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Drei moderne Texte zum persischen „Wettreden"

übersetzt von Feitz Meiee

Mit Anmerkungen von Richaed Geamlich

Vorbemerkimg des Übersetzers: Tm Jabre 1959, in Persien, wurde ioh

aufmerksam auf eine Arbeit von Muhammad Öa'fab-i Mahöüb über das

„Wettreden" in der persischen Zeitschrift Suhan, Jg. 9, 1337/1958, Nr. 6,

S. 530—35, Nr. 7, 631—37, Nr. 8, 779—86. Beim Wettreden (suhanivari)

handelt es sich um Veranstaltungen einer besonderen Gilde, die sich aus

Angehörigen der verschiedensten Berufe zusammensetzt, aber ursprünglich

oder wenigstens in einer bestimmten Phase ihrer Entwicklung eine Art

Bildungsausschuß von 17 (nach andern 44) Berufsgilden dargestellt zu haben

scheint. Die Rednergilde hieß offiziell , .Affiliation der Perser" (süsila-i 'A^am) oder , .Armut der Perser" (Faqr-i 'Agam) und umfaßte eine Hierarchie von sieben Graden, deren obersten ein , .Vorsteher" (naqlb) bekleidete. In jeder größeren Stadt gab es solche Gilden. Die Oberaufsicht über sämtliche

Rednergilden im Lande, aber nieht nur über sie, führte zur Qägärenzeit ein

,, Generalvorsteher" (naqlb ul-mamalik), der selbst nicht Mitglied zu sein brauchte, aber doeh auoh die Interessen seiner Schützlinge vertreten konnte.

Das einzelne Mitglied der Gilde, das sonst seinem Beruf nachging, schlug nun

zu gegebener Zeit in einem Kaffeehaus eine Bühne auf und versuchte vor

versanunelter Zuhörerschar mit einem andem Mitglied in einen Rodewett-

kampf zu treten. Während des Duells verlangte der eine dem andem die

einzelnen Kleidungsstücke, die er trug, ab, und dieser hatte sie durch einen

antwortenden Redevortrag wieder zurüekzugewiimen. Die Reden bestanden

in Gedichten und in metrischen Tcvtyr) (bahr-i tavnl). Die Vorgänge wären im

einzelnen noeh genauer zu erfassen, als das in der folgenden Abhandlung ge¬

sehehen ist, aber es ist das bleibende Verdienst von Muhammad Öa'fab-i

Mahöüb, die ersten eingehenden Informationen über die nurunehr ganz oder

fast ganz ausgestorbene Übung gesammelt und den Blick der Forscher darauf

gelenkt zu baben. 1958 veranstaltete die ,, Gesellschaft der Freunde des

Wortes" (anguman-i düstdärän-i suhan) im Gästehaus der Universität

Teheran ein künstliches Wettreden. Man baute die herkömmliehe Bühne

(sardam), und nach einer einführenden Erklärung von Mahöüb lieferten sich

ein Mahdi Hägg 'Ali Akbari und ein ungenannter Jüngerer eine Redesehlacht

alten Stils (Mitteilung und Lichtbild des Podiums mit den beiden Partnern

in Suhan 9, 1337, Nr. 7, S. 715). Die Einrichtung hat große volkskundliche,

soziologische und literarisehe Bedeutung und weist Berühnmgspunkte auf

mit den Sängerwettstreiten in der Türkei, über die Hellmut Ritteb auf

Grund eines Aufsatzes von Fuat Köpbülü in Orientalia I (tstanbuler Mit¬

teilungen, Heft I, Istanbul 1933) gehandelt hat; in Persien geht es aber nur

um Rede, nicht um Musik.

Da die Zeitschrift Suhan nicht überall gelesen wird und auch Forscher, die

des Persisohen nicht mächtig sind, mit der Sitte bekannt gemacht werden

sollten, hielt ich es für richtig, den Aufsatz zu übersetzen. Herr Mahöüb war

so freundlich, mir Fragen zu beantworten, imd brachte auch einige Ver¬

besserungen zu seinem Aufsatz an, so daß die Übersetzung, so wörtlich sie sonst 20 ZDMG 114/2

(2)

290 Fbitz Meier und Richabd Grämlich

ist, in Einzelheiten vom Original abweicht. Der Sache selbst habe ieh keine

Untersuchung gewidmet, sondern muß die ganze Verantwortung dem Ver¬

fasser des Aufsatzes überlassen. Doch bat ich nach meiner Rückkehr aus

Persien meinen Schüler Richard Grämlich, S. J., der eine Arbeit über das

modeme Derwischtum in Persien schreibt und sich mit den Fragen zu be¬

fassen hatte, einige kritische Anmerkungen beizusteuem.

Wie aus den folgenden Ausführungen Mahöüb's hervorgeht, bleibt die

Gründungsgeschiohte der ,, Affiliation der Perser" in Dunkel gehüllt. Hier ist noeh viel zu leisten. Wichtig wäre auch, die noch vorhandenen Textbücher der ,, Wettredner" zu sammeln, wozu man wohl in erster Linie an die Familien der Redner gelangen müßte. Ein kalligraphiertes Exemplar eines suhanwarl-

Textbuches liegt vor in der Sammlung BästänI-i Räd Nr. 1975, unter den

Handschriften der Universitätsbibliothek Teheran.

Zur Ergänzung des Aufsatzes suhanivari von Mahgüb lasse icb die Über¬

setzung einer Stelle aus Mahöüb's Artikelreihe über die ,, persischen Volks¬

erzählungen" (dostanhäy-i 'ämmiyäna-i färsl) inSuhan, Jg. 10—11, 1338—39/

1959—60, folgen. In dieser Reihe, nämlieh Suhan 11, 1339, S. 1139ff., kommt

Mahöüb auf den Volksroman Amlr Arslän-i Rüml und dessen Verfasser

Mirzä Muhammad 'Ali Naqib ul-mamälik (um 1300/1883) zu sprechen und

schlägt dort S. 1144—46 mit der Frage, wer der naqlb ul-mamälik sei, eine

Brücke zrun Wettreden. Mirzä Muhammad 'Ali war der Geschichtenerzähler

des Näsir ud-din Säh (1848—96). Unsere Übersetzung enthält den ent¬

spreehenden Abschnitt, Suhan 11, 1339, S. 1144—46.

Zum Schluß folgt etn Abschnitt aus dem Bueh Tärlh-i warziä-i bästänl-i

Irän (zürhäna) von Husayn Partaw-i Baydä'i-i KÄgÄNi, Teheran 1337/1958,

23—27, über die Beziehung zwischen der Athletik und dem Wettreden. Die

Ausführungen BAY©Ä'i's sind mit besonderer Vorsiebt aufzunehmen.

1. Das Wettreden in Persien

Von Muhammad Öa'fak-i Mahgüb (in Suhan Jg. 9, 1337/1958).

(530) Bevor die modernen Formen der Unterhaltung und des Ver¬

gnügens in Persien ihren Einzug hielten und Kino, Cafö und Gaststätten

in Nachahmung Europas in der Hauptstadt und in andern Städten

Persiens aufkamen, hatten die Leute aridere Orte, die Zeit zu vertreiben.

Religiöse Bühnen (takya), Versammlungen von Rawda- und ta'ziya-

Vorträgen waren Anlässe, an denen man seine Freizeit verbringen

konnte. Anstelle der jetzigen Cafös gab es in verschiedenen Vierteln

Teherans große Kaffeehäuser (qahwahäna) , deren Ausdehnung manchmal

einige hundert, ja einige tausend Quadratmeter betrug und die eine takya-

ähnliche Stätte bildeten, und oft kam es vor, daß an den Tagen der Trauer

für Husayn diese Kaffeehäuser schwarz verhängt, an ihrem Rand eine

Kanzel aufgestellt und dort die Rawda gelesen wurden. Damals war das

familienzerstörende Gift Opium noch nicht im Schwange und sein Ver¬

brauch noch nicht allgemein und öffentlich, und in den wenigsten Kaffee¬

häusern waren die Gerätschaften zum Opiumrauchen zu finden.

(3)

Drei modeme Texte zmn persisohen „Wettreden" 291

Manche dieser Kaffeehäuser waren für ganz bestimmte Gilden (sinf)

da, und dies wnrde noch bis vor einigen Jahren beobachtet. So gibt es

in der Straße Amin-i Darbär, die von der Straße Öiräg-i barq abzweigt,

ein großes Kaffeehaus, das anscheinend noch heute nicht geschlossen hat.

Dieses Kaffeehaus war als Kaffeehaus des Hägg Äqä 'Ali bekannt und

war der Mittelpunkt der Schreiner (durüdgar) und Säger [arrakaS). Die

Baumeister (mi'mär), Maurer [banna) und Bauarbeiter kamen und

kommen noch in einem Kaffeehaus Qanbar am Ende der Straße Näsir-i

Husraw zusammen. Auch die andern Gilden wie die der Bäcker, Metzger,

Schuhmacher, Dachspengler {Sirwäni-säz), Dachstuhlzimmerer [harpä-

küb), Flachmaler (naqqäs-i sähtmän) hatten ihr besonderes Kaffeehaus

oder ihre besonderen Kaffeehäuser.

Einige Kaffeehäuser waren für die Leute aus einer bestimmten Stadt

da. So kamen die Leute aus Aräk, die in Teheran ansässig waren, in

einem Kaffeehaus des Pancabäsi an der Straße Näsir-i Husraw, nahe der

Sams ul-'imära, zusammen. Jeder Neuankömmling aus Aräk konnte seine

Landsleute in diesem „Stamm" {pätüq) finden, die aus der Heimat bestell¬

ten Botschaften hier ausrichten und allfällige Anliegen hier erledigen.

Solche Treffpunkte vermochten den Ansprüchen von damals durchaus

zu genügen, und alle Handwerker (piSawar) sahen sich veranlaßt, ins

Kaffeehaus zu gehen. Die Arbeitgeber kamen, um Arbeiter einzustellen

und anzuwerben, und die stellenlosen Arbeiter kamen, um Arbeit zu

finden. Auch zu nächtlicher Stunde, nach getanem Tagewerk (531),

gingen Arbeitnehmer und Arbeitgeber ins Kaffeehaus, um hier ihre

Abrechnung (hisäb u kitäb) zu machen. Manchmal besprachen sie hier

auoh ihre privaten Lebensfragen.

Die Wände dieser Kaffeehäuser waren in der Höhe von 1 bis 1 m

rings mit Kacheln (käSi) verkleidet, die Phantasiebilder von Königen

des alten persischen Heldenepos und der alten persischen Geschichte,

Kayjtiusraw, öamäid, Hüsang, Ardaäir, Ardawän, Narses, Anü§irwän

usw., schmückten, und eine Estrade (sakkü), von der Höhe eines Stuhles

oder einer Bank, war ringsherum angebracht. Waren diese Estraden von

Gästen ganz besetzt, so konnte man sich noch auf hochbeinige, eiserne

Bänke setzen, die sehr einfach gebaut und vor den Estradon aufgestellt

waren; hier konnte man Tee trinken und reden. Die Gruppen, die in den

Kaffeehäusern zusammenkamen, hatten miteinander rüchts zu tun, jede

von ihnen hatte ihre eigenen Interessen. Die einen konnten z.B. eine

Truppe wandernder Musikanten (mutribän-i dawra-gard) aufbieten imd

ein Konzert mit Tanz, vertonten Gedichten, Musik und Gesang ver¬

anstalten, ohne daß sich die andern darum kümmerten.

Zur Unterhaltung in den langen Winternächten trug der Epenerzähler

(naqqäl) Geschichten vor (naql mi-guft). Die Epenerzähler berichteten

20*

(4)

292 Fritz Meier und Richard Grämlich

früher meist nach Büchern wie Rumüz-i Hamza, Iskändärnämä, Husayn-i

Kurd, Häwarnäma, die einen religiösen und konfessionellen Anstrich

hatten — im Iskändärnämä wird Alexander als Du'l-qarnayn bezeichnet

und als Profet dargestellt — und in denen insbesondere vom Fürsten der

Gläubigen 'Ali b. Abi Tälib die übertriebensten Schilderungen gegeben

werden, und trugen mit großer Weitschweifigkeit und Rhetorik die

Abenteuer (Sirlnkäri) des Helden {mihtar) Nasim-i 'Ayyär, des Helden

Barq und des Helden 'Amr vor. Später ist das Sähnäma an die Stelle

aller dieser Bücher getreten. Zuweilen auch spielten sie „König und

Minister" [ßäh u wazir), ein Spiel, das man im Volksmund ,, Schlagtuch¬

spiel" (turnäbäzi) nennt und das noch heute in einigen Kaffeehäusern im

Süden der Stadt lebendig ist.

In den Nächten des Monats Ramadän verbrachten die Leute und be¬

sonders die Handwerker die ganze Zeit vom Fastenbrechen an (nach

Sonnenuntergang) bis zum Einnehmen der Morgenmahlzeit und der Ver¬

richtung des Frühgebets (vor Sonnenaufgang) im Kaffeehaus, ohne zu

schlafen, und in diesen Nächten hatten die Kaffeehäuser ein besonderes

Gepräge: man hielt in Form einer eigenartigen und höchst reizvollen

Veranstaltung das ,, Wettreden" (suhanwari) ab.

Wer in einem Kaffeehaus das ,, Wettreden" übernahm, brachte jeweils

in der letzten Nacht des (vorangehenden) Monats Sa'bän sein ,,Zeug"

{atät) dorthin und „schlug" dort „die Felle an" (püst kübldan). Das

Zeug dieses Wettredners (suhanwar) bestand aus einem ,, Podium"

(sardam)^ und einer Anzahl Fellen, von Tigern, Leoparden, Gazellen —

bei beschränkteren Mitteln von Schafen —, ferner aus den Zeichen

('alämat) der verschiedenen Gilden, die an die Wände des Kaffeehauses

angeschlagen werden müssen — ich werde darauf noch genauer

zurückkommen — und einer Anzahl ,, Derwischstücken" {waslahäy-i

darwiSi) wie Strick (riSta)^, Bettelschale (kaSkül), Doppelaxt (tabar-

1 Bei der mir bekannten Art des Wettredens wird ein kleiner, oft höher

gelegener Teil des Kaffeehauses durch eino Seheidewand, in deren Mitte man

einen Eingang {qäpü) freiläßt, abgetrennt. Das ganze abgetrennte Stück,

daa also etwa einer Bühne gleichkommt, heißt sardam. Dureh den Eingang

kann man das Sitzpodium (taht), auf dem der Frager beim Redegefecht Platz

nimmt, und die dahinter aufgehängten ,, Derwischstücke" und Zeichen der

Gilden sehen.

Terminus technicus: sardam bostan, einen sardam (etwa: ein Bühnenstück

nach Derwischart) aufführen. — Zur Airfführung vgl. Ma'.$üm'alisäh-i

Mudarrisi-i 'Älim, Gan^ina-i awliyä, Teheran 1338, S. 69. [Grämlich]

2 Eine lange, schwarze Schnur, die um den Leib gebunden wird. Wahr¬

scheinlich aber ist hier die sog. riäta-i darwiSi der Häksär gemeint, die man um die Derwischkrone (ta^) legt.

Die hier aufgezählten ,, Derwischstücke" gehören alle zur Ausrüstung der

Häksärderwisohe, deren Scheiche tatsächlich vielfach im sardam die Rolle

des Fragers spielen. [Grämlich]

(5)

Drei modeme Texte zum persisohen „Wettreden" 293

zin)^, Stock (miträq)*, (532) Hornhippe {Säh-naßr)^, Rüekensäge des

Seeungeheuers (arra-i puM-i nahang)^. Stein der Genügsamkeit {sang-i

qanä'aty u. dgl. Wenn dann am andern Tag die Zeremonie des , ,Pellanschla-

gens" ihr Ende gefunden hatte, begann in der Nacht des 1. Ramadän im

Kaffeehaus das Wettreden und dauerte bis zum Ende des Monats. Leute,

von denen viele nicht einmal lesen und schreiben konnten, trugen dabei

Tausende von Versen persischer Gedichte, Trviyv) (oder [i.axpa, bahr-i tawil),

Wortverschlüsselungen (mw'awmä). Rätseln (lugaz), musammat's, gazal's,

qasida'a, Vierzeilern, Trauergedichten, Lob- und Preisgedichten vor.

Eine andere Schar, deren Zahl noch größer und deren Kenntnisse im

Lesen und Schreiben noch geringer war, lieh mit einer Spanmmg, ge¬

mischt mit Staunen und Bewunderung, der Darbietung und dem Wett¬

reden der Vortragenden (hwänanda) ihr Ohr, der Mund blieb ihnen vor

Staunen offen, und wenn sie wieder zu sich kamen, sahen sie, daß die

Nacht vergangen und die Zeit des Morgenimbisses gekommen war.

Das Wettreden in den Kaffeehäusern im Monat Ramadän war bis vor

dreißig Jahren eine der blühendsten Veranstaltungen. Heute scheint es

in Teheran nur noch an einer einzigen Stelle vorzukommen. Die alten

Vortragenden — die Wettredner nennen sich untereinander ,, Vor¬

tragende" (hwänanda) — haben sich verzogen und ihre Kunst aufgegeben,

die jungen Leute finden weder ein für dieses Tmi günstiges Milieu, noch

zeigen sie, mit Ausnahme einiger ganz weniger, deren Zahl sich an den

Fingern abzählen läßt, ein Interesse daran, und man karm sich aus¬

rechnen, daß der alte Brauch (rasm-i kuhan) in einigen Jahren gänzlich

und spurlos verschwunden sein wird. Selbst die Bezeichnung ,, Wettreden"

{suhanwari) hat für uns heute etwas Fremdartiges. Aber vor einiger Zeit,

als Teheran noch nicht ein Zehntel seiner jetzigen Ausdehnung besaß,

ä Vgl. Burhän-i qäti', ed. Muh. Mu'in, 1, 467. Das tabarzin ist eine Axt

mit einer oder zwei bogenförmigen Schneideflächen. Die Derwische tragen

meist die Doppelaxt. [Grämlich]

* Meine Notizen sagen mitläq; so auch Qanjlna-i awliyä, S. 69. Man muß

sich dabei eine große, knorrige Keule vorstellen. [Grämlich]

* Das Sähnafir, wie die Derwische meist sagen, ist ein Oehsenborn, aus dem

man ein einfaches Blasinstrument gemacht hat. Sähnafir ist eine Verball¬

hornung aus Sah-nafir ; beide Aussprachen sind geläufig.

Vgl. HuöÖAT-l Balägi, Zindagäni-i Sams ul-'urafä', 1, (Teheran 1327),

S. 173—4. [Grämlich]

* Man kann diese Säge jetzt auf einer Photographie sehen: Qangina-i

awliyä, S. 21. Von welchem Ungeheuer sie tatsächlich stammt, vermag ieh

jedoch nicht zu entscheiden. [Grämlich] Wohl vom Sägefisch. [Meieb]

' Ein großer, oft schönfarbiger Stein, der in eine riesige Gürtelschnalle

eingefaßt ist, manehmal aber aueh einfach unter dem Gürtel gegen den Leib

geschnallt wird. Zur Rechtfertigung dieses Gegenstandes, dessen Druck gegen

den Magen das Hungergefühl vermindern soll, haben die Derwische eine

eigene Entstehungsgeschichte zu erzählen. [Grämlich]

(6)

294 Fbitz Meieb und Richabd Gbamlich

wurde diese Veranstaltung in nahezu fünfzig Kaffeehäusern abgehalten,

und viele dieser Kaffeehäuser bestehen noch und haben ihren Ruf be¬

wahrt. Einige seien beispielshalber genannt: das Kaffeehaus 'Abbäs-i

Murgi im Basar der Hühnerverkäufer (murgihä), heute Basar der Schuh¬

macher (kaffäShä), das Kaffeehaus 'Ali-i Lutfi am Darwäza-i Düläb, das

Kaffeehaus ,,Ulme" {nänvan) an der Straße Ray — Päy-i Mäsin —,

das Kaffeehaus Habib Ismä'il-i Ätaii bei Sayyid Ismä'il, das schon

erwähnte Kaffeehaus Hägg Äqä 'Ali an der Straße Barq, in der Seiten¬

straße Amin-i Darbär, das Kaffeehaus Sätir 'Ali an der Straße Ibn-i

Sinä — Straßenkreuzung 2äla —, das Kaffeehaus Ma§hadi 'Ali an

der Straße Fahräbäd, das Kaffeehaus ,, Neues Tor" (darwäza-i naw) —

Pä-qäpuq nahe der Seitenstraße Taht-pul —, das Kaffeehaus Sayyid

Ismä'il an der Straßenkreuzung Hasanäbäd, das Kaffeehaus Muhammad

Hän am Säpürplatz, das Kaffeehaus Sayyid 'Ali, das Kaffeehaus Abu'l-

Hasan am Anfang von Pä-manär, das Kaffeehaus 'Aziz am Bahäristän-

platz, das Kaffeehaus 'Ali-i Ibrähim im Bäzäröa-i Saqqäbääi, das

Kaffeehaus Husayn 'Ali-i Lungi an der Straße Ciräg-i barq, die Kosaken¬

kaserne (qazäqhäna) — auch in der Kosakenkaserne selbst also pflegte

man ein Podium (sardam) aufzustellen, und die Arbeiter der Soldaten¬

bäckerei (nänwähäna) der Kosakenkaserne hielten dort Wettreden —,

das Kaffeehaus Mashadi Taqi an der Straße Bäg-i Pista Bag usw. (533).

In jedem dieser Kaffeehäuser trafen sich Nacht für Nacht gegen

zwanzig Vortragende und hielten Wettreden. Manchmal begaben sich

die Vortragenden eines Ortes mit einer Anzahl der dortigen Bewohner

und vielen Lampen unter Segens- und Heilsprüchen (auf Mohammed tmd

'Ali) in das Kaffeehaus eines andern Orts, wurden hier von den Leuten

begrüßt und mit großer Ehrerbietung in ihr Kaffeehaus geleitet, und

dann begann ein Wettkampf zwischen den beiden Parteien.

Sehr bedeutsam ist bei diesen Veranstaltungen, daß kein Vortragender

das Wettreden zu seinem Gewerbe machte und Geld daraus zog — mit

Ausnahme der Vortragenden, die ein Podium (sardam) aufstellten, aber

auch diese gaben das Geld, das sie einnahmen, für die Miete ihres

,, Zeuges" (atät) aus und hatten außerdem daneben einen andern Beruf.

Mit Eifer und Begeisterung lernten die Vortragenden das ganze Jahr

Gedichte und Fragen und Antworten, die mit ihrem Tun zusammen¬

hingen, auswendig, widmeten sich, vom einfachen Arbeiter an bis zum

geübtesten und erprobtesten Meister, mit Interesse der Sache und be¬

trachteten ihr Mitwirken als ein persönliches geistiges Privileg. Sie hatten

besondere religiöse Lebensregeln und waren sämthch Derwische und

Angehörige einer ganz bestimmten Sufi-Affiliation, die unter ihnen als

die ,, Affiliation der Perser" (silsila-i 'Agam)^ bekannt war. Einer ihrer 8 Meist jaqr-i 'A^am genannt. [Gbamlich]

(7)

Drei moderne Texte zum persischen „Wettreden"

Regeln war, daß sie einen Beruf haben mußten und weder betteln noch

vagabundieren {parsa zadan) durften — außer in sehr wenigen Fällen

nnd auch dann nur mit Erlaubnis ihres Oberen (murSid). Ihre Kleidung

war die der gewöhnlichen Leute, und sie besaßen keinerlei besondere

Abzeichen*, wie etwa das Wachsenlassen des Schnurrbartes und der

Haupthaare oder das Tragen einer Kutte.

Legenden, die von Mund zu Mund überliefert werden, wollen wissen,

wann tmd wie diese Sitten aufgekommen sind. Alle laufen darauf hinaus,

daß das Wettreden ein Kind der Safawidenzeit sei. Tatsächlich haben

die Safawiden große Anstrengungen unternommen, die Konfession

der Zwölferschia durchzusetzen, und diese Versuche waren so breit

angelegt und nachhaltig, daß sie auoh in den Volkserzählungen ihre

Spiegelung gefunden haben. Die einzige Volkserzählung, deren Zeit

und Ort bekannt ist, liegt im Buch Husayn-i Kurd-i Sabistarl vor.

Sie spielt unter den Safawiden in Sabistar, Isfahän und andern Gegen¬

den Persiens. Das scharfe Schwert von Husayn-i Kurd arbeitet für die

Verbreitung der ga'faritischen Konfession, und die Gegner mit denen

er handgemein wird, sind alles Sunniten. Husayn-i Kurd besiegt sie

alle, sei es, daß er sie tötet, sei es, daß er sie auf den ,, rechten Weg"

führt. Deshalb (534) kann man das Buch als ein ,, religiöses Epos"

ansehen.

Dasselbe Milieu haben nun auch die Legenden über die Entstehimg

des Wettredens. Die Wettredner behaupten nämhch, zur Zeit der Safa¬

widen hätten eine Anzahl Sufi's die Konfession der Schia, die damals

noch nicht wirklich Fuß gefaßt hatte, verbreiten und den Namen 'Ali's

anstelle der ,,vier Genossen" (6ahär yär: Abü Bakr, 'Umar, 'Utmän, 'Ah)

in Kurs bringen wollen. Um ihr Vorhaben durchzusetzen, seien sie über

verschiedene Zwischenstufen bis an den Hof vorgedrungen und hätten

mit dem König — welcher unter den Safawiden es war, ist unklar —

ihren Plan besprochen. Der König habe sie vor dem gefährlichen Unter¬

nehmen gewarnt und ihnen die Schrecken eines Aufstandes und einer

Empörung vor Augen gemalt — schon früher waren ja von seiten der

verschiedensten Könige Schritte zur Verbreitung der Schia unternommen

worden, sie waren aber auf den Widerstand der Bevölkerung gestoßen ;

darauf kann hier nicht näher eingegangen werden. Aber diese Sufi's

hätten die Verantwortung auf sich selbst genommen und vom König

die Zusicherung erhalten, daß die Regierungsbeamten ihnen nichts in

den Weg legen würden. Darauf seien vier Derwische, jeder durch eines

* Das steht auch in meiaen Notizen. Trotzdem müssen sie wenigstens bei

der Aufführung des sardam, wo sie ja die Derwischkleider im Laufe des

Redegefeehts ausziehen mußten, eine besondere Tracht getragen haben;

Sie ist im Gangina-i awliyä, S. 21, abgebildet. Vgl. dort S. 68. [Gbamlich]

(8)

296 Feitz Meieb und Richabd Gbamlich

der vier Tore, in Isfahän eingezogen, seien unter leisem Hersagen von

„'Ali, 'Ali" durch die Straßen gewandert, hätten überall, wo es ihnen

als angebracht erschienen sei, ihren Ruf lauter erschallen lassen und 'Ali

belobigt in der Absicht, das Ohr der Leute mit dem Namen 'Ali's ver¬

traut zu machen und ihre Aufmerksamkeit auf die Lobeserhebungen zu

lenken, die sie ihm spendeten. Einer der Derwische sei zu einem Metzger¬

laden gelangt, dessen Besitzer Schiit und Verehrer des Herrn der Gottes-

fürchtigen (= 'Ali's) war, und als dieser gehört habe, wie der Derwisch

den Imam lobte, habe er den ganzen Kasseninhalt genommen und dem

Derwisch in die Bettelschale geschüttet. Als jedoch die Nachbarn des

Metzgers, die Anhänger der vier ersten Chalifen (üahäryäri) waren, seine

Zuneigung und Begeisterung gewahrt hätten, hätten sie ihn umringt

und nach dem Grund seines ungewöhnlichen Greschenkes gefragt. Der

Metzger habe ihnen eine grobe Antwort erteilt, das Reden und die Aus¬

einandersetzung hätten in eine Schlägerei ausgeartet und der Metzger

sei dabei getötet worden. Das sei der erste, der in diesem Kampf den

Tod gefunden habe. Die Derwische hätten jedoch ihre Unternehmung

nicht aufgegeben, sondern ihre Bemühungen und ihre Tätigkeit fort¬

gesetzt. Zu ihrer Bekämpfung hätten sich die Gegner der Schia erhoben

und kriegerische Ereignisse heraufbeschworen. In den Kämpfen, die

zwischen den beiden Parteien ausgetragen worden seien, hätten siebzehn

Personen, jeder von einer der siebzehn^" Gilden {sinf), für die Verbreitung

der Schia ihr Leben verloren und hätten so das junge Reis mit ihrem

Blut getränkt.

In den Versammlungen, die zum Wettreden gebildet werden, hängt

man die Zeichen dieser siebzehn Gilden an den Wänden des Kaffeehauses

auf, und zwar in der Ordnung, daß man an die Wand ein Fell — Gazelle,

Tiger oder Leopard —, daneben das Zeichen einer Gilde, dann wieder

ein Fell, daneben das Zeichen emer andern Gilde usw. anschlägt. Das

Zeichen einer jeden Gilde (53.5) besteht aus ein bis zwei Werkzeugen der

betreffenden Gilde in verkleinertem Maßstab, die an der Wand auf einem

Schurz (lung) oder einem Tuch {färia) aufgehängt oder angenagelt

werden. Einige dieser Gilden sind: die Bäcker (nänwä, lawääpaz), die

Haarschneider (salmäni), die Athleten (pahlawän), die Metzger (qassäb),

die Stoffsattelnäher (päländüz), die Hufschmiede (naHband), die Fuhr¬

halter (mukäri, öärpädär), die Wasserverkäufer (saqqa), die Wallfahrt¬

besinger (täUMs), die Gaukler (Iüti), die Flickschuster (päraduz), die

Derwische (darwiS), die Leichenwäscher (murdaSüy) — das Zeichen dieser

Gilde besteht aus Seifentuch (lif), Sackwaschtuch (Hsa) und Seife

(säbün) —, ferner die i2aw<?a-Vortragenden (Rawda-hwän) — um diese

1° Eine andere Version sagt 44 Gilden; so auch Oan^ina-i awliyä, S. 68

(44 gurüh). [Gbamlich]

(9)

Drei moderne Texte zimi persischen „Wettreden" 297

letzteren zu bezeichnen, nagelt man eine kleine Kanzel {minbar) an die

Wand. Alle diese Zeichen werden also zum Andenken an die Selbst¬

aufopferung und Selbstpreisgabe einer Schar, die für diese Sache ihr

Leben in die Schanze geschlagen hat, an die Wände genagelt.

So ist die Grundlage des Wettredens zur Erreichung eines religiösen

Zwecks geschaffen worden. Aber die Vorschriften und Regeln waren

noch nicht fest und noch nicht ausgereift, da sollen die beiden Brüder

öalil und Halil sie in die heute gültige Form gebracht haben, und eine

Anzahl Dichter, die von der gleichen Art waren, begannen zur Erreichung

desselben Zieles Gedichte zu schaffen. Sie dichteten unzählige gazal's,

qasida'a, tnuhammas's, musammat's zum Preise 'Ali's, der reinen Imame

tmd über das Wettreden selber, schrieben ragraz-Gedichte, verfaßten die

verschiedensten Gedichte zum Entkleiden ihres Gegners {'uryän kardan-i

harif) und zum Zurückgewinnen ihrer eigenen Kleider {püSidan-i libäs)

und wandten sich darin auch allerlei Wortkünsten zu, wie qasida's zu

dichten ohne alif, ohne Punkte oder mit den Namen der alten iranischen

Helden, und was weitere derartige Spielereien sind.

Die Namen dieser Dichter sind in keiner Biographiensammlung über

Dichter verzeichnet, und ihre Werke sind außer in den Textbüchern

{bayäd) zum Wettreden und im Gedächtnis der Vortragenden nirgends

aufbewahrt. Natürlich haben auch die meisten ihrer Werke keinen

besonderen literarischen Wert, aber sicher war in Persien die Zahl der

Vortragenden und Hörer dieser Gedichte keineswegs geringer als die Zahl

der Vortragenden und Hörer der Gedichte der großen Meister der persischen Sprache wie Sa'di, Häfiz usw. Deshalb dürften im Rahmen volkskundlicher

Untersuchungen diese Erzeugnisse einige Aufmerksamkeit verdienen.

(631) Zum erstenmal hat der vortreffliche Schriftsteller Öamälzäda

in seinem Buch , .Bitter und süß" {Talk u Sirin) auf das Wettreden hin¬

gewiesen. In seinem Buch spielt sich das Wettreden in einem Kafi'eehaus

eines zu Samirän (bei Teheran) gehörigen Dorfes ab, und einer der Vor¬

tragenden ist der bekannte Derwisch Marhab. Die Reden, die dort

zwischen den Vortragenden ausgetauscht werden, haben aber mit den

Gedichten des wirklichen Wettredens keine Ähnlichkeit, und es steht

außer allem Zweifel, daß der Verfasser solche Versammlungen nie

besucht hat oder wenn er es einmal getan hat, nur wenige Augenblicke

dabeigewesen ist. Derwisch Marhab war außerdem Mitghed der Affiliation

der Häksär's, trat auf öffentlichen Plätzen auf {ma'raka mi-girift) und

verstand nichts vom Wettreden. Was über die Versammlung des Wett¬

redens und die Reden der Vortragskünstler bei CcAMÄlzäda vorkommt,

ist also zwar kaum mit der Wirklichkeit in Einklang zu bringen, aber die

Erwähnung der Einrichtung als solcher beweist das große Interesse

dieses Schriftstellers an den nationalen Sitten und Gebräuchen.

(10)

298 Fbitz Meieb und Richabd Gbamlich

Bevor die Versammlung des Wettredens gebildet wird, verrichtet der

Vortragende, wie gesagt, die Arbeit des ,, Fellanschlagens" (püst-kübi).

Unter dieser Bezeichnung versteht man gewöhnlich folgende Vor¬

bereitungen der Veranstaltung : Zuerst wird vorn im Raum ein ,, Podium"

(sardam) errichtet und werden die ,, Derwischstücke" (waslahäy-i

darwiSi) in gefälliger Weise darangehängt. Auch an die Wände und in die

Blindbögen (täqnumä) des Kaffeehauses werden Felle angenagelt und

zwischen den Fellen in besonderer Anordnung und in bestimmten Ab¬

ständen die Zeichen jeder Gilde auf einem Stück Tuch befestigt. Jedes

Fell bezeichnet den Stuhl (kursi) einer der Gilden, und das Zeichen der

betreffenden Gilde folgt ohne Abstand daneben. In der Anordnung wird

eine bestimmte Reihenfolge beobachtet, die der Vortragende kennen muß.

Fragt ihn ein anderer Wettredner nach der Reihenfolge der Gilden, so

muß er Antwort geben, und diese Antwort muß in Gedichtform oder

wenigstens in metrischen Trviyv) (bahr-i tawil) erfolgen. In der Fachsprache

heißt die Beantwortung dieser Frage ,,die Begründung der siebzehn

Affiliationen" (tubüt-i hafdah silsila). Manchmal bittet der Partner (harif) den Wettredner auch, die Lehrer (pir) jeder Affiliation und ihre Abzeichen

aufzuzählen, worauf der Wettredner ebenfalls unbedingt antworten muß.

Die Reihenfolge der siebzehn Affiliationen ist folgende: 1. das Fell der

Derwische, 2. das Fell der Äawda-Rezitatoren, 3. das Fell der Wallfahrt¬

besinger (cäwuS), 4. das Fell der Wasserverkäufer, 5. das Fell des Zeichens

für den Stuhl des Baba (püst-i niSän-i kursi-i Bäbä), 6. das FeU der

Athleten, 7. das Fell der Getreidesieber (bawgär), 8. das Fell der Bäcker

(sätir), 9. das Fell der Nachtgänger (Sabraw, Diebe),!"* 10. das Fell der Vorausläufer einer Pferdeeskorte (äätir-i gilawdär)^"^ , 11. das Fell der

Hufschmiede, 12. das Fell der Fuhrhalter, 13. das Fell der Metzger,

14. das Fell der Flickschuster, 15. das Fell der Leichenwäscher, 16. das

Fell der Haarschneider, 17. das Fell der Kaflfeewirte. (632) Manchmal

verlangt man vom Wettredner auch, daß er darüber Auskunft gebe, wie

sein Podium (.sardam) entstanden sei und wer es zuerst errichtet habe.

Dann muß er die sog. ,, Begründung des Podiums" (tubüt-i sardam) vor¬

tragen. Es ist klar, daß mit ,, Begründung" (tubüt) eine Erklärung der

kurzen Entstehungsgeschichte der betreffenden Zurüstung und der in

jedem ihrer Teile liegenden SjTnbolik gemeint ist. Um ein Beispiel für

die miyri (oder [j,axpa) der Wettredner zu geben, seien hier die TTVtyTj

über eine ,, Begründung des Podiums" angeführt :i'"'

i"* So zu lesen [der Übersetzer]. So zu lesen [der Übersetzer].

^"^ Diese Prosarhythmen können, wio in unserm Beispiel, gereimt sein,

d.h. die Kola können mit reimender Endung sohließen. Sie können aber

auch ohne Reim sein, wie die Beispiele bei Sayyid Muhammad 'Ali-i GulbIz,

Minüdar yä bäh ul-ganna Qazwin, Teheran 1337, 473 f., zeigen. Das Metrum

ist verschieden. In unserm Beispiel und im ersten Beispiel bei GulbIz handelt

(11)

Drei modeme Texte zum persisohen „Wettreden" 299

cJc üh^ ijjj ^^'^ öij ß'-^i iS^ f ' y.->^ ü**" '-•'^ jj '^jx:'.

t OL) iiii- Lf ' ljW>5* lI^USol 4 ülijj ul JjJ cSjT.J CJklj_,_ ^jS.)

. [fbjj jjii tjAi c*»^ ^-'bj <S'T^j_j^ Ij ol;^J ^ li>-j ^ 4 oljl ijülj ^^j^ aS" U

aS' ' li*^ ' J^^^^ j' i Ai XiL) aS'jVL- Xw- ■^^J^9 l_-a-Lo

Ay c«^,y-i *^ I ' jlSC^j jjS'Ai^sL 'j"' j c-^^is^-j Jt, j

4 |JL>- j' Ljulj (jO^i JU- 4 jl OjJj .Ij Aj jJi. ^_;>-J liJL-

^jjl b^ jl-b aT j-j-i ^-ij t^' Lc 4 Vj oLi 4 ^£JJ> jji

■ 'j '■^.ß tsLriJ f-*—; üT d^cL)

^^U Ojj j^jjJ urT ■^■i^^-! '•{^J Oi' '-**'^ <Jj' Jjjj' «-l-i jjIjJ

j J^^j^ii ■^^y '■^ J-sLhj^ Oi' ' J::^ isß^J Jri^ ülj

Jjj-tj j 0~^' ß^ ^''^ lS-^I^' -H J:^»- *^ '■^ 'j »-i J A-j jLjj^ .UjIoj

IjÜCj i^L. illL. xjLc'

,,Wie lange redest du noch sinnlos großsprecherisches Gefasel hier bei mir ? Rede nieht weiter, Schwätzer, in dieser Weise, oder ioh fange dich so hart ab,

daß du seufzt und stöhnst. Ich stürze dich gleich in Aufregung. Ich gebe dir

in diesem Moment die Erklärung, damit du ins Bild kommst, sowohl über

das Verborgene wie über das Geheime, damit du die Sache erfährst. Ich will

dir den Kreis der Armut und des Entwerdens deutlich machen :

Ein Mann der Armut ist der Herr, der Befehlshaber, der König der

Frommen, der Löwenmächtige, der Gerechte, 'All, der Leu, der Ungestüme,

der keinen Ebenbürtigen und keinen seinesgleichen hat, der der Herrscher

und Fürst ist und der Kaiser von Welt und Ort, in dessen Macht die sechs

Richtungen (oben, unten, vorn, hinten, rechts und links), die neun (ptole¬

mäischen) Sphären und auch Welterrfisoh und gestuftes Firmament liegen.

Damit keimst du jenen Thesaurus der Schatzkammer der Geheimnisse

Gottes, das Licht der Reehtleitung, den König der (ihm zukommenden) Zu¬

neigung (wala). Hör zu, ieh will dir die Erläuterung geben, damit du weißt,

wie dieses Podium entstand und wann der Anlaß dazu war, ich will dir,

Mensch, die Art und Weise des Wie imd Warum mm bündeln :

Zwei Brüder wurden zu allererst die Urheber dieses Podiums. Sie haben

diesen Derwischberuf gegründet. Der eine hieß Halil, der andere öalil.

Diese beiden Brüder waren die Erfinder des Podiums und haben die vier plus

drei plus zehn Affiliationen organisiert (tartib), damit das ganze Heer der

Derwische sie als ihre Meister anerkeime und im übrigen ein Bravo und eine

Ermunterung ausspreche für diesen freigebigen, großherzigen Pfadbeschreiter (sc. mich) ..."

Auch zur Begründung (itbät) jeder andern Gilde wurden Gedichte

und derartige TCVtyy) {bahr-i tawil) vorgetragen. Der Wettredner

es sich um steigende lonier {^ ^ ■—), wobei die Kola mit - ^ beginnen

körmen. Das zweite Beispiel bei Gulriz zeigt ausschließlich lamben ^ - ^ -.

Die Stücke bei Gulriz stammen von oinem Häretiker unseres Jahrhunderts,

der sich als Gott ausgab. Die Kola sind in einem Atemzuge zu sprechen. Da¬

her übersetze ich mit ttviyo?, pl. Trviyr), im Hinblick auf die verwandte Er¬

scheinung in der Parabase der attischen Komödie [der Übersetzer].

(12)

300 Feitz Meiee und Richaed Grämlich

schildert darin die frühere Geschichte jeder Gilde und ihrer „Stücke"

(wasla). Ein Beispiel sind die folgenden Verse, die zur Begründung (itbät)

der Haarschneidergilde, ihrer ,, Stücke" und der Geschichte ihres Ge¬

werbes vorgetragen worden sind {ramal) :

Nachdem ich nun zur Belobigung der Harrschneider gelangt bin.

Will ich aus ganzer Seele ihren Pfad für die Erkenner begründen {itbat).

Als Adam nach dem Paradies auf Ceylon hemiedergestiegen war.

Kam auf Befehl Gottes Gabriel, um ihn zu preisen.

Er lehrte ihn dio Haarsehneidekunst, und von ihm an blieb sie besteben.

Von einem zum andem übergehend, über Noah, Abraham und das Siegel

Von Mohanuned übernahm sie Salmän, und von ihm aus verbreitete sie sich

Über die ganze Welt. Nun will ieh ihre ,, Stüeke" erläutern:

Stein, Messer, Lanzette, Schere, Serviette, Spiegel,

Zange (zum Zahnziehen), Becher, Radriemen {iarh-tasma), Nagelschere,

O Gnädiger, o Liebreicher, o Unerschaffener, o Barmherziger,

Stets möge man in der Welt die Schürze, das Messer und den Radriemen

Nachdem ich Süßredender die Begründimg {tubüt) von dem allem vor-

Bringe ich jetzt mit hundertfachem Braus ein ,,Der einzige Freund ist

Wenn die Felle und die Stücke jeder Gilde an den Wänden angebracht

sind, wird die eigentliche Versammlung des Wettredens eingeleitet. Die

Liebhaber finden sich nach dem abendlichen Fastenbrechen im Kaffee¬

haus ein. Nach ein zwei Stunden ist das Kaffeehaus vollständig besetzt.

Der Wettredner hat frühzeitig auf dem Podium (sardam) Platz genommen

und ergreift nun, nachdem eine ansehnliche Schar im Kaffeehaus zu¬

sammengekommen ist, den Stock (miträq, 6übdasti) und gibt ihn einem

der Anwesenden (633). Das bedeutet, daß der Betreffende ein schönes

gazal zu singen hat. Um vollständiges Schweigen herbeizuführen, werden

noch einige Segenswünsche auf den Profeten und die heilige Familie ge¬

sprochen. Dann beginnt der gazal-S&nger zu singen. Dies wiederholt sich

mehrere Male, der Stock (tumäq) des Wettredners wandert von Hand zu

Hand, bis die Aufmerksamkeit der Leute gewonnen ist und nun auch der

der Profeten.

wisse !

neimen . ..

gebracht habe.

Gott" aus.

(13)

Drei modeme Texte zvan persischen „Wettreden" 301

Partner (harif) des Wettredners im Kaffeehaus erscheint. Hierauf be¬

ginnt die Veranstaltung des Wettredens.

Zunächst beginnt der Wettredner, der soeben im Kaffeehaus erschienen

ist, um den Gegner, d.h. den installierten Wettredner, zu schlagen, indem

er seine ,,Rede" mit der Formel „Im Namen Gottes" einleitet (rubäH):

an nuqta ki zlr-i bä'-i bism illäh ast

än rahnuma ba gumla halq ullah ast

sangida äudast dar tamam-i qiir'an an hal-i lab-i 'All wall ulläh ast Jener Punkt, der unter dem & von bismilläh steht,

Ist der Führer für alle Geschöpfe Gottes.

Er ist im ganzen Koran aufgewogen worden.

Er ist das Schönheitsmal der Lippe 'Ali's, des Freundes Gottes.

Dann rezitiert er auswendig zuerst ein gazal, dann ein muhammas oder

musammat über den Frühling, den Herbst oder etwas Ähnliches von

einem bekannten Dichter und großen Meister der persischen Sprache.

Einige Wettredner lesen auch, um ihre großen Kenntnisse zu zeigen, an

dieser Stelle ein Stück von Dichtern wie Manüöihri, Häqäni, Anwari usw.

vor. Darauf bittet er das Publikum um die Erlaubnis, das Feld des

Wettredens zu betreten und mit seinem Partner (dem ersten Künstler)

den Kampf aufzunehmen.

Von zentraler Bedeutung ist bei diesen Reden nun das Bemühen eines

jeden der beiden Partner, seinen Gegner aus dem Feld zu schlagen. Dies

enthält einen Hinweis auf den ursprünglichen Hintergrund des Wett¬

redens, nämlich die Befestigung der Schia und die Widerlegung der

Sunniten. Die Worte des Vortragenden sind manchmal reine Poesie,

meist in Form von muhammas und musammat, manchmal aus Poesie und

Prosa in der Weise zusammengesetzt, daß der Vortragende zuerst eine

Strophe (band) muhammas oder musammat rezitiert, dann einen Ab-

sclinitt (band) TrviyT) (bahr-i tawil) vorbringt, eigens zu diesem

Zweck verfaßt, dann wieder eine Strophe muhammas hersagt und bis

zum Schluß in dieser Weise seinen Vortrag fortsetzt.

Den Formen qasida und matnawi hat man sich im Wettreden nur

selten zugewandt, doch kann man nicht sagen, daß man sie vollständig

vernachlässigt hätte. Beim bismilläh, beim saläm und beim 'alayk, bei

der Frage nach den siebzehn Affiliationen z.B. werden auch qasida'a und

matnawi'a rezitiert. Da aber die Worte beim Wettreden sehr hoch¬

trabend sein und ihr Klang die Aufmerksamkeit des Hörers auf sich

ziehen sollen, wählen die Dichter, die für den Wortvortrag dichten,

schwierige Reime und ungebräuchliche Wörter und verwenden nach

MögUchkeit Wörter, die im Ohre des Hörers veraltet und ausgefallen

klingen imd als Beweis für die Bildung und die Kenntnisse des Vor-

(14)

302 Fbitz Meieb ixnd Richabd Gbamlich

tragenden in den Zweigen der Dichtung, der Literatur und des Wort¬

schatzes gelten. Der einfachste Weg zu diesem Ziel ist die ehen genannte

Wahl schwieriger und ausgefallener Vokaheln und die Hinwendung zu

poetischen und wortkünstlerischen Spielereien, also etwa (634) gazal's

und metrische Tn/iyT) ohne Punkte, ohne alif, mit schwierigen Servituten

belastete Kunstprodukte vorzutragen. Keine ihrer Reden ist frei von

solchen Besonderheiten. Das folgende ist eines der schönsten Beispiele

für die Gedichte, die zur Eröffnung des Redens, bevor man das Feld des

Zweikampfes betritt, um den Gegner auszuziehen, vorgetragen werden. In

diesem Gedicht wird der Versuch gemacht, die Namen der Helden der

iramschen Epen, besonders die ausgefalleneren und weniger vertrauten,

aufzuzählen (muhammas, hazag) :

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fl-r tiy '-:''^ßß Cjß 4j i^AjIj ^ji iSj^y^ ^ L.

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jt-l^ Jic xi" jl ^ pjli ilrij.

C i>>lji »-^ij^ _H O^J-^ "jlfj 'jT "-"b ^ iJij' Lc Ij ÖIj\j Xj Ljljj^

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^Ijjjj öljjl Ji Oj^-i cUi-ic i^l-i}— jl *^

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jLj_^ Ai (jl tjjjJj Jd' cs*->^ '^'-^ — ^ iP*- — ^ ts'j—i ert jL' »U*.

^L-f«jj lj.» JoS^i*- ol AjU-ji ,ji5^-i

(15)

Drei modeme Texte zum persischen „Wettreden" 303

Du mein Götterbild mit der Hüsangfaust, dem harten Herzen und dem

lockeren Pakt, Bald köimte man sagen, ich sei Gürang, bald, ich sei Balyän.

Als du mit dem Gesieht eines Manüöihr das Roß gegen mich auf den Kampf¬

platz triebst,.

Eroberte der Afräsiyäb deines Türkenauges das Land meiner Seele.

Wie Bizan im Sehacht hält mich der Kummer gefangen.

Man könnte meinen, das Schwert des Türak deiner Brauen sei in deiner

Hand.

Man köimte meinen, Atratüsam sei vor dir ein niederer Sklave.

Man könnte meinen, o du, dessen Brauen Bogen sind, dein Pfeil sei auf dem

Daumenrrng.

Man könnte meinen, in der Trunkenheit sei dein trunkenes Auge der übel-

trunkene Tür.

Denn Vemünftigkeit kermt es nieht, sondern beschießt mieh jeden

Augenblick mit Pfeilspitzen.

Aus dem Kampfplatz des Riesenleibigen (= Rustam) schlägt deine schlägel¬

ähnliche Locke den Ball.

Nicbt Tüs mit den goldenen Schuhen hat die Kraft, Widerstand zu

leisten deinem Kampftag.

Hundert Leute wie Qäran fliehen am Tag der Feindseligkeit bei deinem

Ansturm.

Wie bei Isfandiyär fließt mir das Herzblut aus den Augen.

Wie Suhräb hinter Kusti ( ?) her wende ich mich aufs Kampffeld,

Um, ein zweiter Dastän, die Vereinigung mit dir am Busenlatz zu packen.

Durch die viele Anfechterei, die der unselige Aufpasser, Pirän gleich,

betrieben hat —

Du hast mir die Weichen aufgeschlitzt mit dem Dolch deiner Wimpern.

Im Blutvergießen bist du Dastän, und ich bin Dastän's Sohn.

An Hartherzigkeit habe icb noch keinen solchen Frechling und Menschen

mit solchem lockeren Pakt wie dich erlebt.

In Blutvorgießen und Behendigkeit bist du wie die Türken von Samangän-

Du bist Welteroberer, Weltversehenker, Weltbesitzer, Weltbehüter.

Die Rasse hast du von Säm oder bist der Sohn Narimän's.

Denn du ergreifst und bindest mich mit dem Gam deiner wirren Locken.

Wie der Sohn Zäl's bei den sieben Gefahren (haft-hän) im Heere von Türän

Bindest du mit deinen wurfseilgleichen Locken dem Häqän den Hals.

Du ziehst den Elefanten des Häqän zu dir auf den Kampfplatz.

Ich weiß nicht, bist du Farämarz der Held oder Rustam, der Sohn Dastän's.

Derm deine wirren Locken zerren mich wie den Häqän.

In der Schule der Liebe zu dir liest Öämäsp seine Lektion.

Luhräsp hat nicht die Kraft, dem Schwert deiner Augenbrauen zu wider¬

stehen.

Vor dem Pfeil deines Blicks fliehen hundert Männer wie Gustäsp.

An den Magnet deiner Locken sind die Herzen geraten gleich Garsäsp.

Ich weiß mit Bestimmtheit, aus dem Wurfseil deiner Liebe kaim ich

mich nicht mehr befreien.

(16)

304 Fbitz Meieb und Richard Gbamlich

Junger Mann, hänge dir den Rat alter Männer an die Ohren !

Warum ist dir dein gestriger Pakt in Vergessenheit geraten 1

Ewiges Leben gewährt deine Lippe, die wie die süße Quelle des Lebenswassers ist.

Umgebracht hat mich dein Rubin, so rot wie das Blut des SiyäwuS.

Deim für die Leidenschaft meiner Liebe zu dir bin ich in Iran und Türän bekannt.

Zücke nicht wie Giw b. Güdarz, um die Liebenden zu töten.

Das Schwert der Grausamkeit ! Treibe nicht den Rahs auf den Kampfplatz !

Das Heer der Ziererei genügt vollauf gegen einen verwirrten Liebhaber.

Sukühi (Name des Dichters) ist Irag, und du bist Salm und Tür, o König

der Schönen.

Töte nicht in deinem Hause, du Mensch mit einem Herzen von Stein !

Ich bin dein Gast.

Folgender Vierzeiler (rubäH) ist für den saläm gedichtet :

husraw naSawad harif-i man dar päsuh

hulq-i suhanam girifta Üin u Halluh

haham ( = hwaham) Sikanam az sar-i piöänat iah

harn gardi u az sarat firü rizad muh

Herr wird mein Partner in der Antwort nioht.

Die Beschaffenheit meiner Worte hat China und Halluh erobert.

Ich will dir die Hörner vom sieh abwendenden Kopfe brechen.

Du wirst dich krümmen, und das Hirn wird dir aus dem Kopfe riimen.

Wie man sieht, steht im ersten Halbvers nach dem ersten Buchstaben

und vor dem letzten Buchstaben je ein s, im zweiten Halbvers an den glei¬

chen Stellen je ein l, im dritten je ein ' und im vierten je ein m. So ist am

Anfang und am Ende (635) in die vier Halbverse das Wort saläm hinein¬

gelegt und, nach dem Fachausdruck der Wettredner, der ,,Gruß mit

Kopf- und Bodensiegel" zustande gekommen (saläm-i sar u tah muhr).

Nach dem saläm bringt der (an zweiter Stelle, als Partner, erschienene) Wettredner jedenfalls das ,,Der einzige Freund ist Gott" (düst illa 'Iläh)

aus und bittet in folgender Weise die Anwesenden um die Ermächtigung

(muhammas, ramal) :

z.-S" Äiil <_JL1» j »U-' J' v^^— ^1 f^.j J*l üb.S'l-'

■r. ...kS^ üjI Jj JcI Jlp Jt jj>- lül Jj by^u^ \x>- »Ij liJlL»

c~~ß olj..j>j j\*j lylS^L» öLijl Ji*j

Ij iüll dyj |»JU j_jJ C'j jT jl Xo Ij iill Jj ^x. Jj j jL»- jl ^S" i/

Ij *jilVI c^ji jli,—«. jj i^iT Ij äIiI Jj ^x. Jj j jU- j\ ^

»IS^x.-'j jl j\# L»:» IjlL; ■wl»-

l^tsUI jl — cjJj^ jUyt t^l |. t)LJI |. :>UI jlSCI j j_^jlj_^ tjl p tj*—II

^ — Jl jlx.iw« jU^4;io (^1 j. tiLJI I» ^1 jLclj (jjJ ts' p ^1

C-ji'•CjS' i jüüT^p* pjlj {e'\j

(17)

Drei moderne Texte zum persisohen „Wettreden"

L j j ölxt^ j ö ^IT c^-ä-V. Uj L üliiU j üUjU

U..,j JXs^b öVIxl £]j/ >i-iic Li j ^; ^i5;jL-

C~iS'i>lj i_j>-L» ^ij jjj Ij:" üdjXM

ts-^j oij!» j^jj xi^j Ajja jl

J-«=-J li*' tä' fj'^ f>

. , . C*—aS'oLS^X*-^ Oi J"^ O* ^-T-' t-^'Xr*

J^:> jil öLiSJjjf jl j ißj jl Jj^j üil üL AxS^j j^j_, v^^ijl

Jy^i jjl ölSC jhJ li^jjj jl ^W jlj iji' -iH^ j'jj^-. j _^*l jl

c-ii.^r" »U-J j 'sl-Lj jj^jj Jj»-Ij

Ihr Bewohner der Podiiunwelt {dam hier = sardam), wer ist es, der vom

bismilläh Kunde gegeben hat ?

Wer ist es, der von den Namen Gottes Kunde gegeben hat, und der Gott¬

sucher ?

Wer ist Besohreiter des Pfades Gottes wie der Gottgesandte ?

Wer ist Freund Gottes wie 'Ah, der Hohe, der Höchste ?

Wer ist naeh ihnen Führer und Begleiter der Wanderer ?

Ich lobe den Freund Gottes mit Herz und Seele.

Hierauf preise ich den Profeten, den Gesandten Gottes.

Ich lobe den Freimd Gottes mit Herz und Seele.

Ich bringe im Gastmahl der Erkenntnis ein ,,Der einzige Freund ist Gott"

aus.

Besonders mit dem ,, Wahrlich wir eröffneten" (Sure 48,1), wer ist es,

der von dem „Apparat" Kunde gegeben hat ?

Gruß, ihr Könige des Seins und der Kontingenz, Gruß !

Gruß, ihr Vertrauten der stillen Kammer der Seele, Gruß !

Gruß, ihr Anhänger der Religion und des Glaubens, Gruß !

Gruß, ibr redegewandten geistreichen Menschen, Gruß!

Mit euch habe ich die Absicht zu sprechen. Wer hat da feindselige Ab¬

sichten ?

Ihr treuen Erkeimenden und Liebenden, Liebe ist Liebe.

Ihr aufrichtigen Vollkonunenen und Leiter, Liebe ist Liebe.

Ihr Wanderer des Pfades der Armut und des Entwerdens, Liebe ist Liebe.

Ihr reinen und ehrlichen Kinder Abdäl, Liebe ist Liebe.

Wer ist in diesem eurem Kreise pfadbesohreitender Derwisch ?

Vom vollkommenen Oberhaupt {naqlb) und dem Meister des Religions^

gesetzes eine Ermächtigung !

Vom Novizen, vom Leiter und vom Lehrer des mystischen Pfades eine

Ermächtigung !

Vom Befehlshaber und Fürsten und vom König der Gotteserfahrung eine

Ermächtigung !

Ich habe die Absicht, eine Aufregung zu verursachen, ihr Inbrünstigen

(Anhänger der Schia), eine Ermächtigung!

Wer ist der Marm für den Kampfplatz der Auseinandersetzung über

diesen ,, Apparat" ?. . .

Vom Oberhaupt, dem Meister und dem geistreichen Lehrer Erlaubnis zum

Betreten !

Vom Tapfern, vom Helden und von den Rebellen Erlaubnis zum Betreten !

21 ZDMG 114/2

(18)

306 Feitz Meiee und Richaed Gbamlich

Vom Befehlshaber und Fürsten und von jung und alt Erlaubnis zum Betreten !

Vom Großen dieses Ortes erbitte ich die Erlaubnis zum Betreten,

Damit ich eintreten und sehen kann, wer Mann von Erhabenheit und

Ansehen ist!

Dann rühmt er sich mit rojraz-Gedichten selbst, redet mit schwülstigen

und wenig sinnvollen Worten von seiner Sprachgewandtheit und Rede¬

kunst, begirmt dann Fragen vorzubringen und erheischt von dem Wett¬

redner, der auf dem Podium sitzt, Antwort. Er verlangt ferner dessen

sämtliche „Derwischstücke" {waslahäy-i darwiSi), von der Axt und

der Bettelschale angefangen bis zur ,, Krone" (täg), dem Nußbehälter

(gawzdän), der Bluse (arhälvq) und den andern Kleidern und behält

sie als Pfand bei sich, bis der Wettredner ihm geantwortet hat und

seine Kleider wieder zurückerhalten kann.

Nachdem die Rezitation des an zweiter Stelle im Kaffeehaus einge¬

troffenen Partners ihr Ende gefunden hat, steht der Wettredner, der

jetzt nackt ist und ein Tuch über die Schultern geworfen hat, auf,

rezitiert gegenüber dem bismilläh seines Partners seinerseits ein bismilläh,

antwortet auf dessen gazal oder musammat meist im gleichen Metrum

und mit gleichem Reim und bittet auch seinerseits, nach einer ausgiebigen

Selbstberühmung, um die Erlaubnis, dem Gegner zu antworten. Alle

Reden sind entweder in Versen oder in metrischen miyy] abgefaßt. Er

versucht (Original geändert), mit der Antwort auf die Fragen des Gegners

seine Kleider wieder zurückzugewinnen und seinen Gegner auszuziehen,

und richtet neue Fragen an ihn, auf die nun der Gegner antworten muß,

um seine verlorenen Kleider wieder zu erhalten. Folgendes ist eines der

Gedichte, die zum Ausziehen des Gegners vorgetragen werden (muham¬

mas, ragaz) (636):

tXijj öjiß |»Li^ J^-- ^lij ölkL" oJ-i ßSji^^ ^ aU-j ^Ji'J.^ jl jU

jj yß-^ öij jj'-T^' j-^ y-^ '■'^ jjL^ j j-^ ü-* b

fj Jlxi^ j-X. i, pjy.

y^x. 4j Ai^ A— L^lj i^jc. Ji fßi ilL. jVU

öjj («'•^ iJjJ *i "U^-lojl il^jji ^ ^J» ojj JI.,riTa»ijl

... pii ^^y-^ b\j\^ Ij 4j>»:j^ Ij -lS

j-ü j^-S"! ^Ij j^'i ji ^j'ij>- j'jj-^ iß y'j JjSCiS'ilU-jj o <_jiS'j! (_5*^x.

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. . . fj tJ^lj 4J. tSj jl ä'jliJ jAil pJjÄ pJ

(19)

Drei modeme Texte zum persischen „Wettreden" 307

Wieder ist durch die Ausströmimgen der basmala mein Inneres worte¬

ausbreitend geworden.

Der Fürst meines Dichtens ist durch dieses Wort auf das Dach des Himmels gestiegen.

Für das Reich der Worte ist mein Dichten gleichsam der König des Ostens

geworden.

Mager ist der finsterblickende Feind geworden durch mein die Seele

nährendes Dichten.

Jeden Augenblick schlage ich gegen den Willen des Herausforderers den

Ball der Wortkunst.

Der Befehlshaber des Reichs meines Denkens hat auf das Gefilde seinen

Fuchs getrieben.

Notgedrungen hat er zum Kampf gegen den Herausforderer das Banner

des Dichtens erhoben.

Über siebenhundertzehni" hinaus hat meine Begabung den Ball in die Weite

Hat einen Wall Alexanders fest aufgebaut gegen den elenden Feind.

Die Zeit ist für mich gekommen, die Faust auf die Löwen der Heraus¬

forderung zu schmettern . . .

Du Herausforderer, lege aus den Händen auf den Boden Bettelschale und

Axt!

Zieh aus den Flickenrock! Nimm dir vom Haupte jetzt die ,, Krone"!

Öffne sofort don Strick, imd dann zieh von der Brust den Rock !

Leg ab die Bluse ! Nimm dir vom Busen das Hemd !

Sonst schlage ioh das Schwert der Rede auf einen verächtlichen Feind.

Streife von den Füßen die Stiefel ! Zieh aus die Hosen !

Werm du dann nackt bist, mache dir den Schurz vertraut !

Begründe mit dem entsprechenden Koranvers dieses Hemd gegenüber jedem

Ansprach !

Sonst stehen dir die Kleider, die Bettelschale imd die Gewänder nieht

wohl an.

Jeden Augenblick schieße ich in beiden Welten das Wort höher als er

(sc. der Gegner) . ..

Der Gegner gewinnt dann seine Kleider von seinem Partner mit

folgenden Versen wieder zurück (musammat, hazag) :

^ jlXj. c^-i^j" fjjy -1"^ jly fßi *^ f'jly oT ^

geworfen.

1" Umschreibung eines Wortes, dessen Buchstabenrechnung 710 ergibt.

Unklar.

21»

(20)

308 Fritz Meier und Richard Grämlich

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p-lx—i A_) ciLj j-j oljj — c üL>.^ *jjS"j Ich bin jener einzigartige Reiter, dessen Renner das Dichten ist.

Ich reite auf metrischem Wort, und meine Rennbahn ist ganz das Geistige.

Das Wort ist die ZeitUchkeit, ich ihre Himmelssphäre. Das Wort ist der

Körper, ich seine Seele.

Das Wort ist der Schatz der Seele, ieh die darauf zusammengerollte "Viper.

Das Wort ist das Siegel, ieh sein Rubin. Das Wort sind die Edelsteine, ioh ihre Fundgrube.

Das Wort ist die leuchtende Sonne, ieh die sieh drehenden Firmamente.

Wohlan, imwissender Gegner, laß dein Auge mich im Kampfe seben!

Flieh vor diesem Kampfplatz, suche Zirflucht, laß deis Gefecht!

Sonst bereite zwei Ellen Kattun für dich vor !

Mein nackter Leib ? Du Tor, mach deinem Verstand das Seelenauge auf!

Wenn du Edelsteinkermer bist, betrachte das Schwert nackt !

Ich habe alles Edelsteine am Leib. Glaube nicht, ich sei nackt!

(21)

Drei modeme Texte zum persischen „Wettreden" 309

Wenn ich mit der Absicht zum Streit das Feld des Kampfplatzes betrete.

So nehme ich mit dem Blitz des geistigen Schwertes den Fluchtweg auf den

Feind los.

Den Kühnen nehme ich das Schwert und dem Feind das Haupt.

Mit frechem Ansturm versuche ieh, ein anderes Gesetz zu nehmen.

Ich ziehe mir jetzt die Hosen an und nehme mir von dir Bettelsehale

und Axt.

Dann wird den Lumpen klar, daß ich ein redefertiger Lump bin.

Eine rücksichtslose Auseüiandersetzimg mit meinesgleichen ist eben Torheit

und Unwissenheit.

Ich fürchte, du gewinnst aus diesem Handel nur Reue.

Wandle nioht auf dem Pfade des Teufels ! Nimm Anstand wahr und Mensch¬

lichkeit !

Wähle don Weg der Herzbesitzer und laß diese tierische Art !

Ich ziehe mir jetzt das Hemd über die Brust in diesem Kreis, unbehelligt.

Dann nehme ich mir von dir, du Meer selbstgefälliger Reden, diese

„Krone".

Ich bilde nur noch gegen den Willen des böswilligen Feindes Zusammen¬

schlüsse.

Ich sage nichts, es sei denn, ioh rede von Entzückendem und Berückendem.

Dem brausenden Meer meiner Begabung siehst du kein Ufer.

Alle Leute sind in gesparmter Erwartung der Worte und Gedichte des

'Atä'i (Name des Dichters).

Ich ziehe jetzt den Rock und die Bluse an vor dem vollkommenen Lehrer.

Leg aucb den Flickenrock zu Boden! Sag nicht: ,,Ich bin Dastän's

Sohn"!

Soviel sei dir genug. Von deiner Selbstgefälligkeit ist dir kein Ruf, sondem nur Schande übriggeblieben.

Das Gefilde des Kampfplatzes deiner Selbstberühmung ist eng geworden.

Mit dem Arm des Wortes biege ich dir die Hand, selbst wenn sie ehem wäre.

Zum Kampfplatz gürte ich mir jetzt den Strick und nehme dann dich vor.

Voll Wissen und Maimhaftigkeit nehme ich mir von dir den Strick und

den Stein.

Durch das Trachten meiner hohen Begabung wird mein Befehl aus¬

geführt werden.

Selbst worm mein Gegner Rustam wäre, ließe ich seine Seufzer zum Himmel

steigen.

Selbst weim Bahman mein Feind würde, machte ich ihn zunichte.

Mit dem Schwert meiner feuerhauchenden Begabung machte ieh aus seinem

Blut einen Fluß.

Meine ,, Krone" wäre selbst für Suhräb ein großer Ruhm und ein bloßer Hut sein Helm (637).

Zieh sofort deinen Rock und deine Bluse vom Leib.

Ich lasse vom Bogen der Erkeimtnis ohne Bedenken den Pfeil fahren.

Weim ich in der Absicht zum Streit den hartmäuligen Renner antreibe,

Strecke ich den dummen Gegner in don dunkeln Staub,

Sofem er nicht, sich ergebend, den Hals auf den Platz legt

Und ich zufrieden mit seinem Flickenrock meinen Leib schmücke.

(22)

310 Feitz Meiee und Richaed Geamlich

Zieh aus dein Hemd! Mach mir nioht unnütz Mühe,

Denn für den Dresohhaufen deines Lebens gleiche ieh dem Feuer im

Winter.

Ich nehme jetzt aueh deinen Schatz (= Bettelsehale) und deine Axt in

dieser Versammlung unbehelligt an mich.

Zieh aueh deine Hosen aus und mache deine Gestalt nackt!

Ich will aber aueh deine Stiefel anziehen. Leg auch deine Stiefel ab ! Und jetzt suche dir ein Mittel gegen dein unheilbares Leid!

Oder du bleibst nackt, wie du bist, auf meinem Kampfplatz zurück.

... Diese Runden und Wechselfolgen dauern in den Nächten des

Ramadän vom Anfang jeder Nacht, bis der Hahn der Morgendämmerung

kräht. Wird ein Wettredner im Vortrag müde oder will er gehen, so

beauftragt er einen andern an seinen Platz. Derjenige aber, der auf dem

Podium sitzt, muß allen Partnern, die sich ablösen, Fragen an ihn

richten und die Lösung einer Schwierigkeit von ihm erbitten, antworten,

und manchmal kommt es vor, daß er in einer Nacht zehnmal ausgezogen

wird und seine Kleider wieder zurückgewinnt.

Das ist ein Abriß der Zeremonien des Wettredens. Von dem vielen,

was darüber zu berichten wäre, ist das nur ein kleiner Teil. Der Aufsatz

würde sonst zu lang. Aus demselben Grunde sind auch weggelassen

worden alle Gedichte, die den Wettredner zum Fußfall (sugüd) bringen

sollten, ihn veranlassen sollten, das Podium zusammenzuschlagen, die

,, Derwischstücke" aufzuzählen und die Namen der Meister und Lehrer

und aller siebzehn Affiliationen zu neimen. Wo jedoch diese Wettredner

ausgebildet werden, wie sie sich ergeben und in diesen Kreis treten,

welche Grade unter den Derwischen der „Affiliation der Perser" be¬

stehen, welche Dichter die Gedichte für das Wettreden verfaßt und bei

welchen Meistern des Ordens sie das Noviziat absolviert haben, das sind

Gegenstände, die noch in einem besonderen Abschnitt behandelt werden

müssen.

(779) Wir sagten schon: die Veranstaltungen des Wettredens finden

in den Kaffeehäusern statt. Mit großer Begeisterung kommen die ge¬

wöhnlichen Leute her, um dem Schauspiel beizuwohnen, und heften mit

Staunen und Bewunderung ihren Blick auf den Wettredner, dem da die

schwülstigen, seltsamen, ausgefallenen Worte wie ein Sturzbach aus

dem Munde quellen. Viele von ihnen wünschen, diese Gabe selbst zu

besitzen und die Aufmerksamkeit der Zuhörer ebenso auf sich lenken zu

können, und die, die ein höheres Streben befiügelt, entschließen sich, die

Mühe, die die Verwirklichung dieses Wunsches erfordert, auf sich zu

nehmen und den Weg, der für einen Handwerker und kaum des Lesens

und Schreibens kundigen Mann große Schwierigkeiten bietet, zu be¬

schreiten.

(23)

Drei modeme Texte zum persischen „Wettreden" 311

Der erste Schritt ist der, daß sie sich vom Wettredner eine Handschrift

mit gazal's und musammat's erstehen, diese auswendig lernen und dann

jeweils, bevor die eigentliche Vorstellung beginnt, mit klarer Stimme

und in besonderem Tonfall vortragen. Alle, die vor Beginn des eigent¬

lichen Wettredens im Kaffeehaus gazal's rezitieren, gehören zu diesen

Liebhabern. Einige von ihnen geben sich mit dieser Stufe zufrieden.

Andere aber sagen sich, daß es besser sei, statt nur dieser gazal's einen

ganzen ,, Apparat" (dastgäh) zu rezitieren, d.h. ein bismilläh, einen saläm

und ein Lob Gottes und des Profeten mit den gazal's zu verbinden und

das Ganze prächtiger und gefälliger zu gestalten. Sie beschaffen sich

daher noch einige Vierzeiler mit saläm und bismilläh und die Antworten

darauf und lernen dies auswendig. Wenn dann der Stock (miträq) des

Wettredners zu ihnen gelangt, können sie ihre Kunst zeigen und einen

ganzen ,, Apparat" (dastgäh) rezitieren. Allmählich tun dann die Lob¬

sprüche der Anwesenden, die dauernden Segenswünsche und Ruhmes¬

worte, die nach Schluß des „Apparates" von seiten der Freunde des

Vortragenden über ihn gemacht werden, das ihrige. Der Vortragende

wird ermuntert und wendet sich eifrig und glücklich weiterer Arbeit zu.

Er beschafft sich mit vieler Mühe ein Textbuch (bayäd), das voller Fehler

und Ungereimtheiten sein kann, erwirbt sich teuer die Zuneigung und

Gewogenheit des Besitzers dieses Textbuches und nimmt die Last der

Dankespflicht ihm gegenüber auf sich. Manchmal verwendet er mit

seiner geringen Kenntnis von Lesen und Schreiben über eine lange

Spanne all seine Zeit auf das Abschreiben des Textbuches, wobei er zu

den schon vorhandenen Fehlern noch neue hinzufügt. Aber die Mühe

steigert nur sein Verlangen. Allmählich tritt er in die Arena, beginnt sich

mit dem alterprobten Partner, d.h. dem Wettredner, der das Podium

aufbaut und den Anspruch erhebt, allen Vortragenden antworten zu

können, zu messen, nimmt ihm die Kleider und (780) verliert seine

eigenen. So gelangt er endlich ans Ziel seiner Wünsche, nämhch die

Bewunderimg und den Beifall der Freunde und Zuschauer zu erwecken.

Er muß dann in die Affiliation eintreten und im sog. ,, Zungenziehen"

(lisänkaSi), d.h. der Zeremonie der Unterwerfung der neuen Derwische

und der Aufnahme unter die alten Pfadbeschreiter, sich unterwerfen^i.

11 Dieser Satz ist sinnlos und dürfte hier nicht stehen. Lisän-ka&i (meist

jodoch nur lisän) ist der Ausdruek, mit dem die Häksärderwische die Auf¬

nahme in den untersten Grad ihres Ordens bezeichnen. Dieser Grad, der

eher als eine bloße Vorstufe für das eigentliche Derwischtum zu betrachten

ist, wird ohne Zeremonien verliehen; nur eine mündliehe Abmachung wird

getroffen. Der Aufgenommene muß wenigstens 40 Tage lang auf dieser

ersten Stufe belassen werden. Bewährt er sich während dieser Prüfungszeit,

so kann er von seinem Oberen zum nächsthöheren Grad, zum Standplatz des

Bechers (maqäm-i piyäla), erhoben und damit in das eigentliche Derwisch-

(24)

312 Fbitz Meieb und Richabd Gbamlich

Das Oberhaupt (naqib) der Derwische übergibt ihn dann einem der Wett¬

redner, gewöhnlich dem Wettredner, der ihn schon bis auf diese Stufe

gebracht hat, zur Ausbildung. Hat er Begabung und Begeisterung genug,

so steigt er dann von Stufe zu Stufe und kann schheßlich auf dem Pfade

der Armut zu hohen Graden gelangen.

Die Hierarchie der ,, Affiliation der Perser" umfaßt gewöhnlich sieben

Grade, und jeder Pfadbeschreiter steht auf einem dieser Grade. Die

Grade sind, von unten nach oben aufgezählt, folgende : 1. Abdäl, 2. Mufrad,

3. Qaddäb, 4. DarwiS-i ihtiyär, 5. 'Alamdär, 6. Dast-i naqib, 7. Naqlb. In

den Gedichten zur „Begründung der Affiliation der Perser" (tubüt-i

silsila-i 'Agam) kommt allerdings auch diese Aufteilung vor: 1. Abdäl,

2. Qaddäb, 3. Mufrad, 4. Ihtiyär, 5. Naqlb, 6. 'Alamdär, 1 .Öihil-glsu^^.

Wer diesen Pfad betritt, wird also zuerst ahdäW. Die dbdäl's sind ge¬

wöhnlich die Untergebenen der andern Derwische, imd auch in den Ge¬

dichten des Wettredens wird diesen Leuten meist der Befehl erteilt,

etwas auszuführen. Findet das Oberhaupt (naqib) der Affiliation nach

einiger Zeit den abdäl beförderungswürdig, so verleiht er ihm im sog.

,, Zungenziehen" (lisän-kaSl) den Titel mufrad. Der mufrad ist einer, der

seine Aufgaben selbst und allein (hwad ba-infiräd) ausführen kann und

weiter nicht mehr Diener eines andern Derwischs sein und bei ihm

Anweisungen einholen muß. Viele Wettredner haben diesen Titel ge¬

tragen. Der mufrad seinerseits kann wieder nach einer bestimmten Zeit

tum eingereiht werden. Völlig verfehlt, und ebenfalls in die Häksärsprache eingekleidet, ist die Behauptung, das ,, Zungenziehen" sei die Zeremonie der

Unterwerfung, — genau : die Zeremonie der Ubergabe (oder Anempfehlung)

des Hauptes (sar sipurdan), — der neuen Derwische. Die Übergabe des

Hauptes ist nämlich ein ganz präziser Vorgang, durch den der Häksärderwiseh in den fünften Grad der Ordenshierarchie aufsteigt; mit der ersten Aufnahme

(lisän-kaSi) hat sie nichts zu tun. In ihren Grundzügen entspricht sie der

gleichnamigen Zeremonie bei den ahl-i haqq. (Vgl. V. Minobsky, in Hand¬

wörterbuch des Islams, S. 21, Nr. 4.)

Werm der Ausdruck sar sipurdan einmal gegen alle Gewohnheiten von

den Ni'matullähi gebraucht wird, so hat er dort keine genaue technische

Bedeutung. Unter ,,A hat B sein Haupt übergeben" ist dann zu verstehen,

daß der Scheich B den Bewerber A in den Orden aufgenonunen rmd zu

seinem Novizen gemaoht hat. (Ein seltenes Beispiel : Tarä'iq ul-haqä'iq, 3,

99, 19) [Gbamlich]

1'' Die Siebenzahl ist zurechtfrisiert, so daß man sich über Widersprüche

nicht aufzuhalten braucht. Will man die Stufenzahl im faqr-i 'A^am genau

festhalten, so nennt man stets nur drei: mufrad, gazzä, ,sähib-i ihtiyär (von

unten nach oben). Die übrigen genannten Grade gehören nicht in die iimero

Ordenshierarebie. [Gbamlich]

1' Man darf die abdäl wohl etwa mit den in der Prüfungszeit befindlichen,

noeh nicht in die eigene Gemeinschaft aufgenommenen Kandidaten (tälib)

anderer Orden vergleichen. [Geamlich]

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