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29. August Gottesdienst am 13. Sonntag nach Trinitatis

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Gottesdienst am 13. Sonntag nach Trinitatis, 29. August 2021

um 10.15 Uhr in der Kreuzkirche Liturgie + Predigt: Pfr. Stephan Sigloch Predigttext 1. Mose 4,1-16a Orgel: Dr. Utz Wagner

Begrüßung + Lesung: KGRin Margot Rageth Zieger Mesner: Matthias Schucker

Präsentation: Annika Zieger

Stream: Christoph Graf, Simon Petzold, Bastian Zieger ua.

Glockengeläut Vorspiel

Begrüßung KGRin Margot Rageth Zieger

Wochenspruch: „Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Geschwistern, das habt ihr mir getan“ (Matth 25,40).

Lied „Dass die Sonne jeden Tag“ NL+ 15,1-5

1. Dass die Sonne jeden Tag / wieder neu am Himmel steht, / dass in deinem Wissen, Gott, / das Geringste nicht verweht: / (Kehrvers) Dafür danken wir dir, Gott, der du alles mit uns teilst, unsre Freude unser Leid, ja unser Leben.

2. Dass die Not, die uns bedrückt, von dir selbst erlitten ist, weil du, Gott, in deinem Sohn uns ganz nah geworden bist. / (Kehrvers) Dafür danken wir dir, Gott, der du alles mit uns teilst, unsre Freude unser Leid, ja unser Leben.

3. Dass das Werden und Vergehn Wunder allen Lebens ist, dass du allem seine Zeit hier in dieser Welt bemisst. / (Kehrvers) Dafür danken wir dir, Gott, der du alles mit uns teilst, unsre Freude unser Leid, ja unser Leben.

4. Dass du unser enges Herz immer wieder öffnen willst, dass du unsre leere Hand immer neu mit Segen füllst. / (Kehrvers) Dafür danken wir dir, Gott, der du alles mit uns teilst, unsre Freude unser Leid, ja unser Leben.

5. Dass du uns Gemeinschaft schenkst immer wieder wie ein Fest, dass du uns durch deinen Geist ganz lebendig werden lässt. / (Kehrvers) Dafür danken wir dir, Gott, der du alles mit uns teilst, unsre Freude unser Leid, ja unser Leben.

Text und Melodie: Kathi Stimmer-Salzeder. © Musik und Wort, Aschau

Votum/Liturgischer Gruß

Gemeinde antwortet mit dem gesungenen „Amen“

Psalmgebet Psalm 112 NL+ 917

Go tt esdien st a m 13. So n n tag n ac h T rinit atis 2 9 . Au gu st 2 0 2 1

Pfarrer Stephan Sigloch

(2)

Halleluja! Wohl dem, der den HERRN fürchtet, * der große Freude hat an seinen Geboten!

Sein Geschlecht wird gewaltig sein im Lande; * die Kinder der Frommen werden gesegnet sein.

Reichtum und Fülle wird in ihrem Hause sein, * und ihre Gerechtigkeit bleibt ewiglich.

Den Frommen geht das Licht auf in der Finsternis, * gnädig, barmherzig und gerecht.

Wohl dem, der barmherzig ist und gerne leiht * und das Seine tut, wie es recht ist!

Denn er wird niemals wanken; *

der Gerechte wird nimmermehr vergessen.

Vor schlimmer Kunde fürchtet er sich nicht; * sein Herz hofft unverzagt auf den HERRN.

Sein Herz ist getrost und fürchtet sich nicht, * bis er auf seine Feinde herabsieht.

Er streut aus und gibt den Armen; / seine Gerechtigkeit bleibt ewiglich. * Sein Horn wird erhöht mit Ehren.

Der Frevler wird‘s sehen und es wird ihn verdrießen; / mit den Zähnen wird er knirschen und vergehen. * Denn was die Frevler wollen, das wird zunichte.

„Ehr sei dem Vater ...“ (EG 177,1)

Ehr sei dem Vater und dem Sohn / und dem Heiligen Geist, / wie es war im Anfang, / jetzt und immerdar / und von Ewigkeit zu Ewigkeit. / Amen.

Gebet

Dreieiniger Gott, wir kommen zu Dir – woher kommt uns Hilfe? Woher kommt uns Hilfe in dieser Welt, die mich täglich mit Elend und Not und grausamen Bildern überfordert, meiner Ohnmacht konfrontiert und anderen Gefühlen, die chaotisch mich verwirren – bei Dir suche ich Hilfe

… für mich und für meine Nächsten in Deiner Schöpfung.

Höre, was wir mitbringen an diesem Morgen … Stilles Gebet

Wir kommen zu Dir, Gott, „der du alles mit uns teilst, unsre Freude unser Leid, ja unser Leben“. Amen.

Gesang „Oculi nostri ...“ / „Unsere Augen ..“ EG 787.6

lat. Oculi nostri ad Dominum Deum. / Oculi nostri ad Dominum nostrum.

dt. Unsere Augen sehn stets auf den Herren. / Unsere Augen sehn stets auf den Herren.

lat. Oculi nostri ad Dominum Deum. / Oculi nostri ad Dominum nostrum.

Text: nach Psalm 25,15 Melodie und Satz: Jacques Berthier, Taizé 1982

Schriftlesung KGRin Margot Rageth Zieger

7 Geliebte, lasst uns einander lieben: Die Liebe ist von Gott. Alle, die lieben, sind von Gott geboren und kennen Gott. 8 Die nicht lieben, kennen Gott nicht, denn: Gott ist Liebe. 9 So wurde die Liebe Gottes bei uns sichtbar: Gott sandte seinen Erwählten, sein einziges Kind, in die Welt, damit wir durch ihn leben. 10 Darin besteht die Liebe: nicht, dass wir Gott geliebt haben, sondern dass Gott uns geliebt und seinen Erwählten als Überwindung unserer Gottferne gesandt hat. 11 Geliebte, wenn Gott uns so geliebt hat, dann sind auch wir verpflichtet, einander zu lieben. 12

Keiner und keine hat Gott je gesehen. Wenn wir einander lieben, bleibt Gott in uns und Gottes Liebe ist in uns zum Ziel gekommen.

1. Johannesbrief 4,7-12

Wochen-Lied „So jemand spricht: Ich liebe Gott“ EG 412,1.2.4.6

1. So jemand spricht: »Ich liebe Gott«, / und hasst doch seine Brüdera / der treibt mit Gottes Wahrheit Spott / und reißt sie ganz darnieder. / Gott ist die Lieb und will, dass ich / den Nächsten liebe gleich als mich. a)1.Joh 4,20

2. Wer dieser Erde Güter hat / und sieht die Brüder leiden / und macht die Hungrigen nicht satt, / lässt Nackende nicht kleiden, / der ist ein Feind der ersten Pflicht / und hat die Liebe Gottes nicht.

4. Wir haben einen Gott und Herrn, / sind eines Leibes Glieder, / drum diene deinem Nächsten gern, / denn wir sind alle Brüder. / Gott schuf die Welt nicht bloß für mich,/

mein Nächster ist sein Kind wie ich.

6. Vergibst mir täglich so viel Schuld, / du Herr von meinen Tagen; / ich aber sollte nicht

(3)

Geduld / mit meinen Brüdern tragen, / dem nicht verzeihn, dem du vergibst, / und den nicht lieben, den du liebst?

Text: Christian Fürchtegott Gellert 1757 Melodie: Mach’s mit mir, Gott, nach deiner Güt (Nr. 525)

Predigt

I. Einleitung

Eine alte, ja, altbekannte Erzählung.

Aber auch eine Erzählung, die ich so verstehe, wie sie erzählt ist?

Wir sind am Anfang der Bibel:

Eine Ur-Geschichte.

Keine historische Geschichte.

Aber eine wahre, eine allzu wahre Erzählung:

„Jeder Mensch kann sich in einer urgeschichtlichen Erzählung wiederfinden“ .

Eine Erzählung wie ein Spiegel:

„So seid ihr Menschen“ …

II. Text

1 Und Adam erkannte seine Frau Eva, und sie ward schwanger und gebar den Kain und sprach: Ich habe einen Mann hervorgebracht mithilfe des HERRN. 2 Danach gebar sie Abel, seinen Bruder. Und Abel wurde ein Schäfer, Kain aber wurde ein Ackermann.

3 Es begab sich aber nach etlicher Zeit, dass Kain dem HERRN eine Gabe brachte von den Früchten des Feldes. 4 Und auch Abel brachte von den Erstlingen seiner Herde und von ihrem Fett. Und der HERR sah an Abel und seine Gabe, 5 aber Kain und seine Gabe sah er nicht an. Da entbrannte es sehr in Kain und er senkte seinen Blick. 6 Da sprach der HERR zu Kain:

Warum entbrennst du? Und senkst du deinen Blick?

7 Ist's nicht so: Wenn du Gutes tust, kannst du frei geradeaus schauen.

Wenn du aber Gutes nicht tust, so lauert die Sünde vor deiner Tür, und sie hat Verlangen nach dir; du aber kannst über sie herrschen.

8 Da sprach Kain zu Abel. Und als sie auf dem Feld waren, erhob sich Kain gegen Abel und schlug ihn tot. 9 Da sprach der HERR zu Kain: Wo ist dein Bruder Abel? Er antwortete: Ich weiß es nicht; bin ich denn meines Bruders Hüter? 10 Er aber sprach: Was hast du getan? Horch, das Blut deines Bruders schreit zu mir aus dem Ackerboden. 11 Und nun: Verflucht seist du auf der Erde, die ihr Maul hat aufgetan und deines Bruders Blut von deinen Händen empfangen. 12 Wenn du den Acker bebauen wirst, wird er dir hinfort seinen Ertrag nicht geben. Ruhelos und flüchtig wirst du sein auf Erden. 13 Kain aber sprach zu dem HERRN: Meine Schuld ist zu groß und ich kann sie nicht tragen. 14 Siehe, du treibst mich heute vom Acker, und ich muss mich vor deinem Angesicht verbergen und muss unstet und flüchtig sein auf Erden. So wird mir's gehen, dass mich totschlägt, wer mich findet.

15 Aber der HERR sprach zu ihm: Nein, so wird es nicht sein, sondern wer Kain totschlägt, das soll siebenfältig gerächt werden. Und der HERR machte ein Zeichen an Kain, dass ihn niemand erschlüge, der ihn fände. 16 So ging Kain weg von dem Angesicht des HERRN und wohnte im Lande Nod, jenseits von Eden, gegen Osten.

17 Und Kain erkannte seine Frau; die ward schwanger und gebar den Henoch. Und er baute eine Stadt, die nannte er nach seines Sohnes Namen Henoch.

III. Eine Ur-Geschichte!?

So seid ihr! Und so ist das Leben.

Sie ist schwer auszuhalten, diese Erzählung.

Unangenehm, so den Spiegel vorgehalten zu bekommen –

wie ein Schminkspiegel, der meine Falten plötzlich übermäßig vergrößert zeigt:

So kenn ich mich nicht, so seh‘ ich mich gar nicht.

(4)

Sie ist schwer auszuhalten, diese Erzählung,

weil sie nicht erklärt, nicht begründet, weil sie Fragen offenlässt, auf die es keine Antwort gibt.

Viele Auslegungen und Übersetzungen halten das auch nicht aus.

Ergänzen. Interpretieren. Und verfehlen den Clou und die Pointen.

Ich versuche einen kurzen Durchgang:

Jenseits von Eden.

Wir Menschen leben zwar nicht im Paradies.

Aber Menschen geben Leben weiter.

„Mit Gottes Hilfe habe ich einen Menschen hervorgebracht“.

Doch neben dem schöpferischen kommt auch

das zerstörerische Potential in den Blick: „So seid ihr!“

Die Menschen üben verschiedene Berufe aus.

Ihr Leben ist unterschiedlich. Aber das erklärt nicht den Konflikt.

Sie bringen Gott eine Gabe dar – im selbstverständlichen Bewusstsein:

„Mein Leben verdankt sich einer höheren Macht“.

In der Erzählung bringen beide je eine Gabe.

Ganz lapidar wird erzählt:

„Und der HERR sah an Abel und seine Gabe, aber Kain und seine Gabe sah er nicht an“.

Keine Erklärung, nichts.

Ausleger und Übersetzer halten das nicht aus:

Da wird über die Gesinnung von Kain spekuliert, über die Qualität seiner Gaben,

ob er ein Frevler, Abel ein Gerechter ist – nichts davon steht in der Geschichte.

Der Clou: Nichts wird erklärt.

Auch Gott erklärt dem Kain nichts.

Worum geht es?

Erzählt wird – ohne Wertung oder Erklärung – eine grundlegende Erfahrung:

Manchen Menschen gelingt mehr oder weniger alles.

Bei Anderen geht gefühlt alles schief.

Es gibt Glückspilze und Pechvögel … ohne dass klar wird, warum.

Es geht ungerecht zu in unserer Welt –

und ganz oft haben wir dafür keinerlei Erklärung.

Diese Rätselhaftigkeit – die ist die Pointe …

„Da entbrannte es in Kain sehr“ – verständlicherweise, oder etwa nicht?

„Ergrimmen“ übersetzt Luther.

„Da packte ihn der Zorn“ lese ich in der BasisBibel.

Nein: Es „entbrennt“ in ihm … „sehr“!

Er ist verletzt, enttäuscht, empört, verbittert.

Eine verständliche Reaktion angesichts der Erfahrung, dass ein anderer bevorzugt wird:

dass ich nicht die Anerkennung finde, die ich suche, wünsche, brauche … Da hilft auch der gutgemeinte Rat nicht:

„Vergleich dich doch nicht …“.

Das ist so hilfreich wie der Tipp:

„Sei nicht gekränkt!“ – nicht sonderlich hilfreich.

Kain ist an der Grenze seiner Selbstbeherrschung.

(5)

Und seine Stimmung, seine Gefühlslage finden Ausdruck in seiner Haltung, einer körperlichen Reaktion:

Er senkt seinen Blick.

Der Horizont wird klein, er verbarrikadiert sich in sich selber, verschließt sich:

Wahrnehmung eingeschränkt. Kommunikation verweigert.

Andere um mich herum wahrnehmen? Geht nicht.

Auf andere zugehen? Unmöglich.

„Es entbrennt in ihm“ – Kain dreht sich nur noch um sich selber.

Aus Stimmung wird Haltung … und wird dann mörderische Handlung.

Eine fatale Entwicklung. Bis heute.

Stimmungen – nicht nur in sozialen Netzwerken – Stimmungen prägen Haltungen.

Daraus werden irgendwann Handlungen.

Und – wohl auch kein Zufall:

Allein sein, einsam sein begünstigt die Radikalisierung von Leuten, die sich als Opfer sehen und Täter werden.

IV. Meine Ur-Geschichte …

Aber jetzt: Moment mal … diese alte Erzählung soll von mir erzählen?

„Bin ich so?“

Rückfrage – auch wenn der Blick in diesen Spiegel unangenehm ist:

„Etwa nicht?“

Wie gehst du um mit dem Gefühl, zurückgesetzt zu werden?

Wie geht es dir, wenn du dich nicht wahr- oder ernstgenommen fühlst?

Was passiert, wenn du meinst, zu kurz zu kommen?

„Du stehst da drüber“ … ist das so?

Deswegen wechselst Du im Supermarkt ständig die Schlange

und im Stau die Spur!?

Deswegen nörgelst du an Leuten herum, die sich mehr leisten, als du es kannst.

Deswegen neidest Du auch Ärmsten eine Unterstützung?

Du vergleichst.

Und bist froh, dass andere ärmer dran sind.

Suchst Gründe, warum du nicht allen helfen kannst.

„Du stehst drüber“?

Worum geht es für mich?

- Finde ich zu Frieden mit meinem Leben?

- Wie gehe ich um mit der Herausforderung, dass ich mein Leben zu leben habe,

das anders ist und anders verläuft, als das anderer Menschen, anders auch, als ich es selber gerne inszenieren würde?

V. Die Herausforderung: Mein Leben … Henri Nouwen beschreibt die Herausforderung:

Das ist mein Leben,

das Leben, das mir geschenkt worden ist.

Dieses Leben habe ich zu leben, so gut ich kann.

Mein Leben gibt es nur einmal.

Niemand anderer lebt es und wird es je leben.

Ich habe meine eigene Herkunft, meine eigene Familie, meinen eigenen Körper, meinen eigenen Charakter, meine eigenen Fähigkeiten, meine eigenen Freunde, meine eigene Art zu denken und zu fühlen und zu handeln - ja, ich habe meine eigenes Leben zu leben

und kann es niemand anderem übertragen.

Ich bin allein, weil es mich nur einmal gibt.

(6)

Viele können mir helfen,

mein Leben in die richtige Bahn zu lenken.

Wenn alles gesagt und getan ist, muss ich aber selber entscheiden:

Wie will ich leben? (Henri Nouwen, in: Der Kelch des Lebens)

VI. Gott spricht mich an

Jetzt, in dieser Situation, spricht Gott Kain direkt an.

Kain wird nicht gesehen? Eben nicht!

Seine Gabe, seine Erfolge … daran lässt sich nicht ablesen, ob Gott ihn sieht.

Die Interpretation: Abel ist Gottes Erwählter, Kain aber nicht …

… die ist Quatsch!

Gott kümmert sich um Kain.

Gott spricht mich an:

„Warum entbrennst Du?“

Schau dich mal an … „Was ist los mit Dir?“

Wie ein Coach stellt Gott Fragen, die auf meine Selbsterkenntnis zielen.

„Warum senkst du den Blick?“

Das ist die zweite Pointe in dieser zeitlos wahren Erzählung:

„Warum entbrennst du und warum senkst du deinen Blick?“

Gott gibt den Menschen nicht auf.

Aber er nimmt ihm eine, nimmt ihm seine Entscheidung nicht ab, bevormundet auch nicht.

Gottes Fragen sind „Hebammenfragen“.

Gott sagt auch nicht: „Wenn du dies oder das tust (oder eben nicht), dann … kommst du in den Himmel …“ oder was auch immer.

Nein: „Ist es nicht so …?“

Gott beschreibt die Alternative:

Gutes tun. Oder Gutes nicht tun.

Darin steckt die Aufforderung:

Wie auch immer … hör‘ nicht auf, Gutes zu tun.

… die Sünde lauert wie ein Raubtier: „Du aber kannst sie beherrschen“.

„Böses tun beginnt damit, dass man Gutes nicht mehr tut“ .

Kain aber schweigt. Er redet nicht.

Und lässt sich nicht helfen.

Er ist gefangen in sich, seiner Kränkung, seiner Haltung … .. den Punkt, an dem er noch umkehren könnte,

den „Point of no return“, den hat er offenbar überschritten.

Dann lese ich: Kain sprach zu Abel.

Doch im Hebräischen steht nach diesem Doppelpunkt: Nichts.

Schweigen.

Übersetzer haben darum ein „Lass uns auf’s Feld gehen“ eingefügt – weil wir dieses verbitterte Schweigen nicht ertragen.

Dann die Tat – nur die emotionslose Notiz:

„erhob sich Kain gegen Abel und schlug ihn tot“.

Kürzer könnte die Katastrophe nicht beschrieben sein:

„So seid ihr!“ – jeder kann zum Mörder werden.

VII. „Wo ist dein Bruder Abel?“

Gott ist sofort wieder da: „Wo ist dein Bruder Abel?“

„Ich weiß es nicht.“ Die Lüge gehört notwendig zum Mord.

Allzu vertraut auch die patzige, selbstgerechte Rückfrage:

„… bin ich denn meines Bruders Hüter?“

(7)

Und Kain weiß – wie ich auch – wohl, dass die Antwort nur lauten kann:

„Ja, natürlich –

natürlich sollst du deines Bruders Hüter sein, natürlich sollst du auf ihn achtgeben.

Natürlich bist du dafür verantwortlich, was du tust“ .

„Was hast du getan?“ – die dritte Pointe.

Abels Blut schreit zu Gott:

Kein Opfer bleibt ungehört. Kein Opfer bleibt unbeachtet.

Das Schreien der Erde dringt an Gottes Ohr, in Gottes Herz, kein Opfer ist vergessen, kein Leid unbeachtet …

… was am Kreuz Christi unübersehbar wird:

Am Anfang der Bibel leuchtet es bereits auf.

Dann spricht Kain … endlich!? ... mit Gott.

Konfrontiert mit der Wirkung seiner Tat, klagt er: „Meine Schuld ist zu groß …“.

Er hat jetzt Todesangst …

Wie würde ich reagieren an Gottes Stelle?

Hämisch? „Das hättest du dir früher überlegen müssen“?

Oder mit dem vertrauten „Selber schuld!“

Gott sagt – dennoch: „Ich passe auf dich auf.

Du bist mehr als das, was du getan hast.“

Deine Würde ist nicht verloren, sondern bewahrt …

… und am Ende findet Kain doch noch zu einem sinnerfüllten Leben, auch wenn bleibt, dass er „ruhelos und flüchtig“ ist.

Nicht als Strafe – es ist die Wirkung seiner Tat.

Mein Leben ein Scherbenhaufen?

„Du bist mein geliebtes Geschöpf …“ –

gestern Nachmittag bei einer Trauung kamen Paulus‘ Worte über die Liebe zur Sprache:

„[Die Liebe] erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles. Die Liebe hört nimmer auf“ .

Vor dem Hintergrund dieser alten Erzählung ist mir neu die Weite, ja: deren Tragweite bewusst geworden.

VIII. Konkret Ich lebe mein Leben.

Es ist anders, als das Leben anderer.

Gemeinsam ist uns Gottes Begleitung.

Und die Aufgabe, die dieser Gabe entspricht:

„Ist es nicht so …“:

„Böses tun beginnt damit, dass man Gutes nicht mehr tut“.

Mit anderen Worten:

„In jedem Moment haben wir das Potential, dem Leben zu dienen oder Leben zu zerstören“ .

Konkret:

Ich lebe im Horizont der Frage: „Wo ist dein Bruder Abel?“

Und höre aus vielen Ecken:

„Ich weiß es nicht. Soll ich der Hüter meines Bruder sein?“

Und ja: Peinlich genug, das klingt immer wieder auch in mir …

Ich höre:

Wir können nicht alle retten.

Wir können nicht noch mehr aufnehmen.

(8)

2015 darf sich nicht wiederholen.

Was ich nicht mehr höre:

„Unseren Kindern soll es einmal besser gehen als uns“.

Warum eigentlich nicht?

Gottes Erde schreit: „Was habt ihr getan!?“

Viele Antworten klingen sehr nach Kain:

»nach mir die Sintflut«.

»Ist mir doch egal, was geht’s mich an, interessiert mich nicht, lasst mich in Ruhe,

was gehen mich die kommenden Generationen an.

Was gehen mich die Leute in Afghanistan an?

Was kümmern mich die Menschen auf dem Mittelmehr?

Was kümmert mich fremdes Elend?«

Von Anfang an:

Glaube geht nicht ohne soziale Verantwortung.

„Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei“ – Ich bin als Mensch kein Einzelgänger,

ich bin ein, wir sind Gemeinschaftswesen!

Und sind aufgefordert, Widerstand zu leisten

gegen Stimmungen, die zuerst lebensfeindliche Haltungen und irgendwann zerstörerische Handlungen ermöglichen.

Wir könnten – jetzt, wo die ersten Briefwahlunterlagen angefordert werden –

überlegen, wie wir als Wähler „Hüter unsere Geschwister“ sein können, Verantwortung für Gottes Welt wahrnehmen.

Oder: Jeden Morgen aufstehen mit dem Bewusstsein:

„Böses tun beginnt damit, dass man Gutes nicht mehr tut“.

Es gibt so viel Gutes zu tun.

Angefangen im ganz Kleinen.

Indem wir uns einander zuwenden.

Einander wahrnehmen.

Ich Dich und du mich. Wir uns.

Ohne uns eifersüchtig zu vergleichen.

Im Bewusstsein, dass Gott alle seine Geschöpfe liebt:

Mich ebenso, wie alle anderen.

Und jede andere, jeden anderen so, wie mich auch.

Und mich mindestens so, wie die anderen.

Die Maßstäbe, nach denen ich mich und andere bewerte, sind nicht Gottes Maßstab.

Von Anfang an liebt uns Gott.

Wir „konnten“ – in Kains Gefolge – daran nichts ändern.

Von Anfang an liebt uns Gott.

Seine Zuwendung bleibt. Und die Herausforderung, das seine Gabe meine Aufgabe ist:

Gottes Zuwendung, seine Liebe nehme ich heute mit.

Ich nehme sie mit für mich.

Und will sie weitergeben.

Amen.

Musik oder Stille

Lied „Meine engen Grenzen“ EG 589,1-4

1. Meine engen Grenzen, / meine kurze Sicht, bringe ich vor dich. / ||: Wandle sie in Weite: / Herr, erbarme dich. :||

2. Meine ganze Ohnmacht, / was mich beugt und lähmt, bringe ich vor dich. / ||: Wandle

(9)

sie in Stärke: / Herr, erbarme dich. :||

3. Mein verlornes Zutraun, / meine Ängstlichkeit bringe ich vor dich. / ||: Wandle sie in Wärme: / Herr, erbarme dich. :||

4. Meine tiefe Sehnsucht / nach Geborgenheit bringe ich vor dich. / ||: Wandle sie in Heimat: / Herr, erbarme dich. :||

Text: Eugen Eckert 1981 Melodie: Winfried Heurich 1981

Fürbitten-Gebet (mit Kyrie)

Dreieiniger Gott, wir danken Dir, dass Du uns heute diesen Spiegel vor Augen hältst, der uns die Möglichkeit eröffnet, dass wir uns auf die Spur kommen. Wir sehen unsere Grenzen und unsere Ohnmacht, spüren das verlorene Zutrauen und unsere Sehnsucht nach Geborgenheit. Wir erkennen, wie auch wir daran beteiligt sind, dass unsere Welt oft so ein lebensfeindlicher Ort ist – und bitten Dich: nimm uns unsere Angst und unseren Kleinglauben. Segne uns mit Weite, Stärke, Wärme und dem Wissen um die Heimat, die wir bei Dir finden – und hilf uns, dass ein Segen werden, sind und bleiben für unsere Nächsten und die Welt, die du uns anvertraust. - Kyrie

Dreieiniger Gott, Du hältst uns die Treue. Und hast darum Deinen Sohn Jesus Christus in Deine Welt geschickt, der deine Liebe zeigt und uns verspricht, dass der Tod nicht das letzte Wort hat. In diesem Vertrauen haben wir Abschied genommen von N.N. und HerrN.N.. Wir legen beider Leben in deine Hand. Und bitten Dich für alle, die um sie trauern: Tröste sie mit Menschen, die sie begleiten, durch sie sie deine Nähe spüren. - Kyrie

Dreieiniger Gott, wir bitten Dich um Deinen Heiligen Geist: Leite und begleite uns in diese neue Woche. Zeig uns Dein Angesicht in den Menschen, die du uns an die Seite stellst. Lass uns die Freude spüren, die dem Barmherzigen versprochen ist. Und segne, denen wir Gutes tun. Und wo unsere Möglichkeiten enden, dort sei Du gegenwärtig mit der Erfahrung deiner Liebe. Vermehre alle Barmherzigkeit, die wir weitergeben, lass Segen wachsen aus unserem Wenigen, das wir vermögen. Bewahre uns vor Resignation oder der Sünde der Gleichgültigkeit. Vor allem stehe denen

bei, die aus unserem Blick geraten, deren Schicksal wir vergessen. - Kyrie

So geh mit uns. Und mit den Menschen, Wir beten gemeinsam:

Vaterunser (EG 685)

Lied „Wenn das Brot, das wir teilen“ NL+ 86,1.2.5

1. Wenn das Brot, das wir teilen, als Rose blüht / und das Wort, das wir sprechen, als Lied erklingt, / dann hat Gott unter uns schon sein Haus gebaut, dann wohnt er schon in unserer Welt. / Ja, dann schauen wir heut schon sein Angesicht / in der Liebe, die alles umfängt, / in der Liebe, die alles umfängt.

2. Wenn das Leid jedes Armen uns Christus zeigt / und die Not, die wir lindern, zur Freude wird, / dann hat Gott unter uns schon sein Haus gebaut, / dann wohnt er schon in unserer Welt. / Ja, dann schauen wir heut schon sein Angesicht in der Liebe, die alles umfängt, / in der Liebe, die alles umfängt.

5. Wenn das Leid, das wir tragen, den Weg uns weist / und der Tod, den wir sterben, vom Leben singt, / dann hat Gott unter uns schon sein Haus gebaut, dann wohnt er schon in unserer Welt. / Ja, dann schauen wir heut schon sein Angesicht in der Liebe, die alles umfängt, / in der Liebe, die alles umfängt.

Text: Claus Peter März. Melodie: Kurt Grahl. © Text und Melodie: bei den Urhebern.

Friedensbitte: „Verleih uns Frieden gnädiglich“ EG 421 Verleih uns Frieden gnädiglich, / Herr Gott, zu unsern Zeiten. / Es ist doch ja kein andrer nicht, / der für uns könnte streiten, / denn du, unser Gott, alleine.

Text und Melodie: Martin Luther 1529

Segen Gemeinde: „Amen, Amen, Amen“

Nachspiel

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