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sind oft kunstvoll gearbeitet, mit einem Stab aus Holz oder Bambus und manchmal einer kleinen, aus Elfenbein geschnitzten Hand

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Von JÜRGEN W. FREMBGEN, München

Der Rücken ist wohl diejenige Körperstelle, die man bei Juckreiz mit

den Händen weniger leicht und bequem erreicht - dies gilt vor allem für

korpulente, ungelenke und alte Menschen. In Europa und Asien wurden

daher zum Kratzen des Rückens bestimmte Instrumente verwendet, deren

Gebrauch heute zumeist obsolet geworden ist und nur noch Erstaunen her¬

vorruft. Solche "Kratzhändchen" sind oft kunstvoll gearbeitet, mit einem

Stab aus Holz oder Bambus und manchmal einer kleinen, aus Elfenbein

geschnitzten Hand. "Kratzhändchen", "back-scratchers" und "grattes-dos"

dienten früher auch häufig einem ganz praktischen Zweck, nämlich der

Entfemung von Läusen oder zumindest der Linderung des mit ihnen ver¬

bundenen Juckreizes. So berichtet z.B. ALBERT VON LE COQ aus Ost-

Turkestan: "Läuse sind trotz aller persönlichen Sauberkeit häufig; die

chinesische 'Kratzhand' wird viel benutzt, um sich den Rücken zu krauen"

(1916: 17).

In der Orientabteilung des Staatiichen Museums für Völkerkunde Mün¬

chen befmdet sich ein ein hölzemer Rückenkratzer (Inv.-Nr. 10.98), der

sowohl wegen seiner hervorragenden Schnitzarbeit als auch seines -

zunächst einmal kurios erscheinenden - Verwendungszweckes meine

Aufmerksamkeit erregte (Abb. 1). Er gehört zu einer Sammlung iranischer

Objekte von F.R. MARTIN (Ankauf im Jahre 1910) und stammt wohl aus

dem 18. oder 19. Jh. Der Rückenkratzer (Pers. puSt-liär '; Urdu häraST)

ist 52 cm lang, aus Kirschbaumholz gefertigt und auf der Oberseite des

fein geschnitzten schlangenkopfförmigen Endes mit fünf Korallenstück¬

chen besetzt. Von der Form her erinnert er zunächst an einen Schuhlöffel:

Der kannelierte Rundstab geht in einen leicht zurückgebogenen, verbrei¬

terten "Kopfteil" über. Die reiche Reliefschnitzerei auf beiden Seiten des

oberen Endes spricht jedoch gegen einen solchen Verwendungszweck und

deutet eher auf ein Kratzinstrument. Auf der Rückseite fmdet sich ein

sorgfältig geschnitztes Schuppenmuster, das eine geeignete Kratzfläche

bildet (Abb. 2). Dieser Teil des puSt-här ähnelt in seiner Form dem aufge¬

richteten Teil einer Kobra. Die Übergangszone zum Stab ist mit einem

doppelten Hörner- oder Hakenpaar verziert, das an ein bekanntes, von der

Wörü. "Rücken-Dom" (här = Part. Präs. von härandan - "kratzen").

Cornelia Wunsch (Hrsg.): XXV. Deutscher Orientalistentag, Vorüäge, München 8.-13.4.1991

(ZDMG-Suppl. 10). - © 1994 Franz Steiner Veriag Stuttgart

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Türkei bis nach Mittelasien verbreitetes Teppichmotiv erinnert. Ein etwas

kleineres Omament dieser Art, das aus einem Hörnerpaar besteht, geht in

zwei gerade auf dem Stab verlaufende Schnüre über. Das üppige, erhaben

geschnitzte Blumenmodv auf der Vorderseite des "Kopfteils" wird durch

eine Schnur gerahmt, die zum Rand hin durch ein mit kleinem Rhomben

besetztes Wellenband abgesetzt ist (Abb. 3). Aus einer amphorenartigen

Henkelvase, deren spitzer Fuß aus zwei Korallenstückchen gebildet wird,

wachsen verschiedene, gegenständig angeordnete Zweige, Knospen und

Blüten hervor. Neben Palmetten und Lilienformen fällt eine große zentrale

Blüte auf, deren Blätter aus boteh-Moüven bestehen und deren Mittelpunkt

durch einen rosettenförmigen Korallenknopf hervorgehoben wird. Zwei

weitere, kleinere Korallenknöpfe fmden sich zwischen den Blüten. Das

untere Ende des puSt-liär ist abgemndet und auf dem Stab in einer Zone

von 3 - 3,5 cm mit schräg abgesetzten Schmuckrillen versehen.

Da Vergleichsobjekte dieser Art des Rückenkratzers bislang fehlen und

seine Schlangenform und die Verwendung von Korallen keine hinreichen¬

den Anhaltspunkte für eine Herstellung in Indien bieten, ist zunächst unter

Vorbehalt von einer iranischen Herkunft auszugehen. Das in Rede ste¬

hende Instrument wurde zumindest von F.R. MARTIN als iranisch ein¬

geordnet.

Aus der Ethnographie und Kunstgeschichte des islamischen Orients

sind mir nur wenige Hinweise auf den Gebrauch eines Rückenkratzers be¬

kannt. JA'FAR SHARIF berichtet im Hinbhck auf das islamische Indien,

daß Fakire einen Metallstab mit einem bandförmigen Ende bei sich trugen,

um sich damit den Rücken zu kratzen.^ Im November 1989 beobachtete

ich in Karatschi einen Qalandar-Malang, der am Straßenrand saß und

einen etwa 50 cm langen mnden Holzstab (Urdu chhari) vor sich auf dem

Boden liegen hatte. Er schob ihn schließlich am Rücken unter seinem

Hemd hoch und rieb sich damit zwischen den Schulterblättem.

Rückenkratzer mit einem oval geformten "Kopfteil" fmden sich im

Besitz von Scheichs der türkischen Bektashiyye, allerdings merkt J.K.

BIRGE dazu an, daß sie in keiner besonderen Weise mit der Bruderschaft

verbunden seien.3 In der Religionskundlichen Sammlung in Marburg

wird ein solcher Rückenkratzer eines Bektashi-Derwisch aufbewahrt.''

Zum Verständnis erscheint in diesem Zusammenhang ein Abschnitt in

Hujwhis kdSf al-mahjüb wichtig, in dem von den ödöZ?-Verhaltensregeln

der Derwische untereinander die Rede ist. Es heißt, daß der seßhafte Sufi

2 JA'FAR SHARiF 1921: 294.

3 BIRGE 1937: 234, Abb. 10, Nr. 1.

^ Freundliche Mitteilung von Dr. MARTIN KRAATZ.

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Abb. 1 Iranischer Rückenkratzer (Länge: 52 cm) (Zeichnung: Petra Thalmeier)

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Abb. 2 Rückseite des "Kopfteils" (Länge des Ausschnitts; 10 cm)i

(Foto: S. Auü-um-Mulzer) ^

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als Gastgeber dem reisenden Derwisch anbieten soll, ihm die Füße zu

waschen, ein Bad herzurichten, auch den Rücken zu kratzen, die Knie,

Fußsohlen und Hände zu reiben usw.^

Zwar ist aus Iran bisher nicht bekannt, daß Rückenkratzer zum Rüst¬

zeug der Derwische gehören,* doch gibt es interessante Darstellungen

von Derwischgerätschaften auf iranischen und osmanischen Miniaturen,

bei denen ich zur Diskussion stellen möchte, ob sie unter Umständen als

Rückenkratzer gedeutet werden können. Eine Miniatur in einer Abschrift

von FuzOlis "Rangstreit zwischen Wein und Haschisch", die 1599/1600

für den Baghdader Gouvemeur Hassan Pascha angefertigt wurde,' zeigt

z.B. einen halbnackten, nur mit einem Schurz bekleideten Wanderder¬

wisch, an dessen Gürtel u.a. ein Gegenstand hängt, der in der Form

seines "Kopfteils" unserem puSt-här sehr ähnelt (Abb. 4).* Eine erste

Durchsicht von Miniaturen ergibt jedtxh, daß in den meisten Fällen - auch

aufgrund der Länge der Sdele - Löffel dargestellt sein werden. Von

iranischen und türkischen Wanderderwischen ist bekannt, daß sie selbst

aus Holz Löffel schnitzten und mit auf die Reise nahmen.^

Zum weiteren Gebrauch von Rückenkratzern ist zu sagen, daß Vor¬

nehme im Indien der Moghulzeit Instrumente aus Elfenbein, Jade, Holz

oder Metall benutzten.Ein in dem Katalog Mughal Silver Magnificence

publizierter silbemer und mit Niello verzierter Rückenkratzer des frühen

17. Jh.s besitzt an einem Ende eine kleine Hand, die an einem in den Stab

hineingeschobenen Sdled befesdgt ist.'' Zu einem ganz ähnlichen, in

ö/dn-Technik verzierten und ebenfalls mit einem Stilett versehenen

Rückenkratzer des 18. Jh.s (Sammlung Victoria & Albert Museum) er¬

wähnt Susan STRONGE die Abbildung eines indischen Qalandar-Dcr-

wisch im GentUalbum, der ein solches Insü-ument trägt.'^ In Abü-l-Fazls

Ä'In-i Akbaii wh-d der puSt-jmr unter den Waffen aufgeführt. Rücken¬

kratzer in Form einer Hand werden in Urdu auch panj Mliah (wörtlich

5 Hujwüi 1911: 342.

* Briefliche Mitteilung von Prof Dr. RICHARD GRÄMLICH.

' Ms. Eb 362, Folio 25 a in der Sächsischen Landesbibliothek Dresden. Vgl. z.B.

auch: ARNOLD 1928: Abb. LXII a nach S. 144 (India Office Library, Johnson Collee¬

üon); MILSTEIN 1990: Abb. 19, 37.

* Für wichtige briefliche Hinweise dazu danke ich besonders Frau Dr. KARIN RÜHR¬

DANZ.

9 Z.B. LANE 1923: 253; MÜLLER 1967:44^5.

10 Vgl. z.B. Ausst.Kat. The Indurn Heritage 1982, Nr. 358.

11 Mughal Silver Magnificence 1987: 98, Abb. 120.

12 In: AussLKat. The Indian Heritage 1982, Nr. 486.

13 BLOCHMANN 1873: 11 1, Nr. 41 u. Abb. 35 auf Tafel XIH; vgl. IRVINE 1962: 80.

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"fünf Zweige") genannt. Die einfache BevöUcening verwendete stattdessen

irgendein gerade vorhandenes Stöckchen oder einen Zweig. Aus Peshawar

und Kabul erfuhr ich, daß sich früher ahe Leute manchmal nach dem

Essen mit einem Gegenstand den Rücken kratzten oder massierten. Man

gebrauchte entweder ein einfaches Stöckchen, das an einem Ende eine

leichte Krümmung aufwies, oder auch Stengel mit entkörnten Maiskolben

(Pers. tant-e jowäri). In Ägypten gibt es bis heute Rückenkratzer (Arab.

mihak) aus Holz oder Horn - früher aus Elfenbein - mit einer kleinen

Hand am Stielende. Oft sind sie auch mit einem Fliegenwedel (minaSah)

oder einem Schuhlöffel (talbisah) kombiniert.

LITERATUR

ARNOLD, THOMAS WALKER

1928 Painting in Islam. A Study of the Place of Pictorial Art in Muslim Culture.

Oxford.

Ausstellungskatalog

1982 The Indian Heritage. Court Life & Arts under Mughal Rule. London (Victoria

& Albert Museum).

BIRGE, JOHN KINGSLEY

1937 The Bektashi Order of Dervishes. London.

BLOCHMANN, H.

1873 The Ä'Tn-i Akbari by Abu'l Fazl 'Allämi. Bd. 1. Calcutta.

LE COQ, ALBERT VON

1916 Volkskundliches aus Ost-Turkestan. Berlin.

Hujwiri, 'AH b. Uiman al-JullabI

1911 The Kasfrf al-Mahjüb. The Oldest Persian Treatise on Sirfism. Übersetzt von REYNOLD A. NICHOLSON. Leyden—London.

IRVINE, WILLIAM

1962 The Army of the Iruiian Moghuls: Its Organization and Administration. New Delhi.

JA'FAR SHARIF

192 1 Islam in India or the QänUn-i-Isläm. The customs ofthe Musalmäns of India.

London u. a.

LANE, EDWARD WILUAM

1923 The Manners & Customs of the Modern Egyptians. London (1836').

MILSTEIN. R.

1990 Miniature Painting in Ottoman Baghdad. Costa Mesa.

MÜLLER, KLAUS E.

1967 Kulturhistorische Studien zur Genese pseudoislamischer Sektengebilde in

Vorderasien. Wiesbaden.

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Zu Auftraggebern islamischer Kleinkunst im 13. Jahrhundert

Von Annette Hagedorn, Bonn

In Inschriften mittelalterlicher Kleinkunstobjekte und in zeitgenössi¬

schen Quellen werden häufig Auftraggeber und Beschenkte erwähnt. Es

handelt sich dabei um Sultane, Sähs, einen Großwazir, Wazire, AmTre,

hohe Offiziere, Angehörige der Herrscherfamilien und um den hier im fol¬

genden vorgesteUten Badr ad-DTn Lu'lu'.'

Objekte wie die sog. Blacas-Kanne von 1232 n.Chr.2 entstanden

1232 in Mosul, als diese Stadt unter der Regentschaft von Atabeg Badr ad-

DTn Lu'lu' stand. An seinem Regierungsstil und der Form seiner Hofhal¬

tung soll examplarisch die herausragende Bedeutung eines höfischen

Machtzentrums für die kultureUe und politische Entwicklung einer mittel¬

alterlichen orientalischen Stadt nachgezeichnet werden.

Badr ad-DTn Lu'lu' wurde 1234/631 nach dem Tod des letzten Mosuler

Zangiden vom Kalifen al-Mustansir (reg. 623/1226-640/1242) zum Herr¬

scher von Mosul eingesetzt. Um seine Unabhängigkeit und mächdge

Position als Potentat auch öffentiich darzustellen, entwickelte er ein klares

Konzept. Eine Verbindung von politischer Lenkung und überzeugender

Selbstdarstellung führte dazu, daß Badr ad-DTn bis 659/1259 in Mosul re¬

gieren konnte.

Zunächst schaltete er seit 630/1233 die zangidenfreundliche geistige

Opposition aus, denn die Nichtachtung religiöser Strömungen innerhalb

der Bevölkerung hatte unter den Zangiden zur Unzufriedenheit vieler

Stadtbewohner geführt. Um diese Teile der Bevölkerung hinter sich zu

bringen, gründete Badr ad-DTn Lu'lu' mehrere Schreine. Aus elitären

Ehteschulen der Zangidenzeit wurden durch den Einbau von Schreinen öf-

1 Untersucht wurden für diese Arbeit die in E. COMBE — J. SAUVAGET — G. WIET:

Repertoire chronologique d'epigraphie arabe (17 Bde., Kairo 1931 ff) gesammelten In¬

schriften des 12.-13. Jh.s und die in der Literatur zur islamischen Kunst des 9.-14. Jh.s publizierten Inschriften. Ungefähr 100 Namen von Aufu-aggebem oder Beschenkten wer¬

den genannt.

2 London, British Museum, Inv.Nr. 66.12-69-61.

Cornelia Wunsch (Hrsg.): XXV. Deutscher Orientalistentag, Vorträge, München 8.-13.4.1991

(ZDMG-Suppl. 10). - © 1994 Franz Steiner Veriag Stuttgart

Referenzen

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