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E. Konkurrenzen

IV. FAZIT

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Begriff „Waffe“ bereits in den gesetzestextlichen Vorläufern des heute gültigen StGB 1974 enthalten ist. Bereits im StG 1803 waren die Formu-lierungen „Waffe und andere Mittel“ sowie „gefährliche Werkzeuge“ und „Gewehr“ vorzufinden.

Genauer spezifiziert wurde der Waffenbegriff durch „mörderisch“ und „tödlich“. Im StGB 1974 verzichtete man auf diese Differenzierungen, und es fanden die Begriffe „Waffe“ und „andere Mittel“ ihren Einzug.

Der Waffenbegriff in den strafrechtlichen Normen ist vom Waffenbegriff im verwaltungsrechtli-chen Sinn zu trennen, obwohl sich der strafrechtliche Begriff teilweise auf das Waffengesetz bezieht. Im StGB findet sich der enge/funktionale Waffenbegriff, abgeleitet aus § 1 WaffG, in den §§ 109, 129 StGB wieder. Da in diesen beiden Delikten neben dem Begriff der „Waffe“

auch „andere Mittel“ erwähnt werden, ist eine enge Auslegung des Waffenbegriffs möglich.

161 Vgl StGB 1974 BGBl 1974/60.

162 Vgl Soyer/Schumann in Höpfel/Ratz, WK2 StGB § 109 Rz 46 ff (Stand 1.8.2016, rdb.at).

163 Vgl Birklbauer/Hilf/Tipold, Besonderer Teil I4 (2017) § 129 Rz 42 ff.

Gegenstände die nicht unter „Waffe“ zu subsumieren sind, werden vom Begriff „andere Mittel“

erfasst und es entsteht keine Lücke.

Bei § 143 StGB lassen die Materialien die Auslegung des Waffenbegriffs offen. Neben dem Begriff der „Waffe“ werden die „anderen Mittel“ nicht eigens angeführt. Dies führte zu Differen-zen in der Lehre und der Rechtsprechung. Die richtungsweisende Entscheidung des verstärk-ten 12. Senats befasste sich mit der Frage, ob eine ungeladene Schusswaffe unter den Tat-bestand des § 143 StGB zu subsumieren ist. Der 12. Senat bejahte die Anwendung der De-liktsqualifikation. Mit dieser Entscheidung, die weitgehend der Akzeptanz der Lehre entgegen-kam, wurde aber keine ausreichende Festlegung des Umfangs des Waffenbegriffs geschaffen.

Die Lehre versuchte, diese verbleibende Lücke durch die Anwendung der verschiedenen Aus-legungsmethoden und der Entwicklung von eigenen Theorien zu schließen.

Während sich einige Vertreter für eine enge Auslegung aussprechen und somit den techni-schen Waffenbegriff der Legaldefinition in § 1 WaffG dem Waffenbegriff in § 143 StGB zu Grunde legen, vertreten andere Praktiker die Meinung, den Begriff der „Waffe“ funktional aus-zulegen, um dadurch inkonsequente Strafbarkeitslücken und Beweisprobleme zu vermeiden.

Nichtsdestotrotz ist auch die Meinung, der funktionale Waffenbegriff sprenge die Wortlaut-grenze, nicht abwegig. Die separate Anführung der „anderen Mittel“ in §§ 109, 129 StGB und dem Fehlen des Tatbestandsmerkmals in § 143 StGB lässt den Schluss zu, dass der Gesetz-geber die Intention verfolgte, zur Erfüllung von § 143 StGB tatsächlich nur Waffen zu berück-sichtigen.

Die vorliegende Diplomarbeit und die Analyse der Fachliteratur zu § 143 StGB bestätigt die hL die Deliktsqualifikation des schweren Raubes dem funktionalen Waffenbegriff zu unterstellen.

Es ist schlüssig, den Eindruck des Opfers miteinzubeziehen, denn es ist für dieses nicht we-niger schlimm, mit beispielsweise einem großen Küchenmesser bedroht zu werden. Des Wei-teren ist der Erfolg des Raubes gleichermaßen gegeben wie mit einem Springmesser, das unter § 1 WaffG zu subsumieren ist.

Der Blick in die Medien, in denen immer öfter von Überfällen mit Gegenständen, die nicht von

§1 WaffG erfasst sind, Bericht erstattet wird, bestätigt ebenfalls die hL. Es ist wichtig, dass die Täter auch beim Einsatz von „Gelegenheitswaffen“ die Deliktsqualifikation des schweren Rau-bes erfüllen, dies ist aus generalpräventiven Gründen geboten. Denn Gegenstände, die eine ähnliche Wirkung wie Waffen im technischen Sinn besitzen, sind nicht minder gefährlich, auch wenn sie erst durch eine zweckentfremdete Verwendung eine Gefährlichkeit für das Opfer entwickeln. Außerdem sind solche Gegenstände am Markt ohne Einschränkungen zu erwer-ben und somit für alle frei käuflich.

Diese Subsumtionsschwierigkeiten und Differenzen in der Lehre und Rechtsprechung können nur durch die Gesetzgebung abschließend gelöst werden. Nur ihr ist es möglich, den Tatbe-stand des schweren Raubes wie in §§ 109, 129 StGB um „andere Mittel“ zu ergänzen und somit für Rechtssicherheit zu sorgen, auch wenn in der Praxis der funktionale Waffenbegriff bei der Deliktsqualifikation § 143 StGB angewendet wird.

13. Mai 2019 Aigner 1

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