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Was ist die richtige Wirtschaftspolitik? Ziele vorgeben oder Freiräume schaffen (WORD)

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Academic year: 2022

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Reihe 9 S 1

Verlauf Material Klausuren Glossar Literatur

II/B2

Ziele vorgeben oder Freiräume schaffen – was ist die

„richtige“ Wirtschaftspolitik?

Nach einer Idee von Dr. Marei Waidmann, Wiesbaden

© SnowWhiteimages/Thinkstock

Themen: Wirtschaftspolitik; Marktwirtschaft und Planwirtschaft; Ordnungs- und Prozesspolitik; Konjunkturzyklus; Magisches Vier- und Sechs- eck; Wirtschaftswachstum

Ziele: Die Schülerinnen und Schüler verstehen Wirtschaftspolitik modell- haft als Spiel mit rahmengebenden Regeln und aktiven Spielzügen.

In diesem Zusammenhang lernen sie die Fachbegriffe Ordnungs- und Prozesspolitik kennen und anzuwenden. Sie betrachten dabei exemplarisch die Geld- und Wettbewerbspolitik. Anhand des Mo- dells vom Magischen Vier- bzw. Sechseck analysieren sie schließlich wirtschaftspolitische Entscheidungen und Zielkonflikte.

Klassenstufe: ab Klasse 11

Zeitbedarf: etwa 8 Unterrichtsstunden + Lernkontrolle

Das Schachspiel als Analogie von Ordnungs- und Prozesspolitik:

die eine gibt lediglich Spielregeln vor, während bei der anderen Spielzüge ausgeführt werden.

© Esebene/Thinkstock

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Begründung des Reihenthemas

Gerade in Zeiten des Wahlkampfs und wirtschaftlicher Krisen wird um die Frage nach der

„richtigen“ Wirtschaftspolitik besonders stark gerungen. Dabei stellt sich wirtschaftspoli - tischen Akteuren die Frage, wie umfassend der Staat ins Wirtschaftsgeschehen eingreifen soll.

Indem sich die Schülerinnen und Schüler mit diesen Fragen auseinandersetzen, verstehen sie, wer welche wirtschaftspolitischen Entscheidungen mit welchem Ziel trifft. Sie reflektie- ren auf diese Weise die zugrunde liegenden theoretischen Annahmen und werden dazu be- fähigt, konkrete politische Maßnahmen einzuordnen und zu kritisieren.

Aktuelle Fallbeispiele zeigen dabei immer wieder, dass die theoretischen Annahmen und die erarbeiteten Inhalte auch in der politischen Praxis relevant sind. Die Einheit verfolgt in- sofern auch das Ziel, dass die Schülerinnen und Schüler wirtschaftspolitische Diskussionen in den Medien verfolgen und in der Lage sind, diese zu bewerten.

Fachwissenschaftliche Orientierung

Die Wirtschaftsordnung in der Bundesrepublik Deutschland: soziale Marktwirt- schaft

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde in Deutschland darüber debattiert, welche Wirtschafts- ordnung anstelle der staatsgelenkten Kriegswirtschaft treten sollte. In der BRD wurde die soziale Marktwirtschaft eingeführt – die untrennbar mit dem Namen des CDU-Politikers Ludwig Erhard (1897–1977) verbunden ist, der von 1949 bis 1963 Bundeswirtschaftsminis- ter in der Regierung Adenauer war, bevor er selbst zum Bundeskanzler gewählt wurde. Ne- ben Erhard gab es eine Reihe weiterer Ökonomen, die mit ihren Ideen die deutsche Wirt- schaftspolitik beeinflussten.

Walter Eucken (1891–1950) etwa bewertete die Gestaltung der Wirtschaftsordnung, inner- halb derer sich privatwirtschaftliche Akteure wie Unternehmen und Verbraucher bewegen sollten, als wichtigste Aufgabe der Wirtschaftspolitik. Besondere Bedeutung kam dabei ei- nem funktionierenden Wettbewerb zu. Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) bietet heute drei scharfe Instrumente für dessen Durchsetzung: das Kartellverbot (§ 1 GWB), die Missbrauchsaufsicht (§ 19 GWB) und die Fusionskontrolle (§ 36 GWB).

Insgesamt zeichnet sich die heutige Wirtschaftspolitik in Deutschland allerdings durch eine Mischung von ordnungs- und prozesspolitischen Elementen aus. Die Ordnungspolitik gibt den Rahmen für das Wirtschaftsgeschehen vor, während das Ziel der Prozesspolitik darin besteht, ökonomische Größen wie Produktion, Einkommen, Konsum, Exporte oder Investi- tionen direkt durch staatliche Eingriffe zu beeinflussen und die wirtschaftliche Entwicklung zu stabilisieren. Zu ihr zählen die Konjunktur-, die Wachstums- und die Strukturpolitik.

Der grundsätzliche ordnungspolitische Rahmen der Marktwirtschaft wird in Deutschland also prozesspolitisch ergänzt, um bestimmte soziale Ziele zu erreichen: Nach den Ideen von Erhard soll der Wohlstand möglichst gleichmäßig im Land verteilt sein und die Menschen sollen auf einem bestimmten Niveau sozial abgesichert sein. Dazu trägt beispielsweise die Pflicht zur Sozialversicherung bei.

Wirtschaftspolitische Entscheidungen – wer macht was warum?

Genau ein halbes Jahrhundert ist es her, dass in Paragraf 1 des „Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft“ – kurz Stabilitäts- und Wachstumsgesetz – die vier grundlegenden Ziele der deutschen Wirtschaftspolitik festgeschrieben wurden: (1) Sta- bilität des Preisniveaus, (2) hoher Beschäftigungsstand, (3) außenwirtschaftliches Gleich- gewicht und (4) stetiges und angemessenes Wirtschaftswachstum.

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Wirtschaftsminister kamen und gingen, die vier Hauptziele des sogenannten „Magischen Vierecks“ blieben – und mit ihnen die Eigenschaft, dass sie nicht alle gleichzeitig zu errei- chen sind. Inzwischen wurden sie allerdings um die Ziele Umweltschutz und gerechte Ein- kommensverteilung zu einem „Magischen Sechseck“ erweitert, sodass neue Zielkonflikte hinzukamen.

Streit entzündet sich immer wieder an der Frage, wie diese Ziele am besten zu definieren und zu messen sind. Kritik wurde insbesondere am Bruttoinlandsprodukt (BIP) laut, das so- ziale Kosten oder Umweltschäden nicht von den Wachstumsgewinnen abzieht – wie es zum Beispiel der „Echte Fortschrittsindikator“ (GPI) tut. Auch die Arbeitslosenquote steht im Kreuzfeuer der Kritik, da beispielsweise Arbeitssuchende in Umschulungs- und Weiterbil- dungsmaßnahmen oder Ein-Euro-Jobber nicht in die Statistik einbezogen werden und so- mit die Quote verzerren.

Methodisch-didaktische Überlegungen

Die Unterrichtsreihe gliedert sich in zwei Module, die auch unabhängig voneinander einge- setzt werden können, um wirtschaftspolitische Fragestellungen zu behandeln. Die Lern - erfolgskontrolle (M 13)bezieht sich allerdings auf beide Module.

In Modul 1 (M 1–M 7)beschäftigen sich die Schülerinnen und Schüler mit den Grundlagen der Wirtschaftspolitik. Ausgehend von der Unterscheidung zwischen Ordnungs- und Pro- zesspolitik verstehen sie, dass es einen Unterschied macht, ob der Staat die Spielregeln festlegt oder ob er mit eigenen Spielzügen direkt ins Wirtschaftsgeschehen eingreift. Struk- turierende Grafiken, exemplarisches Lernen an aktuellen Fallbeispielen und die Förderung der Urteilskompetenz stehen im Mittelpunkt.

Im zweiten Modul (M 8–M 12) gehen die Lernenden der Frage auf den Grund, welche Ak- teure welche wirtschaftspolitischen Ziele mithilfe welcher Konzepte verfolgen. Didaktisch steht das Konzept „Lernen durch Lehren“ im Mittelpunkt. Dabei übernehmen die Schüle- rinnen und Schüler die Rolle der Erklärenden, die dafür verantwortlich sind, dass ihre Mit- schüler den neuen Stoff verstehen. Lebensweltbezug wird durch Aufgaben hergestellt, in denen die Lernenden Fallbeispiele recherchieren oder Konzepte auf die Verhältnisse in der Bundesrepublik anwenden.

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Klausuren Glossar Literatur

Materialübersicht

MODUL 1: Wirtschaftspolitik als Spiel – Regeln vorgeben oder Spielzüge ausführen?

Stunden 1/2: Welche unterschiedlichen Ansätze gibt es in der Wirtschafts- politik?

M 1 (Ab) „Wir brauchen eine gute Wirtschaftspolitik!“ – Verstehen darunter alle das Gleiche?

M 2 (Ab) Wirtschaftspolitik als Spiel – Regeln machen oder Spielzüge gestalten?

M 3 (Ab) Von freiem Wettbewerb und Planwirtschaft zur sozialen Marktwirt- schaft

M 4 (Ab/Tx) Freiräume geben oder zentral planen – welche Wirtschaftsordnung ist die bessere?

Stunden 3/4: Welche Beispiele gibt es für die Ordnungs- und Prozesspolitik?

M 5 (Ab) Die Wettbewerbspolitik – das Herzstück der Ordnungspolitik M 6 (Ab) Fallbeispiel Wettbewerbspolitik – die Übernahme von Kaiser’s

Tengelmann durch EDEKA

M 7 (Tx) Niedrigzinsen ohne Ende? – Die Prozesspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB)

MODUL 2: Wirtschaftspolitische Entscheidungen – wer macht was warum?

Stunden 5/6: Welche konkreten Wirtschaftsziele verfolgt die Bundesregierung?

M 8 (Ab) Wohin des Wegs? – Die Ziele der deutschen Wirtschaftspolitik M 9 (Gd/Tx) Aus Viereck wird Sechseck – ein Interview

Stunde 7: Wer beeinflusst die deutsche Wirtschaftspolitik?

M 10 (Ab) Wer zieht die Strippen? – Die Akteure der Wirtschaftspolitik Stunde 8: Welche Bedeutung hat die Konjunktur für die Wirtschafts-

politik?

M 11 (Gd/Ab) Zwischen Boom und Depression – der Konjunkturzyklus

M 12 (Ab) Welche Wirtschaftspolitik hat Konjunktur? – Nachfrage- versus Angebotspolitik

Stunde 9: Lernkontrolle

M 13 (Lk/Ka) Im Haifischbecken – Lernkontrolle

Glossar

M 14 (Gl) Glossar

Erläuterung der Abkürzungen und Symbole:

Ab:Arbeitsblatt – Gd:Grafische Darstellung – Gl:Glossar – Ka:Karikatur – Lk:Lernkontrolle/Klausur – Tx:Text

Internetzugang erforderlich Partnerarbeit Gruppenarbeit

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Klausuren Glossar Literatur

Erläuterung (M 2)

Die Schülerinnen und Schüler befassen sich mit dem Unterschied zwischen ordnungs- und prozesspolitischen Maßnahmen und der damit verbundenen Rolle des Staates.

Hinweis:Je nach Kenntnisstand der Schülerinnen und Schüler ist es sinnvoll, zunächst den Begriff der „Volkswirtschaft“ im Plenum zu klären (siehe Glossar, M 14).

Aufgabe 1:

a) richtig – b) falsch: die Ordnungspolitik ist langfristig ausgerichtet, der wirtschaftliche Ord- nungsrahmen ändert sich in der Regel nur selten – c) richtig – d) falsch: im Sinne der Ord- nungspolitik werden direkte staatliche Eingriffe ins Wirtschaftsgeschehen überflüssig, wenn die rechtlichen und wettbewerblichen Rahmenbedingungen stimmen – e) richtig Aufgabe 2:

Das Bild zur Ordnungspolitik zeigt ein Schachbrett, auf dem sich alle Figuren auf ihrer Ausgangsposition befinden und sich geordnet gegenüberstehen. Neben dem Brett steht eine Schachuhr mit zwei Zeitanzeigen. So wie das Schachbrett mit seinem Karomuster das Spielfeld absteckt, auf dem sich die Schachfiguren in einer festgelegten Art und Weise bewegen dürfen, gibt die Ordnungspolitik den Regelrahmen einer Volks- wirtschaft vor, innerhalb derer sich die Wirtschaftsteilnehmer bewegen und in einer bestimmten Art und Weise wirtschaft-

lich handeln. Die Situation vor Spielbeginn und die unbewegten Schachfiguren deuten an, dass sich staatliche Ordnungspolitik nicht aktiv ins Wirtschaftsgeschehen einmischt.

Auf dem Bild zur Prozesspolitik ist die Hand eines Schach- spielers zu sehen, der mit einer Figur einen Schachzug aus- führt. Das Bild zeigt somit ein Schachspiel, das sich gerade im Gang befindet. Der Schachspieler steht symbolisch für den Staat, der mit prozesspolitischen Maßnahmen direkt ins Wirt- schaftsgeschehen eingreift und damit wirtschaftliche Ent- wicklungen und Ergebnisse aktiv beeinflussen möchte – so wie der Schachspieler auf den Spielverlauf und das Spiel - ergebnis einwirken möchte.

Aufgabe 3:

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Ordnungspolitische Maßnahmen: Prozesspolitische Maßnahmen:

Arbeitsstättenverordnungzu Tageslicht und Fenstern am Arbeitsplatz ➝legt Rahmenbedingungen für Arbeitsplätze fest

Einführung eines Fahrverbotsin Stuttgart für Dieselautos, die nicht die Abgasnorm 6 erfüllen ➝fördert den Kauf von Benzinautos und den Wandel in der Autoindustrie vom Diesel- hin zum Benzin- und Elektroauto Tarifautonomie, verankert in GG Art. 9,

Abs. 3 ➝garantiert die Existenz von Ge- werkschaften und Arbeitgeberverbänden, die unabhängig vom Staat miteinander Arbeitsbedingungen wie Löhne etc.

aus handeln

Genehmigung eines verkaufsoffenen Sonntagsin Osnabrück durch die Stadt- verwaltung ➝lässt eine einmalige Abweichung von der grundgesetzlich festgeschriebenen Sonntagsruhe zu (Art. 140 GG)

Unabhängigkeit der EZB ➝ist ein vertraglich geregelter Grundsatz für die Steuerung der Geldpolitik in der Euro-Zone

© Esebene/Thinkstock© SnowWhiteimages/Thinkstock

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Reihe 9 Verlauf Material S 8

Klausuren Glossar Literatur

M 3

Von freiem Wettbewerb und Planwirtschaft zur sozialen Marktwirtschaft

In Deutschland schuf der damalige Bundeswirtschaftsminister Ludwig Erhard von der CDU in den 1950er-Jahren die soziale Marktwirtschaft, gemeinsam mit dem Wirtschaftswissenschaftler Alfred Müller-Armack.

Seine Ideen haben bis heute Bestand und werden auch von den ande- ren deutschen Parteien als wegweisend betrachtet, beispielsweise von der SPD. Worin besteht die soziale Marktwirtschaft?

Bedeutung des freien Wettbewerbs

Bedeutung des Staates

Aufgaben

1. Lesen Sie die Informationen zu den drei verschiedenen Wirtschaftsordnungen und ord- nen Sie sie zwischen Ordnungs- und Prozesspolitik ein.

2. Nennen Sie mögliche Vor- und Nachteile der verschiedenen Wirtschaftsordnungen.

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Foto: Renate Patzek, Bundesarchiv, B 145 Bild-F015320-0001, Wikimedia Commons, CC-BY-SA 3.0

Ludwig Erhard (1963)

FREIE

MARKTWIRTSCHAFT

SOZIALE MARKTWIRTSCHAFT

ZENTRALVERWALTUNGS- WIRTSCHAFT

Der Staat gibt lediglich ei- nen rudimentären Rahmen vor, mit dem er Schutz, Sicherheit und Eigentum der Bürger gewährleistet.

Allein der Wettbewerb regelt, was wie für wen pro- duziert wird. Die Marktwirt- schaft reguliert sich selbst durch das Prinzip von An- gebot und Nachfrage. Gute, günstige Produkte setzen sich durch.

Jeder Akteur ist dabei in hohem Maße selbst für sei- ne wirtschaftliche Stellung verantwortlich, der Staat greift möglichst nicht ein.

Beispiel: USA

Ein ordnungspolitischer Rahmen wird durch pro- zesspolitische Maßnahmen des Staates ergänzt und teils korrigiert.

Der freie Wettbewerb wird eingeschränkt durch Geset- ze und staatliche Eingriffe, mit dem Ziel, sozial Schwa- che nicht noch weiter zu schwächen. Der Wohlstand im Land soll möglichst gleichmäßig verteilt wer- den.

Maßnahmen sind die Pflicht zur Sozialversiche- rung, der Kündigungs- oder der Mutterschutz.

Beispiel: Deutschland

Das Wirtschaftsgeschehen wird zentral durch den Staat geplant, gesteuert und kontrolliert, weshalb auch von „Planwirtschaft“

gesprochen wird.

Die Wirtschaft ist dabei streng hierarchisch aufge- baut. Der Staat plant, wer welche Produkte mit wel- chen Ressourcen (Rohstof- fe und Arbeitskräfte) zu welchen Preisen anbieten darf.

Allein der Staat gibt die wirtschaftspolitischen Ziele vor und die Wege, wie die- se zu erreichen sind.

Beispiel: ehemalige DDR

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Reihe 9 Verlauf Material S 10

Klausuren Glossar Literatur

Erläuterung (M 3)

Aufgabe 1:

Die freie Marktwirtschaft verfolgt einen ordnungspolitischen Ansatz, bei dem lediglich die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft vorgegeben werden und der Staat möglichst nicht eingreift. Bei der sozialen Marktwirtschaft soll der Staat ebenfalls möglichst wenig eingrei- fen. Allerdings werden Eingriffe zur Abmilderung negativer sozialer Folgen auf die Men- schen für nötig erachtet, beispielsweise durch die Pflicht zur Sozialversicherung, die dafür sorgt, dass niemand vollständig mittellos wird. Sie beinhaltet also ordnungs- und prozess- politische Elemente. Die Zentralverwaltungswirtschaft dagegen ist stark prozesspolitisch ausgerichtet. In ihr greift der Staat sehr detailliert ins Wirtschaftsgeschehen ein, indem kon- krete Pläne und Ziele vorgeschrieben werden.

Aufgabe 2:

Die freie Marktwirtschaft garantiert zwar jedem ein hohes Maß an wirtschaftlicher Freiheit, sie schützt aber sozial schwache Menschen nicht. Die soziale Marktwirtschaft versucht, hier einen Mittelweg zu gehen. Eine negative Folge könnte darin bestehen, dass die Rahmenbe- dingungen sehr komplex und unübersichtlich werden. Zudem wird mehr bürokratische Ver- waltung benötigt und dafür muss der Staat höhere Steuern erheben. Es ist außerdem frag- lich, inwieweit wirtschaftlich erfolgreiche Wirtschaftsteilnehmende zur Solidarität bereit sind. Hier muss ein gutes Mittelmaß gefunden werden. Die Zentralverwaltungswirtschaft ist sehr aufwendig und unflexibel, Pläne können nicht schnell geändert werden, wenn neue Be- dürfnisse entstehen. Die Freiheit des Einzelnen ist zudem stark eingeschränkt, bis hin zur Wahl des Arbeitsplatzes. Andererseits sind die Menschen auf einem niedrigen Niveau gut und sicher versorgt und die Gerechtigkeit ist relativ hoch.

Erläuterung (M 4)

Aufgabe: So wird der Lückentext richtig ausgefüllt:

Funktioniert der Wettbewerb in einer freien Marktwirtschaft gut, produzieren Unternehmen gute und günstige Produkte und setzen sich so gegen die Konkurrenz durch. Auf diese Wei- se werden die Bedürfnisse der Verbraucher optimal befriedigt. Doch in der Realität ist der Markt selten ganz frei: Es bilden sich beispielsweise Monopole, das heißt, Unternehmen werden so groß und erfolgreich, dass sie keine Konkurrenz mehr haben. Der Wettbewerb zwischen verschiedenen Volkswirtschaften wird dadurch verzerrt, dass unterschiedliche Standards in Bezug auf Arbeitssicherheit, Lohnhöhe oder Umweltschutz gelten. Je nach- dem, wo ein Unternehmen produziert, hat es also höhere Kosten und dadurch einen Nach- teil gegenüber anderen Marktteilnehmern.

In der freien Marktwirtschaft kommt es schnell zu einer stark unterschiedlichen Verteilung von Vermögen und Einkommen. Es gibt keinen Mindestlohn, keine Krankenversicherung für alle oder Gewerkschaften, die sich für Arbeitnehmerrechte einsetzen könnten. Anderer- seits nimmt oft der Wohlstand der gesamten Volkswirtschaft zu, da Unternehmen dazu ge- zwungen sind, innovativ zu sein und gute Produkte zu möglichst geringen Preisen anzu - bieten. Dies befördert den technischen Fortschritt.

Die Planwirtschaft hingegen verfolgt das Ziel einer gerechten Verteilung von Ressourcen und Vermögen. Der Staat beansprucht für sich, zu wissen, welche Produkte in welchem Um- fang gebraucht werden, zum Beispiel Autos. Die Produkte, aber auch nötige Rohstoffe und Arbeitskräfte werden vom Staat verteilt. Dies führt jedoch zu viel Bürokratie, weil die Kon- trolle und Steuerung sehr aufwendig sind. Der Vorteil besteht in einem planbaren Wirt- schaftswachstum. Doch da die einzelnen Unternehmen und Arbeitskräfte keine Verantwor- tung für ihr wirtschaftliches Handeln haben, lässt die Produktivität stark nach. Jeder Fehler in der Planung verursacht darüber hinaus negative Kettenreaktionen, beispielsweise wenn

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M 7

Niedrigzinsen ohne Ende? –

Die Prozesspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB)

Die Geldpolitik kann ein prozesspolitisches Instrument sein, mit dem die wirtschaftliche Ent- wicklung einer Volkswirtschaft positiv beeinflusst oder stabilisiert wird. In der EU betreibt die Europäische Zentralbank (EZB) seit einigen Jahren eine lockere Geldpolitik, indem sie die verfügbare Geldmenge erhöht, um so zum Beispiel Investitionen anzuregen.

EZB verleiht Geld weiterhin für null Prozent Zinsen

Trotz steigender Preise für die Verbraucher hält die Europäische Zentralbank (EZB) daran fest, den Märkten billiges Geld zur Verfügung zu stellen. Banken zahlen für Kredite, die sie bei der Zentralbank aufnehmen, weiterhin null Prozent Zinsen.

II/B2

Bei seiner Sitzung am Donnerstag in Frankfurt hielt der Rat der Zentralbank den Leitzins wie er- wartet auf diesem Rekordtief von null Prozent.

Außerdem gilt weiterhin: Für Geld, das Banken bei der EZB anlegen – da sie sich hier die höchste Sicherheit erhoffen –, müssen sie 0,4 Prozent Strafzinsen zahlen. Zugleich kauft die EZB wei- terhin für rund 60 Milliarden Euro monatlich Anleihen und andere Wertpapiere von europäi- schen Staaten und Unternehmen, um ihnen einen finanziellen Spielraum zu geben.

Im Februar war die Inflation im Euroraum – die allgemeine Preissteigerung – erstmals seit vier Jahren wieder auf zwei Prozent gestiegen, getrie- ben vor allem von hohen Preisen für Gas und Öl.

Die EZB strebt eine nachhaltige Inflationsrate von knapp unter 2,0 Prozent an – das Ziel wurde also erreicht. Wirtschaftsexperten gehen aller- dings davon aus, dass die Inflation vorerst ihren Höhepunkt erreicht hat und der Ölpreis-Effekt im Laufe des Jahres wieder nachlassen wird.

Zum Hintergrund: Im Kampf gegen niedrige Inflation und Konjunkturschwäche hat die Zen- tralbank den Finanzmärkten und Regierungen viel Geld zur Verfügung gestellt. Erst im Dezem- ber 2016 verlängerte sie ihr seit März 2015 lau- fendes Kaufprogramm für Staatsanleihen und Unternehmenspapiere um weitere neun Monate bis mindestens Ende 2017 – wenn auch ab April nur noch 60 Milliarden statt 80 Milliarden Euro monatlich fließen sollen.

Das viele billige Geld soll im Idealfall die Kon- junktur ankurbeln und auch die Inflation er - höhen. Dauerhaft niedrige oder sogar sinkende Preise gelten als Konjunkturrisiko, denn Unter- nehmen und Verbraucher könnten Investitionen und Konsumentscheidungen aufschieben in der

Erwartung, dass es bald noch billiger wird. Das könnte die Wirtschaftsentwicklung abwürgen.

Politiker und Wirtschaftsexperten in Deutsch- land forderten nach dem jüngsten Anstieg der Inflation jedoch, die EZB müsse jetzt das Ende ihrer ultralockeren Geldpolitik einläuten. „Die EZB sollte ihre Geldflut eindämmen, sonst be- steht die Gefahr, dass sie über ihr Ziel hinaus- schießt“, mahnte der Chef des Instituts für Wirt- schaftsforschung (ifo) Clemens Fuest. Sparer leiden seit Jahren unter den extrem niedrigen Zinsen – wobei andererseits Kreditnehmer profi- tieren.

Aus Sicht der Verantwortlichen bei der EZB zeigt ihre Politik zwar Wirkung: Die Risiken einer Deflation – einer gefährlichen Abwärts - spirale aus sinkenden Preisen und stockender Konjunktur – seien weitgehend verschwunden, die Wirtschaft sei auf dem Weg der Erholung.

„Aber wir können uns nicht entspannen“, hatte EZB-Präsident Mario Draghi nach der Ratssit- zung im Januar betont.

© World Economic Forum, CC BY-SA 2.0

EZB-Präsident Mario Draghi

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