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Der Senator für Finanzen Herr Wieneke
Abt. 2 / Ref. 23 Tel.: 361-2608
09.02.2021
Vorlage VL 20/2979
X ÖFFENTLICH NICHT ÖFFENTLICH UND VERTRAULICH
Beratungsfolge Termin Beratungsaktion
Haushalts- und Finanzausschuss (Land) - 20. WP 19.02.2021 Kenntnisnahme
Wirtschaftlichkeit: Keine WU VL-Nummer Senat: 20 / 298 L
Titel der Vorlage
Bericht über die Derivate des Landes Bremen zum 31.12.2020
Vorlagentext
Die Vorlage ist wie folgt gegliedert:
1) Bericht über die Derivate des Landes Bremen zum 31.12.2020
a) Bericht über den Gesamtbestand der Derivate des Landes Bremen b) Bericht über die durchgeführten Zinssicherungen mittels Forward Swaps c) Bericht über die Verwendung der Zinssicherungen in 2020
d) Auswirkungen des gesunkenen Zinsniveaus
e) Restrukturierungen von bestehenden Zinssicherungen f) Laufzeitengerechte Verteilung erhaltener Agios
g) Einfluss des Brexit auf das Derivateportfolio des Landes Bremen
1a) Bericht über den Gesamtbestand der Derivate des Landes Bremen
Zum 31.12.2020 hat die Freie Hansestadt Bremen folgende Derivate im Bestand (Angabe des Nominalvolumens in Mio. Euro).
Land zahlt fest Land zahlt variabel Nettoposition Land zahlt fest Lfd. Zinssicherungsgeschäfte
Zinssatzswaps ohne Optionen 2.900,0 1.700,5 1199,5
Zinssatzswaps mit Optionen
- Verkauf 175,0 0,0 175,0
- Kauf 450,0 0,0 450,0
Zinssatzswaps mit
Kündigungsrecht 7.300,0 65,0 7.235,0
Summe 10.825,0 1.765,5 9.059,5
Lfd. Zinssicherungsgeschäfte mit der Position fest/fest - zur Verwendung im Rahmen
der Kreditaufnahme (1c) 3.100,0 0,0 3.100,0
- zur Verteilung des Agios (1f) 1.380,0 0,0 1.380,0
Summe 4.480,0 0,0 4.480,0
Zinssicherungsgeschäfte mit Start in der Zukunft
Zinssatzswaps ohne Optionen 0,0 0,0 0,0
Zinssatzswaps mit Optionen
- Verkauf 0,0 0,0 0,0
- Kauf 0,0 0,0 0,0
Zinssatzswaps mit
Kündigungsrecht (1b) 9.050,0 0,0 9.050,0
Summe 9.050,0 0,0 9.050,0
Bei den Zinssatzswaps mit Optionen wurden sämtliche Optionen bereits ausgeübt oder sind verfallen.
Der negative Marktwert aller Derivate des Landes Bremen beträgt zum Stichtag 31.12.2020 insgesamt 17,7 Mrd. Euro.
1b) Bericht über die durchgeführten Zinssicherungen mittels Forward Swaps
Mit Beschlüssen vom 25.02.2016 (Zinssicherungspaket I über 5 Mrd. Euro), 03.03.2017
(Zinssicherungspaket II über 5 Mrd. Euro) und 09.06.2017 (Zinssicherungspaket III über 7,356 Mrd.
Euro) sowie 21.02.2020 (Restrukturierungen) hat der Haushalts- und Finanzausschuss Zinssicherungen im Gesamtvolumen von 17,356 Mrd. Euro zugestimmt. Entsprechend der Beschlusslage stellen diese Forward Swaps eine Sicherung gegen einen Zinsanstieg bei der Refinanzierung von auslaufenden Landesschatzanweisungen und Schuldscheindarlehen in den Haushaltsjahren 2018 bis 2031 dar.
Zum 31.12.2020 sind Zinssicherungen mit einem Nominalvolumen von 12,85 Mrd. Euro abgeschlossen worden. In den Jahren 2018, 2019 und 2020 wurden keine neuen Zinssicherungen abgeschlossen. In 2020 wurden die in dem Jahr startenden Zinssicherungen mit Kreditaufnahmen verknüpft
(Synchronisierung der Zinstermine und des Kupons), siehe 1c) dieser Vorlage.
In der folgenden Tabelle ist dargestellt, wie sich die Fälligkeiten (und damit entsprechend die Refinanzierungen) der Verbindlichkeiten des Landes Bremen sowie die abgeschlossenen Zinssicherungen über die einzelnen Haushaltsjahre bis 2031 verteilen.
Jahr
Fällig- keiten in
Mrd.
Euro
Ø Zinssatz
der Fällig- keiten1
Zinssi- cherung
in Mrd.
Euro
Ø Zins- satz der
Zinssi- cherun-
gen
Laufzeit der Zins- sicherung
in Jahren
Forward- Zinssatz für 10 Jahre
Erwarteter / realisierter
Vorteil durch die Zinssiche- rungen
in %
Erwarteter / realisierter
Vorteil durch die Zinssiche- rungen in Euro p.a.
2018 1,10 0,59% 17,45 0,71% 7.775.000
2019 1,40 -0,09% 10,00 1,20% 16.760.000
2020 1,30 0,24% 12,92 Siehe c)
2021 1,7 1,68% 1,00 0,14% 11,20 -0,19% -0,33% -3.276.000
2022 1,4 1,34% 1,00 -0,08% 10,60 -0,11% -0,03% -293.000
2023 1,3 0,94% 1,00 0,03% 10,60 -0,03% -0,06% -597.000
2024 2,6 1,20% 1,20 0,23% 11,00 0,05% -0,19% -2.220.000
2025 1,7 0,58% 1,00 0,59% 12,40 0,11% -0,48% -4.774.000
2026 1,4 2,95% 1,00 0,60% 13,20 0,16% -0,44% -4.355.000
2027 1,1 0,55% 0,75 0,58% 14,67 0,21% -0,37% -2.805.000
2028 1,3 0,71% 1,00 0,59% 13,00 0,24% -0,35% -3.514.000
2029 0,6 1,93% 0,55 0,45% 12,73 0,26% -0,19% -1.040.050
2030 1,4 1,54% 0,30 0,48% 15,00 0,28% -0,20% -614.400
2031 0,4 4,25% 0,25 0,57% 14,00 0,26% -0,31% -785.000
∑ 12,85 0,31% 13,02
Die unterschiedlichen durchschnittlichen Zinssätze und Laufzeiten (angegeben ist der Zeitraum bis zum ersten Kündigungsrecht der Bank) der Zinssicherungen ergeben sich, weil die Parameter der drei Zinssicherungspakete unterschiedlich waren. Aufgrund des gestiegenen Zinsniveaus wurden diese im Rahmen der Beschlussfassung durch den Haushalts- und Finanzausschuss jeweils an die
Marktgegebenheiten angepasst.
Um den monetären Vorteil durch die Zinssicherungen abzuschätzen, wird der durchschnittliche Zinssatz der Zinssicherungen verglichen mit dem Forward-Zinssatz vom 31.12.2020. Hierfür wird der Forward-Zinssatz für eine Laufzeit von 10 Jahren herangezogen. Dieser Zeitraum wird gewählt, da aktuell die durchschnittliche Restlaufzeit des Portfolios bei rd. 10 Jahren liegt und die Zinssicherungen eine Laufzeit von jeweils 10 bis 15 Jahren haben.
Die Zinsvorteile haben nicht nur im Jahr des Abschlusses eine positive Wirkung, sondern bis zum Auslaufen der Zinssicherung. Zu beachten ist, dass sich die Vorteile immer mit einem Jahr
Verzögerung niederschlagen, da z.B. für Zinssicherungen mit Start in 2020 erstmals in 2021 Zinsen zu zahlen sind.
Für alle weiteren Erläuterungen und Annahmen wird auf vorherige Vorlagen für die Sitzungen des Haushalts- und Finanzausschusses (Land) verwiesen: Vorlage 19/343 L für die Sitzung am 05.05.2017 und Vorlage VL-17/2018 für die Sitzung am 26.01.2018.
1c) Bericht über die Verwendung der Zinssicherungen in 2020
Im Jahr 2020 sind Zinssicherungen aus den Zinssicherungspaketen im Volumen von 1,3 Mrd. Euro gestartet. Der durchschnittliche Zinssatz lag bei 0,24% und die durchschnittliche Laufzeit bis zum ersten Kündigungsrecht der Bank bei 12,92 Jahren. In der folgenden Tabelle ist dargestellt, wie diese
1 Hierbei handelt es sich um den Zinssatz der auslaufenden fundierten Schulden. Nicht berücksichtigt sind Zinsen
Zinssicherungen im Rahmen der Kreditaufnahme verwendet wurden und wie hoch die daraus resultierenden Vorteile sind.
Datum der Kreditaufnahme
Laufzeit in Jahren
Effektiver Zinssatz der Kreditaufnahme
Volumen in Mio. Euro
Vorteil durch die Zins-
sicherungen in %
Vorteil durch die Zins- sicherungen in
Euro p.a.
05.02.2020 30 0,61% 500 0,37% 1.845.000
26.08.2020 10 -0,19% 100 -0,43% -433.000
16.09.2020 20 0,20% 500 -0,04% -215.000
03.12.2020 20 0,12% 200 -0,12% -244.000
Summe 1.300 953.000
Die Zinsvorteile haben nicht nur im Jahr des Abschlusses eine positive Wirkung, sondern bis zum Auslaufen der Zinssicherung. Zu beachten ist, dass sich die Vorteile immer mit einem Jahr
Verzögerung niederschlagen, da für die Kreditaufnahmen in 2020 erstmals in 2021 Zinsen zu zahlen sind. Die Zinsvorteile sind bereits in den geplanten Zinsausgaben enthalten, sodass sich hierdurch keine neuen Spielräume in den kommenden Haushalten ergeben. Die Zinsvorteile aus den
Kreditaufnahmen der Vorjahre sind nachrichtlich in der Tabelle unter 1c) aufgeführt.
1d) Auswirkungen des gesunkenen Zinsniveaus
Bedingt durch das nachhaltige Absinken der Zinssätze auf dem Geld- und Kapitalmarkt in den vergangenen zwei Jahre haben sich die negativen Marktwerte der Zinssicherungsgeschäfte deutlich erhöht. Für diese negativen Marktwerte sind durch das Land Bremen Barsicherheiten zu stellen.
Es wurde daher mit den größten Kontrahenten des Landes Bremen über eine Begrenzung der zu stellenden Barsicherheiten oder um eine Unterstützung bei der Beschaffung von zusätzlicher Liquidität verhandelt, um in Zeiten starker Marktwertschwankungen größtmögliche Planungssicherheit zu
erreichen. Mit den größten Kontrahenten des Landes Bremen im Derivatebereich konnten
unterschiedliche Vereinbarungen abgeschlossen werden, die einen der folgenden Punkte beinhalten:
a) Betragliche Begrenzung der zu stellenden Sicherheiten
b) Stellen von eigenen Wertpapieren als zugelassene Sicherheiten
c) Beschaffung kurzfristiger Liquidität von bis zu 2 Mrd. Euro über Wertpapierdarlehensgeschäfte unter Verleihung eigener Anleihen
Die bereits in den letzten Jahren getroffenen Maßnahmen zur Stärkung der Liquidität in Bezug auf das Stellen von Barsicherheiten wurden ausgeweitet und der Grad ihrer Verfügbarkeit erhöht. Diese Maßnahmen sollen weiter fortgeführt und ausgebaut werden. Dazu sollen weiterhin vorrangig Vereinbarungen zur betraglichen Begrenzung der zu stellenden Sicherheiten abgeschlossen bzgl.
verlängert werden. Daneben wurden die Vereinbarungen „b) Stellen von eigenen Wertpapieren als zugelassene Sicherheiten“ aufgestockt und die Vereinbarungen „c) Beschaffung kurzfristiger Liquidität von bis zu 2 Mrd. Euro über Wertpapierdarlehensgeschäfte unter Verleihung eigener Anleihen“ um feste Zusagen der Liquidität seitens der Banken erweitert.
Auf die Zinseinnahmen und -ausgaben haben die Liquiditätsbewegungen aufgrund der Stellung von Sicherheiten keinen Einfluss, da die Barsicherheiten mit dem Zinssatz für Tagesgeld (EONIA) verzinst werden. Die kurzfristige Geldaufnahme erfolgt im Regelfall ebenfalls zu diesem Zinssatz.
Aufgrund der täglichen Bewertung und dem täglichen Austausch der Barsicherheiten beeinflussen die Barsicherheiten nur die Höhe der Kassenkredite, nicht jedoch die Höhe der fundierten Schulden.
Es ergibt sich jedoch eine Erhöhung des statistisch erfassten Gesamtschuldenstandes des Landes Bremen, da bei den Erfassungen von Destatis neben den fundierten Schulden (in einigen Statistiken) auch Kassenkredite berücksichtigt werden. Gleichzeitig werden die vom Land gegenüber den Banken zu stellenden Barsicherheiten als Gegenposition in der Statistik „Finanzvermögen des Öffentlichen
Gesamthaushalts“ in der Position „Bargeld und Einlagen“ erfasst. Einer Erhöhung der Verschuldung steht also eine Erhöhung des Vermögenspostens „Bargeld und Einlagen“ gegenüber.
1e) Restrukturierung von bestehenden Zinssicherungen
Der Haushalts- und Finanzausschuss hat am 21.02.2020 mit der Vorlage VL 20/887 beschlossen, dass alte Zinssicherungen (Abschluss 2004 bis 2011) restrukturiert werden dürfen, sodass sie den aktuellen Zinssicherungen mittels Forward Swaps entsprechen und in den Jahren 2029 bis 2031 starten. Des Weiteren wurden das Startjahr bei Zinssicherungen im Umfang von 250 Mio. Euro von 2027 nach 2031 verschoben. Es wurden bestehende Zinssicherungen restrukturiert und keine neuen Geschäfte
abgeschlossen. Daher bestehen nun auch Zinssicherungen mit Start in den Jahren 2029 bis 2031.
Diese sind bereits in der Tabelle unter 1b) aufgeführt.
Bei entsprechenden Marktgegebenheiten erfolgen weitere Restrukturierungen entsprechend des bestehenden Beschlusses.
1f) Laufzeitengerechte Verteilung erhaltener Agios
Aufgrund des niedrigen Zinsniveaus wiesen neu emittierte Anleihen in weiten Teilen des Jahres 2020 einen negativen effektiven Zinssatz auf. Da der Nominalzinssatz bei Anleihen weder rechtlich noch technisch negativ werden kann und daher derzeit regelmäßig bei 0,01% liegt, fällt bei der Emission von Anleihen ein hohes Agio an. In früheren Jahren war der effektive Zinssatz positiv, sodass es nicht zu signifikanten Agio-Beträgen kam.
Das Agio wird in der Kameralistik vollständig im Jahr der Emission vereinnahmt und nicht über die Laufzeit der Anleihe verteilt. In diesem Jahr ist bei vier Emissionen ein Agio angefallen. Um eine sachgerechte Abbildung des effektiv zu zahlenden Zinses auch in der Kameralistik herzustellen, wurde das anfallende Agio aus den emittierten Anleihen mittels Derivaten auf die Laufzeit der Anleihen verteilt. Diese Derivate finden sich in der Gesamtübersicht unter 1a) in der Zeile „Lfd.
Zinssicherungsgeschäfte mit der Position fest/fest – zur Verteilung des Agios“.
1g) Einfluss des Brexit auf das Derivateportfolio des Landes Bremen
Bremen hat mit diversen Banken Derivate abgeschlossen. Sechs dieser Banken haben ihren Sitz im Vereinigten Königreich. Aufgrund des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union dürfen diese Banken keine neuen Geschäfte mit Kunden in der EU abschließen. Um auch in Zukunft das Derivateportfolio aktiv bewirtschaften zu können (Neuabschlüsse, Restrukturierungen etc.) haben britische Banken neue Einheiten innerhalb der Europäischen Union gegründet. Es wurden mit allen sechs Banken die Voraussetzungen für eine Geschäftsbeziehung mit der neuen EU-Einheit geschaffen. Bei drei Banken wurde in 2020 der Übertrag der bestehenden Geschäfte durchgeführt. Bei den übrigen Geschäftspartnern ist die Übertragung im laufenden Jahr geplant bzw. es wird
möglicherweise auf eine Übertragung verzichtet, weil das Portfolio relativ klein ist und in absehbarer Zeit nicht aktiv bewirtschaftet wird.
Die bestehenden Geschäfte laufen unverändert weiter. Die Bewertung der Derivate unterliegt
finanzmathematischen Berechnungen und ist damit unabhängig vom Portfolioübertrag. Der Austausch von Barsicherheiten und die Zinszahlungen vom Vereinigten Königreich nach Deutschland sind auch nach dem Brexit gesichert und möglich.
Beschlussempfehlung
Der Haushalts- und Finanzausschuss nimmt den Bericht über die Derivate zur Kenntnis.