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Der Schwarze Tod

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Academic year: 2022

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usgelöst wird die Pest durch das Bakterium Yersi- nia pestis, eine Mutation des für den Menschen sonst relativ ungefährlichen Bakteriums Yersinia pseudo- tuberculosis. Doch das wusste man zur Zeit der großen Pest- epidemien noch nicht. Bemerkt wurde nur: Massenhaftes Ster- ben von Ratten ist das wich- tigste Merkmal, das einem Pest- ausbruch vorausging. Noch heu- te sagt der Volksmund in China und Indien: „Wenn die Ratten sterben, muss man fliehen.”

Denn wenn dies passiert, su- chen die infizierten Rattenflöhe (Xenopsylla cheopis), wild vor Hunger, nach einer neuen Blut- quelle und stürzen sich auf die Menschen. Randvoll mit Pest-

bazillen funktioniert der Floh wie eine Injektionsnadel und spritzt bei seinem Biss die Bak- terien ins Lymphsystem der Be- troffenen. Dieser Zusammen- hang wurde aber erst 1898 durch den französischen Bak- teriologen Paul-Louis Simond (1858 bis 1947) entdeckt. Mitt- lerweile ist auch bekannt, dass die Pest über 200 Säugetierarten befallen kann, also nicht auf Ratten allein beschränkt ist.

Krankheitszeichen Erste An- haltspunkte sind nach einer In- kubationszeit von bis zu sieben Tagen Fieber, Kopf- und Glie- derschmerzen, starkes Krank- heitsgefühl, Bewusstseinstörun- gen und typischerweise harte, geschwollene Beulen in der Leiste, der Achsel oder im Na-

cken in Flohstichnähe (Beulen- pest). Befallen die Bakterien ebenfalls die Lunge, was auch durch Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch möglich ist, ist dies die Lungenpest. Diese geht mit Atemnot, Husten, Blau- färbung der Lippen, schwarz- blutigem Auswurf, Lungenödem mit Kreislaufversagen und meist Tod nach zwei bis fünf Tagen einher. Gelangt bei der Infektion eine ausreichende Bakterien- konzentration in die Blutbahn, kann die körpereigene Abwehr ihrer nicht mehr Herr werden, eine Blutvergiftung (Sepsis) ist Folge, Nieren und Leber werden nekrotisch und am Ende erliegt das Opfer spätestens nach 36 Stunden einem toxischen Schock (Pestsepsis). Bei dieser hämor- rhagischen Reaktion des Kör-

pers wird dieser mit schwarzen Flecken überzogen. Unbehan- delt sterben etwa 60 Prozent der an Beulenpest Infizierten, an der Lungenpest rund 90, an der Septischen Pest praktisch 100 Prozent. Es existiert noch eine vierte Erscheinungsform, die vergleichsweise harmlose abortive Pest. Diese geht nur mit leichtem Fieber und gerin- ger Schwellung der Lymphdrü- sen einher und gewährleistet durch Antikörperbildung nach überstandener Infektion aber eine langanhaltende Immunität gegen alle Pestformen.

Große Pestepidemien Die ersten kamen 540 n. Chr. bis Mitte des 8. Jahrhunderts in Asien vor und breiteten sich von dort nach Nordafrika, bis zum

PRAXIS SEUCHEN DER WELT

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50 DIE PTA IN DER APOTHEKE | Januar 2013 | www.pta-aktuell.de

Diese hochgradig ansteckende bakterielle Infektionskrankheit ist hier zu Lande nur noch aus der Geschichte bekannt.

Früher rief schon die bloße Erwähnung der Pest bei Erwachsenen und Kindern

Angstschauer hervor.

Der Schwarze

Tod

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Mittelmeerraum und im Nahen Osten aus. Am bekanntesten ist die Justinianische Pest von 541 bis 544, die sich von Ägypten nach Europa ausbreitete und möglicherweise zum Zusam- menbruch des Römischen Rei- ches beitrug. Es wird geschätzt, dass etwa ein Viertel der Bevöl- kerung im mediterranen Euro- pa ums Leben kam. Von den 1330er-Jahren bis ins 18. Jahr- hundert ist dann die zweite Pestperiode mit vielen schweren Ausbrüchen in Europa doku- mentiert. 1347 bis 1353 wütete der „Schwarze Tod”, eine der tödlichsten Pandemien der Menschheitsgeschichte und auf jeden Fall die tödlichste demo- grafische Krise des Mittelalters.

Mindestens 25 Millionen Men- schen starben. Der Begriff

„Schwarzer Tod” bezog sich ver- mutlich sowohl auf den Schre- cken der Seuche als auch auf die schwarzen Körper der Opfer.

Verwesungsgeruch lag überall in der Luft. Ursachen und Aus- breitung der Erkrankung waren

aber noch völlig unbekannt. Es wurden göttliche und astrolo- gische Erklärungen, die Pest als Gottes Reaktion auf Mensch- heitssünden, eine unheilvolle Stellung der Sterne und Plane- ten, ungewöhnliches Wetter oder verfaulender Abfall auf den Straßen als Erklärungsursachen herangezogen. 1665/1666 tötete die Große Pest von London etwa 100 000 Einwohner. Insgesamt starben rund 50 Millionen Eu- ropäer vom 14. bis 18. Jahrhun- dert an der Pest, die immer wieder von Osten nach Westen über den Kontinent zog. Die dritte Periode begann ab 1855 in Asien und forderte bis 1948 al- lein in Indien 12,6 Millionen Todesopfer. Eine moderne Be- schreibung der Krankheit mit Untersuchung von Ausbreitung, Erregern und effektiven Be- kämpfungsmöglichkeiten begann erst mit der Pandemie von 1890 in Indochina.

Heilung Alexandre Yersin (1863 bis 1943), ein französi- scher Bakteriologe aus der Schweiz, gelang es 1895, den Pesterreger zu entdecken und auch ein Antiserum, das erste wirkliche „Heilmittel”, zu ent- wickeln. Heute kann die Er- krankung vorbeugend sowie im Akutfall mit Antibiotika (Strep- tomycin i. m., Chloramphenicol, Tetrazyklin/Sulfonamidkombi- nationen) bekämpft und bei frühzeitiger Erkennung gut be- handelt werden. Eine langan- haltende Schutzimpfung gegen die Pest existiert bis heute nicht.

Die Weltgesundheitsorganisa- tion (WHO) registriert jährlich immer noch ungefähr 2000 Er- krankungsfälle pro Jahr, meis- tens örtlich begrenzte Epide- mien in Afrika (Uganda, Kon- go), in Asien (Indien) und Tei- len der südwestlichen USA.

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Dr. Eva-Maria Stoya, Apothekerin / Journalistin ÜBERBLICK

In unserer neuen Serie

„Seuchen der Welt“ stellen wir Ihnen in den bevor- stehenden Monaten folgende Themen vor:

+ Lepra + Syphillis + Cholera + Typhus + Malaria + Pocken + Masern + Polio + Grippe + AIDS + SARS

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