Ein neues Fragment der Candra-Vrtti
Von W. Rau, Marburg
Bisher sind, so viel ich sehe, nur vier MSS der Candra-Vrtti bekannt
gemacht bzw. naehweishch für eine Edition benutzt worden : ein voll¬
ständiges der Durbar-Bibhothek zu Kathmandu und drei fragmentarische
der University Library Cambridge^. Die Ausgabe K. C. Chatteejis^
habe ich nicht einsehen können, entnehme aber einer Bemerkung
R. Bmwis, daß Chattebji über die von ihm benutzten Handschriften
noch nichts mitgeteilt hat^. Bei diesem Sachverhalt ist es wohl zu recht¬
fertigen, wenn ich ein weiteres Fragment bekannt mache, welches mir
bei meinem letzten Aufenthalt in Nepal am 11. 1. 1960 zu Bhatgaon in
die Hände kam. Es handelt sich um 20 mit Feder rmd Tusche beider¬
seitig beschriebene, obverso links in der Mitte des Randes als 1—20
numerierte Palmblätter (Coeypha umbeacuxifeea Linn.), welche
den Text der Pratyähärasüträni und des ersten Päda des ersten Adhyäya
(vollständig also, nach L. zu urteilen, etwa ein Siebzehntel des Gesamt¬
werkes) enthalten. Die Blätter messen im Durchschnitt 30 cm x 5,7 cm,
Querformat; der Schriftspiegel nimmt einen Raum von 27 cm x 3,8 cm
ein. Jede Seite zählt 7 Zeilen zu ungefähr 50 aksaras. In der Mitte der
3., 4. imd 5. Zeile ist der Abstand von je vier aksaras für das Schnürloch
ausgespart und unbeschrieben. Der Text beginnt fol. 1 ob, Zeile 1 und
endet fol. 20 re, Zeile 5. Nichts deutet daraufhin, daß die Abschrift früher
weiter reichte. Fol. 1 re und fol. 20 ob zeigen etwa 20 Eintragungen ver¬
schiedener Hände in jüngeren Formen des Bangäli-Alphabets. Sie haben
mit dem Texte nichts zu tun; die Schriftzeichen sind manchmal winzig
Mein, öfter mit Tinte, nicht mit Tusche, geschrieben und deshalb teils
verblaßt, teils abgerieben. In der Hauptsache handelt es sich um Segens¬
sprüche und Anrufungen des Buddha, vielleicht auch des Manjuäri.
1 Cf. Libbich, Bbuno: Das Cändra-Vyäkarana. NKGWG, Phil.-hist.
Klasse 1895, Heft 3, p. 38 sqq. und Libbich, Bbuno: Candra-Vrtti. Der
Original-Kommentar Candragomin's zu seinem grammatischen Sütra.
Herausgegeben von Dr. B. L. Leipzig 1918, pp. xvi, 522. 8» = Abhand¬
lungen für die Kunde des Morgenlandes, Bd. 14, p. ix sqq. Diese Ausgabe
wird im folgenden mit L. bezeichnet.
" Cändra Vyäkarana of Candragomin critically edited by K. C. Chat¬
tebji with introduction, vrtti, corresponding rules of Pänini, Bhoja and
others. Part I, Chapters 1—3. Poona 1953, pp. vi, 352; Chapters 4—6. Poona
1961, pp. 448.
^ BiBw6, Bobebt: Der Ganapätha zu den Adhyäyas IV und V der Gram¬
matik Päninis. Versuch einer Rekonstruktion. Wiesbaden 1961, pp. xiv,
492. gr.-8»i p. 38.
34»
Erwähnenswert ist allein der särdülavikriditaSeufzev eines vertrockneten
Schulmanns, fol. 1 re in der Mitte :
no baddham saradindndhämadhavalam pänau muhuh kankai^Lam
vridämantharakomalam navavadhüvaktram ca näsväditam |
nitam naiva yasah surendrdbhavanam sastrena sästrena vä
käh jirnamathesu dhrstapisunais chätraih saha preritah 11
Diese Strophe findet sich ohne Angabe eines Verfassers auch im Su-
bhäsitaratnakosa^.
Der Text selbst ist in klaren, gut leserlichen Proto-Bangäli-Schrift¬
zeichen geschrieben, welche jenen gleichen, die G. Bühler in seiner
Indischen Paläographie, p. 57, § 26, und Tafel VI, Alphabete aus Nörd¬
lichen Handschriften, unter No. X nach dem MS Cambridge no. 1699,
1—2 (datiert 1198 p. Chr.) beschreibt^. Dies gilt besonders für die
aksaras i, i, 1, kha und die sporadisch erscheinenden „nepalesischen
Haken". Wahrscheinlich stammt das MS also aus dem 13. Jahrhundert
p. Chr. und ist ebenso alt wie die in L. benutzten Textzeugen. Datum
oder Schreiber werden nicht genannt. Eine Zählung der sütras fehlt,
doch wird Anfang und Ende eines jeden durch || || markiert, wobei
diese Doppelstriche überdies von späterer Hand mit Mennige rot über¬
malt sind. Die zu einem jeden sütra gehörige vrtti schließt mit einem
Kringel, der dem Zahlzeichen für 7 in der Nägari sehr ähnelt. Im Texte
selbst sind manchmal einige aksaras abgewaschen und von zweiter Hand
mit anderen überschrieben worden, gewöhnlich so, daß dabei die Schrift
der ersten Hand nicht mehr zu erkennen ist. Schreibt die zweite Hand
kleiner, so können auf diese Weise mehr aksaras in den Text aufgenommen
werden als vorher dastanden. Dazu finden sich auf den Rändern eine
Anzahl Korrekturen und Glossen, für die dasselbe gilt wie für die Ein¬
tragungen auf den Außenseiten des ersten und des letzten Blattes. Meist
sind sie sehr verblaßt — zumal einige, die mit roter Tinte geschrieben
wurden —, zum Teil abgerieben und einige Male winzig klein. Sicher
stammen sie von mehreren Händen. Ihre Entzifferung ist mir bisher
nicht überall gelungen, in einigen Fällen bleibt sogar unklar, auf welche
Textstelle sie sich beziehen. Sonst ist der Erhaltimgszustand des MS
recht gut. Wenige aksaras, die in der Mitte der Blätter rund um das
Schnürloch abgebrochen oder durch einige Wurmgänge vernichtet sind^
^ The Subhä§itaratnako9a compiled by Vidyäkara. Edited by D. D.
Kosambi and V. V. Gokhaxe. With an introduction by D. D. Kosambi.
Cambridge, Massachusetts, 1957, pp. cxxii, 342. gr.-8° = Harvard Oriental
Series, vol. 42, p. 255, no. 1469.
^ Cf. auch : Bendall, C. : Catalogue of the Buddhist Sanskrit Manuscripts
in the University Library, Cambridge. With introductory notices and
illustrations of the palaeography and chronology of Nopal and Bengal.
Cambridge 1883, plate II, 4.
Ein neues Fragment der Candra-Vrtti 523
beeinträchtigen die Lesung kaum, weil sie sämtlich mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit ergänzt werden können.
Die Varianten dieses MS nutzbar zu machen, zitiere ich im folgenden
L. nach Seite und Zeile mit danebenstehender Angabe der Abweichungen
unserer Handschrift. Dabei gestatte ich mir, die Orthographie zu
normalisieren; die häufige Verwechslung von sa — sa — sa, die Ver¬
doppelung von Konsonant nach r, das Pehlen des avagraha und des
viräma, die Interpunktion, Umstellung von Worten, ohne daß der Sinn
dadurch geändert wird, und offenkundige Versehen bleiben beiseite,
um die wirklichen Varianten nicht in einem Wust von Gleichgültigem
zu verstecken*. Es werden also allein solche Lesarten mitgeteilt, die (a)
LrEBiCHs Text verbessern, oder (b) nicht schlechter sind als dieser,
oder (c) in ihrer Fehlerhaftigkeit dartun, wo die Überlieferung unsicher
ist. Sollte ein sachkundiger Kollege eine Neuausgabe der Candra-Vrtti
vorbereiten, werde ich ihm das MS im Original oder Mikrofilm selbst¬
verständlich gern überlassen. Für eine solche genügt nämlich, bemerke
ich ausdrücklich, der hier mitgeteilte Variantenapparat nicht. Für das
Stemma der Handschriften können Schreiberdummheiten, die an sich
gar keine Beachtung verdienen, von ausschlaggebender Bedeutung sein.
Es steht aber jetzt schon fest, daß unser MS dem in L. mit Cg bezeichneten
Cambridger Fragment Add. 2192 näher steht als dem MS von Kath¬
mandu; cf. die Varianten zu 1,16; 3,15; 9,18; 14,1; 15,29; 19,30; 23,19.
21.26; 27,1.32; 28,1.4.9.
Durch Beschädigung des MS verlorene aksaras stehen in runden
Klammern ( ), meine eigenen Zusätze in eckigen Klammern [ ].
1, 1: namo buddhäya 11 si°
6: 11 s'r* 11 aiw^
16: sujnänam
18: tatra rkära ... bhavisyanti \ ki°
20: Ikära eva ya°
21: klpptavän
24: kriyate | kumäri \ rtaka 25: kumäri Itaka
26: ity ayam äheti
2, 2: nakäram ; Druckfehler in L.
12: am Ende der Zeile grahayam hinzugefügt
15: tatkäryarn nästi | ta°
* An orthographischen Besonderheiten sei allein erwähnt, daß an drei
Stellen Sibilant (oder visarga) vor mit Sibilant anlautender Konsonanten¬
gruppe und vor cha nicht geschrieben wird: 18,7: dheta äva°; 25, 2: anyai
sva°; 25,21: süryägastyayo che; 29,16: Osama sroh. Dies ist eine von der
Konj ektmalkritik nioht genügend beachtete Schreibgewohnheit beinahe
aller älteren Sanskrit-MSS, die ich kenne.
25: upädäne sati om 26: ädesah om 27: iti dvitvam prä°
29: naisa dosah von zweiter Hand in den Text eingefügt und über¬
dies in margina mit roter Tinte wiederholt.
30: nam veti om 33: ye punar na sthä°
34: ca von zweiter Hand getilgt ; te sarve nirvartitä bhavanti sthä°
3, 1: 'pi om 6: ein atra om
11: akärena \ säv ayama iti [5,4,27] yakärena \ namo hrasväd dve iti
[6,4,17] nakäreija (|) yaro nami [narn ve) ti [6,4,140] nakärerju |
vinmator mam iti [ ?] makärena 11 ke°
15: bhavantv iti 17: °pattau hi pra°
32: °ghobhyo "si ° ; Druckfehler in L.
4, \: akärena | vaiiti [5,4,128] vakärena | hasi cäto ror iti [5,1,119]
hakäreria \ jhasa ekäcah sdhvor baso bhas iti [6,3,69] bakäretf.a 1
jhalojasiti [6,3ßl]jakäre7)u \ \ kha°
4, 5:° tata va ity [!]
12: yakärena | yarf.o maya iti [6,4,143] makärena \jha°
2Q: akärexM \ halo "näder iti [6,2,112] hakäreria [|] yo vali lopa iti [5,1,63] vakärena | ra°
29: jhalo jas iti [6,3,67] jhaP 31: adenvi° ; Druekfehler in L.
33: sani ceti [6,2,21] vä aden yathä°
5, 2: syäd iti \ rudihi svapihity atra valädilaksane it yathä syäd iti |
jhalgra°
6, 2: ädir antena itä la°
4: nilotpalam om
12: dägrahane "pa°; Druckfehler in L.
14: mukham iti \ \
16: lad iti ve° in Text und margina zu lad asad ve° geändert 19: tuk om
23: pläksih om
7, 9: brhadbhir iti
12: pancaminirdese parasya 16: antasya
19: "ntasya 8, 3: kalptä om
5: prasange präpte paro bhavati, erste Hand; in margina geändert zu :
prasange yat pararn taä bhavati
Ein neues Fragment der Candra-Vrtti 525
7: °praHsedhä na °
10: sanyanor ädyam ekäj dvir iti [5,1,1] ci°
13: ca in margina
18: anyatra gopanam \ gopah | gopitäh [!] || in margina: gopayate
25: mlmämsati om
29: lingät in margina
30: mäno om
9, 6: iti om; icchä° in margina; .,. na bhavisyati \ katham om
14: vastrakämyati om
17: iaknoti; Druckfehler in L.
18: bhavitavyam 19: tarhi in margina
26: putram icchäti, putriyati, putrakämyati om
10, 2: äcärärthe
8: paro om
19: lopah I bhavati om; abhrso'^
23: vehäyate \ aivat \ asväyate — diese beiden Wörter können auch
ascat I ascäyate gelesen werden und in beiden ist das erste aksara a-
über ein anderes jetzt tmleserliches geschrieben — | drpat | iuci \
varcas | andara \ karjdara — dies Wort ist von zweiter Hand in
den Text eingefügt und in margina wiederholt — | nila °
31: carmäyati \ carmäyate | sa°
33: °gario "yam 11 11,16: vedayaty asminn
19: tipra
20: nach pratlpa : madra \ \
22: asminn om
25: acäyate \ anye 26: äkäre
31: paro om
12, 2: citraiiiabdäd; Druckfehler in L.
3: paro om; citrarn karoti om
7: bhavati kandüü | karfdürn karoti | karidüyati | kav4üyate \ mantun |
8: mantüyati om
9: asüyate om
10: läyate | vetyati \ lätyati | vetäläteti | ke cit pathanti tesärn vetalätyati
\ti° '
13: kusubha \ kusubhyati \ magadha \ magadhyati \ ya°
14: godhä \
15: bhisaj | bhisojaj \ arara | samara \ isubha \ haram \ caraya | tu°
16: duvas om ... elä \ velä | kelä 17: leta Iota
30: yasya varnädih kriyä cärthas ta°
31: sighram, äbhiksnyam paunahpunyam om
33: jägarty abhiksnam, erste Hand ; von zweiter Hand geändert in :
°rty äbhiksrtyam 13, 6: ebhyo
] 7: eva tebhyo
18 ■.°bhyah \ anyatra pu°
21: äbhiksr),ye so°
26: curädisu gane pa**
14, 1: anukusifüti \ anutvP
5: varrjarn grhnäti, varrfayati om 9: kalayate
10: °dbhäväd aijabhävah \
12: °canäd acaitvam \
14: statt nipucchayate : vipucchayate, und dies von zweiter Hand
eingeklammert
18: väkrämati \ svetayati
19: sarrimärjayati; der anusvära sehr schwach leserlich.
21: dhätukäro "pi om
33: kirn tena galena hatah karnsa iti | 36: iti om
15, 4:° car yät tu stu°
16: Ut cänu°
22: tataksa | raraksa \ gu°
25: asya om
29: upadayärn cakre \
16, 9: esäm evä°; bhavati om
26: ikäro nisveh si°
17, 2: ebhyah parasya si°
12: asata \ asathäh \ 13: thäsa sahacaritasya ta°
21: igupäntät [|] drsi°; Fehler in L.
22: adhuksat om
28: purastädapavädä'nta ( ) dhin bä°
33: jatu kästharn ca \
34: jatu ca kästharn ca om 18,11: ebhyo lu°
28: ebhyo lu°
30: aglucat \ agloclt nyaglumcid iti glucer
31: nyaglurncad erste Hand; nyaglucad zweite Hand
32: eva om
19,17: gaur ätmaneti bhavitavyam eva |
Ein neues Fragment der Candra-Vrtti 527 18: sa evärthah
30: äsyamäTiam om
34: sravanät am
20, 1: dugdhe gauh payah payo mu°
7: hhitam phalam pa°
8: vivaksitä om ; kartrviva°
13: mundayate kanyä svayam eva om
15: äno yamahanah svängäpyäc ceti tan \ |
25: sakäras tinsititi cihnä°
32: tasabdasya in margina
21, 2: kriyärthäd yano ... rorüyate | aci nityarn bhavati \ lo°
6: parasya om
20: rajes ca
27: bhinatti | chinatti 11
31: paro om
22, 2: irukrvdhiva ity cte°
5: paro om
7: vä om
22,11: paro om
14: ebhyah snäh pa°
17: paro om
29: katah om
23, 8: paro om
12: pavargäc cha°
19: prayämyam
20: dur \ abhi \ vi \ adhi \ su \ ud \ ati \ upa \ni \än \ prati \ pa
in margina | api \ ya°
25: °pyayor bahularn, yad 26: ahhicäryam
24, 5: °müne nipätyate | vr°
8: vahaty
25: bhäve haute (— ein aksara durch Wurmfraß zerstört) kyap bha°
27: vartate \ riyad api na bhavati \ bahulädhikärät \ aprä°
25, 3: rdupäntäd ; Druckfehler in L.
11: bhavati | na
12: vä; Druckfehler in L.
13: samah paräd bhrnah
20: sotavyam | räjasüyam |
21: süryah | sürät svärthiko yat \ süryägastyayo[s]che ceti \ vä
mrsäpürväd vadah kyap
23: mrsodyam | yat tu na bhavati | bahu°
24: pacyante | krsta°
25: °ta ity avyathyah \ \
31: gopyam | ängyam \ bhe°
32: sedhyam om
26, 1: °viniyä ; Druekfehler in L.
2: halih | nipunena \ je°
9: arjunagrhyäh
15: srjeh pänipurvät samavapürväc ca riyad bhavati |
19: avasyalävyam \ lavyam anyatra ||
27: °vati \ yato 'nau vasa iti ...; bhavati om
29: pranäyyam iti
27, 1: pranäyyäya vänteväsina iti \
4: °päyyänäyya° ; Druckfehler in L.
7: dhäyyä sarnsati 11: niceyam anyat 14: 'sminn iti ku°
18: °tvarn ca nipätyate \ 25: cupyata iti ga°
26: bhavati om
21,27: cari om; nach plavi in margina: dari; sudi in margina.
pathitavyä ete sabdäh ka° ... sudvidheh 32: °roci° om
28, 1: rocanah om
4: durdharsavMh | durmarsanah \ ja°
6: vinäsanah \ japalah | ku°
8: °vadavasänäm 9: acittavatkartrkdndm
10: sayi [!] visayiti \ dese \ avibhavi | avibhaviti bhüte 13: avyähäri \ asarnvyähäri | apa°
21: paro om
22: jänätiti om
26: fraiw pälane ity asya om
29, 4: ca in margina
5: nilimpo näma devdh \
8: paro om 12: äkäräntäd iiiä'^
18: katham äsravah om ; °kärät \ äsravah | ösa"
21: etäbhyäm avapürväbhyänti wo
28: bhavah in margina, 30, 5: riyut ; Druckfehler in L.
6: riyud; Druckfehler in L.
8: nyud; Druckfehler in L.
11: kartari om.
Ein neues Fragment der Candra-Vjrtti 529
Mögen auch die meisten der mitgeteilten Varianten unbedeutend sein,
ihre Zahl allein beweist doch, daß B. Ltebich ein wenig zu optimistisch
"war, als er im Vorwort zu L. p. xi schrieb :
„Wenn ich glaube, trotz dieser verhältnismäßig spärlichen hand¬
schrifthchen Hülfsmittel für einen bis auf wenige bezeichnete Stellen
durchaus zuverlässigen Text einstehen zu können, so beruht dies teils
auf der guten Beschaffenheit der Hauptquelle, teils auf der Hülfe, die
Kääikä und Mahäbhäsya fortlaufend gewährten".
Ich fürchte, das Mahäbhäsya und die Käsikä gestatten uns im Zweifels¬
falle allein zu erkennen, was Candragomin etwa hätte schreiben sollen,
nicht aber, was er wirklich geschrieben hat, oder was in den Handschriften seines Werkes steht.
Von Heinz Bechert, Mainz
Eine alte Frage der Buddhologie ist das Problem des Zusammenhanges
zwischen der sog. Sektenbildung imd der Entstehung des „Großen
Fahrzeugs", des Mahäyäna. Es wurden zahlreiche Theorien darüber
aufgestellt, aus welchen Sekten der Mahäyäna-Buddhismus erwachsen
sein könnte.
Daß das Mahäyäna selbst nicht als Sekte aufzufassen ist, war durch
die eindeutige Aussage der Texte klar, die die Bildung des Mahäyäna
im Gegensatz zum Srävakayäna oder Hinayäna, der alten Lehre,
stellten. Die sog. Sekten, nikäya oder väda, entstanden dagegen auf dem
Boden des Hinayäna. Diese Nikäyas waren Mönchsgruppen mit gemein¬
samen Anschauungen über bestimmte Einzelfragen der Lehre und da¬
durch gekennzeichnet, daß sie jeweils eine bestimmte Rezension der
heihgen Schriften, des Tripitaka, benutzten. Sie sind deutlich auf der
Grundlage örtlicher Gemeinden entstanden, wenn sie sich auch oft weit
ausgebreitet haben. Vielfach erkannten die Mönche verschiedener
Nikäyas gegenseitig die Gültigkeit der Mönchsordination an; gewisse
Sekten aber verweigerten einander diese Anerkennung. Wir können uns
das wahrscheinlich am besten am Beispiel der modernen Nikäyas Ceylons
klarmachen : erstens spricht man historisierend von drei Nikäyas — wie
einst von 18 —, obwohl es viel mehr gibt, zweitens erkennen einige davon
untereinander die Gültigkeit der Ordination an, einige nicht, was sich
im Falle eines Ubertrittes eines Mönches auswirkt. Doch sind die Nikäya-
Unterschiede so wenig auffallend, daß die Laienschaft kaum weiß,
welchem Nikäya ein Mönch oder ein Kloster angehört.
Die Entstehung des Mahäyäna-Buddhismus war im Gegensatz zur
Bildung der Nikäyas eine Entwicklung, die sich durch den Gesamtbereich
des Buddhismus und damit durch die Nikäyas zog. Das Hauptmerkmal
des Mahäyäna war anerkannt eine neue Forderung an diejenigen, welche
die Lehre des Buddha verwirklichen wollten, nämlich, selbst den Weg
zu beschreiten, der dazu führt, ein Buddha zu werden — den langen und
mühsamen Weg eines Bodhisattva —, während der alte Buddhismus
nahegelegt hatte, sich nur um die eigene Erlösung zu bemühen. Für die
Verfechter dieser neuen religiösen Forderung verloren die Streitpunkte,
die die Gegensätze zwischen den Nikäyas heraufbeschworen hatten,
ganz erheblich an Wichtigkeit. Mahäyäna-Lehren ähnlicher Prägung
konnten sich so in Gemeinden der verschiedensten Nikäyas ausbreiten.
Wir erfahren etwa aus den Berichten der chinesischen Pilger und können