Research Collection
Journal Article
Eine Notiz über borkenkäfertötende Spinnen
Author(s):
Moor, H.; Nyffeler, Martin
Publication Date:1983
Permanent Link:
https://doi.org/10.3929/ethz-a-005796716
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ETH Library
MITTEILUNGEN DER SCIIWEIZERISCIIEN ENTOMOLOGISCHEN CESELLSCHAFT BIJLLETIN DE LA SOCIETE ENTOMOLOGIQUE SUISSE
56, 195-199, 1983
Eine Notiz über borkenkäfertötende Spinnen
H. Moon und M. NYprnlnn
Entonrologischcs Institut der ETI l, ETH-Zcntrum, Cl I-8092 Zürich
A note otl spiders killing bark beetl<'s - In
l
sprucc lbrest near Aarau (Switzerland) web-building spiders wcre observed to be predators ol- H-t,lurgops pallialus Gvlr-. and Pilyogenes chakographus L.6arkbeetl es.
Als
Folge deroft
hohen Spinnendichtenin
Wäldern kann der Energieflussdurch die
Spinnengemeinschaftenvon
WaldökosystemenWerte bis
zu 500MJ/halJahr erreichen (umgerechnet nachKIncuNrn,
1964). Da die meisten Waldspinnen zur Hauptsache Insektenprädatoren sind, lassen diese hohen Ener- gieflusswerte aul eine ökologische Bedeutung der Waldspinnen als Insektenvertil- ger schliessen. So sind denn auch schon mehrere umfassende Untersuchungen zu diesem Thema durchgeführt worden, u. a. vonVIIE
(1953), KtncHNen (1964) und Mouronn&
RprcHI-p (1912).Zu
den gel?ihrlichsten Waldschädlingen gehören die Borkenkäfer(:
Scolytidae). Bis zurZeit
istjedoch über die Bedeutung der Spin- nen als Borkenkälerfeinde noch sehr wenig bekannt.Im
Rahmen einerArbeit
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A bb. l: Zwischen zwci Il uncllrölzcrn aulgesgritnntcs Spinnennetz
über Verbreitung und Befallsverhalten von Borkenkäfern wurde vom erstgenann-
ten Autor eine
borkenkäfertötende Spinne entdeckt,die im
folgenden näher beschrieben wird.Die
Beobachtungen erfolgtenvom l.
bis 4.Mai
1978 bei warmem, trocke-nem
Wetter (ca. 20 oC)im
Rupperswilerwaldbei
Aarau.Der Biotop liegt
auf 380m
ü.M.
Es handelt sich dabeium
einen ehemals reinen Fichtenforstmit
bis zu hundertjährigen Bäumen, der jedoch in neuerer Zeit stark mit Tännen, Föhren und Buchen aufgelockert wurde. Das Unterholz ist spärlich;in
der Bodenbedek- kung überwiegen Schwarzer Holunder und Wurmfarn.Auf
der Nordseite einer Waldstrasse fiel auf zwei gemischten Stapeln Fich-ten- und
Föhrenrundholzein
Überzugmit
Baldachinnetzen au{, wobei diese Netze horizontal über den Slämmen und vertikal 1-3 cm vor den Stirnseiten derHölzer
aufgespannt waren (Abb.1-2). In
diesenNetzen
fandensich
adulte, wahrscheinlichfrisch
gehäutete Spinnenvon nur
ca. 2mm
Gesamtlänge, diedurch
eine nasenartige Vorwölbung des Clypeus auffielen. J.Wunoenlrcs
be- stimmte dieArt
als Troxochrus nasutus ScHpNrpL. Diese Spinnenart gehört zur Familie Zwergspinnen:
Erigonidae[:
Linyphiidae Erigoninae:
Micryphanti- dael. Es ist erstaunlich, dass eine Spinnevon nur
2mm
Körperlänge so grosse Netze baut. Da jedoch in diesen Netzen keine anderen Spinnenarten vorgefunden werden konnten, kann angenommen werden, dass es sichbei den
Z nasutus- Imagines tatsächlich um die Erbauer der Netze und nicht etwa nur um Netzgäste handelte.T nasutus
wurde
erstmalsin
einem Fichtenwaldbei
Todtmoosim
Süd- schwarzwald (BRD) entdeckt, nur 40 km nördlich von unserer Fundstelle (ScHer.r-rrl,
1925). NachMaunsn
(1978) liegt bisher aus der Schweiz erstein
einziger Nachweis dieserArt
vor, und zwar aus einem Biotop, der sich 50km
südöstlichAbb.2: Spinnerrnctz, das an Pfirhl bef'estigl und mehrere Borkenkäler enthült-
t96
Abb.3: Wcibchen des Kuplbrstc- clters Pilyrrgrrtr'.r ( lnIoltilJ,hu.\. in Slrirlnennetz gclhrrgcn.
von unserem Fundort befindet.
Dort
war siein
einem feuchten Fichtenwald am Fusseder Rigi,
ca. 500m
ü.M.,
gesammelt worden (ScHeNrnl, 1947; BnnuN,l96l).
Das. bisher ermittelte Verbreitungsgebietvon
Z nasutus umfasst Teile der Schweiz, Osterreichs,der BRD, der DDR,
Polens, Schwedensund
Finnlands (WreHr-e, 1963; Horna, 1968;Sraneca,7972;
Par-vcneN, 1976;MrnrrN & Hrr- vnn,
1977;Tualen,
1978; Hnrr'arn, 1980; ScHApen, 1980;WuNoenltcu,
1982). Inden
Arteninventaren Mitteleuropasfehlt sie noch
weitgehend, was sicherlich daraul zurückzuführen ist, dass ein grosser Teil der bisherigen Bestandesaufnah-men mittels
Barberlallen durchgefiihrt wurde,die
fast ausschliesslichdie
epi- gäische Spinnenfauna zu erfassen vermögen. NachAletnr
(1976) lebt T nasutusjedoch auf Bäumen, und er dürfte daher
in
Bodenfallen nur perZulall
gefangen werden (vgl. auch Wuruoenlrcn, 1982). Möglicherweise ist dieseArt
gar nicht so selten,wie
es scheint, da bisher vermutlichzu
wenig adäquate Fangmethoden verwendet wurden.T nasutus scheint vorwiegend eine Waldspinne zu sein, denn er wurde auch schon
lrüher vor allem in
Waldbiotopen gefunden.Es
liegen Nachweise aus Fichten-und
Buchenwäldern, einem Kiefernwald sowie aus Mischwäldern vor(Scueurer,
1925. 1941 BnauN, 1961,Hunr,t, l97l Arnenr,
1976; ParvcnE,N,1976;
Tunlen,
1978; ScnÄpEn, 1980).Wie
die meisten Netzspinnen dürfte auchT! nasutus
im Prinzip ein
polyphager Lauerräuber sein, dessen Beutespektrum vom jeweiligen örtlichen und jahreszeitlichen Insektenangebot bestimmt wird.In
acht der gegen dreissig beobachteten Netze fanden sich tote, aber frisch aussehende Borkenkäfer. Von diesen wurden drei als Fichtenbastkäfer Hylurgops palliatusGvll.
undfünf
als Kupferstecher Pityogenes chalcographusL.
bestimmt(Abb.3).
Unter den Netzen fanden sichin
der obersten Lage der Hölzer sieben Kupferstecher, die gerade daran waren, sich einzubohren, sowie mehr als zwanzig Bohrlöcher,in
denensich
bereits Borkenkäfer eingebohrt hatten. Wegen derteilweise
mit
Flechten besetztenRinde
dürfteein Teil der
Bohrlöcher jedoch übersehen worden sein, die ZahT der bereits eingebohrten Käfer somit noch höher liegen.Dies bedeutet
dassvermutlich nicht mehr
als 2U/oder
anfliegenden Borkenkäfer von den Spinnennetzen abgefangen wurden.Es ist
diesder
erste Nachweis einer borkenkäfertötenden Spinnein
der Schweiz.Auch in
der Literatur liegen bisher erst wenige Angaben über Spinnen als Borkenkäferfeinde vor: HanrrsoN (1913) fand in Spinnennetzen auf Koniferenin
Nordschottlanddie Elytren
verschiedener föhrenfressender Borkenkäfer.In
Sachsen entdeckten HresscH
&
Kn.c,usn (1970 am Rand eines Föhrenwaldes in den Fangschläuchen von AtypusaffinisEtcnwlrt
(Araneae, Atypidae) neben den Resten zahlreicher anderer Käferarten auch solche von Borkenkäfem. JBNnrNcs&
PasB (1975) beobachtetenin
einem Föhrenwaldin
Arizona(USA)
die beiden Spinnenarten Oxyopes scalarisHrNrz
(Araneae, Oxyopidae) und Theidion good- nightorumLEvr
(Araneae, Theridiidae)beim
Fangvon lps pini
(Sev). Femer beschrieb der Amerikaner BrrsrNc (1920) zwei Radnetzspinnenarten als Prädato- ren von Ips fasciatus; doch ist diese letztgenannte Angabe zweifelhafl da es sich nach JBNNTNcs&
PmB (1975) bei lps fasciatusum
eine Fehlbenennung handeln soll.Wie
schon KrncnNen (1964)in
seiner umfassenden Literaturanalyse über die Nahrungsökologie der Waldspinnen feststellte, sind Borkenkäfer zwar wegen ihrer verborgenen Lebensweise während eines grossen Teils des Jahresvor
den meisten Spinnen weitgehend sicher, doch zeigen die oben zitierten Beobachtun- gen aus Europaund
denUSA,
dass Borkenkäfer währendihrer
Flugzeit von Spinnen erbeutet werden können. Somitdürfteq
neben den bisher bekannten Borkenkäferfeinden (zoophageVögel,
Säugetiereund
Insekten), auch gewisse Spinnen zum vertilgerkomplex der Borkenkäfer gezähltwerden. Ihre ökologische Bedeutungdürfte
allerdingsnicht
sehr gross sein, dochfehlen
entsprechende Untersuchungen vorläufi g.DANK
Wir danken Herrn J. WuNosnlIcu, Straubenhardt/BRD, fiir die Determinierung der hier beschriebe- nen Spinnenart sowie Herrn Prof. Dr. G. BeNz, ETH Zürich, für die Durchsicht des Manuskriptes.
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