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Pflegeversicherung - Pflegestufe I

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SG Nürnberg, Urteil v. 15.12.2017 – S 21 P 126/16 Titel:

Pflegeversicherung - Pflegestufe I Normenkette:

SGB XI § 14, § 15, § 37, § 140 Leitsatz:

Der Kläger erfüllt nicht die Voraussetzungen für eine Zuordnung zur Pflegestufe I. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)

Schlagworte:

Leistungen der Pflegeversicherung, Pflegestufe I, Pflegegeld, Pflegebedürftigkeit, Grundpflege Rechtsmittelinstanzen:

LSG München, Urteil vom 23.09.2020 – L 4 P 21/18 BSG Kassel, Beschluss vom 23.03.2021 – B 3 P 1/21 BH Fundstelle:

BeckRS 2017, 164202  

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand 1

Der Kläger begehrt Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe I und Leistungen bei eingeschränkter Alltagskompetenz. Streitgegenstand sind zwei Bescheide vom 22.06.2016 und der Bescheid vom 22.07.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.10.2016.

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Der Kläger ist 1949 geboren und bei der Beklagten kranken- und pflegeversichert. Es ist ein Grad der Behinderung von 90 anerkannt sowie Merkzeichen G festgestellt.

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Kläger begehrt von der Beklagten folgende Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung:

* Leistungen bei eingeschränkter Alltagskompetenz rückwirkend für die Zeit vom 01.02.2010 bis zum 28.02.2015

* Leistungen der Pflegestufe I und eingeschränkte Alltagskompetenz ab dem 01.05.2016, Pflegegrad 3 ab 01.01.2017

* Auszahlung der zusätzlichen Betreuungs- und Entlastungsleistungen nach § 45 b SGB XI ab 01.03.2015 4

Mit Schreiben vom 21.05.2016 beantragte der Kläger Leistungen aus der sozialen Pflegversicherung nach der Pflegestufe I bei Vorliegen einer eingeschränkten Alltagskompetenz. Mit Bescheid vom 22.06.2016 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen aus der Pflegestufe I ab. Mit weiterem Bescheid vom 22.06.2016 lehnte die Beklagte den Überprüfungsantrag vom 08.01.2014 hinsichtlich der Leistungen bei eingeschränkter Alltagskompetenz rückwirkend ab 01.10.2010 ab. Gegen beide Bescheide legte der Kläger Widerspruch ein.

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Mit Schreiben vom 16.07.2016 beantragte der Kläger die rückwirkende Auszahlung des Pflegegeldes als Kombinationsleistung und die Auszahlung der zusätzlichen Betreuungsleistungen nach § 45 b SGB XI ab

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01.03.2015. Mit weiterem Bescheid vom 22.07.2016 lehnte die Beklagte eine Auszahlung der Betreuungs- und Entlastungsleistungen ab. Auch hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein.

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Mit Widerspruchsbescheid vom 20.10.2016 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 22.06.2016 hinsichtlich der eingeschränkten Alltagskompetenz, den Bescheid vom

22.06.2016 hinsichtlich der Ablehnung der Pflegestufe I und den Bescheid vom 22.07.2016 hinsichtlich der zusätzlichen Betreuungs- und Entlastungsleistungen nach § 45 b SGB XI zurück. Gegen diesen Bescheid wendet der Kläger sich mit seiner Klage vom 03.11.2016.

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Es war beim Sozialgericht Nürnberg bereits unter dem Aktenzeichen S 21 P 117/14 ein Klageverfahren anhängig. In diesem Verfahren ging es um die Zuerkennung der richtigen Pflegestufe und die Frage der eingeschränkten Alltagskompetenz ab dem 08.01.2014. In dem Verfahren hat das Gericht den

Sachverständigen Herrn Dr. W. mit einem Gutachten im Wege des Hausbesuchs beauftragt. Dieser kommt in seinem Gutachten vom 14.03.2015 zu dem Ergebnis, dass Leistungen aus der sozialen

Pflegeversicherung in Form der Pflegestufe I nicht in Betracht kämen, aber eine eingeschränkte Alltagskompetenz bestehe, die im Rahmen der Begutachtung habe festgestellt werden können. Der Gutachter hat den täglichen Zeitaufwand für die Grundpflege mit 19 min (Körperpflege 9 min/Tag,

Ernährung 0 min/Tag; Mobilität 10 min/Tag) eingeschätzt und für die hauswirtschaftliche Versorgung mit 45 min. Im Rahmen der Prüfung der eingeschränkten Alltagskompetenz stellte der Gutachter fest, dass die Items 8 (Störung der höheren Hirnfunktionen) und 13 (zeitlich überwiegend niedergeschlagen) erfüllt seien, die Items 9 und 10 nicht. Die erheblich eingeschränkte Alltagskompetenz bestehe seit der Begutachtung.

Soweit rückwirkend beurteilbar sei der Fakt, ob die eingeschränkte Alltagskompetenz bereits vorher in dieser Form eingeschränkt war, nicht sicher zuzuordnen. Im Januar 2016 holte das Gericht eine ergänzende Stellungnahme ein, die jedoch das bereits gefundene Ergebnis bestätigte. Vor dem

Sozialgericht Nürnberg hatte die Beklagte zunächst ein Teilanerkenntnis dahingehend abgegeben, dass dem Kläger ab dem 01.03.2015 Leistungen bei eingeschränkter Alltagskompetenz zustehen. Vor dem Bayerischen Landessozialgericht erweiterte die Beklagte ihr Vergleichsangebot auf die Zeit vom 09.01.2014 bis zum 28.02.2015. Ergebnis des Verfahrens ist daher, dass der Kläger seit dem 09.01.2014 Leistungen bei erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz erhält.

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Mit Schreiben vom 14.03.2017 teilte die Beklagte mit, dass der MDK am 02.03.2017 die richtige Einstufung in einen Pflegegrad überprüft habe. Der MDK hat Pflegegrad 1 festgestellt. Da der Kläger jedoch in

Pflegegrad 2 übergeleitet worden sei, erfolge keine Rückstufung. Insoweit ist unter dem Aktenzeichen S 21 P 1/18 ein Verfahren anhängig.

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Am 30.06.2017 fand eine mündliche Verhandlung statt. In diesem Termin nahm der Kläger die Klage hinsichtlich der Leistungen bei eingeschränkter Alltagskompetenz bezüglich des Zeitraums vor dem 09.01.2014 zurück. Er erklärte weiterhin, dass er darum bitte eine Begutachtung durch Herrn Dr. J. zu beauftragen. Die Beklagte erklärte sich damit einverstanden.

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Das Gericht hat daraufhin Herrn Dr. J. mit einem Gutachten beauftragt. Dieser kommt zu dem Ergebnis, dass Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung in Form der Pflegestufe I nicht in Betracht kämen. Der Gutachter hat den täglichen Zeitaufwand für die Grundpflege mit 18 min (Körperpflege 9 min/Tag,

Ernährung 0 min/Tag; Mobilität 9 min/Tag) eingeschätzt und für die hauswirtschaftliche Versorgung mit 45 min.

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Zur Stellungnahme aufgefordert, wandte der Kläger mit Schreiben vom 16.10.2017 ein, dass er 4 x pro Woche dusche und für den einzelnen Duschvorgang einen Zeitaufwand von 21 min benötige. Weiterhin seien seine Schwindel- und Kreislaufstörungen nicht ausreichend berücksichtigt worden und er benötige auch Hilfe beim Ausziehen der Kompressionsstrümpfe und nicht nur beim Anlegen. Des Weiteren habe er eine Vielzahl von Warzen und Blutschwämmchen, die mit Salben behandelt werden müssten. Dies verursache einen Aufwand von 8 min täglich.

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Am 15.12.2017 fand ein Termin zur mündlichen Verhandlung statt. In diesem Termin hat der Kläger

beantragt, dass eine ergänzende Stellungnahme des Herrn Dr. J. eingeholt wird, um zu klären, ob auf S. 11 des Gutachtens ein Grundpflegebedarf in Höhe von 70 Minuten anerkannt wurde. Des Weiteren bitte der Kläger darum, die mit Schreiben vom 16.10.2017 übersandten Unterlagen an Herrn Dr. J. zu übersenden mit der Bitte, diese gutachterlich zu würdigen. Darüber hinaus beantragte der Kläger, dass der gerichtliche Sachverständige sich dazu äußern möge, ob er weiterhin an dem Gutachten Herrn Dr. W. festhält, obwohl dieses vom Bayerischen LSG gerügt und nicht akzeptiert worden sei. Herr Dr. J. sei von der bei der Begutachtung anwesenden Pflegekraft auf die Behandlung der Blutschwämmchen hingewiesen worden.

Dennoch sei dies im Rahmen des Gutachtens nicht berücksichtigt worden. Der Kläger bitte darum, dass auch insoweit eine ergänzende Stellungnahme eingeholt werde.

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Das Gericht hat in dem Termin zur mündlichen Verhandlung das Verfahren bezüglich der zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen gem. § 45 b SGB XI abgetrennt. Bezüglich dieser Leistungen ist unter dem Aktenzeichen S 21 P 141/17 ein weiteres Verfahren anhängig, so dass es zur Ordnung des Prozessstoffes notwendig war, diesen Streitgegenstand abzutrennen. Das abgetrennte Verfahren wird unter dem Aktenzeichen S 21 P 43/18 beim Sozialgericht Nürnberg geführt.

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Der Kläger beantragt vertreten durch seine Bevollmächtigte:

Die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 22.06.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.10.2016 zu verurteilen, dem Kläger ab 01.05.2015 Leistungen nach der Pflegestufe 1 bei anerkannter in erhöhtem Maße eingeschränkter Alltagskompetenz, ab 01.01.2017 Leistungen nach dem Pflegegrad 3 zu bewilligen.

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Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

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Der Kammer haben die Verwaltungsvorgänge der Beklagten vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten.

Entscheidungsgründe 17

Die Klage auf Pflegegeld der Stufe I ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben, jedoch nicht begründet. Der Leistungen der Pflegeversicherung ablehnende Bescheid der Beklagten vom 22.06.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.10.2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger kann das begehrte Pflegegeld der Pflegestufe I mangels Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen nicht beanspruchen. Er hat auch keinen Anspruch auf Einholung einer ergänzenden Stellungnahme durch Herrn Dr. J..

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Streitgegenstand ist hier nur noch die Frage, ob der Kläger Anspruch auf Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe 1 hat. Den Antrag bezüglich der rückwirkenden Gewährung von Leistungen bei eingeschränkter Alltagskompetenz rückwirkend bis zum Jahr 2010 hat der Kläger

zurückgenommen. Seit dem 09.01.2014 werden von der Beklagten Leistungen bei eingeschränkter Alltagskompetenz gewährt. Das Verfahren bezüglich der zusätzlichen Betreuungs- und

Entlastungsleistungen nach § 45 b SGB XI wurde abgetrennt und ist daher vorliegend nicht mehr Streitgegenstand.

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1. Der Kläger hat den Antrag auf Pflegeleistungen bereits im Jahr 2016 gestellt. Gem. § 140 Abs. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch - Pflegeversicherung (SGB XI) erfolgt die Feststellung des Vorliegens von Pflegebedürftigkeit oder einer erheblich eingeschränkten Alltagskompetenz nach § 45a SGB XI in der am

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31. Dezember 2016 geltenden Fassung jeweils auf der Grundlage des zum Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Rechts. Der Erwerb einer Anspruchsberechtigung auf Leistungen der Pflegeversicherung richtet sich gem. § 140 SGB XI ebenfalls nach dem zum Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Recht. Nach dieser Vorschrift beschränkt sich der Rechtsstreit daher auf die Frage, ob die Voraussetzungen für eine Pflegestufe nach der bis zum 31.12.2016 geltenden Rechtslage bestanden haben. Dies ist jedoch vorliegend nicht der Fall.

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2. Nach § 37 SGB XI setzt der Anspruch auf Gewährung von Pflegegeld für eine selbst beschaffte Pflegehilfe unter anderem voraus, dass der Anspruchssteller pflegebedürftig ist und einer Pflegestufe zugeordnet werden kann. Pflegebedürftigkeit liegt nach § 14 Abs. 1 SGB XI vor, wenn der Betroffene wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und

regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate in erheblichen oder höheren Maße der Hilfe bedarf, die nach § 14 Abs. 3 SGB XI in der Unterstützung in der teilweisen oder vollständigen Übernahme der Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens oder in der Beaufsichtigung oder Anleitung mit dem Ziel der eigenständigen Übernahme dieser Verrichtungen besteht.

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Als gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen im vorgenannten Sinne gelten nach § 14 Absatz 4 SGB XI im Bereich der Körperpflege, der neben den Bereichen der Ernährung und der Mobilität zur Grundpflege gehört, das Waschen, Duschen, Baden, die Zahnpflege, das Kämmen, Rasieren und die Darm- oder Blasenentleerung, im Bereich der Ernährung das mundgerechte Zubereiten oder die Aufnahme der Nahrung, im Bereich der Mobilität das selbstständige Aufstehen und das Zu-Bett-Gehen, das An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen oder das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung sowie im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung, das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung oder das Beheizen.

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Welche Art der Hilfeleistung für die Zuordnung einer Pflegestufe dabei von Bedeutung ist, regelt § 14 Abs. 3 SGB XI. Danach ist als Hilfe die Unterstützung, die teilweise oder vollständige Übernahme der

Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens oder die Beaufsichtigung oder Anleitung mit dem Ziel der eigenständigen Übernahme dieser Verrichtungen zu sehen. Die Pflegebedürftigkeit einer bestimmten Pflegestufe kann nicht bereits daraus abgeleitet werden, dass die Schwerbehinderteneigenschaft und/oder die Voraussetzungen von Hilflosigkeit im Sinne des Schwerbehinderten-, Versorgungs- oder

Einkommensteuerrechtes festgestellt sind (vgl. BSG SozR 3-2500 § 53 Nr. 8). Maßgebend ist, ob Funktionsdefizite bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens bestehen.

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Die Zuordnung zur Pflegestufe I (erheblich Pflegebedürftige) setzt nach § 15 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, Absatz 3 Satz 1 Nr. 1 SGB XI voraus, dass der Betroffene bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedarf und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, hat hierbei wöchentlich im Tagesdurchschnitt mindestens 90 Minuten zu betragen, von denen wiederum mehr als 45 Minuten auf die Grundpflege entfallen müssen. Die Grundpflege erfasst diejenigen Verrichtungen, die für die Körperpflege, die Ernährung und die Mobilität im Sinne von § 14 Abs. 4 Nr. 1 bis 3 SGB XI erforderlich sind (vgl. nur BSG, 18.9.2008, B 3 P 5/07 R, Juris, st. Rspr.).

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Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Der Grundpflegebedarf des Klägers beträgt 18 min. Zu dieser Überzeugung gelangt die Kammer aufgrund der überzeugenden, schlüssigen und nachvollziehbaren Feststellungen des Sachverständigen Herrn Dr. J. in seinem Gutachten vom 07.08.2017, der Gutachten des MDK und den eingeholten Befundberichten. Zwecks Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die Darstellung des Hilfebedarfs des Klägers bei den einzelnen Verrichtungen der Grundpflege durch Herrn Dr. J. Bezug genommen. Bei der hauswirtschaftlichen Versorgung besteht ein

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umfassender Hilfebedarf von mindestens 45 Minuten täglich im Sinne der Höchstpauschalzeit. Ein Hilfebedarf in der Grundpflege von mindestens 46 min konnte von dem gerichtlich bestellten

Sachverständigen jedoch nicht festgestellt werden. Der Sachverständige schätzt den Hilfebedarf des Klägers mit 9 min in dem Bereich Körperpflege und 9 min in dem Bereich Mobilität, also ein Hilfebedarf von insgesamt 18 min, ein. Das Gericht hat keinen Anlass, an den Feststellungen des Sachverständigen zu zweifeln und schließt sich dessen Einschätzung des Hilfebedarfs des Klägers vollumfänglich an. Der Sachverständige hat den Kläger nach eingehender Anamnese gründlich untersucht und alle vorliegenden Befunde in die Bewertung des Hilfebedarfs mit einbezogen. Mit der Wahl des Herrn Dr. J. als

Sachverständigen hat das Gericht dem Wunsch des Klägers entsprochen. Mit seiner Einschätzung steht der gerichtliche Sachverständige auch in Einklang mit der Einschätzung des gerichtlichen Sachverständigen Herrn Dr. W. im Verfahren S 21 P 117/14.

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Der Kläger kann mit seinen Einwendungen gegen das Gutachten nicht durchdringen. Der beschriebene Zeitaufwand durch die Schwindelattacken und Kreislaufbeschwerden führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Im Rahmen der Beurteilung der Pflegebedürftigkeit sind medizinische Diagnosen nicht

entscheidend, sondern vielmehr die Frage, inwieweit diese zu Einschränkungen führen, die den Hilfebedarf erhöhen. Der gerichtliche Sachverständige konnte sich im Rahmen seines Hausbesuchs ein Bild von den gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers machen. Ein höherer Hilfebedarf konnte von dem Sachverständigen dennoch nicht festgestellt werden. Auch der beschriebene Hilfebedarf bei der

Behandlung der Warzen und Blutschwämmchen ist nicht zu berücksichtigen. Es handelt sich insoweit um medizinische Behandlungspflege, die im Rahmen des Grundpflegebedarfs nicht zu berücksichtigen ist. Bei der Feststellung des Zeitaufwandes ist nach § 15 Abs. 3 Satz 2 SGB XI ein Zeitaufwand für erforderliche verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen dann zu berücksichtigen; wenn der behandlungspflegerische Hilfebedarf untrennbarer Bestandteil einer Verrichtung nach § 14 Abs. 4 SGB XI ist oder mit einer solchen Verrichtung notwendig in einem unmittelbaren zeitlichen und sachlichen

Zusammenhang steht. (BSG, Urteil vom 08. Oktober 2014 - B 3 P 4/13 R -, SozR 4-3300 § 14 Nr. 8, Rn.

14). Die Behandlung der Warzen und Blutschwämmchen wird nicht im zeitlichen Zusammenhang mit einer Katalogtätigkeit erforderlich, sondern wird unabhängig von den Katalogtätigkeiten durchgeführt. Sie ist daher eine Maßnahme der Behandlungspflege, die nicht als Grundpflegebedarf berücksichtigt werden kann.

Es war daher auch nicht erforderlich, den gerichtlichen Sachverständigen insoweit mit einer ergänzenden Stellungnahme zu beauftragen. Die Frage, ob die Behandlung der Warzen und Blutschwämmchen bei der Grundpflege zu berücksichtigen ist, ist einer Rechtsfrage und daher vom Gericht zu klären und nicht von dem gerichtlichen Sachverständigen. Da nach Auffassung des Gerichts die Behandlung der Warzen und Blutschwämmchen nicht im Rahmen der Grundpflege zu berücksichtigen ist, musste das Gericht dem insoweit gestellten Beweisantrag des Klägers nicht nachgehen.

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3. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die Einholung einer ergänzenden Stellungnahme des gerichtlichen Sachverständigengutachtens. Die in der Sitzung vom 15.12.2017 gestellten Beweisanträge des Klägers werden abgelehnt. Die Kammer hat sich nicht gedrängt gesehen, weitere medizinische Sachaufklärung im Rahmen der ihr nach §§ 103, 106 SGG obliegenden Pflicht zur Aufklärung des

Sachverhalts entsprechend dem in der mündlichen Verhandlung formulierten Beweisantrag des Klägers zu betreiben.

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Der Kläger hat mit seinem in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag, dass seine an das Gericht übersandten Unterlagen an den Sachverständigen zur Stellungnahme übersandt werden, schon keine bestimmte Tatsachenbehauptung aufgestellt, die bewiesen werden soll (vgl. zu diesem Erfordernis etwa BSG, Beschluss v. 02. Oktober 2015 - B 9 V 46/15 B Rn 8; und vom 27. März 2014 - B 9 V 69/13 B Rn 14 zitiert nach juris). Beweisanträge, die so unbestimmt beziehungsweise unsubstantiiert sind, dass im Grunde erst die Beweisaufnahme selbst die entscheidungs- und damit beweiserheblichen Tatsachen aufdecken soll beziehungsweise die allein den Zweck haben, dem Beweisführer, der nicht genügend Anhaltspunkte für seine Behauptungen angibt, erst die Grundlage für substantiierte

Tatsachenbehauptungen zu verschaffen, legen dem Tatsachengericht keine weitere Beweisaufnahme nahe. Um eine solchen „Ausforschungsbeweisantrag“ hat es sich hier gehandelt, als der Kläger darum bat,

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die an das Gericht übersandte Unterlagen zur Stellungnahme zu übersenden. Einen solchen Beweisantrag kann das Gericht - wie hier - ablehnen.

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Soweit der Kläger beantragt, dass der gerichtliche Sachverständige sich dazu äußern möge, ob er weiterhin an dem Gutachten des Herrn Dr. W. festhalte, obwohl dieses vom Bayerischen LSG gerügt und nicht akzeptiert worden sei, ist dem Beweisantrag nicht nachzugehen. Zum einen ist darauf hinzuweisen, dass das Bayerische Landessozialgericht ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 07.12.2016 das Gutachten nur bezüglich der Darlegungen zur eingeschränkten Alltagkompetenz für die Vergangenheit kritisiert hat.

Über die Einschätzung der Höhe der Grundpflegebedarf hat das Bayerische Landessozialgericht sich nicht geäußert. Des Weiteren beruht das Gutachten des Herrn Dr. J. auf seiner eigenen gutachterlichen

Einschätzung und Wahrnehmung. Der Sachverständige hat die Ausführungen des Herrn Dr. W. lediglich wiedergegeben und dann zu einer eigenen - in einzelnen Punkten abweichenden - Einschätzung gefunden.

Der Beweisantrag ist daher als untauglich abzulehnen.

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Auch dem Beweisantrag, dass Herr Dr. J. dazu gehört werden möge, ob er auf S. 11 des Gutachtens einen Grundpflegbedarf in Höhe von 70 min anerkannt hat, ist nicht nachzugehen. Es ist offensichtlich, dass Herr Dr. J. hier den Hilfebedarf in der Grundpflege und denjenigen der hauswirtschaftlichen Versorgung in Bezug genommen hat. Jeder anderen Interpretation der Ausführungen des Herrn Dr. J. fehlt die Grundlage. Diese Frage ist auch nicht rechtserheblich, das der Sachverständige auf Seite 11 seines Gutachtens lediglich einen Auszug aus der SG-Akte S 21 P 117/14 macht und keine eigenen gutachterlichen Würdigungen anstellt.

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Weitere Ermittlungen von Amts wegen waren nicht veranlasst.

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Die Klage war daher abzuweisen.

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4. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 193 SGG.

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