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Grundlagen des öffentlichen Verkehrs: Neue Betriebsformen für den öffentlichen Verkehr in ländlichen Räumen

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Grundlagen des öffentlichen Verkehrs: Neue Betriebsformen für den öffentlichen Verkehr in ländlichen Räumen

Author(s):

Brändli, Heinrich; Muheim, M.; Reutimann, Felix Publication Date:

1979

Permanent Link:

https://doi.org/10.3929/ethz-b-000265851

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ETH Library

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Grundlagen des öffentlichen Verkehrs:

Neue Betriebsformen für den öffentlichen

· Verkehr in ländlichen Räumen

Prof. H. Bränd'l•i M. Muheim F. Reutimann

Dezember 1979

~-

ETH-Bibliothek

~ 1 111 1111111111111

EM000007936854

IVT Bericht Nr. 80/1

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seits und die dadurch entstehenden, spürbaren Belastungen der öffentlichen Hand anderseits zwingen zur Suche nach verbesserten Angeboten mit erhöhter Effizienz.

Eine der diesbezüglich sinnvollen Stossrichtungen liegt zweifel- los im Einsatz betrieblich unkonventioneller Betriebsformen in Räumen mit schwacher und sowohl zeitlich als auch örtlich dispers

verteilter Nachfrage. Dabei ist von der VoraJssetzung auszugehen, dass die Schweiz von einem ausserordentlich dichten Netz von

Linien .öffentlicher Verkehrsmittel überzogen ist. ·Der Anreiz für neue Betriebsformen liegt daher weniger im Bestreben, bisher

nicht bediente Gebiete zu erschliessen als vielmehr im Zwang, bestehende Betriebe mit kleinerem finanziellem Aufwand und/oder besserem Angebot am Leben zu erhalten.

Diese gegenüber dem Ausland grundsäztlich verschiedene Ausgangs- lage bewirkt, dass vorhandene Versuchsbetriebe wie beispielsweise in Friedrichshafen, Hannover oder Paris nicht einfach auf die Schweiz übertragen werden können.

Insbesondere die rechnergestützte Disposition erfordert einen finanziellen Anfangseinsatz, der für potentielle schweizerische Anwendungsgefälle weder möglic~ noch sinnvoll ist.

Somit geht es darum, für sehr kleine Betriebe neue Angebots- formen zu finden. Die jeweils bestgeSignetsBetriebsart ist aus einer sehr grossen Fülle möglicher Formen auszuwählen. Deshalb ist die vorliegende Studie derart gegliedert, dass vorerst bewusst mit einer sehr breiten Betrachtungsweise alle möglichen Be- triebsarten systematisch und z.T. differenziert nach Verkehrs- mitteltechnologien untersucht werden.

Die grundsätzlichen Abklärungen der Systemkomponenten werden veri- fiziert mit einer Betriebssimulation anhand eines konkreten Fall- beispieles.

Losgelöst von diesem Auftrag werden dessen Ergebnisse weiterent- wickelt und praktische Einsatzmöglichkeiten zusammen mit den be- treffenden Betrieben geprüft.

Der ETH sei an dieser Stelle für die Finanzierung des Forschungs- projektes herzlich gedankt; ebenfalls allen Beteiligten, die die Arbeit mit Rat und Tat unterstützen. Besonderen Dank gebührt Herrn Dipl.Ing. Markus Muheim. Herr Muheim hat nicht nur die ganze

Forschungsarbeit weitgehend selbständig durchgeführt, sondern mit

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findet und zur Verbesserung des Angebotes öffentlicher Verkehrs- mittel beitragen kann.

Prof. H. Brändli

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I N H A L T S V E R Z E I C H N I S

1 . AUFTRAG

1.1 Ausgangslage 1.2 Problemstellung 1.3 Ziel des Auftrages 2. VORGEHEN

3. THEORETISCHE GRUNDLAGEN 3.1 Zielsetzungen

3.2 Systemvarianten 3.3 Systemverknüpfungen

3.4 Technische Konkretisierung 4. ANRUFSYSTEME

4.1 Information und Kommunikation 4.2 Disposition

4.3 Annahmebereitschaft 4.4 Rechtliche Aspekte

4.5 Netz- und Siedlungsstruktur 4.6 Tarif und Abfertigung

4.7 Grenzwerte 4.8 Fahrzeug 5. VERSUCHSBETRIEB

5.1 Ziel eines Versuchsbetriebes 5.2 Probleme eines Versuchsbetriebes 5.3 Chancen eines Versuchsbetriebes 5.4 Fahrer

6. ZUSAMMENFASSUNG 7. ANHAENGE

7.1 Testgebiet Rafz 7.2 Betriebssimulation

7.3 Auswertung und Interpretation der Simulation

7.4 Anregungen und Diskussionsthesen. zum öffentlichen Verkehr

7.5 Begriffe 7.6 Abkürzungen 7.7 Literatur

Seite

1 1 1 2

3 5 5 8

26 33 44 44 53 65 71 73 78 83 85 90 90 92 93 94 97 1 01 102 1 21 140 153 154 158 160

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1 . AUFTRAG

1.1 Ausgangslage

Dar kPove8tionelle Linienverkehr, wie er das allgemein übliche An- gebot des öffentlichen Verkehrs prägt, ist aufgrund seiner spezi- fischen Charakteristiken und seiner Betriebskonzession an einschnei- dende Randbedingungen gebunden. Insbesondere bewirken die Bindungen an bestimmte Strecken, Linien, Haltestellen und vorgegebene Fahrzei- ten, dass

das ganze Angebot vorprogrammiert und auf eine Masse potentieller Einzelnachfragen ausgerichtet werden muss,

für ein qualitativ ansprechendes Angebot im Sinne einer hohen Netz- und Fahrplandichte eine quantitativ grosse Nachfrage be- nötigt wird.

Gerade die letzte Voraussetzung einer grossen Nachfragedichte trifft für ländliche Räume und Berggebiete ausgesprochen nicht zu. Die Fol- ge davon ist ein unattraktives Angebot, das letztlich nur noch von Personen beansprucht wird, denen der Gebrauch des Autos aus irgend- welchen Gründen verwehrt bleibt.

1.2 Problemstellung

In der heutigen Zeit schwindender Fahrgastzahlen und rasch wachsen- der Defizite wird der einzig gangbare Weg für den öffentlichen Ver- kehr immer mehr im "Rückzug aus der Fläche" gesehen. Beispiele hier- zu sind:

Die vieldiskutierte "Gesundschrumpfung" des Streckennetzes von SBB und OB, die nur aus (lokal-) politischen Erwägungen bisher kaum zustande kam.

Die Betriebseinstellungen schwachfrequentierter Buslinien bzw.

die Sistierung entsprechender Ausbaupläne.

Die Suche nach neuen (Betriebs-) Kostenträgern ·auf allen Ebenen, die sich bei negativen Ergebnissen sehr rasch in Angebotsreduk- tionen niederschlägt.

Neben dem Zubringerverkehr zur Eisenbahn sowie der Feinerschlies- sung niedrig genutzter Wohnzonen zeigt sich die Problematik am schärfsten im ländlichen Raum, wo zudem ein Abbau des öffentli- chen Verkehrs den raumplanerischen Zielvorstellungen diametral entgegenläuft.

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Einem Absinken von Nachfrage und verfügbaren Mitteln vermag der konventionelle Linienbetrieb ohne Preisgabe der Angebotsqualität und damit seiner Wettbewerbsstellung nicht zu folgen. Es ist da- mit grösstes Gewicht auf die Frage zu legen,

ob und auf welche Weise mittels neuer Betriebstech- niken und unter Weiterverwendung der bisherigen technischen Mittel ein finanziell tragbares, schwa- chen und dispers verteilten Frequenzen optimal an- gepasstes Angebot im öffentlichen Verkehr erbracht werden kann.

Im Vordßrgrund steht dabei der Autobusbetrieb. Daneben werden spurgebundene Systeme,wie Nebenbahnen und Ueberland-Trolleybus- betriebe sowie Entwicklungen aus dem Taxibetrieb im Sinne be- darfsgesteuerter Kleinbussysteme zu berücksichtigen sein.

1.3 Zielsetzung des Auftrages Es wird davon ausgegangen, dass

die heutigen Fahrwege und Fahrzeuge weiterverwendet werden, da grosse Investitionsschritte in der beschriebenen Ausgangslage nicht realisierbar sind,

die Fahrzeuge nach wie vor mit Chauffeur fahren.

Abgebaut werden soll die Vorprogrammiertheit des Angebotes, die heute zu sehr schwachen Durchschnittsauslastungen führt und die die ungenügende örtliche und zeitliche Verfügbarkeit bewirkt.

Als Ziel wird damit eine direkte Steuerung des Angebotes durch die momentane Nachfrage angestrebt. Die Vorteile des Linienverkehrs sollen dabei möglichst wenig geschmälert, der Aufwand für.Daten- übertragung und Betriebslenkung niedrig gehalten werden.

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2. VORGEHEN

Für die Erarbeitung der gestellten Probleme wurde ein mehrstufiges Vorgehen gewählt, wie es in Abb. 2.1 dargestellt ist.

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Abb. 2. 1

Systemerarbettung Lösung betrieblicher Bindungen

Variantenbeschrieb

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Systemverknüpfung j

neue Systeme auf vorhandener Infrastruktur

Anrufsysteme

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betriebliche Problemkreise ergänzende Problemkreise Information

Kommunikation Disposition Tarif & Abfertigung

Nachfrage Recht

Netz- & Siedlungsstruktur Kosten

Fahrzeug

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konkretes Beispiel Simulation

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Testbetrieb 1- _ _ .,. Ausnahme- regelungen

Vorgehen bei der Bearbeitung des Auftrages

In einer ersten Stufe wurden möglichst viele neue Betriebsformen definiert. Durch sukzessives Weglassen einzelner betrieblicher Bindungen ergaben sich neue Kombinationen verbleibender, z.T. mo- difizierter Bindungen, womit sinnvolle Betriebssysteme konstruiert wurden. Die derart erhaltenen Systeme werden im Kap. 3.2 (System- varianten) kurz beschrieben. Oie einzelnen Varianten stellen je ein geschlossenes System dar. Oertliche und/oder zeitliche Ver- knüpfungen werden in einem separaten Bearbeitungsgang untersucht (vgl. Kap. 3.3, Systemverknüpfungen). Der bedarfsgesteuerte Busbe- trieb wird besonders detailliert untersucht.

Eine zweite Stufe gilt der Konkretisierung der allgemein theore- tischen Erkenntnisse. Als erstes wird untersucht, inwieweit tech- nische Infrastruktureinrichtungen für neue Betriebsformen verwen- det werden können. Der Vollständigkeit halber werden sie in diesen Bericht integriert, obwohl die gewonnenen Erkenntnisse erwartet wer- den konnten und beinahe trivial erscheinen mögen.

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Der wesentlichste Teil der zweiten Arbeitsstufe bildet die betrieb- lich/geographische Konkretisierung. Ein denkbares schweizerisches Gebiet wurde als Testgebiet · den Einzelbetrachtungen zugrunde

gelegt und bot auch den Rahmen für Simulationsrechnungen eines be- darfsgesteuerten Betriebes (vgl.Kap.7.1, Testgebiet Rafz und Kap.

7.2, Betriebssimulation). Die an diesem Beispiel erarbeite- ten Daten und Erkenntnisse flossen wieder in die allgemeinen Be- trachtungen ein (vgl.Kap. 4, ·Anrufsysteme).

Als konsequente Weiterführung dieser Untersuchung müssten nun Ver- feinerung und Verbesserung einzelner Modellansätze folgen (insbe- sondere bei der Simulation: vgl. S.136: Möglichkeiten und Grenzen des Simulationsmodells), welche sich aus den bisherigen Er-

kenntnissen aufdrängen, aber leider im Rahmen dieser Arbeit aus Zeitgründen nicht weiterverfolgt werden können.

Des weiteren bleiben noch einige Fragen offen. Sie können z.T. nur durch einen Versuchsbetrieb im Massstab 1:1 abgeklärt werden. Ent- wurf, Planung und Durchführung eines solchen Versuches bleiben hin- gegen einer allfälligen Nachfolgeuntersuchung vorbehalten. Die vor- liegende Arbeit kann nur sachliche Hinweise dazu liefern.

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3. THEORETISCHE GRUNDLAGEN 3.1 Zielsetzungen

Verschiedentlich wurde versucht, Zielsetzungen für den Verkehr insgesamt und den öffentlichen Verkehr im besonderen zu formu- lieren (vgl. Lit. 1 ). Dabei werden für den öffentlichen Ver- kehr meist 3 verkehrspolitische Oberziele genannt. (vgl. Lit. 2 und 3) .

- "Hochwasserentlastung"im Sinne der Entlastung des Privatver- kehrs dann und dort, wo er aus Leistungsgründen versagt.

Teilersatz privater Verkehr aus verkehrsexternen Gründen.

Mobilitätsvorsorge 1 )alszumindest teilweise sozialpolitische Massnahme.

Nebst diesen verkehrspolitischen Zielsetzungen sind noch weitere auf anderen Ebenen zu berücksichtigen, insbesondere raumordnungs- politische, sozialpolitische, versorgungs- und sicherheitspoliti- sche. Im einzelnen Fall ist ein verkehrspolitisches Ziel von den anderen beeinflusst, konkurrenziert oder verhält sich neutral.

"Hochwasserentlastung"

Kapazitätsengpässe entstehen dort, wo das Verkehrsaufkommen zu gross oder die K~pazität der Verkehrsinfrastruktur zu gering ist.

In ländlichen Gebieten treten grosse Verkehrsströme nur als Durch- gangsverkehr auf den Hauptachsen auf. Sie können durch regionale Nahverkehrssysteme nicht beeinflusst werden.

In Gebieten mit geringen Strassennetzkapazitäten können auch bei mittlerem Verkehrsaufkommen Ueberlastungen auftreten. Dies wird

in zunehmendem Ausmass in den Ferienorten mit oft weit ausgedehn- ten Einfamilienhauszonen aktuell. Das Verkehrsaufkommen ist sehr dispers verteilt und gering im Mikrobereich, gesamthaft jedoch meist sehr gross.

Es folgt daraus, _dass für die Zielsetzung "Hochwasserentlastung"

indiviualisierte Betriebsformen wie der Bedarfsbus nicht geeig- net sind.

1 )zu den Begriffserläuterungen vgl. Kap. 7.5, S.154

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Teilersatz Privatverkehr

Ein teilweiser oder vollständiger Ersatz des Privatverkehrs wird meistens aus ausserverkehrlichen Gründen angestrebt, insbesondere.in- folge raumplanerischen,umweltplanerischen oder Siedlungsplanerischen

Zielsetzungen. Beim vollständigen Ersatz des privaten Verkehrs ge- niesst der öV eine Monopolstellung, wodurch der Anreiz, ein komfor- tables Angebot vorzuhalten, sinkt. Demgegenüber bewirkt die notge- drungen grössere Verkehrsleistung des öV's ein Anheben der Ange- botsqualität, meist in Form einer besseren zeitlichen Verfügbar- keit. Eine Bedarfssteuerung fällt somit in der Regel aus Gründen der Leistungsfähigkeit ausser Betracht.

Soll der private Verkehr teilweise, möglicherweise sogar ohne ver- kehrslenkende Massnahmen ersetzt werden, so ist eine starke Konkur- renzstellung zum privaten Verkehr zu berücksichtigen. Oie verbesser- te örtliche Verfügbarkeit eines bedarfsgesteuerten Systems kann hier Vorteile bringen. Nachteilig wirkt sich dagegen das hohe Kostenni- veau aus.

Mobilitätsvorsorge

In unserer heutigen Wirtschafts- und Siedlungsstruktur werden ver- mehrt Bevölkerungsschichten, welche über kein eigenes Verkehrsmit- tel verfügen können, benachteiligt. Diese Entwicklung wird durch die verbreitete Motorisierung gefördert, beispielsweise in der dis- persen Verteilung der Wohngebiete und gleichzeitigen Konzentration der Einkaufsmöglichkeiten und öffentlichen Einrichtungen. Als Bei- spiel sei das Schulwesen erwähnt. Oie Konzentration der Mittel- und Oberstufenschulen führte vielerorts zu grösseren Schulwegen der betroffenen Schüler. Wo ein günstiges öffentliches Verkehrs- mittel fehlt, werden Schulbusse eingeführt. Diese Art der Mobili- tätsvorsorge wird als Selbstverständlichkeit betrachtet. Hingegen sind heute noch in der Schweiz ganze Siedlungsgebiete mehrere Ki-

lometer vom nächsten öffentlichen Verkehrsmittel entfernt. Statt vom Recht auf Mobilität zu sprechen, wird im Konzessionsgesuch ein Bedürfnisnachweis verlangt. Die Benachteiligung in der Ver- kehrserschliessung jener betroffenen Bevölkerungsgruppen ist of- fensichtlich. Die Alternativen heissen oft Verzicht auf eine ge- wünschte Fahrt, Fussmarsch oder Beanspruchung der Nachbarschafts-

hilfe (vgl. Fiedler, Lit. 4 ). Deshalb sind die qualitativen An- forderungen dieser Benützergruppe an ein öffentliches Verkehrsmit- tel gering.

Demgegenüber bietet jedoch ein bedarfsgesteuerter Bus eine hohe Angebotsqualität, insbesondere bezüglich örtlicher Verfügbarkeit und Direktfahrt, welche nicht gerechtfertigt zu sein scheint.

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Die Mobilitätsvorsorge enthält nun aber grundsätzlich verschiedene Teilaspekte,nämlich jene der Sozialleistung, der Siedlungspolitik und der Sicherheitspolitik. Ein soziales Recht auf ein Mindestmass an Mobilität wurde bis heute noch nicht generell formuliert. Län- gerfristig ist aber damit zu rechnen (vgl. IVT-Bericht, Regionali- sierung, Lit. 5). Sodann wird der öffentliche Verkehr die Aufgabe erhalten, weite Flächen zu erschliessen, welche heute aus wirtschaft-

lichen oder betrieblichen Gründen nicht bedient sind. Es werden sich somit neue Betriebsformen aus wirtschaftlichen Gründen aufdrängen.

Der gute Qualitätspegel wird als positive Zugabe begrüsst.

Raumplanerische Ueberlegungen führen oft dazu, ländliche Räume als Wohn- und Arbeitsplatz attraktiver zu gestalten. Ein Förderungsmit- tel kann die gute öffentliche Verkehrserschliessung sein. Für die- sen Fall wirkt sich die hohe Angebotsqualität des Bedarfsbusses günstig aus.

Die Sicherheitspolitik kann ein funktionsfähiges öffentliches Ver- kehrsmittel verlangen. Wichtige Verkehrsadern werden aus diesen Gründen auch in Friedenszeiten gefördert, da ein Aufbau in

Krisenzeiten oft nicht mehr oder nur unter erschwerenden Umstän- den möglich ist (z.B. Lieferfristen für Fahrzeuge).

Wird aus Gründen der Mobilitäsvorsorge ein öffentliches Verkehrs- mittel angeboten, kann dieses nur selten,in äusserst günstigen Fällen,selbsttragend geführt werden .. Um dennoch die Kosten für · die Oeffentlichkeit niedrig zu halten, können zwei grundsätzli- che unternahmarische Handlungsalternativen verfolgt werden. Durch die Beschränkung des Betriebes auf das geforderte Minimalangebot werden die Betriebsaufwendungen gering gehalten. Darin ist jedoch die Gefahr des schon erwähnten Absinkans der Fahrgastzahlen ent- halten (vgl.S.1, Ausgangslage). Andernfalls kann mit einem komfor- tablen Angebot versucht werden, die Nachfrage anwachsen zu lassen, um damit das Verkehrsmittel besser auszulasten. Wie die ausländi- schen bedarfsgesteuerten Versuchsbetriebe zeigen, reagiert das Pub- likum auf solche Unterfangen günstig. (Beispiel: Friedrichshafen:

50% höhere Nachfrage im ersten Jahr des Probebetriebs).

Sollen Ziele nicht nur anzustrebende Idealvorstellungen, sondern konkrete Absichtserklärungen darstellen,so müssen sie im Einzel- fall ausformuliert und quantifiziert werden. Oie entsprechenden Massnahmen sind durchzusetzen und insbesondere die Finanzierungist zu sichern. Dies bedeutet, dass diejenige politische Ebene, wel- che ein bestimmtes Ziel anstrebt, die anfallenden Kosten mitzu- tragen hat. Diese Forderung gewinnt dann an Bedeutung, wenn eine Dienstleistung vermehrt eine soziale Aufgabe erfüllen muss, wel- che durch direkte Beiträge (z.B. Fahrpreise) nicht vollständig gedeckt werden kann.

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3.2 Systemvarianten

Betriebliche Bindungen - Systembezeichnung - Beschrieb der Systemvarianten - Zusammenfassung

3.2.1 Betriebliche Bindungen

Das Angebot des konventionellen öffentlichen Linienverkehrs wird geprägt durch die Bindungen des Linienbetriebes an

- Strecke - Linie

- Haltestelle

- Fahrplan bzw. Kursfolgezeit

Durch sukzessives Lösen dieser betrieblichen Bindungen soll ver- sucht werden, grundlegend neue Betriebsformen zu entwerfen. Der Weg führt somit vom Linienbetrieb in Richtung bedarfsgesteuerte Systeme.

Streckengebundenheit:

Das Streckennetz einer bestimmten Region oder eines bestimmten Ver- kehrsbetriebes setzt sich aus der Vernetzung einzelner Streckenab- schnitte zusammen. Generell ist jedes Verkehrsmittel auch bei neu- artiger Betriebsform an eine Strecke (Fahrbahn, Schiene, Seil etc.) gebunden. Sogar Flugzeuge verkehren in sogenannten Luftstrassen.

Sie werden aus Sicherheitsgründen an Streckenkorridore gebunden.

Dasselbe gilt weitgehend auch ~ür die Linienschiffahrt. Völlige Streckenfreiheit kann es also nicht geben.

Wenn im folgenden dennoch die Streckengebundenheit erwähnt wird, so kommt darin zum Ausdruck, dass die Fahrzeuge des Linienbetriebes selbst innerhalb des befahrbaren Strassennetzes nicht frei sind, sondern ganz bestimmte Strecken für ihre Fahrt benützen müssen.

Liniengebundenheit:

Liniengebundenheit bedeutet Bindung einer Anzahl Fahrzeuge eines Verkehrssystems an eine bestimmte Strecke zwischen zwei Endpunk- ten. Auf dieser Linie verkehren diese Fahrzeuge regelmässig oder unregelmässig. Linienbindung führt sowohl zu einem rationellen Umlaufbetrieb der Fahrzeuge auf den einzelnen Linien, als auch zu Umsteigebewegungen für die Fahrgäste, sobald Start und Ziel nicht an derselben Linie liegen.

Der Begriffsinhalt der Liniengebundenheit als zusätzliche Einschrän- kung zur Streckengebundenheit ist geprägt durch den städtischen Nah- verkehr mit seinem dichten Streckennetz. Die Linie gilt nur für eine bestimmte Streckenführung.

In ländlichen Gebieten dagegen bereitet dieser Begriff Verständnis- schwierigkeiten, da sich der Betrieb in der Regel auf eine Linie beschränkt und somit die Linie mit der Streckenführung zusammen-

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fällt. Oft sind sogar verschiedene alternative Strecken auf der- selben Linie befahren.

Für bedarfsgesteuerte Systeme drängt sich eine neue Bezeichnung auf, die dem Begriff der Linie entsprechen könnte: der Linien- korridor.

Der örtliche Einflussbereich einer Linie wird durch diesen neuen Begriff besonders. hervorgehoben. Der Linienkorridor entspricht beim vorhandenen Linienbetrieb dem Erschliessungsgebiet der ent- sprechenden Linie. Hisbei können sich Linienkorridore überschnei- den (vgl. auch die Einflussbereiche nahegelegener, von verschie- denen Linien bedienter Haltestellen).

Haltsstellengebundenheit:

Als Haltestelle bezeichnen wir das Verbindungsglied zwischen Ver- kehrsmittel und Kunde. Jedes Verkehrssystem muss solche möglichen Zutrittsorte definieren. Von effektiver Haltestellenfreiheit kann nur bei einem Verkehrsmittel gesprochen werden, wo unter konstan- tem Betrieb an jedem Ort auf- und abgestiegen werden kann (z.B.

Privatverkehr in Wohnstrassen). In vielen Fällen verhindert jedoch schon das Tarifsystem mit den entsprechenden Abfertigungs- einrichtungen eine derartige Betriebsart.

Die Bindung der Ein-/Aussteigebewegu~gen an fix bezeichnete Punkte kann sukzessive gelockert werden:

Faktultativer Halt

Freie Aussteiger entlang einer Linie

Abholen auf Anmeldung an beliebigem Punkt im Linienbereich Haus - Haus - Bedienung.

Selbstverständlich sind alle Zwischenformen und Kombinationen mög- lich. Für spurgebundene Systeme bedingt eine Haltestelle meistens einen grossen Infrastrukturaufwand. Eine Lösung der Haltestellen- bindung ist oft auch aus Gründen der Betriebssicherheit und der Fahrplaneinhaltung unerwünscht. Auch bei Strassenverkehrsmitteln ist die Lockerung der Haltsstellenbindung nicht unproblematisch.

An Hauptverkehrs- und wichtigen Sammelstrassen müssen Haltepunkte aus Sicherheitsgründen bezeichnet und evt. baulich hervorgehoben werden. Halten an jedem Ort. z.B. vor jeder Haustüre ist aus ver-

kehrsorganisatorischen Gründen nur auf Erschliessungsstrassen in Wohnquartieren garantiert.

Fahrplangebundenheit:

Fahrplan bedeutet zeitl·iche Vorprogrammierung des Fahrzeugbetriebes unter Berücksichtigung der zu erwartenden Verkehrsnachfrage. Die Lösung dieser Bindung heisst nichts anderes als Verschiebung der

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Betriebsform von Vorprogrammierung zur direkten Nachfrageabhängig- keit. Während der Setreiber bei veröffentlichtem Fahrplan auch zur Fahrtmit leeren Fahrzeugen verpflichtet ist, besteht bei "Nachfra-

gebindung" nur noch eine Art "Bereitschaftspflicht".

3.2.2 Systembezeichnung

Um die Uebersicht über die Vielzahl von Systemvarianten nicht zu verlieren, wurde ein Bezeichnungssystem gewählt, das dem

Vorgehen bei der Suche nach Systemmöglichkeiten entspricht. Allen Systemen wird eine Nummer zugeteilt. Die einzelnen Ziffern geben an, welche betrieblichen Bedingungen beibehalten wurden. Dabei entspricht

1 Streckengebundenheit 2 Liniengebundenheit

3 Haltestellengebundenheit 4 Fahrplangebundenheit

Beispiel: System 13: Der Bus ist strecken- und halte- stellengebunden, d.h.: er bewegt sich frei auf dem Streckennetz, hält jedoch nur an Hal- testellen.

System 0: weist keine betrieblichen Bindunasn auf.

Abb. 3.1 und 3.2 zeigen eine Uebersicht über die Betriebs-Systeme des öffentlichen Verkehrs. Vier Flächen (vgl. Abb. 3.1 gerasterte Figur) umgrenzen je eine betriebliche Bindung. Die Schnittflächen ergeben die möglichen Kombinationen.

So steht im Zentrum der Linienbetrieb mit allen vier Bindungen.

Nach aussen nehmen die Bindungen ab. Ausserhalb der Figur fehlt jegliche Bindung, was der reinen Bedarf~steuerung und dem Taxi entspricht. Das Taxi bildet als halböffentliches Verkehrsmittel zudem den Uebergang zum privaten Verkehr.

Jede skizzierte Systemvariante wird als isolierter, selbständiger Betrieb behandelt. Beschränken wir uns auf ländliche Gebiete, so entspricht ein solches System beim konventionellen Linienbetrieb meist einer Linie. Anknüpfungen und Verflechtungen mit andern Be- trieben werden als Berührungspunkte zu benachbarten Systemen betrach- tet.

(16)

lJ

F

ausserhalb: 0

S Strecke · L Linie

H = Haltestelle F F ahro lan

Abb. 3.1 Kombinationen der betrieblichen Bindungen und Systemnummerierung

(17)

s Streck.er.netz

L LS

• Linien·

Abb. 3.2

• Linien- anrufbus (Bedarfs-

SLHF

• Linienbetrieb

ausserhalb: • Anrufbus

• Taxi

Uebersicht über die Be- triebssysteme im öffent- lichen Verkehr

HF

H

S = Strecke

L H F

Linie Haltestelle Fahrplan

F

Jedes System bildet somit einen Baustein, der mit weiteren Bau- steinen zu Mischformen und neuen Systemen zusammengefügt werden kann. Dadurch kann sich die Zahl möglicher Systeme und Mischfor- men bis zur Unübersichtlichkeit vermehren. Probleme, die sich aus dem Zusammenbau von Systemen zu Mischformen ergeben, insbeson- dere bei der Ueberlagerung verschiedener Betriebsformen im sel- ben Erschliessungsgebiet, werden im Kap. 3.3, Systemverknüpfung

(vgl. S. 26) beschrieben. Ausnahmen, welche schon Systemverknüp- fungen darstellen, bilden die folgenden Systemvarianten:

- System 134a: Direkt-Liniennetz: Die Verflechtung von Linien ist derart gross, dass sie nicht mehr voneinander isoliert werden können.

- System 23b: Linienanrufbus: Ein wesentliches Element, näm- lich die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Linienkorridor, ge- winnt erst im Zusammenbau von mehreren Bausteinen seine Bedeu- tung.

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3.2.3 Beschrieb der Systemvarianten 3.2.31 Nur eine Bindung gelöst

3.2.311 Lösung der Streckengebundenheit System 234

Verbleibende Bindungen: Linie, Haltestelle, Fahrplan

Ein Linienbetrieb, jedoch ohne Streckengebundenheit ist zwar denk- bar (Beispiel: Swissair-Bus Zürich HB- Flughafen Kloten). Die Streckenfreiheit gilt aber nur zwischen den Haltestellen und hat deshalb keinen Einfluss auf das Betriebssystem.

3.2.312 Lösung der Liniengebundenheit System 134

Verbleibende Bindungen: Strecke, Haltestelle, Fahrplan Allgemeines:

Eine freie Beweglichkeit auf dem ganzen Netz ohne irgendwel- che Bindung an eine Linie steht im Teilkonflikt zur Haltestel- len- oder Fahrplangebundenheit.

Liniengebundenheit bedeutet für den Fahrgast umsteigen, sobald Quelle und Ziel der Fahrt nicht an der gleichen Linie liegen.

Der Fahrgast möchte aber auf dem im befahrbar-en Netz kürzesten Weg und ohne Umsteigen ans Ziel gelangen. Die Nachteile der Li- niengebundenheit liessen sich dadurch vermeiden, dass alle Hal- testellen unter sich auf möglichst direkten Wegen verbunden werden. Daraus entsteht ein Netz aus einer Vielzahl von Linien

(Direktliniennetz), aber mit minimaler zeitlicher Verfügbarkeit.

Der Inhalt des Begriffs Linie wird damit weitgehend zerstört.

Betrieb (vgl. Abb. 3.3):

Das "Direkt-Liniennetz" ist aus Knoten und Kanten aufgebaut, wo- bei mit Vorteil möglichst viele Haltestellen in den Knoten ange- ordnet werden.

Abb. 3.3 zeigt ein Beispiel eines solchen Netzes mit 10 Halte- stellen. Zudem sind weitere Linien angedeutet, welche durch eine zusätzliche Knotenhaltestelle benötigt würden.

Je mehr Linien betrieben werden, desto geringer wird, bei glei- chem Kostenaufwand,das örtlich gleichgRartete Angebot. Der un- tere Grenzwert der Bedienung kann nun durch zwei Kriterien fest- gelegt werden:

. Minimalbedienung der Haltestellen:

Für den zielreinen Verkehr ohne Umsteigen (Idee des Systems) ist die Haltestellenbedienung insgesamt uninteressant. Der -Fahrgast wünscht seinen Direktkurs.

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. Minimale Kursfolgezeit der einzelnen Linien:

Es besteht die Gefahr, dass Strecken mit hoher Liniendichte und die benachbarten Knoten, resp. Haltestellen überlastet werden.

Nachfrage:

Aufgrund der Vielzahl der zu bedienenden Linien steht die zeit- liche Verfügbarkeit in noch stärkerem Masse der Wirtschaftlich- keit gegenüber. Sowohl lange Wartezeiten, wie auch hohe Fahr- preise sind unattraktiv. Der Fahrgast könnte zwar in Zwischen- zeiten mit verdünntem Fahrplan auf andere Linien ausweichen und damit das Umsteigen in Kauf nehmen. Damit fallen die Vorteile des Systems, (direkte Verbindung) trotz grossemAufwand weg. An deren Stelle treten nachfrageempfindliche Entscheidungsprobleme des Kunden, dem zu viele schlechte Möglichkeiten offen stehen.

Ein solches System ist deshalb aus der Sicht der Nachfrage nur bei sehr hohem Verkehrsaufkommen auf den einzelnen Beziehungen sinnvoll; betrieblich jedoch in diesem Fall kaum beherrschbar~

Verschiedenes:

Sobald Umsteigebeziehungen in den Knoten-Haltestellen berück- sichtigt werden sollten, tauchen schwerwiegende bautechnische Schwierigkeiten für die Haltestellenanordnung auf, da meist

sehr viele Beziehungen vorhanden sind (vgl. KnotenEin Abb.3.3).

Beispiel~

Jede Haltestelle soll mit jeder anderen auf möglichst kur- zem Weg durch eine Linie verbunden sein.

A - K L

1 - 11

Abb. 3.3

F 10 Knoten-Haltestellen Kanten-Haltestelle Linien

zusätzliche Linien (nicht nummeriert) oder Linienver- längerungen, um Kantenhaltestelle L mit allen übrigen Haltestellen direkt zu verbinden · Direktliniennetz mit direkten Verbindungen zwischen allen Haltestellen

(20)

3.2.313 Lösung der Haltestellengebundenheit System 124

Verbleibende Bindungen: Strecke, Linie, Fahrplan a) Lösung der Haltestellengebundenheit für Zusteigen:

Die Fahrg~ste warten an beliebigen Orten entlang der Stretke und werden vom Linienbus aufgenommen. Dieser Sammaldienst

l~sst sich jedoch aus Gründen der Sicherheit (und der In- formation) nicht realisieren. Der Bus muss n~mlich, um ein schnelles lusteigen zu ermöglichen, im n~heren Bereich des Fahrgaststandortes anhalten, ungeachtet der Uebersichtlich- keit, der Behinder~ng anderer Fahrzeuge oder verkehrsorgani- satorischer Vorschriften. Diese Variante wird nicht weiter-

verfolgt.

b) Lösung der Haltestellengebundenheit für Aussteiger:

Der Betrieb unterscheidet sich im Wesentlichen nicht vom üb- lichen Linienbetrieb. Der Regelhalt ist weiterhin bei den Haltestellen und wird mit Knopfdruck im Fahrzeug angefor- dert. Auf Wunsch können jedoch Fahrg~ste an beliebigen Punk- ten entlang der Linie aussteigen, wo dies die Verkehrssi- cherheit zul~sst. Hiezu begeben sie sich zum Fahrer und

~ussern ihren Wunsch. Sie zahlen den Tarif bis zur n~chst­

folgenden Haltestelle. Somit erw~chst ihnen aus der bevor- zugten Bedienung kein Preisvorteil gegenüber den andern

Fahrg~sten, und das Tarifsystem bleibt einfach. Auf diese Weise können vor allem bei Ueberlandstrecken mit grossen

Haltestellenabst~nden die Wegmarschstrecken verkürzt, und die Attraktivit~t mit geringstem Aufwand verbessert werden.

3.2.314 Lösung der Fahrplangebundenheit System 123

Verbleibende Bindungen: Strecke, Linie, Haltestelle

An Stelle des Fahrplanes muss ein neues Kriterium gefunden werden, das eine Fahrt veranlasst. Hieraus ergeben sich mehrere Möglich- keiten:

a) Genügende Anzahl Fahrg~ste:

Der Bus fährt erst, wenn sich die Fahrt "lohnt", d.h. wenn sich genügend Fahrg~ste angemeldet haben. Hiezu muss ein Schwellenwert, wann gefahren wird, festgelegt werden. Ist dieser Wert grösser als eins, so hat ein einzelner Fahrgast keine Gewähr mehr, innert bestimmter Frist transportiert zu werden. Vor allem bei sehr geringem Verkehrsaufkommen wirkt dies sehr unattraktiv.

b) Variante a) als Ergänzung z~mfahrplanmässigen Grundangebot:

Diese Variante darf nicht mit den "Beiwagen" von Ausflugsli- nien verwechselt werden, wie sie bei den PTT-Betrieben üblich sind. Der Beiwagen entlastet einen bestimmten Kurs, bedeutet aber für den Benützer keine Verbesserung des fahrplanmässigen Angebotes.

(21)

~ei obiger Variante jedoch soll der Fahrgast nebst den Fahr- plan-Kursen nach Bedarf eine zusätzliche Fahrtmöglichkeit er- halten. Müssen diese Zusatzfahrten durch ein Kursfahrzeug durchgeführt werden, so wird der Dispositionsspielraum durch zeitliche Randbedingungen derart eingeschränkt, (z.B. nach- folgend auszuführende Kurse), dass das System gegen einen Betrieb mit fakultativen Kursen (vgl. System 123 d) tendiert.

Werden für das Sonderangebot eigene Fahrzeuge reserviert, steigt der finanzielle Aufwand, zumal befürchtet werden muss, dass dieses Zusatzangebot in einen Abholdienst für verspäte- te Fahrgäste eines Kurses ausartet.

Diese angesprochene Betriebsart wird oft bei kleinen Luft- seil-Pendelbahnen angewandt.

c) Es handelt sich um einen Linienbus, der nur bei Bedarf fährt. Gegenüber einem Bedarfs- oder Tourenbus wird die örtliche VerfügbarkBit zu Gunsten der Wirtschaftlichkeit

(Bündelung der Wunschlinien) und einer einfacheren Betriebs- organisation (Disposition) auf die Haltestellen einer einzi- gen Linie reduziert. Ein Beispiel eines solchen Betriebes ist die Linie Sisikon - Riemenstalden (Kursbuch 687).

d) Fahrplanmässige Fakultativkurse:

Der Bus fährt Fakultativkurse, sofern an den Ausgangshalte- stellen (meist ein zentraler Ort ) Fahrgäste warten oder An- meldungen vor fahrplanmässiger Abfahrt eingetroffen sind.Für die Anmeldung ist ein einfaches System mit Telefon denkbar, wobei Anrufe auch auf Band gespeichert werden könnten, um eine dauernde Bedienung des Telefons umgehen zu können.

Diese Bedienung eignet sich vor allem für Randstunden mit unregelmässiger Nachfrage. Können sogar mehrere Linien durch ein Fahrzeug zugleich bedient werden, lässt sich damit das Angebot mit geringem Aufwand beträchtlich verbessern.

Beispiel: (jedoch ohne Anmeldemöglichkeit)

Aarau, Sammalbus der Linien 5,7 und 8 (als Linie 22 bezeichnet).

3.2.32 Zwei Bindungen gelöst

3.2.321 Lösung der Strecken- und Liniengebundenheit System 34

Verbleibende Bindungen: Haltestelle, Fahrplan

Nebst gut frequentierten Haltestellen werden weitere bezeichnet, welche nur auf Wunsch bedient werden. Dies lässt sich aber nur in Gebieten mit dichtem Strassennetz realisieren, wo eine Viel- zahl von kleinen Routenvarianten möglich sind, jedoch zu wenig ausgelastet wären. Dadurch könnten kleine Weiler, die nur geringes Verkehrs-Potential aufweisen und leicht abseitsliegen, ebenfalls bedient werden.

(22)

0 Regelhalt

Haltestelle nur auf Wunsch bedient Hauptroute

Variantrouten

Abb. 3.4 Hauptroute mit Variantrouten

Die verbesserte örtliche Verfügbarkeit erfolgt auf Kosten der Zu- verlässigkeit. Die möglichen Abweichungen in den Fahrzeiten kön- nen aber durch Auswahl und Zahl von Bedarfshaltestellen beeinflusst und abgeschätzt werden.

Sind alle Haltestellen schwach frequentiert, tendiert das System zum Tourenbetrieb. Hier sind alle Haltestellen nur Bedarfshalte- stellen, wodurch die Wahrscheinlichkeit für Abkürzungen (vgl.

gestrichelte Linie in Abb. 3.4) zunimmt (günstiges Strassen-

netz vorausgesetzt). Diese Betriebsart eignet sich vor allem für langgezogene Erschliessungsgebiete mit langen Umlaufzeiten der Busse, wenn sich mit der Bedarfssteuerung lange Wartezeiten er- geben. Dadurch kann ein geregelter Umlauf erreicht werden. Die Fahrgäste kennen frühzeitig die Abfahrtszeiten und können sich darauf einstellen, ohne aber auf die verbesserte örtliche Ver- fügbarkeit der Anrufbusse verzichten zu müssen:

Der Informationsfluss zwischen Fahrgast und Zentrale ist in der Regel einseitig, nämlich die Anmeldung für einen bestimmten Kurs mit Angabe der Einstiegshaltestelle.

3.2.322 Lösung der Strecken- und Haltestellengebundenheit System 24

Verbleibende Bindungen: Linie, Fahrplan

Die Linie wird nicht mehr durch Aneinanderreihen von einzelnen Streckenstücken definiert, sondern durch die Abgrenzung eines Gebietsstreifens von bestimmter Länge und Breite. Innerhalb die- ses "Linienkorridors" kann sich der Bus frei bewegen.

Somit kann die örtliche Verfügbarkeit verbessert werden. Die Er- schliessung des Gebietes kann zudem mehr oder weniger nachfrage- abhängig gestaltet werden:

(23)

a) Liniensammelbus: (vgl. Sammeltaxi der Türkei)

Der Bus fährt auf der "Grundstrecke" und nimmt die am Stras- senrand wartenden Fahrgäste auf. Auf Verlangen kann er je- doch von dieser Grundstrecke abweichen, um angemeldete Fahr- gäste zu Hause abzuholen. Diese Sonderleistungen sollten durch entsprechende Tarife abgegolten werden.

Es kann gezeigt werden, dass dieses System den Fahrgästen weder einen zuverlässigen Dienst anbieten, noch die Sonder- dienste garantieren kann.

Hiezu folgendes Beispiel (Abb. 3.5):

Der Bus soll einen Fahrgast 500 m seitlich (L) von der Linie ent- fernt abholen. Im besten Fall kann er unmittelbar beim Haus des abzuholenden Fahrgastes wenden. Um weitere, an der Linie warten- de Fahrgäste einzuladen, muss er an jenen Punkt zurückfahren, von welchem er die Linie verlassen hat. Dies bedeutet für das erwähn-

te Beispiel einen Mehrweg von 2 • L = 1000 m.

Quartierstrasse

Standort des Fahrgastes

Abb. 3.5 Abholen eines Fahrgastes abseits der Grundroute

Der Zeitverlust für den Bus ist unter folgenden vereinfachenden Annahmen berechnet:

Beförderungsgeschwindigkeit auf der Grundstrecke: 20 km/h 20 km/h Fahrgeschwindigkeit auf Quartierstrasse:

Verlustzeiten beim: Halt Wenden Einbiegen Abbiegen

30 sec 30 sec 30 sec :vernachlässigt (abhän-

gig von der effektiven Streckengeschwindigkeit) Daraus folgt ein in Abb. 3.6 dargestellter Zeiverlust für den Bus.

(24)

Verlustzeit t (mi n.) 6

s

3

2 , ,

100 500

Entfernung des Wendepunktes von der Grundstrecke

(m)

Beispiel

Abb. 3.6 Verlustzeit in Abhängigkeit von der Entfernung des Wendeortes auf der Seitenstrasse

.Sollen zweimal Fahrgäste in einer Entfernung von 500 m abgeholt wer- den, erleidet der Bus einen Zeitverlust von ca. 10 Min., was für an- dere wartende Fahrgäste nicht mehr zurnutbar ist. Zudem würden die ab- zuholenden Fahrgäste für ihren Weg zur Grundstrecke bei einer Marsch- geschwindigkeit von 5 km/h 6 Minuten benötigen.

Zu diesen rein betrieblichen Hindernissen treten Informations- und Verkehrssicherheitsprobleme beim "Sammeldienst", wie sie in System 124 (vgl.S. 15 ) schon angedeutet wurden.

b) Linienanrufbus:

Der Linienanrufbus stellt einen Tourenbus dar (analog Sy- stem 34, vgl. S. 16 ) . Das erschlossene Gebiet wird durch den "Linienkorridor" abgegrenzt. Durch Beibehalten des Fahrplanes kann eine rationellere Bedienung als beim ein- fachen Anrufbus gewährleistet werden.

Der Fahrplan wird als früheste Abfahrtszeit, oder auch als spätester Anmeldetermin definiert (vgl. Abb. 3.7) und gilt für bestimmte Querschnitte oder auch, wie bisher, für be- stimmte Haltestellen (z.B. in Ortszentren). Oie Anmeldung erfolgt kursspezifisch und erleichtert dadurch die Dispo- sition. Zudem wird die Wartezeit für den Fahrgast angeneh- mer, weil der Abfahrtstermin schon frühzeitig festgesetzt ist (Wahl der bestimmten Abfahrtszeit mit festgesetztem Schwankungsbereich).

Anschlüsse auf ein übergeordnetes Netz sind möglich, werden jedoch wie im konventionellen Linienbetrieb den Fahrplan massgeblich beeinflussen.

(25)

Das System setzt ein relativ stark verzweigtes Strassennetz voraus. Vor allem bei langen Linien in schwachbesiedelten ländlichen Gebieten kann damit der Einflussbereich der Li- nie verbreitert werden.

Bevorzugt sind für diese Variante jene Linien mit vielen kleinen Alternativrouten.

späteste garantierte

t

Ankunftszeit

a~---~---.~,r---,-

Standort des Busses bei Ablauf der Anmeldefrist in C frOheste Abfahrtszeit

Anmelde- frist

I I I I I

I

I I I

I I I I I I I

,

I I

,

I I I I I I

,

I I I

1 I I

Anmeldefrist (Kurs 54)

Zeit t A.,\J b

t l___

Toleranzbereich des Abholans

l______

minimale Fahrtvorbereitungszeit

fOr den Fahrgast

Abb. 3.7 Anmeldefrist und Abfahrtszeitbereich eines Tourenbetriebes

Angaben im Fahrplan:

1. Möglichkeit: -späteste Anmeldefrist pro Kurs (für entsprechende Gebiete)

2. Möglichkeit:

- Toleranzbereich: Zeitspanne, innert welcher nach frühester Abfahrtszeit spätestens das Abholen erfolgt. (z.B. 10 Min. nach Ablauf der Anmeldefrist)

- eventuell späteste Ankunftszeit bei Anschluss- punkten

- früheste Abfahrzeit

- Richtwert für Anmeldefrist (z.B. 5 Minuten vor Abfahrt)

(26)

Der Informationsfluss ist in der Regel einseitig, nämlich vom Fahrgast an die Zentrale. Der Fahrgast meldet seinen Fahrtwunsch für einen bestimmten Kurs und seinen Standort. Ein Halteort muss nur noch bekanntgegeben werden, wenn der angemeldete Standort des Fahrgastes als Halteort nicht zulässig ist (z.B. Sicherheit). Das Kommunikationssystem kann also vereinfacht werden, etwa in Rich- tung System 123 d (vgl. S. 16).

3.2.323 Lösung der Strecken- und Fahrplangebundenheit System 23

Verbleibende Bindungen: Linie; Haltestellen

Bei stufenweiser Lösung der Fahrplangebundenheit ergeben sich zwei prinzipielle Varianten:

- fakultativer Linienbus

- Anrufsystem mit Haltestellen

a) ·Der fakultative Linienbus gleicht der Systemvariante 123d (vgl. S. 16). Er ist hingegen dank der freien Streckenwahl beweglicher und dient besser als Verteiler in den Randstun- den. Die Linie wird im Sinne des Linienkorridors definiert.

b) Beim Anrufbus mit Haltestellen wird durch das Festlegen der Haltestellen auch schon das Einflussgebiet einer Linie abge- grenzt.

Es können sich aber, z.B. in regionalen Zentren, mehrere Linien berühren oder überschneiden, sodass die Abgrenzung nicht mehr allein aus dem Haltestellennetz ersichtlich wird.

Dennoch ist aber oft eine Aufspaltung auf mehrere Linien ge- geben, wobei "Linienkorridore" den Bewegungsbereich der Li- nienbusse bezeichnen.

Das Ueberschneiden von "Linienkorridoren" sollte möglichst auf wenige Haltestellen beschränkt bleiben (Anschlusspunkte), - sofern Gefahr zu Konkurrenzierung der betroffenen Linien

besteht. oder

- falls für jede Linie isoliert disponiert wird. (Zu ver- gleichen mit Gemeinschaftsstrecken von Linien im Nahver- kehr).

3.2.324 Lösung der Linien- und Haltestellengebundenheit System 14

Verbleibende Bindungen: Strecke, -Fahrplan

Die möglichen Lösungen sind identisch mit den Systemvarianten 24.

Die Abgrenzung des Gebietes wird, statt durch einen Linienkorridor, mit einem Streckennetz bestimmt. Bei gleicher Abgrenzung bleibt auch das Betriebsverhalten dasselbe. Es sei daher auf System 24 (vgl.S.17) verwiesen.

(27)

3.2.325 Lösung der Linien- und Fahrplangebundenheit System 13

Verbleibende Bindungen: Strecke, Haltestelle

Die beiden verbleibenden Bindungen sind Strecke und Haltestelle.

Damit lassen sich bedarfsgesteuerte s:ys_:tB_me aufbauen, wie sie in Deutschland· untersucht werden. ( vgl. Li t. 6)

Hisbei interessieren den Fahrgast vor allem die Haltestellen, wäh- rend die Streckenauswahl für den Batreiber wichtig ist. Ein de- taillierter Beschrieb der auftretenden Probleme bei diesem System wird in Kap. 4 (Anrufbussysteme) beschrieben.

3.2.326 Lösung der Haltestellen- und Fahrplangebundenheit System 12

Verbleibende Bindungen: Strecke, Linie

Je nachdem, wie eng der Begriff "Liniengebundenheit" interpretiert wird, ergeben sich die folgenden Lösungsmöglichkeiten:

a) Linie im bisherigen Sinn: Der Bus verkehrt auf der bisheri- gen Linie und deren Streckenführung. Er fährt auf Anmeldung hin und holt die Gäste an selektiv vereinbarten Haltepunk- ten entlang der Strecke ab.

Damit geht aber ein wesentlicher Vorteil der Bedarfssteue- rung verloren, nämlich die verbesserte örtliche Verfügbar- keit. Sie besteht nur mehr in unmittelbarer Nähe der Linie, da mit zunehmendem Abstand von der Linie die Bedeutung des Haltestellenabstandes abnimmt.

Dieser Nachteil entsteht zu Gunsten einer einfachen Dispo- sition (nur eine einfache Linie) und geringer Umwege (vgl.

Kap. 4).

b) Der Bus bewegt sich auf festgelegtem Netz innerhalb des

"Linienkorridors" (vgl.System 24b). Das bedeutet: inner- halb dieser Beschränkungen verhält er sich wie ein rein bedarfsgesteuerter Bus.

3.2.33 Lösung von drei Bindungen

verbleibende Bindung:

System 1 Strecke System 2 Linie

System 3 Haltestelle

Diese Systemgruppe beschreibt den eigentlichen bedarfsgesteuerten Betrieb. Die entsprechenden Unterschiede, welche sich aus der ver- bleibenden Bindung ergeben, haben keine Bedeutung in Bezug auf den Betrieb. Sie unterscheiden sich in der Art der Abgrenzung des be- dienten Gebietes, nämlich:

(28)

negative Abgrenzung bei verbleibender Liniengebundenheit (Sy- stem 2): Gebiete ausserhalb des "Linienkorridors" werden nicht bedient.

positive Abgrenzung bei verbleibender Strecken- (System 1) oder Haltestellengebundenheit (System 3): Bezeichnung der befahrenen Strecken, resp. der bedienten Haltestellen.

Diese Unterschiede beeinflussen vor allem die Art der Information an den Fahrgast.

Als System 4 müsste aus der Fahrplanbindung allein ein System ge- bildet werden. Ein Fahrplan gibt aber nicht nur Auskunft über den Zeitpunkt eines Geschehnisses, sondern gilt immer auch für einen bestimmten Ort. Somit muss immer irgend eine Form von örtlicher Bindung vorausgesetzt sein, und sei es auch nur ein Querschnitt eines Gebietes.

3.2.34 Alle betrieblichen Bindungen gelöst System 0

Eine Form der Abgrenzung, und damit eine Bindung wird immer vor- handen sein. Dies gilt vor allem für die örtliche Verfügbarkeit:

- gegen aussen:

- gegen innen:

Die Abgrenzung des bedienten Gebietes (Erschliessungsbereich des Betriebes)

In der Regel durch das befahrbare Verkehrs- netz bestimmt.

3.2.4 Zusammenfassung

Die bisherigen Ausführungen haben gezeigt, dass sich mit theore- tischen Ueberlegungen viele Betriebssysteme für eine Flächener- schliessung konstruieren lassen, welche die Lücke zwischen Linien- betrieb und Taxi zu s eh l i essen

--vermEge_n_. --Ein--Te{l-cEC888r

-S-y-steme~---

aber stellt immer wieder dasselbe System dar mit einigen unwesent- lichen Aenderungen.

Es ist deshalb zweckmässig~-g1eicne-:oder ähnliche Systeme in sinn- volle Gruppen zusammenzufass-en. E-s sind dies:

Gruppe 1 konventionelle und leicht modifizierte Liniensysteme

Gruppe 2 Tourenbussysteme

Gruppe 3 bedarfsgesteuerte Systeme.

" · · - - - -

Eine entsprechende Uebersicht vermitteln AbbL 3.8 und Abb. 3.9. Es wird ersichtlich, dass durch Lösen nur einer betrieblichen Bindung kein grundsätzlich neues System, sondern nur ein modifizierter Li- nienbetrieb entsteht. Eine Ausnahme bildet hier System 123, welches durch die fehlende Fahrplangebundenheit nur mehr schwer dem konven- tionellen Linienbetrieb zuzuordnen ist.

(29)

Der Tourenbus (Gruppe 2) bildet ein Zwischenglied zwischen Li- nien- und Bedarfsbetrieb. Er ist geprägt durch die Fahrplange- bundenheit. Er deckt alle Systeme mit Fahrplanbindungab, welche nicht schon den strengeren Definitionen des Linienbetriebes standhalten. Der Uebergang vom bedarfsgesteuerten System zum Tourenbus ist fliessend. Mit zunehmender Nachfrage muss der Anrufbus vermehrt das Gebiet in einer Art Rundkurs befahren und

nähert sich derart dem Tourenbus. Ein Unterschied besteht noch darin, dass der Rundkurs zeitlich der Nachfrage ange- passt ist und nicht in einem Fahrplan festgelegt werden muss.

Die Gruppe 3 (Bedarfssysteme) ist~ weiter unterteilt nach der Haltestellenbindung. Im Gegensatz zum 8nfahren.der Haltestel- len stellt die Tür-zu-Tür-Bedienung einige zusätzliche Anforde- rungen bezüglich

- Informationsfluss und Kommunikation - Disposition

- Tariffestlegung - bauliche Anlagen.

Eine ausführliche Beschreibung der bedarfsgesteuerten Systeme (Gruppe 3) erfolgt im Abschnitt 4. Deshalb wurde bis anhin häufig auf einen eingehenden Beschrieb verzichtet.

System- System verbleibende Bezeichnung

Gruppe Nummer Bindungen

s L H F

1) I erweiterte 134 X X X Direktliniennetz

I

konventionelle 124 X X X freie Aussteiger

l

Systeme 123 X X X Linienbus mit Anmeldung 2)1Tourensysteme 34 X ·X Tourenbus mit Haltestellen

I 24 X X Liniensammelbus, - Anrufbus

I 14 X X

I

3)1 Bedarfssysteme 23 X X Anrufbus

a) 1 mit 13 X X

t-.J Halte_:_t_:!.:_:~- 3 X

--- t--- ---

b)!ohne 12 X X

1 Haltestellen 2 X

I 1 X

I 0

I keine System-

I vorschläge 234 X X X

-

I 4 X

-

J.

Abb. 3.8 Zusammenfassung der Systemvarianten zu Systemgruppen

(30)

Abb. 3.9

0

Gruppe 1

~ Gruppe 2

fij

Gruppe 3

Strecke

s

=

L H =

F

= Linie

Haltestelle

= Fahrplan Kombinationen der betrieblichen Bindungen und die Systemgruppen

(31)

3.3 Verknüpfung von öffentlichen Verkehrssystemen mit unterschiedlichen betrieblichen Bindungen

3.3.1

Einführung - Untersuchung der betrieblichen Bindungen - Auftretende Verknüpfungsprobleme

Einführung

Ein Verkehrsbetrieb in einer bestimmten Region stellt nie ein in sich geschlossenes System von Güter- und Personentransporten dar.

Es sind stets Beziehungen von und nach geographisch und funktio- nell benachbarten Systemen vorhanden. Oie beteiligten Systeme müs- sen dabei in der Lage sein, den gegenseitigen Verkehrsfluss opti- mal, d.h. möglichst ungehemmt zu gewährleisten. Dies gestaltet sich umso schwieriger, je unterschiedlicher die betrieblichen Bindungen der beteiligten Verkehrssysteme und je grösserdi& Verkehrsvolumina der Beziehungen sind. Das vorliegende Kapitel will die Schwierigkeiten in allgemeiner Form aufzeigen und optimale Verknüpfungen mit den nö- tigen Rückkoppelungen vorschlagen. Zuerst soll der Einfluss des Lö- sens einer betrieblichen Bindung auf die Verknüpfung untersucht wer- den. Besondere Beachtung wird später dem Einpassen eines Bedarfsbus- systems in die heutige Landschaft des öffentlichen Verkehrs ge-

schenkt.

3.3.2 Betriebliche Bindungen und Anforderungen bei der Verknüpfung In Kapitel 3.2 wurden die verschiedenen Systemvarianten vorgestellt.

Bei der Verknüpfung von zwei unterschiedlichen Systemen entstehen aus den betrieblichen Bindungen des einen Systems Mindestanforderun- gen, welche vom benachbarten System wenigstens im Bereich des Zusam- menwirkans erfüllt werden müssen. Diese Anforderungen werden, vom System abstrahiert, für die ein~elnen Bindungen beschrieben.

3.3.21 Streckengebundenheit

Bei Systemen mit Streckengebundenheit muss die Verknüpfung entlang einer oder mehrerer Teilstrecken erfolgen, welche beide Systeme ge- meinsam benützen. Bewegen sich die beiden Systeme auf eigenem Netz

(z.B. Bus und Bahn), so beschränken sich die Verknüpfungsmöglichkei- ten auf Berührungs- oder Schnittpunkte der entsprechenden Netze.

3.3.22 Liniengebundenheit

Für die Verknüpfung zweier unterschiedlicher Systeme stellt die Li- niengebundenheit dieselben Anforderungen an das benachbarte System wie die Streckenbindung . Zudem muss beachtet werden, dass durch einen bestimmten Anschluss nur ein Teil des benachbarten Gebietes direkt erreichbar ist. Daraus folgt das Bestreben, mehrere Verknüp- fungsstellen anzuschliessen oder vor allem jene, welche von möglichst vielen Linien angefahren werden. (Im Testbeispiel Region Rafz wird deshalb versucht, neben den Verknüpfungspunkten Rafz und HOntwangen der Linie Zürich-Schaffhausan den Knoten Eglisau mit direkter

Uebergangsmöglichkeit nach Basel und Winterthur einzubeziehen).

(32)

Wie bei der Strecken- und Linienbindung bedeutet Haltestellenge- bundenheit eine Einschränkung der Uebergangsmöglichkeit, nämlich auf fest bestimmte Haltestellen. Aus organisatorischen und allen- falls auch aus Komfortgründen (Haltestelleninfrastruktur) sind Verknüpfungshaltestellen au.ch bei nicht haltestellengebundenen Systemen vorzuziehen. Das Kriterium der örtlichen Verfügbarkeit, welches zum Verzicht auf Haltestellen führt, ist für die System- verknüpfung nicht relevant. Der Verzicht auf eine definierte Ueber- gangshaltestelle kann nur dann Vorteile bringen, wenn zwei benach- barte Systeme z.B. eine breite Berührungslinie aufweisen und der Betrieb dadurch flexibler gestaltet werden kann.

a) b)

Gebiet A Umsteigepunkt

Gebiet B

V Verspätung Sollzustand - Istzustand

Abb. 3.10 Graphische Darstellung des Anschlusses von 2 Systemen mit gestörtem Betrieb

Beispiel: In Abb. 3.10 wird ein Anschluss zwischen 2 Bussen ga- rantiert. Eine Verspätung des Kurses

CD

wird auf

Kurs

@

übertragen. Für Systeme mit einem fixen Ueber- gangspunkt erhalten daher beide Busse die entsprechen- de Verspätung.

Fährt Bus @dem verspäteten 'Fahrzeug

CD

entgegen

(Abb. 3.10b ), kann er zwar eine eigene Verspätung nicht vermeiden, jedoch jene des Fahrzeuges

G)

ver- ringern und die Summe der Verspätungen wird zumindest theoretisch minimiert.

(In dieser rudimentären Darstellung wurden Verlustzei- ten infolge Suche von Wendemöglichkeiten und Wenden an ungswohnten Orten etc., nicht berücksichtigt~)

(33)

3.3.24 Fahrplangebundenheit

Die Fahrplanbindung ist das Kernproblem für alle Verknüpfungen von Verkehrssystemen,

Verknüpfungen mit festem Fahrplan beeinflussen die Disposition eines

»angeh§ngten» Bedarfsbetriebes sehr stark. Der Uebergang vom freien System zum gebundenen stellt hohe Anforderung an die Disposition

(Zieldisposition) und insbesondere die Zuverlässigkeit (geringe Verspätung), da das gebundene System oft übergeordnet ist und kaum Anschlüsse abwartet (z.B. Eisenbahn) bzw. abwarten kann.

3.3.25 Systemgruppenbildung zur Untersuchung der Verknüpfungsprobleme Kurz zusammengefasst können die Systemgruppen gernäss Abb. 3.11 unter-

I

teilt werden. Die Streckenbindung wird nicht mehr einzeln untersucht,

weil sie keine neuen Elemente beiträgt. ]

• Anrufbus

• (Taxi)

Abb. 3. 11 Systemgruppen

• Anrufbus mit Haltestellen

Strecke Haltestelle Fahrplan

I

(34)

3.3.3 Auftretende Verknüpfungsprobleme

3.3.31 Generelle Uebersicht über die Problematik - Fahrplanabstimmung:

Jeder Verknüpfungspunkt ist ein Zwangspunkt entweder der Fahr- planauslegung oder der DiBposition nachfragegesteuerter Systeme.

Um einen guten Uebergang vom Bedarfssystem auf ein fahrplange- bundenes System zu gewährleisten, muss auf späteste Ankunftszeit disponiert werden können. In beiden Verknüpfungsrichtungen dürfen die Umsteigezeiten ein Toleranzmass (z.B. max. 15 Min.) nicht über- schreiten.

- Kapazität der Fahrzeugeinheiten:

Probleme treten auf, sobald die "Umschlagmenge" grösser wird als die Kapazität eines einzelnen Fahrzeuges.

- Tarifsystem:

Das Tarifsystem sollte wenn immer möglich über eine grössere Re-

.g i o n u ng 8 b rech 8 n s 8 in .

- Gestaltung der Umsteigepunkte:

Falls beide zu verknüpfenden Verkehrssysteme keine bezeichneten Haltestellen aufweisen, muss ein Verknüpfungsbereich oder -ort definiert und allenfalls in die Disposition einbezogen werden.

Die Ausgestaltung der Umsteigehaltestellen stellt keine besonde- ren Probleme dar und wird hier nicht weiter behandelt.

(35)

SHF HF

SH

SF

H

F

SHF HF

SH

SF H F

Abb. 3.12 Koordinationsbedingungen für dLe Verknüpfung der Systemgruppen

Legende zu Abb. 3.12

Fahrpläne der Systeme aufeinander abstimmen (min.Tole- ranz ~ Uebergangszei t ~ max. Toleranz)

Verknüpfungshaltestelle(n) definieren. (Diese Haltestel- len werden von beiden Systemen bedient)

Verknüpfungsbereich definieren. (Grenzbareich, der von beiden Systemen bedient wird)

Dispositionsverknüpfung (eine grenzüberschreitende Fahrt muss der benachbarten Dispositionszentrale übermittelt werden können, um einwandfreies Umsteigen innerhalb von Toleranzzeiten zu ermöglichen)

Falls die durchschnittliche Verfügungszeit grösser als ein Toleranzwert ist (z.B. 10 Minuten), muss die Dispo- sition auf den Fahrplan des Systems, von dem her umge- stiegen wird, ausgerichtet werden.

Falls eine Disposition auf späteste Ankunft minus einem Toleranzwert (z.B. 15 Minuten) nicht möglich ist, muss ein Verknüpfungspunkt regelmässig auf die Abfahrten des 2. Systems angefahren werden.

Schraffuren in der rechten oberen Hälfte eines Quadrates betreffen nur das System, auf welches umgestiegen wird; Schraffuren in der linken unteren Hälfte betreffen das System, von welchem umgestie- gen wird.

Abbildung

Abb.  3.1  Kombinationen  der  betrieblichen  Bindungen  und  Systemnummerierung
Abb.  3.6  Verlustzeit  in  Abhängigkeit  von  der  Entfernung  des  Wendeortes  auf  der  Seitenstrasse
Abb.  3.8  Zusammenfassung  der  Systemvarianten  zu  Systemgruppen
Abb.  3.9  0  Gruppe  1 ~ Gruppe 2 fij Gruppe 3  Strecke s = L H = F = Linie  Haltestelle = Fahrplan Kombinationen  der  betrieblichen  Bindungen  und  die  Systemgruppen
+7

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