RO L A N D FAT H
Die Deutsche Hochdruckliga hat ihr Therapieschema erweitert. Erstmals wird zur initialen Behandlung von Hypertonikern ausser der Monotherapie eine niedrig dosierte Kombinations- therapie mit zwei Medika- menten empfohlen.
Ausserdem wurde die Ein- teilung der Hypertonie vereinfacht und der Begriff der Grenzwerthypertonie wieder gestrichen.
Die Liga folgt mit ihren im November 2003 veröffentlichten neuen Hypertonie- Leitlinien, die den hohen Stellenwert der Kombinationstherapie dokumentieren, den Vorgaben der USA und den ebenfalls 2003 veränderten europäischen Empfeh- lungen. «Die meisten Hypertoniker brau- chen für eine gute Blutdruckeinstellung ohnehin mehrere Antihypertensiva», er- klärte Professor Dr. Rainer Düsing, Univer- sität Bonn, die Erweiterung des bisherigen Schemas. Die primäre Kombinations-
behandlung wird vor allem bei weit über den Zielwerten liegendem Blutdruck und bei Begleiterkrankungen wie KHK, Herz- oder Niereninsuffizienz empfohlen, erläu-
terte der Experte auf der letzten Jahresta- gung der Hochdruckliga. Als Richtschnur nannte Düsing einen Wert von über 20/
10 mmHg über dem Zielwert.
Hypertonie:
Kombinationspräparate in die erste Reihe
Neue Leitlinien der Deutschen Hochdruckliga
A R S M E D I C I 1 6●2 0 0 4 8 1 7
F O R T B I L D U N G ● F O R M A T I O N C O N T I N U E
A n t i h y p e r t e n s i v e M e d i k a m e n t e n b e h a n d l u n g i n d i z i e r t
Monotherapie (ggf. Dosissteigerung)
Kombinationstherapie niedrigdosiert* (2 Medikamente)
andere Mono- therapie (ggf. Dosissteigerung)
Kombinationstherapie (2 Medikamente, Dosissteigerung)
Kombinations- therapie (3 Medikamente)
B
C A
*Evidenzbasierte Daten liegen derzeit vor für Diuretikum + ACE-Hemmer und Diuretikum + Betablocker Behandlungsstrategie bei der medikamentösen Hypertoniebehandlung
A: Stufentherapie («stepped care») B: Primäre niedrigdosierte Kombinationstherapie C: sequenzielle Monotherapie
Abbildung 1: Neues Therapieschema der Hochdruckliga: viele Wege möglich
Diuretikum
Betablocker Kalzium-
Antagonist
Angiotensin-
II-Antagonist ACE-Hemmer
* Kombination ...
synergistisch möglich
* nur für Dihydro- pyridine sinnvoll
Abbildung 2: Antihypertensiva der ersten Wahl sind jetzt in Form eines Pentagramms angeordnet
Fixe Kombinationen bevorzugt
Aus Compliancegründen sollten bevorzugt fixe Kombinationen von zwei niedrig do- sierten Substanzen verwendet werden. Evi- denzbasierte Daten liegen derzeit vor für die Kombination Diuretikum/Betablocker sowie für Diuretikum/ACE-Hemmer.
Ausser der primären Kombinationsthera- pie (Strategie B in Abbildung 1) sind als Alternativen die beiden bekannten Strate- gien genannt: Monotherapie, gegebe- nenfalls Dosissteigerung und bei Versagen ein anderes Präparat als Monotherapie (C) oder Kombinationstherapie nach Versa- gen der ersten Monotherapie (A). Wahr- scheinlich wird sich die letztgenannte Möglichkeit aber als die beliebtere erwei- sen, meinte Dr. Düsing. Denn bei mehr- maliger erfolgloser Monotherapie brö- ckelt selbst die beste Compliance.
Fünfeck statt Reihe
Nach wie vor rekrutieren sich die Anti- hypertensiva der ersten Wahl aus fünf Substanzklassen (Diuretika, Betablocker,
Kalziumantonisten, ACE-Hemmer, Angio- tensin-II-Antagonisten), deren Auswahl vor allem vom Alter der Patienten und ihren Begleiterkrankungen abhängt. Zur Veranschaulichung der Kombinierbarkeit sind die Substanzklassen jetzt jedoch nicht mehr in einer Reihe, sondern als Fünfeck angeordnet (Abbildung 2). Dabei ist es wahrscheinlich kein Zufall, dass die Diuretika den zentralen Platz ganz oben einnehmen, so Prof. Düsing. Schliesslich hat die ALLHAT-Studie den Stellenwert der Diuretika gestärkt. Zudem wirken Diure- tika in Kombination mit allen anderen Substanzklassen synergistisch auf den Blutdruck. Als weitere besonders sinnvolle Kombinationen werden Kalzium-Antago- nist und ACE-Hemmer sowie Dihydropy- ridine und Betablocker genannt.
Grenzwerthypertonie gestorben
Vereinfacht worden ist die Klassifikation der Hypertonie. Es werden drei normale Blutdruckbereiche (optimal, normal, hoch- normal) und drei Schweregrade der Hypertonie unterschieden. Der Begriff
Grenzwerthypertonie (140–149/90–94) wurde wieder aus der Einteilung entfernt.
«Eine zu filigrane Einteilung versteht kei-
ner», sagte Düsing. ●
Roland Fath Mainkurstrasse 9 D-60385 Frankfurt E-Mail: r.fath@t-online.de
Interessenkonflikte: keine
Diese Arbeit erschien zuerst in
«Der Allgemeinarzt» 2/2004.
Die Übernahme erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Verlag und Autor.
Hypertonie: Kombinationspräparate in die erste Reihe
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