff „Gewehr“ auch „andere Werkzeuge“, die die persönliche Sicherheit gefährden, eigens ange-führt. Unter den in § 140 StG 1803 erwähnten Begriff der „tödlichen Waffe“ waren schon da-mals nicht nur Waffen zu subsumieren, sondern auch Gegenstände, die geeignet sind, tödliche Verletzungen hervorzurufen.

23 Vgl Finger, Das StrafrechtII2(1910) 93.

24 Vgl Jenull, Das Österreichische Criminal-Recht (1809) 273 ff. 25 Vgl Fuchs, Österreichisches Strafrecht Allgemeiner Teil I7 (2008) 22.

26 Vgl StG 1852 RGBl 1852/117; Honer/Geller, StG (1942) 80 ff § 174 Abs I lit a Anm 1. 27 Vgl https://www.wortbedeutung.info/Seitengewehr/ (27.6.2018)

28 Vgl StG 1852 RGBl 1852/117.

29 Vgl Honer/Geller, StG (1942) 82 f § 174 Abs I lit a Anm 1; Honer/Geller, StG (1942) 89 § 192 Anm 1. 30 Vgl Verordnung gegen Gewaltverbrecher 1939 RGBl I 1939/2378.

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4. StGB 1974

Anders als das StG aus 1803 und 1852 verwendet das bis heute geltende StGB aus 1974 die einheitlichen Begriffe „Waffe“ und „andere Mittel“ und zielt nicht mehr auf die Begriffe „Gewehr“ oder „Werkzeuge“ in den verschiedensten Variationen ab. Folgende Delikte beinhalten die er-wähnten Begriffe:

In der Regierungsvorlage zum StGB 1974 findet sich in § 114 Abs 3 Z 2 StGB der Hausfrie-densbruch. Schon damals stellte diese Norm auf Waffen und andere Mittel als Deliktsqualifi-kation ab.32 Es soll aber nur der tatsächliche Einsatz der Waffe oder des anderen Mittels, um

einen Widerstand zu überwinden oder zu verhindern, zu einer Straferhöhung führen und nicht das Mitführen alleine.33 Kundgemacht wurde das Delikt in § 109 StGB.34

Die Deliktsqualifikation des Diebstahls in § 129 StGB findet sich in der RV in § 135. Die Z 4 des Delikts Diebstahl durch Einbruch oder mit Waffen enthält ebenfalls die Begriffe der „Waffe“ und „andere Mittel“. Er weicht somit von den Formulierungen des § 174 Abs I lit a StG 1852 ab. In diesem Gesetzesentwurf werden die anderen Mittel der Waffe gleichgestellt. Unter die-sen anderen Mitteln sind, laut Entwurf, der damit der Auslegung des damals geltenden Rechts folgt, Werkzeuge zu verstehen, die zum Angriff oder zur Verteidigung geeignet sind. Es kommt also für die Deliktsqualifikation nicht darauf an, dass es sich dabei um Waffen im technischen Sinn handelt, es reichen auch andere Gegenstände, die die oben genannten Eigenschaften besitzen. Die Neufassung weicht aber nur im Wortlaut von seiner Vorgängerbestimmung § 174 Abs I lit a StG 1852 ab. Denn die Qualifikation soll, wie in der alten Fassung, nur erfüllt sein, wenn die Waffe oder das andere Mittel mitgeführt wird, um einen Widerstand zu überwinden oder zu verhindern, und folgt damit der damals geltenden Rechtsprechung und Lehre.35

Die heutige Regelung des schweren Raubes § 143 StGB fand sich in der RV in § 152. In der RV sowie in der später kundgemachten Norm wird nur darauf abgestellt, dass der Raub unter Verwendung einer Waffe zu einer Qualifikation des Grundtatbestands führt. Auf andere Mittel wird in dieser Norm nicht verwiesen.36 Die Waffe muss tatsächlich verwendet werden, da ein

bloßes Mitführen für die Erfüllung der Qualifikation nicht ausreicht.37

32 Vgl RV 30 BlgNR 13. GP 18 f. 33 Vgl RV 30 BlgNR 13. GP 241. 34 Vgl StGB 1974 BGBl 1974/60. 35 Vgl RV 30 BlgNR 13. GP 23, 277. 36 Vgl StGB 1974 BGBl 1974/60, RV 30 BlgNR 13. GP 25. 37 Vgl RV 30 BlgNR 13. GP 290.

(14)

5. Waffengesetz 1967

Das WaffG 1967 enthielt in § 1 eine Legaldefinition des Waffenbegriffs. Dieser Definition nach sind unter Waffen Gegenstände zu verstehen, die geeignet sind, die Angriffs- oder Abwehrfä-higkeit anderer Menschen zu beseitigen oder herabzusetzen oder die im jagdlichen oder sport-lichen Bereich verwendet werden, um Schüsse abzugeben.38 In den erläuternden

Bemerkun-gen zu der Regierungsvorlage wird angemerkt, dass das Fehlen einer Legaldefinition des Waf-fenbegriffs in den vorhergehenden Gesetzen ein wesentlicher Nachteil ist, da diesem im nor-malen Sprachgebrauch ein sehr weitreichender Bedeutungsinhalt zukommt. Es sollen nur mehr Gegenstände, von denen eine besondere Gefährlichkeit ausgeht, vom Waffenbegriff er-fasst werden. Es wird damit der Begriff auf eine objektive Komponente reduziert, indem ledig-lich solche Gegenstände unter diese Definition fallen, welche dazu geeignet sind, eine wesent-liche Wirkung auf Menschen auszuüben, oder im Schießsport oder der Jagd zur Abgabe von Schüssen verwendet werden.39

6. Waffengesetz 1996

Das WaffG 1996 übernimmt zum Großteil die Legaldefinition des Begriffs der Waffe aus dem WaffG 1967. Nur die Wortfolge „im Sinne dieses Bundesgesetzes“ entfällt, da diese für die Auslegung nicht von Bedeutung ist und der Wirkungsbereich der Definition nicht allzu sehr ausgedehnt werden soll, sodass die strafrechtliche Definition der Waffe eine Einschränkung erleiden würde.40

7. Exkurs: deutsches WaffG 1938

Das deutsche WaffG 1938 vom 18.3.1938 ersetzte am 1.4.1938 das Gesetz über Schusswaf-fen und Munition vom 12.4.1928.41 Das Gesetz über Schusswaffen und Munition wurde in der

Notverordnungszeit des 2. Weltkrieges durch eine Vielzahl von Vorschriften ergänzt. Diese Ergänzungen führten zu einer Verschärfung des damals geltenden Rechts. Durch diese Än-derungen wurde das bereits eingeschränkte deutsche Waffengewerbe noch weiter eingeengt, was zur Folge hatte, dass die ohnehin bereits bestehende schlechte wirtschaftliche Lage aus-geweitet wurde. 38 Vgl RV 99 BlgNR 11. GP 1. 39 Vgl WaffG 1996 BGBl 1997/12; RV 99 BlgNR 11. GP 14. 40 Vgl RV 457 BlgNr 20. GP 41. 41 Vgl dWaffG 1938 dRGBl I 1938/265.

(15)

Nach dem Ende des 2. Weltkrieges am 8.5.1945 konnte in den Nachkriegsjahren die Demo-kratie und Rechtsstaatlichkeit wiederhergestellt werden.42 Aufgrund der dadurch folgenden

Stabilisierung der innenpolitischen Lage, konnte man das geltende Recht einer Überprüfung unterziehen. Man wollte darauf hinwirken, dass dem deutschen Waffengewerbe Erleichterun-gen zukamen, jedoch nur unter dem Aspekt, dass die allgemeine Sicherheit nicht gefährdet wird. Die Behörde sollte weiterhin die Möglichkeit haben, unzuverlässige, staatsfeindliche Per-sonen vom Erwerb oder Besitz von Waffen auszuschließen. Im Gegenzug dazu wollte man den Menschen, welche dem Staat treu waren, den Zugang zu Waffen erleichtern und damit eine Verbesserung der wirtschaftlichen Situation des deutschen Waffengewerbes erreichen, die andererseits zu einer verbesserten Lage der Arbeiter dieses Industriezweiges führte. Mit dem Entwurf für das Waffengesetz 1938 wurde diesen Vorstellungen entsprochen.43

§ 1 Abs 1 des deutschen WaffG 1938 enthält eine Legaldefinition zu Schusswaffen. Demnach fallen unter Schusswaffen nur solche Waffen, bei denen durch Gas- oder Luftdruck ein fester Körper durch einen Lauf geschossen wird.44 Der Begriff der „Schusswaffe“ erfasst nur Waffen

im technischen Sinn. Somit sind nicht alle gefährlichen Gegenstände erfasst, sondern nur sol-che, die dazu angefertigt wurden, bei Angriffs- oder Verteidigungshandlungen, Verletzungen herbeizuführen. Unter einem festen Körper versteht man nicht nur Geschoße im engsten Sinn, sondern der Begriff erfasst alles, was nach dem allgemeinen Sprachgebrauch darunter ver-standen wird.45

B. Der Waffenbegriff im Waffengesetz 1996

1. Allgemeines

Wie bereits oben erwähnt ist der Begriff der „Waffe“ im waffenrechtlichen Sinn und im straf-rechtlichen Sinn nicht deckungsgleich, denn der strafrechtliche Waffenbegriff geht teilweise über den waffenrechtlichen Begriff hinaus.46 Hintergrund dafür ist, dass das WaffG und das

StGB einem unterschiedlichen Zweck Rechnung tragen sollen. Während der WaffG den Ver-kehr von Schusswaffen regulieren soll, ist es Aufgabe des StGB, besonders gefährlichen Straf-täter einem höheren Strafrahmen zu unterwerfen.47

42 Vgl https://www.lpb-bw.de/kriegsende.html (5.5.2019); https://www.lpb-bw.de/kriegsende_neubeginn.html

(5.5.2019)

43 Vgl Hoche, Waffengesetz2 (1938) 13 f.

44 Vgl dWaffG 1938 dRGBl I 1938/265; Hoche, Waffengesetz2 (1938) 59 f § 1 Anm 1. 45 Vgl Hoche, Waffengesetz2 (1938) 59 f § 1 Anm 1.

46 Vgl Hickisch, Österreichisches Waffenrecht (1999) 10.

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Bei dem Begriff im Waffengesetz handelt es sich um einen engen, technischen Begriff.48 Die

Legaldefinition in § 1 WaffG beschreibt Waffen als Gegenstände, deren Bestimmung es ist, durch unmittelbare Einwirkung die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit seines Gegenübers herab-zusetzen oder im jagdlichen Bereich bzw im Schießsport zur Schussabgabe verwendet wer-den.49 Somit sollen nur Gegenstände als Waffen erfasst werden, die eine besonders hohe

Gefährlichkeit an den Tag legen.50

2. Legaldefinition

Die Legaldefinition in § 1 WaffG beschreibt eine Waffe als einen Gegenstand. Unter einem Gegenstand versteht man einen festen Körper. Demnach sind verbale oder visuelle Angriffe, wie etwa „verfluchen“ oder „mit Blicken töten“, von der Legaldefinition nicht erfasst. Das Hetzen von Tieren auf einen Menschen ist ebenso wenig davon abgedeckt, da Tiere zwar wie Sachen behandelt werden, aber nach der Bestimmung des § 285a ABGB keine Sachen sind und damit nicht unter Gegenstände subsumiert werden können. Es mangelt ihnen an der Stofflichkeit.51

Anders gestaltet sich der Fall, wenn ein Organ eines öffentlichen Sicherheitsdienstes seinen Diensthund einsetzt. Für diesen Fall gilt das Waffengebrauchsrecht, welches in § 10 den scharfen Einsatz des Hundes als Waffengebrauch qualifiziert.52 Es ist nicht erforderlich, dass

es zu einer unmittelbaren Berührung zwischen dem beeinträchtigten Rechtsgut und dem Ge-genstand selbst kommt. Eine Einwirkung über eine Distanz wie beispielsweise bei Pfeffer-sprays oder Schusswaffen ist ausreichend.53

Ob ein Gegenstand seinem Wesen nach dazu bestimmt ist die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit einer Person zu beeinträchtigen oder zu überwinden, ist das wichtigste Kriterium für die Fest-stellung, ob es sich bei besagtem Gegenstand um eine Waffe iSd WaffG 1996 handelt. Die Wortfolge „ihrem Wesen nach dazu bestimmt“ führt einerseits dazu, dass auf das subjektive Verständnis Einzelner nicht Rücksicht genommen wird. Es wird darauf abgestellt, welche Auf-gaben mit einem Gegenstand erfüllt werden sollen, nicht was eine Einzelperson darunter ver-steht. Andererseits kommt es durch diese Wortfolge zu Schwierigkeiten bei der Abgrenzung.54

Dieses Problem wird unter II. B. 3. näher behandelt.

Ein weiterer Teil der Legaldefinition ist, dass die Gegenstände dazu bestimmt sind, die An-griffs- und Abwehrfähigkeit von Menschen herabzusetzen. Es kommt nicht darauf an, ob es

48 Vgl Ellinger/Wieser, Waffengesetz 1996 (1997) 34. 49 Vgl WaffG 1996 BGBl I 1997/12.

50 Vgl Ellinger/Wieser, Waffengesetz 1996 (1997) 33.

51 Vgl Hickisch, Österreichisches Waffenrecht (1999) 11. 52 Vgl Waffengebrauchsgesetz 1969 BGBl 1969/149.

53 Vgl Hickisch, Österreichisches Waffenrecht (1999) 11.

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sich bei der Waffe um eine lebensbedrohliche handelt, sondern maßgeblich ist, dass sie ihre Wirkung auf das Gegenüber ad hoc entfalten kann.55 Das Erfordernis der unmittelbaren

Aus-wirkung schließt somit solche Mittel vom Waffengesetz aus, die sich zwar auf die Psyche oder den Körper auswirken, aber keine unmittelbare Wirkung entfalten, sondern erst mit einer Zeit-verzögerung ihre Wirkung zeigen. Darunter sind zB Gifte oder Halluzinogene zu verstehen. Des Weiteren soll die Abwehrfähigkeit von Menschen beeinträchtigt werden können. Gegen-stände, die beispielsweise der Angriffsabwehr von Tieren dienen, sind vom Waffengesetz nicht erfasst.56

Von der oben genannten unmittelbaren Auswirkung ist die unmittelbare Einwirkung zu unter-scheiden. Diese unmittelbare Einwirkung muss einen sofortigen und unmittelbaren Effekt auf die Angriffs- und Abwehrfähigkeit von Menschen zur Folge haben. Die bereits oben genannten unmittelbaren Auswirkungen wie beispielsweise beim Einsatz von Gift, die erst später ihre Wir-kung entfalten, werden nicht vom Waffenbegriff erfasst. Die unmittelbare EinwirWir-kung kann, wie oben bereits beschrieben, auch über die Ferne durch zB die Schussabgabe oder der Einsatz von Pfefferspray ausgeübt werden.57

3. Unter die Legaldefinition des § 1 WaffG fallende Gegenstände a) Schusswaffen

Schusswaffen sind gem § 2 WaffG Waffen, die dazu geeignet sind, Geschoße durch einen Lauf in eine vom Anwender von vornherein bestimmte Richtung abzuschießen.58

Die Schusswaffe erfüllt somit die Legaldefinition des § 1 WaffG und unterliegt dem Anwendungsbereich des Gesetzes. Unter Schusswaffen sind Faustfeuerwaffen, Büch-sen, Flinten, Pistolen und Revolver zu verstehen. Die Begriffe ergänzen einander, denn unter einer Faustfeuerwaffe sind Pistolen und Revolver zu verstehen.59

b) Beschädigte/funktionsuntüchtige/ungeladene Waffen

Der OGH hielt in einer seiner Entscheidungen zu diesem Thema fest, dass es für die Subsumtion unter § 1 WaffG nicht darauf ankommt, ob eine Waffe funktionstüchtig ist. Sie muss nur zu dem Zweck geschaffen worden sein, die Angriffs- und Abwehrfähigkeit von Menschen durch unmittelbare Einwirkung herabzusetzen oder im Schießsport oder der Jagd dazu verwendet zu werden, um Schüsse abzugeben.60 Für die Subsumtion

55 Vgl OGH 10.2.1981, 10 Os 178/80.

56 Vgl Czeppan/Szirba/Szymanski/Grosinger, Das neue österreichische Waffengesetz (1997) 82 f. 57 Vgl Hickisch, Österreichisches Waffenrecht (1999) 15.

58 Vgl WaffG 1996 BGBl I 1997/12.

59 Vgl Hickisch, Österreichisches Waffenrecht (1999) 16 ff. 60 Vgl OGH 29.6.1978, 12 Os 73/78.

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unter die Legaldefinition hat es somit keine Bedeutung, ob eine Waffe beschädigt, funk-tionsuntüchtig oder etwa ungeladen ist. Sie erfüllt trotz dieser Einschränkungen der Funktion die in § 1 WaffG enthaltene Definition und unterliegt somit dem Waffengesetz. Auch eine Schusswaffe, die zwar aus den wesentlichen Bauteilen, wie etwa Lauf und Trommel besteht, aber sonst nicht vollständig ist, unterliegt dem Waffengesetz, wenn sie repariert werden kann und folglich wieder zum Gebrauch geeignet ist.61

c) Spielzeuge/Attrappen/Scherzartikel

Spielzeug, das eine markante Ähnlichkeit zu Waffen aufweist, besitzt nicht die Bestim-mung, die Angriffs- und Abwehrfähigkeit von Menschen herabzusetzen. Das Wesens-merkmal wird nicht erfüllt, und diese Gegenstände unterliegen nicht dem WaffG.62 So

unterliegen Soft-Guns, die Plastikkügelchen verschießen, nicht dem Waffengesetz, denn sie sind durch das geringe Verletzungspotential grundsätzlich nicht geeignet, ei-nen Menschen zu verletzen oder die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit zu beeinträchti-gen.63 Auch der gezielte Schuss mit einer Soft-Gun in ein menschliches Auge hat nicht

zur Folge, dass diese unter die Legaldefinition des § 1 WaffG, oder dem unten unter II. C. 3. erläuterten funktionalen Waffenbegriff, unterstellt wird.64 Attrappen werden

nicht von der Legaldefinition des § 1 WaffG erfasst, da die notwendigen Tatbestands-merkmale des Waffengesetzes nicht vorliegen.65 Berloque-Pistolen und -Revolver sind

„Miniaturausführungen“ von Waffen. Mit ihrer Größe von ungefähr zwei Zentimetern und Applikationen, die sie zu Schlüsselanhängern, Manschettenknöpfen oder Ähnli-chem machen, werden sie nicht vom Waffenbegriff des Waffengesetzes erfasst. Auch wenn sie zur Abgabe von Signalschüssen und Feuerwerk geeignet sind, handelt es sich bei diesen Anfertigungen um Scherzartikel.66

d) Sportgeräte

Sportgeräte wie etwa Golfschläger, Steinschleudern und Harpunengeräte fallen eben-falls nicht unter den technischen Waffenbegriff, auch wenn sie zweckentfremdet als Waffe verwendet werden können. Der ursprüngliche Nutzen dieser Gegenstände dient der Freizeitgestaltung, ein Missbrauch ändert daran nichts. Sind aber beispielsweise Steinschleudern so weit technisch ausgereift, dass sie einen Behälter für Geschoße

61 Vgl Ellinger/Wieser, Waffengesetz 1996 (1997) 34. 62 Vgl Hickisch, Österreichisches Waffenrecht (1999) 11.

63 Vgl http://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/verwendung-einer-soft-gun-pistole-zum-raub/

(5.5.2019) ; OGH 27.4.2005, 13Os32/05p.

64 Vgl OGH 25.04.2001, 13Os45/01; Eder-Rieder in Höpfel/Ratz, WK2 StGB § 143 Rz 21/1 (Stand 1.3.2016, rdb.at). 65 Vgl Ellinger/Wieser, Waffengesetz 1996 (1997) 38.

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oder andere technische Feinheiten besitzen, so können sie in den Anwendungsbereich des WaffG fallen.67

e) Technische und Signalgeräte

Technische Geräte wie Schlachtschussapparate verfolgen nicht den Zweck, einen Menschen in seiner Abwehrfähigkeit zu beeinträchtigen, sondern sind Hilfsmittel zur Schlachtung von Tieren. Auch Signalgeräte wie Leuchtpistolen sind ihrem Wesen nach nicht gedacht, einen Menschen zu beeinträchtigen, sondern in Notsituationen visuell durch das Abfeuern von Signalpatronen Hilfe zu holen. Auch wenn diese beiden ge-nannten Geräte durch eine Ähnlichkeit zu Waffen gekennzeichnet sind, indem sie ein-zelne Merkmale wie einen Lauf besitzen, sind sie eben gerade nicht dazu gedacht, die Wesensmerkmale des § 1 WaffG zu erfüllen.68 Hingegen erfüllen Narkose- und

Betäu-bungsgewehre sowie Pistolen die Legaldefinition des Waffengesetzes. Zwar liegt ihre Bestimmung nicht darin, die Angriffs- und Abwehrfähigkeit von Menschen herabzuset-zen oder im Schießsport verwendet zu werden, sondern unter anderem darin, bei der Jagd (Betäubungs-) Schüsse abzugeben. Denn unter Jagd ist nicht nur das Erlegen von Wild zu verstehen, auch die Pflege von diesem fällt in den Aufgabenbereich eines Waidmannes. Daraus folgt, dass die Verwendung eines Narkosegewehrs, um Tiere für eine tierärztliche Behandlung zugängig zu machen, unter den Anwendungsbereich des WaffG fällt. Da diese Narkosegewehre und Pistolen aber auch geeignet sind Schrot-patronen abzuschießen, erfüllen sie jedenfalls den Waffenbegriff. Auch Schreck-schusspistolen und -revolver sind unter § 1 WaffG zu subsumieren.69

f) Messer

Bei Messern kommt es darauf an, ob sie ihrem Wesen nach bestimmt sind, Menschen in ihrer Angriff- und Abwehrfähigkeit zu beeinträchtigen. Hieb-, Stich- und Stoßwaffen fallen unter den technischen Waffenbegriff. Unter diesen sind neben Dolchen auch Sä-bel und Degen zu verstehen. Nicht unter den Anwendungsbereich des Waffengesetzes fallen Küchenmesser, Pfadfindermesser oder Jagdmesser, da sie ihrem Wesen nach nicht für die Verwendung als Waffe gedacht sind, sondern Gegenstände des täglichen Gebrauchs sind.70 Sie sind bei zweckfremden Einsatz unter ein „anderes Mittel“ zu

sub-sumieren.71

67 Vgl Hickisch, Österreichisches Waffenrecht (1999) 12.

68 Vgl Czeppan/Szirba/Szymanski/Grosinger, Das neue österreichische Waffengesetz (1997) 88; Hickisch,

Österrei-chisches Waffenrecht (1999) 13.

69 Vgl Ellinger/Wieser, Waffengesetz 1996 (1997) 35 f.

70 Vgl Hickisch, Österreichisches Waffenrecht (1999) 13, Ellinger/Wieser, Waffengesetz 1996 (1997) 34 f. 71 Vgl Birklbauer/Hilf/Tipold, Besonderer Teil I4 (2017) § 129 Rz 32.

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g) Reizgase/-sprays

Auch Pfeffersprays, die vor allem zur Selbstverteidigung verwendet werden, werden von § 1 WaffG erfasst. Hauptanwendungsgebiet dieser Sprays ist es, die Angriffsfähig-keit von seinem Angreifer auszuschalten. Sie erfüllen damit die Legaldefinition und sind als Waffen einzustufen.72 Bei „Spaßartikeln“ wie Tränengasbomben ergab eine

juristi-sche Prüfung, dass sie ebenfalls unter dem verwaltungsrechtlichen Waffenbegriff zu subsumieren sind. Durch das Zerbrechen solcher „Bomben“ werden als giftig und ät-zend eingestufte Stoffe freigesetzt, die zu einer Reizung der Augen führen.73

h) Elektroschockgeräte

Auch diese oftmals zur Selbstverteidigung verwendeten Gegenstände unterliegen dem Waffengesetz. In den Beschreibungen zu solchen Elektroschockgeräten wird oft auf eine hohe Wirkung auf Menschen hingewiesen. Durch die Testung solcher Geräte kam man zu dem Ergebnis, dass die Wirkung dieser Geräte lediglich in der Abschreckung und Beifügung von Schmerz liegt, wobei dieser Schmerz kein unerträglicher ist. Bei keinem der Geräte wurde eine höhere Spannung als 40.000 Volt gemessen. Es kam zu keinen Muskellähmungen oder zur Bewusstlosigkeit. Die daraus gezogene Schluss-folgerung ist, dass sich keine der Testpersonen nach dem Einsatz eines Elektroscho-ckers von einem weiteren Angriff abschrecken lassen würde. Nichtsdestotrotz unterlie-gen Elektroschocker, wie bereits oben erwähnt, dem Waffengesetz.74

i) Schieß- und Sprengmittel

Schieß- und Sprengmittel stehen in einem Naheverhältnis zu Waffen. Diese Mittel wer-den verwendet, um Geschoße abzufeuern. Trotzdem sind sie nicht vom Waffenbegriff erfasst, da sie ihrem Wesen nach dazu bestimmt sind, feste Körper anzutreiben, und nicht unmittelbar darauf gerichtet sind, die Abwehrfähigkeit von Menschen zu beein-trächtigen.75

j) Gegenstände mit Waffenwirkung

Gegenstände, die ihrem Wesen nach nicht dazu gedacht sind, als Waffen verwendet zu werden, wobei dies aber missbräuchlicherweise trotzdem geschieht, unterliegen nicht dem Waffengesetz, denn sie erfüllen nicht die Legaldefinition des § 1 WaffG. Sie

72 Vgl Czeppan/Szirba/Szymanski/Grosinger, Das neue österreichische Waffengesetz (1997) 84.

73 Vgl Czeppan/Szirba, Waffengesetz8 (1992) 50 § 1 Anm 10; Ellinger/Wieser, Waffengesetz 1996 (1997) 36 f. 74 Vgl Ellinger/Wieser, Waffengesetz 1996 (1997) 37 f.

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wurden nämlich nicht mit der Absicht hergestellt, dass sie in weitere Folge die Abwehr-fähigkeit herabsetzen sollen.76

4. Zusammenfassung technischer/enger Waffenbegriff

Vom technischen/engen Waffenbegriff des § 1 WaffG werden, neben auch funktionsuntüchti-gen Waffen, alle Schuss-, Hieb-, Stich- und Stoßwaffen erfasst.

Die Definition des Waffenbegriffs bezieht sich hierbei um die Zweckbestimmung des Gegen-standes. Diese Gegenstände müssen „ihrer Natur nach“ oder ihrem Zweck nach eingesetzt werden, um die Angriffs- bzw Abwehrfähigkeit von Menschen zu beeinträchtigen oder herab-zusetzen oder, dass sie im Schießsport oder bei der Jagd zur Abgabe von Schüssen verwen-det werden. Eine Schusswaffe erfüllt beispielsweise somit auch die Definition von Waffe, wenn sie als Hiebwaffe eingesetzt wird.77

Dabei ist aber auf deren Zweckbestimmung Rücksicht zu nehmen, denn Gegenstände, die missbräuchlich im Sinne einer Waffe verwendet werden, fallen nicht in den Anwendungsbe-reich des WaffG 1996.78

C. Der Waffenbegriff im StGB 1974

1. Allgemeines

Im Gegensatz zum Waffengesetz enthält das StGB keine Legaldefinition für den Waffenbegriff. Wie bereits erwähnt, sind die Waffenbegriffe des WaffG und des StGB nicht identisch. Der Waffenbegriff des StGB ist teilweise weiter gefasst als der Begriff der „Waffe“ § 1 WaffG. Er umfasst den technischen Waffenbegriff des WaffG und erweitert diesen bei Delikten wie §§ 109, 129 StGB um das Tatbestandsmerkmal des „anderen Mittels“. Bei Delikten, bei denen „andere Mittel“ nicht explizit erwähnt werden, unterliegt der Waffenbegriff trotzdem einer Aus-dehnung, denn neben den Waffen im technischen Sinn sind auch Gegenstände, die eine Gleichwertigkeit zu Waffen aufweisen, erfasst. Es handelt sich hierbei um einen weiten, funk-tionalen Waffenbegriff.79

76 Vgl Hickisch, Österreichisches Waffenrecht (1999) 14. 77 Vgl OGH 11.09.1978, 12Os59/78.

78 Vgl Ellinger/Wieser, Waffengesetz 1996 (1997) 34 f.

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Daraus folgt, dass Gegenstände, deren ursprünglicher Zweck nicht darin gelegen ist, sein Ge-genüber zu beeinträchtigen und die somit ihrem Wesen nach unbedenklich sind, mit ihrer zweckfremden Verwendung als Waffen im strafrechtlichen Sinn eingestuft werden können.80

Bezüglich des Umfangs des Waffenbegriffs im StGB divergieren die Meinungen in verschie-dene Richtungen. Bei einigen Delikten greift das StGB auf das WaffG zurück, bei anderen wiederum haben die Lehre und Rechtsprechung den Begriff geformt. Lehre und Rechtspre-chung vertreten unterschiedliche Ansichten, die im Folgenden einer genaueren Betrachtung unterzogen werden sollen.81

2. Enger Waffenbegriff im StGB

Der enge Waffenbegriff des § 1 WaffG findet bei jenen Delikten des StGB Anwendung, welche in ihrem Tatbestand neben der Waffe auch andere Mittel als Tatbegehungsmittel erwähnen.82

Beispielsweise wird bei dem Delikt des Hausfriedensbruchs in § 109 StGB neben dem Tatbe-standsmerkmal der Waffe alternativ das weitere Merkmal des „anderen Mittels“ angeführt. Auch in § 129 StGB, dem Delikt des Diebstahls durch Einbruch oder mit Waffen, findet sich dieses Begriffspaar.83

Bei den beiden genannten Delikten gegen die Freiheit bzw das Vermögen wird der Begriff der Waffe eng ausgelegt. Es handelt sich bei diesen Delikten um jene, die bei der Auslegung auf § 1 WaffG zurückgreifen. Demnach ist unter einer Waffe iSd §§ 109, 129 StGB nur das zu subsumieren, was nach der Legaldefinition des § 1 WaffG unter einer Waffe verstanden wird. Das StGB verwendet für die beiden Delikte den engen, technischen Waffenbegriff.84

3. Funktionaler Waffenbegriff im StGB

In § 143 StGB, dem Delikt des schweren Raubes, wird nur das Tatbestandsmerkmal Waffe angeführt, ein Verweis auf andere Mittel fehlt.85 Der Begriff der „Waffe“ in § 143 StGB erfährt

mit dem funktionalen Waffenbegriff eine Ausweitung. Er erweitert § 1 WaffG um Gegenstände, die ähnlich einer Waffe verwendet werden und eine gleichartige Wirkung wie Waffen im tech-nischen Sinn auf das Gegenüber entfalten, aber nicht unter die verwaltungsrechtliche Norm zu subsumieren sind.86 Der funktionelle Waffenbegriff in § 143 StGB hat es inhaltlich zum Ziel,

80 Vgl Hickisch, Österreichisches Waffenrecht (1999) 14.

81 Vgl Rebisant, Kontroversen im österreichischen Strafrecht (2011) 51, 59.

82 Vgl Soyer/Schumann in Höpfel/Ratz, WK2 StGB § 109 Rz 35 (Stand 1.8.2016, rdb.at). 83 Vgl StGB 1974 BGBl 1974/60.

84 Vgl Stricker in Höpfel/Ratz, WK2 StGB § 129 Rz 107 ff (Stand 24.8.2017, rdb.at). 85 Vgl StGB 1974 BGBl 1974/60.

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eine Angleichung an die Wortfolge „Waffe oder andere Mittel“ in §§ 109, 129 StGB, zu errei-chen.87

Der Begriff des „anderen Mittels“ enthält alles, was ad hoc wie eine Waffe verwendet werden kann. Es ist alles erfasst was bei mitunter zweckfremder Verwendung eine waffenähnliche Wirkung entfalten kann. Es ist nicht darauf Rücksicht zu nehmen, ob der Gegenstand an sich gefährlich ist, maßgeblich ist der tatsächliche Einsatz.88 Die anderen Mittel erfahren aufgrund

der waffenähnlichen Wirkung eine Gleichstellung mit den Waffen.89

Die Auslegung des Waffenbegriffs in § 143 StGB ist in viele Kontroversen verwickelt und in Lehre und Rsp höchst umstritten. Dies folgt daraus, dass aus dem Schweigen der Erläutern-den Bemerkungen zur Regierungsvorlage zu § 143 StGB keine Rückschlüsse über die Ausle-gung gezogen werden können, es zu einer divergierenden Formulierung in der neuen Norm im Vergleich zu dem StG 1852 kam und des Weiteren bei den §§ 109, 129 StGB eine abwei-chende Terminologie anzutreffen ist.90

Diesem bedeutenden Auslegungsproblem wurde von der Literatur erst spät Beachtung zuteil. Schon vorher wurde diesem Thema in der Rsp Aufmerksamkeit gewidmet, auch wenn es zu keiner abschließenden Klärung des Waffenbegriffs kam.91

a) Rechtsprechung

Für die Rechtsprechung war die Entscheidung des verstärkten 12. Senats richtungsweisend. In der Entscheidung des verst 12. Senats hatte sich das Höchstgericht mit der Frage zu be-fassen, ob eine ungeladene Schusswaffe als Mittel zur Drohung unter den Tatbestand des § 143 StGB subsumiert werden kann. Dieses Thema führte bereits zwischen dem 10. und 13. Senat zu Differenzen. Der 10. Senat unterstellte ungeladene, funktionsuntüchtige Waffen der Deliktsqualifikation, da sie trotzdem in der Lage sind, beim Opfer den Eindruck einer unmittel-baren Verwirklichung der Drohung zu erwecken.92 Der 13. Senat vertritt die Meinung, dass

oben genannte Waffen nur dann die Qualifikation des schweren Raubes erfüllen, wenn sie in kurzer Zeit einsatzbereit gemacht werden können. Seiner Ansicht nach kommt es auf die er-höhte objektive Gefährlichkeit an, welche eben eine ungeladene Waffe nicht aufweist.93 Der

verst 12. Senat schloss sich mit seiner Entscheidung der Meinung des 10. Senats an, wenn

87 Vgl Kienapfel/Schmoller, Besonderer Teil II2 (2017) § 143 Rz 14.

88 Vgl Stricker in Höpfel/Ratz, WK2 StGB § 129 Rz 107 ff (Stand 24.8.2017, rdb.at). 89 Vgl Birklbauer/Hilf/Tipold, Besonderer Teil I4 (2017) § 129 Rz 33.

90 Vgl Eder-Rieder in Höpfel/Ratz, WK2 StGB § 143 Rz 15 (Stand 1.3.2016, rdb.at). 91 Vgl Krückl, Der Waffenbegriff des schweren Raubes, ÖJZ 1981, 566.

92 Vgl OGH 11.9.1978, 12 Os 59/78. 93 Vgl RIS-Justiz RS0089904.

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auch mit teilweise anderen Ansichten. Grundlage für beide Meinungen bildet die objektiv-abs-trakte Gefahr des angekündigten Übels. Unter diesem angekündigten Übel ist neben Körper-verletzungen auch der Eintritt des Todes zu verstehen. Neben dieser Basis zieht der verst 12. Senat auch den subjektiven Eindruck des Opfers mit in seine Beurteilung ein. Grund dafür, dass der verst 12. Senat des OGH den subjektiven Eindruck des Bedrohten in seine Sub-sumtion miteinbezieht ist, dass es durch eine Drohung mit einer ungeladenen oder funktions-untüchtigen Waffe bereits zu einer Gefährdung des zu schützenden Rechtsgutes Eigentum kommt. Es kommt darauf an, welchen Eindruck der Gegenstand ua beim Opfer hinterlässt und ob er somit als Waffe subsumiert werden kann. Die Einbeziehung der subjektiven Empfindung des Bedrohten wird als subjektive Eindruckstheorie auf Basis objektiv-abstrakter Gefährdung bezeichnet.94

Mit dieser Judikatur wird des Weiteren der Zweck verfolgt, Beweisprobleme des Gerichts nicht aufkommen zu lassen bzw zu lösen. Könnte der bewaffnete Täter nicht auf frischer Tat betre-ten werden, so könne sich der Räuber später auf eine ungeladene oder funktionsuntüchtige Schusswaffe berufen, um nicht die Deliktsqualifikation zu erfüllen, sondern lediglich unter die Strafbarkeit des Grundtatbestands § 142 StGB zu fallen. Mit der Entscheidung des verst 12. Senats wurden jedoch nicht alle Fragen zur Anwendung der Deliktsqualifikation geklärt. Neben dem Grund der Existenz der Deliktsqualifikation, welcher wichtige Rückschlüsse auf die Auslegung der Norm zulassen würde, blieb auch die Weite des Waffenbegriffs offen. Ob unter dem Begriff „verwendet“ neben der Gewaltanwendung auch die Drohung zu subsumie-ren ist, erfuhr ebenfalls keiner Klärung, in weiterer Folge wird dem aber zugestimmt.95

b) Lehre

Es kehrte zwar in der Rsp mit dieser Entscheidung etwas Ruhe ein, da aber einige Problem-stellungen von der Judikatur nicht gelöst wurden, versuchte die Literatur, Lösungen zu finden. In der Lehre kam es zu starken Differenzen bezüglich des Waffenbegriffs, obwohl der Ent-scheidung des verst 12. Senats, bezüglich der ungeladenen und nicht funktionierenden Waf-fen, teilweise Akzeptanz entgegen kam.96

Die Ansatzpunkte der Lösungsversuche der Literatur sind von unterschiedlichem Ursprung. Ein Versuch, eine Lösung zu finden, ist das Heranziehen der Interpretationsmethoden.

94 Vgl OGH 12 Os 59/78 EvBl 1978/175.

95 Vgl Krückl, ÖJZ 1981, 566; OGH 11.9.1978, 12 Os 59/78.

96 Vgl Flora in Leukauf/Steininger, Kommentar zum Strafgesetzbuch4 (2016) § 143 Rz 14; Kienapfel/Schmoller,

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Die engste Auslegung des Waffenbegriffs in § 143 StGB stützt sich auf § 1 WaffG. Dieser Auffassung nach erfüllen nur solche Gegenstände die Deliktsqualifikation des schweren Rau-bes, welche der Legaldefinition des § 1 WaffG unterliegen. Somit sind alle anderen Gegen-stände, welche nicht dazu verwendet werden, um die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Men-schen herabzusetzen oder im Schießsport oder bei der Jagd zur Abgabe von Schüssen ver-wendet werden, nicht dem Waffenbegriff des § 143 StGB unterstellt.97

Leukauf/Steininger sehen in der Legaldefinition des § 1 WaffG jene Definition, die auch dem

Strafrecht zugrunde gelegt werden soll.98 Dies könnte einen Anwendungsfall der

systemati-schen Interpretation darstellen, welche eine einheitliche Rechtsordnung zum Ziel hat. Dem ist zu entgegnen, dass bei teleologischer Betrachtung des Verwaltungsgesetzes zu erkennen ist, dass die Waffendefinition des § 1 WaffG auf der objektiven Gefährlichkeit dieser Gegenstände beruht und das Waffengesetz den Zweck verfolgt, solche gefährliche Gegenstände zu regu-lieren und zu überwachen. Unterstellt man § 143 StGB dieser verwaltungsrechtlichen Legalde-finition, würde man dem Strafrecht den gleichen Zweck unterstellen wie dem Verwaltungs-recht. 99 Ein weiteres Problem der Unterstellung des Waffenbegriffs aus § 143 StGB unter § 1

WaffG ist, dass in § 1 WaffG auf den bestimmungsgemäßen Gebrauch abgestellt wird. Dies würde zu nicht wünschenswerten, unterschiedlichen Ergebnissen bei der Subsumtion führen. Würde ein Räuber einen Dolch zur Ausübung der Tat verwenden, erfüllt er die strafschärfende Qualifikation des schweren Raubes. Verwendet er aber lediglich ein großes Fleischmesser, würde er nur den Grundtatbestand des Raubes erfüllen.100

Die Übernahme der Legaldefinition aus § 1 WaffG in das Strafrecht hatte die Entwicklung von Theorien zur Folge, die diesen engen Begriff iS eines Gleichwertigkeitskorrektiv ausdehnten. Diese Theorien werden von Marschall, Kienapfel, Foregger/Serini und Mayerhofer/Rieder ver-treten. Sie setzen Gegenstände, die zu Waffen iSd § 1 WaffG eine ähnliche Wirkung, Anwend-barkeit und auch Form aufweisen, mit diesen gleich.101 Diese dreigliedrige

Gleichwertigkeits-formel wird vom OGH auf eine eingliedrige GleichwertigkeitsGleichwertigkeits-formel reduziert. Es sind nur noch solche Gegenstände einer Waffe iSd WaffG gleichwertig, welche eine ähnliche Wirkung auf-weisen. Auf die Form und Anwendbarkeit ist keine Rücksicht mehr zu nehmen.102

97 Vgl Eder-Rieder in Höpfel/Ratz, WK2 StGB § 143 Rz 16 f (Stand 1.3.2016, rdb.at); Kienapfel/Schmoller, Besonderer

Teil II2 (2017) 300; OGH 28.4.1982, 11 Os 40/82.

98 Vgl Flora in Leukauf/Steininger, StGB Kommentar4 (2016) § 143 Rz 9.

99 Vgl Krückl, ÖJZ 1981, 566; Bertel, Einbruchsdiebstahl und bewaffneter Raub – Über den Sinn und die Auslegung

strafrechtlicher Qualifikationen, Strafrechtliche Probleme der Gegenwart 7, 47; Czeppan/Szirba, Waffengesetz8 (1992)

47 § 1 Anm 1.

100 Vgl Bertel, Strafrechtliche Probleme der Gegenwart 7, 37 (49).

101 Vgl Marschall, Waffenrechtliche Grundbegriffe, ÖJZ 1979, 421; Bertel, Strafrechtliche Probleme der Gegenwart 7,

49); Foregger/Serini, Kommentar zum Strafgesetzbuch4 (1989)§ 143 355 f;Kienapfel/Schmoller, Strafrecht

Besonde-rer Teil II2 (2017) § 143 Rz 12 ff. 102 Vgl OGH 30.10.1980, 12 Os 146/80.

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Entgegen der Judikatur und Lehre erweitert Bertel den technischen Waffenbegriff einerseits durch ein Gleichwertigkeitskorrektiv, andererseits beschränkt er diesen dadurch, dass er für die Deliktsqualifikation des schweren Raubes nur solche Gegenstände heranzieht, die das Opfer entweder töten oder zumindest schwer verletzen.103 Der Anwendungsbereich wird zwar

nicht restriktiv auf die Verwendung von Waffen im technischen Sinn beschränkt, es kommt aber durch den Rückgriff auf den Wortlaut der Norm des § 192 StG 1852 zu einer Minimierung der Reichweite des Waffenbegriffs in § 143 StGB. Mit dem Rückgriff auf die Wortfolge „mör-derische Waffe“ soll impliziert werden, dass es sich bei den Waffen gem § 143 StGB um solche handeln muss, welche eine hohe Gefährlichkeit für die körperliche Unversehrtheit und das menschliche Leben darstellen. Diese besondere Gefährlichkeit besteht darin, dass sie für schwerwiegende Körperverletzungen und den Tod ursächlich sein können. Diese Meinung wird aber von der Rsp abgelehnt. Eine solch starke Beschränkung wurde vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt, es ist ausreichend, wenn die Waffe in Anknüpfung an § 1 WaffG fähig ist, die Angriffs- und Abwehrfähigkeit seines Kontrahenten zu beseitigen oder herabzusetzen.104

Die oben angeführten Autoren haben gemeinsam, dass sie als Kern des strafrechtlichen Waf-fenbegriffs den Waffenbegriff des WaffG heranziehen und somit auf die objektive Gefährlich-keit eines Mittels für Leib und Leben abstellen. Auf den Schutzzweck der Norm nehmen nur

Kienapfel und Bertel Rücksicht. Bertel ist der Ansicht, dass der Schutzzweck im Bereich der

körperlichen Integrität liegt, während Kienapfel die Meinung vertritt, der Schutzzweck liege auch im Eigentum. Bis auf die Theorie von Bertel ist allen vorzuwerfen, dass sie sich zu wenig mit dem Zweck der Verwendung von Waffen befassen. Telos und Gleichwertigkeitskorrektiv sind seiner Meinung nach nicht ausreichend, um aus Gründen der Gerechtigkeit den Waffen-begriff auszudehnen.105

Es lässt sich vorerst festhalten, dass neben dem 13. Senat auch Bertel auf eine objektiv-kon-krete Gefährdung abstellt, der Gegenstand muss also tatsächlich geeignet sein, eine Verlet-zung herbeizuführen. Der verst 12. Senat und die hL stützen sich auf eine objektiv-abstrakte Eindruckstheorie, bei der der Anschein, dass es sich um eine gefährliche Waffe handelt, be-reits ausreichend ist.

Zu einer Lösung könnte die Anwendung der teleologischen Auslegungsmethode führen. Bei der teleologischen Auslegungsmethode wird der Schutzzweck einer Norm herangezogen, um einen Begriff bestimmen zu können.106 Bei § 143 StGB könnte dieser Zweck im Schutz der

103 Vgl Bertel, Strafrechtliche Probleme der Gegenwart 7, 47 ff.

104 Vgl Eder-Rieder in Höpfel/Ratz, WK2 StGB § 143 Rz 16 f (Stand 1.3.2016, rdb.at); Kienapfel/Schmoller,

Besonde-rer Teil II2 (2017) 300; OGH 28.4.1982, 11 Os 40/82. 105 Vgl Krückl, ÖJZ 1981, 566.

(27)

Rechtsgüter der körperlichen Unversehrtheit, dem Eigentum und der Willensfreiheit liegen.Die drei genannten Rechtsgüter könnten alternativ als auch kumulativ geschützt werden. 107 Da

diese Rechtsgüter aber einzeln für sich einen etwas differierenden Waffenbegriff vorausset-zen, kann diese Auslegungsmethode ebenfalls nicht zur Definition eines Waffenbegriffs her-angezogen werden. Auch der Wortlaut von Waffe lässt keine eindeutigen Schlüsse zu. Es ist zwischen dem Begriff der Waffe im Allgemeinen und im juristischen Sprachsinn zu unterschei-den. 108 Aber auch das allgemeine Verständnis von dem Begriff „Waffe“ lässt keine eindeutigen

Schlüsse zu, denn einerseits wird auf das Wesen des Gegenstandes selbst und andererseits auf die funktionale Wirkung abgestellt.109 Eine Möglichkeit wäre es, dem allgemeinen

Sprach-gebrauch das juristische Verständnis vorzuziehen. Voraussetzung dafür wäre aber, dass die Norm aus dem StGB und das waffenrechtliche Verwaltungsgesetz dasselbe Ziel verfolgen. Dies ist aber nicht der Fall, wie es bereits oben angeführt wurde.110

Wie schon oben erwähnt, lassen die erläuternden Bemerkungen zum Entwurf des neuen StGB, speziell zu § 143 StGB, keine ausreichenden Rückschlüsse auf den im Tatbestand er-wähnten Waffenbegriff ziehen. Es wird lediglich darauf verwiesen, dass bei einer Drohung mit „mörderischen Waffen“ im Rahmen eines Raubes, nach dem Vorbild des § 192 StG 1852, eine Strafe von fünf bis 15 Jahren verhängt werden kann.111 (Die Strafdrohung des § 143 StGB

idgF beträgt Freiheitsstrafe von einem bis 15 Jahren.)112 Da solch hohe Strafdrohungen im

StGB 1974, im sechsten Abschnitt der Vermögensdelikte, nicht gewöhnlich zu finden sind, lässt sich daraus schlussfolgern, dass neben dem Rechtsgut Vermögen, welches von den Grundtatbeständen geschützt wird, auch das Rechtsgut körperliche Integrität Schutz erfährt.113

Die verminderte Strafdrohung beim schweren Raub im StGB 1974 gegenüber dem StG 1852 lässt außerdem den Schluss zu, dass der Begriff der „Waffe“ aufgeweicht wird, indem man diesem auch Handlungen mit Gegenständen unterstellen kann, die einen geringeren Un-rechtsgehalt aufweisen.114

In den Materialien zum neuen StGB 1974 wird von einer Vorbildwirkung des § 192 StG ge-sprochen.115 § 192 StG verwendet, wie bereits mehrfach erwähnt, den Begriff der

„mörderi-schen Waffe“. Daraus könnte man den Schluss ziehen, dass § 143 StGB aufgrund der Vor-bildwirkung des § 192 StG nur die Tötung eines Menschen erfassen soll. Diese Meinung wird vom OGH in seiner Entscheidung 11Os78/86 abgelehnt. Der OGH begründet dies damit, dass

107 Vgl Kienapfel/Schmoller, Strafrecht Besonderer Teil II2 (2017) § 143 Rz 10, 21; OGH RZ 1977/55 EvBl 1978/175. 108 Vgl Krückl, ÖJZ 1981, 566.

109 Vgl https://www.brockhaus.de/ecs/enzy/article/waffen-allgemein (13.12.2018). 110 Vgl Flora in Leukauf/Steininger, StGB Kommentar4 (2016) § 143 Rz 8 ff. 111 Vgl RV 30 BlgNR 13. GP 289 f.

112 Vgl StGB 1974 BGBl I 2015/154.

113 Vgl OGH 12 Os 59/78 EvBl 1978/175. 114 Vgl Krückl, ÖJZ 1981, 566.

(28)

der Begriff der „Waffe“ in § 143 StGB im Unterschied zum Begriff der „mörderischen Waffe“ in § 192 StG einen größeren Umfang aufweist. Dies folgt aus einer geringeren inhaltlichen Bin-dung, da bei § 143 StGB nicht mehr auf das Tatbestandsmerkmal „mörderische“ verwiesen wird.116

Der funktionale Waffenbegriff wurde eigens für § 143 StGB entwickelt. Dieser erweiterte Waf-fenbegriff wird von der hM und stRsp vertreten und umfasst neben Waffen, die dem techni-schen Waffenbegriff des § 1 WaffG entsprechen, Gegenstände, die in ihrer Wirkung und An-wendbarkeit eine Ähnlichkeit zu Waffen im technischen Sinn aufweisen. Dieser Ausdehnung des Waffenbegriffs auf andere waffengleiche Mittel in § 143 StGB ist zuzustimmen, wie sich im Folgenden zeigen wird.117

Der Wortlaut des Begriffs der Waffe lässt einen weiteren Spielraum zu, als die in § 192 StG 1852 verwendete Wortfolge „mörderische Waffe“. Die Waffeneigenschaft kann sich entweder aus der aktuellen oder ursprünglichen Zweckbestimmung ableiten. Der Auffassung, dass die Wortlautgrenze des Begriffs der „Waffe“ mit dieser weiten Auslegung gesprengt ist, kann ent-gegen gehalten werden, dass bei den Delikten §§ 109, 129 StGB auf das Beisichführen einer Waffe abgestellt wird, während in § 143 StGB das „verwenden“ der Waffe maßgeblich ist. Da in den §§ 109, 129 StGB auf das „Mit-sich-Führen“ verwiesen wird, lässt sich daraus schlie-ßen, dass sich die Eigenschaft als Waffe nur aus ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung ab-leiten lässt. Da sich die Waffeneigenschaft eben aus der ursprünglichen Zweckbestimmung ergibt, musste der Gesetzgeber, für ad hoc als Waffen verwendete Gegenstände, die „anderen Mittel“ separat erwähnen. Hingegen wird bei § 143 StGB auf das „verwenden“ abgestellt. Diese Formulierung lässt den Schluss zu, dass es sich erst im Zeitpunkt der Verwendung ergibt, ob der Gegenstand als Waffe verwendet wird. Der Gegenstand wird durch aktuelle Zweckbestim-mung zur Waffe, weshalb sich eine gesonderte Erwähnung der anderen Mittel erübrigt. Dem Einwand der Wortlautgrenze kann außerdem die bereits oben erwähnte Entscheidung des verst 12. Senats entgegen gehalten werden. Mit dieser Entscheidung wird die Meinung der Lehre, der funktionale Waffenbegriff verstoße gegen die Wortlautgrenze, zurückgewiesen. Des Weiteren finden sich in den Materialien zu dem Gesetz, speziell für § 143 StGB, keine Hin-weise, dass solche ad hoc verwendeten waffenähnlichen Gegenstände nicht in den Anwen-dungsbereich des schweren Raubes fallen sollen. 118

116 Vgl OGH 24.06.1986, 11Os78/86.

117 Vgl Hintersteininger in Triffterer/Rosbaud/Hinterhofer, Salzburger Kommentar zum Strafgesetzbuch (2005) § 143

Rz 17 ff; Eder-Rieder in Höpfel/Ratz, WK2 StGB § 143 Rz 18 ff (Stand 1.3.2016, rdb.at); Kienapfel/Schmoller,

Beson-derer Teil II2 (2017) 299 f.

118 Vgl Kienapfel/Schmoller, Besonderer Teil II2 (2017) 299 f; Eder-Rieder in Höpfel/Ratz, WK2 StGB § 143 Rz 18 ff

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Nur dem Gesetzgeber steht es zu, § 143 StGB an § 1 WaffG zu binden. Ohne eine solche Bindung kann der Waffenbegriff im StGB selbstständig ausgelegt werden. Der in der Rsp ver-wendete funktionale Waffenbegriff ist sinnvoll, denn er schließt eine „Lücke“, ohne § 1 StGB auszuhebeln.119

Dass die Deliktsqualifikation auch vor schweren Körperverletzungen schützen soll, lässt sich aus den Konkurrenzen ableiten. Im Grundtatbestand des Raubes ist die einfache letzung bereits mit dem Tatbestandsmerkmal „Gewalt“ erfasst. Nur eine schwere Körperver-letzung wird von der Qualifikation geschützt.120 Diese bis jetzt angeführten Anmerkungen zur

erhöhten Strafdrohung, der Vorbildwirkung des § 192 StG und der schweren Körperverletzung lassen daraus schließen, dass eine Waffe zu einem schwerwiegenden Eingriff in die körperli-che Unversehrtheit geeignet sein muss.

Eine weitere Möglichkeit, den Waffenbegriff auszulegen ist, den genauen Umfang des Waf-fenbegriffs abzugrenzen. Wie bereits oben erwähnt muss eine Waffe oder ein ähnlicher Ge-genstand fähig sein, eine zumindest schwere Körperverletzung zu verursachen. Dies bedarf einer genauen Auslegung. Einerseits, würde man nur auf den bestimmungsgemäßen Ge-brauch von als Waffen verwendeter Gegenstände abstellen, käme § 1 WaffG die Funktion einer Legaldefinition für das Strafrecht zu, andererseits wäre die Definition, dass alles unter einer Waffe zu verstehen ist, was geeignet ist, schwere Körperverletzungen hervorzurufen, viel zu weitreichend. Mit dieser weitreichenden Definition käme man zu dem intoleranten Er-gebnis, auch eine aufgebogene Büroklammer unter § 143 StGB zu subsumieren, da mit einer solchen beispielsweise schwere Augenverletzungen verursacht werden können. 121 Man darf

jedoch nicht den Fehler begehen und von einem schwerwiegenden Erfolg Rückschlüsse auf die Tatverwirklichung durch eine Waffe ziehen. Um dies zu vermeiden und dem Prinzip der Rechtsstaatlichkeit gerecht zu werden, ist ex ante zu beurteilen, ob ein Gegenstand eine Waffe ist. Bei der Beurteilung ex ante ist auch auf die positive Generalprävention Rücksicht zu neh-men. Insbesondere das Vertrauen der Gemeinschaft in die Rechtsordnung soll wiederherge-stellt bzw gefestigt werden. Dies soll dadurch geschehen, dass zu beurteilen ist, ob der Tat-hergang für die Rechtsunterworfenen so intensiv ist, dass sie den Tatbestand des § 143 StGB als erfüllt ansehen.122

119 Vgl Eder-Rieder in Höpfel/Ratz, WK2 StGB § 143 Rz 19 (Stand 1.3.2016, rdb.at).

120 Vgl Flora in Leukauf/Steininger, StGB Kommentar4 (2016) § 142 Rz 36;Foregger/Serini, StGB4 (1989)§ 143 357; Kienapfel/Schmoller, Strafrecht Besonderer Teil II2 (2017) § 142 Rz 83.Wegscheider, Echte und scheinbare

Konkur-renz (1980) 232.

121 Vgl Bertel, Strafrechtliche Probleme der Gegenwart 7, 48; Krückl, ÖJZ 1981, 566;Foregger, Die Problematik der

ausdehnenden Interpretation in einigen praktisch bedeutsamen Fällen, ÖJZ 1960, 290 ff.

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Es ist festzuhalten, dass diese objektive Eindruckstheorie mit der Eindruckstheorie der Rsp des OGH als einzige Gemeinsamkeit den Namen aufweist. Die Eindruckstheorie stützt sich auf die Auffassung der Rechtsunterworfenen als Ganzes, während die des OGH sich auf den Eindruck eines durchschnittlichen Opfers stützt. Daraus folgt, dass die Prüfung, ob es sich bei einem Gegenstand um eine Waffe handelt, in zwei Stufen verläuft. Er muss neben der tatsäch-lichen Eignung zur Herbeiführung von schweren Körperverletzungen, auch eben diesen Ein-druck bei der Allgemeinheit hervorrufen können. Subjektive Komponenten sind nicht zu be-rücksichtigen. Für den Eindruck eines Gegenstandes als Waffe auf die Rechtsunterworfenen könnte sprechen, dass der Gegenstand nicht nur an speziellen Körperpartien, sondern am ganzen Körper Verletzungen hervorrufen kann, bzw der Gegenstand diese auch auf Distanz verursacht. Ein weiteres Merkmal kann sein, dass das unbewaffnete Opfer keine Chance auf Widerstand gegen diesen Gegenstand ausüben kann.123

Die bisherigen Ausführungen machen deutlich, dass sich der Waffenbegriff des StGB vom verwaltungsrechtlichen Begriff deutlich unterscheidet. Bedeutsam für die weitere Auslegung ist, ob auch Säuren das qualifizierende Tatbestandsmerkmale erfüllen. Bisher wurde der Waf-fenbegriff an die Funktionsweise eines Gegenstandes als Waffe angelehnt und erhielt dadurch eine körperliche Komponente. Der Waffenbegriff wurde auf eine mechanische Wirkung be-schränkt. Es ist aber zu bedenken, dass resultierend aus dem derzeitigen Stand der Forschung und Wissenschaft vermehrt Chemikalien zum Einsatz kommen, die in ihrer Wirkung mechani-schen Gegenständen gleichzustellen sind.124

Die Definition des strafrechtlichen Waffenbegriffs hat sich am Zweck der Deliktsqualifikation zu orientieren. Eine Auslegung, die sich lediglich nach einer systematischen und grammatika-lischen Interpretation richtet, lässt keine eindeutigen Schlüsse über den Umfang des Begriffs zu.125

4. Zusammenfassung funktionaler Waffenbegriff

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Rsp und die hL dem schweren Raub in § 143 StGB einen funktionalen Waffenbegriff zugrunde legen. Sie subsumieren neben Waffen iSd § 1 WaffG auch Gegenstände die eine Ähnlichkeit zu Waffen aufweisen. Vertreten wird diese Meinung in der Lehre neben Eder-Rieder ua auch von Hintersteininger und

Kienap-fel/Schmoller. Ein anderer Teil der Lehre widerspricht der Verwendung eines funktionalen

Waf-fenbegriffs und somit der Subsumtion gleichwertiger Mittel und beschränkt sich auf Waffen iSd

123 Vgl Krückl, ÖJZ 1981, 566.

124 Vgl Eder-Rieder in Höpfel/Ratz, WK2 StGB § 143 Rz 19 (Stand 1.3.2016, rdb.at), Krückl, ÖJZ 1981, 566. 125 Vgl Birklbauer/Hilf/Tipold, Strafrecht Besonderer Teil I4 (2017) § 143 Rz 23.

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