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Geburtsutensilien im Abkalbestall - eine Gefährdung der Hygiene?

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Notizen aus der Forschung Nr. 6/Februar 2020

- Fachbereich Agrarwirtschaft, Soest -

www4.fh-swf.de/cms/forschungsnotizen/ ISSN2567-0484

Geburtsutensilien im Abkalbestall - eine Gefährdung der Hygiene?

Helene Bongard, Odile Hecker, Andreas Rienhoff, Laura Henn, Marcus Mergenthaler, Marc Boelhauve

Einleitung

Auf Grund des mangelnden Immunschutzes von neugebore- nen Kälbern stellt jeder Kontakt mit pathogenen Keimen eine Gefährdung der Gesundheit und auch des Lebens dar (HULSEN &SWORMINK, 2008). Die Dringlichkeit ein adäquates Hygieneverhalten für Akteure der Geburtshilfe in Milchvieh- betrieben zeigt sich in deren Angaben zum allgemeinen und persönlichen Keimübertragungspotential (KÜP) von Ge- burtsutensilien. Gerade das KÜP der am häufigsten verwen- deten Utensilien, wie Geburtsstricke, Geburtshelfer und Ge- burtsketten wurde allgemein als hoch eingestuft. Ein Abglei- chen mit den tatsächlichen mikrobiologischen Labordaten deckte aber Mängel in der konsequenten Umsetzung von Hygienemaßnahmen auf. Vor allem die Nachweise von Staphylococcus aureus und Staphylococcus xylosus, die eine bedeutende Rolle als Verursacher von Gebärmutterentzün- dungen und Wundinfektionen einnehmen können, waren bedenklich (RIENHOFF et al. 2018). Deshalb sollen hier Anga- ben von verschiedenen Betriebsangehörigen zum KÜP der Geburtsutensilien und eine Bewertung der verwendeten Reinigungsmethode in Milchviehbetrieben betrachtet wer- den.

Daten und Methoden

Eine Studie zur „Geburtshygiene bei Milchvieh“ der Fach- hochschule Südwestfalen erfolgte im Zeitraum September bis Oktober 2017. Die Befragung wurde online über eine In- ternetseite, Facebook und eine Mailing-Liste von Milchvieh- haltenden, die aus dem Register des Landwirtschaftsverlags

„Elite GmbH“ ausgewählt wurden, verbreitet. Insgesamt nahmen an der Umfrage 1.030 Personen teil. Die Milchvieh- haltenden wurden auf Grundlage von standardisierten Fra- gebögen mit 20 geschlossenen Fragen befragt. Bei einigen Fragen konnte in der Kategorie „Sonstiges“ eine Antwort frei formuliert werden. Das allgemeine und persönliche KÜP wurde auf einer 10-stufigen Skala von 0 (sehr geringes KÜP) bis 10 (sehr hohes KÜP) durch die Frage „Wie hoch schätzen Sie die Gefahr ein, dass Keime allgemein (KÜP allgemein) und durch die persönlich verwendeten Geburtsutensilien (KÜP persönlich) mithilfe des Utensils von einem auf das andere Tier übertragen werden?“ erhoben. Als mögliche Einflussfak- toren werden Geschlecht, Alter, Funktion auf dem Betrieb und Betriebsgröße untersucht. Zudem konnten die Befrag- ten die ausgeführte Reinigungsmethode durch die Aussagen

„ausreichend, um eine Infektion des nächsten Tieres zu ver- hindern“, „nicht ausreichend, um eine Infektion des nächs- ten Tieres zu verhindern“ und „ich denke, dass andere Me- thoden effektiver sind“ zustimmend oder ablehnend bewer- ten (Angaben zur Stichprobe sieheBONGARD et al., 2020a).

Die Auswertung der Daten erfolgte anhand deskriptiver Sta- tistiken.

Ergebnisse

Insgesamt gaben die Befragten die höchsten Werte zum all- gemeinen KÜP bei den Geburtsutensilien Mehrweghand- schuhe und Geburtsstricke an. Das persönliche KÜP wurde bei den Geburtsutensilien Mehrweghandschuhe, Schürze, Geburtstricke und Geburtshelfer niedriger angegeben und zeigte insgesamt ein geringeres Potential als das allgemeine KÜP bei allen Befragten an (Abb. 1).

*Auszubildende/r, Praktikant/in, Aushilfe

Balken mit roten Farbvarianten stellen Angaben zur KÜP persönlich dar, Balken mit blauen Farbvarianten Angaben zur KÜP allgemein

Abb. 1: Mediane zur KÜP allgemein und KÜP persönlich nach den Ein- flussfaktoren Geschlecht, Alter, Funktion und Betriebsgröße

Landwirtinnen gaben die allgemeine KÜP höher an als ihre männlichen Kollegen. Auch zunehmend jüngere Landwirte schätzten sowohl das persönliche als auch das allgemeine KÜP höher ein als dies bei älteren Landwirten der Fall war.

Insgesamt gaben alle Altersklassen das persönliche KÜP ge- ringer an als das allgemeine KÜP. Die Betriebsinhabenden schätzten sowohl das allgemeine als auch das persönliche KÜP am niedrigsten ein. Die größeren Betriebe (>200 Kühe) führten vor allem das allgemeine- aber auch das persönliche KÜP geringfügig höher an als kleinere Betriebe (Abb. 1). Auf die Frage, ob die ausgeführten Reinigungsmethoden als aus- reichend angesehen werden, antworteten die weiblichen

7 8 8 7

8 6,5 8 8 7 7 7 8

2 3

4 3

2 1

2,5 3 2 2 2 3

2 2 3,5

2 2 1

3,5 2 2 1

2 2

2 3

3 3 2 2

3 3 2

3 2

3

2 2,5 2

3 2 1

3 2,5 2 1

2 2

2 3

4,5 3 2 1

3 3 2

2 2

3

2 2 5,5

2 2 1

2,5 2 1,5 2

1 2

5 5

6 6 5 2,5

5 6 5

5 5

5

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3 3 2 1

3 3 2 2

3 2

2 3

5 3 2 2

3 3 2

3 2

3

2 2

3 2 2 1

2 2 2 2

2 2

0 5 10 15 20 25 30 35

n=668 Männlich

n=355 Weiblich n=18 17-19 Jahre n=330 20-29 Jahre n=647 30-59 Jahre n=30 60-79 Jahre n=42 Auszubi*

n=241 Angestellte/r n=743 Betriebsinhaber/in n=215

<49 Kühe n=623 50-199 Kühe n=192

>200 Kühe

GeschlechtAlterFunktionGröße Betrieb

Summe der Mediane der einzelnen Kategorien Mehrweghandschuhe KÜP allgemein Mehrweghandschuhe KÜP persönlich Gleitgel KÜP allgemein Gleitgel KÜP persönlich

Schürze KÜP allgemein Schürze KÜP persönlich Geburtsketten KÜP allgemein Geburtsketten KÜP persönlich Geburtsstricke KÜP allgemein Geburtsstricke KÜP persönlich Geburtshelfer KÜP allgemein Geburtshelfer KÜP persönlich

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Notizen aus der Forschung Nr. 6/Februar 2020

- Fachbereich Agrarwirtschaft, Soest -

www4.fh-swf.de/cms/forschungsnotizen/ ISSN2567-0484

Befragten häufiger, dass sie die Reinigungsmethoden für nicht ausreichend hielten. Die Zustimmung, dass die gewähl- ten Reinigungsmethoden ausreichen, um eine Infektion des nächsten Tieres zu verhindern, sank zudem mit der Zu- nahme der Betriebsgröße. Gleichzeitig stieg die Annahme, dass eine andere Methode effektiver wäre und die Zustim- mung, dass die eigene Reinigungsart nicht ausreichend ist.

Zunehmend bei den älteren Befragten ab Altersklasse 20-29 Jahre, wurden die Reinigungsmaßnahmen als ausreichend bewertet. Die Angabe „Reinigung nicht ausreichend“ wurde dagegen, einschließlich Altersklasse 20-29 Jahren, zuneh- mend bei den jüngeren Befragten angegeben. Betriebslei- tende und Angestellte waren überwiegend der Meinung, dass ihre Reinigungsmethoden ausreichend sind. Dagegen gab die Gruppe der Auszubildenden, Praktikanten und Aus- hilfen, mit dem geringsten Anteil „Reinigung ausreichend“

an, und führten mit dem höchsten Anteil einer „sonstige Me- thode effektiver“ an (Abb. 2).

*Auszubildende/r, Praktikant/in, Aushilfe

Abb. 2: Anteil der Antworten zur Qualität der Reinigungsmaßnahme („ausreichend“, „nicht ausreichend“, „sonstige Methode effektiver“) nach den Einflussfaktoren Geschlecht, Alter, Funktion und Betriebsgröße

Diskussion

Angaben dieser Befragung zum allgemeinen und persönli- chen KÜP von Utensilien in der Geburtshilfe bei Milchvieh bestätigen die in der Studie von BOELHAUVE &MERGENTHALER

(2017) vorliegenden Erkenntnisse. Es wurde gezeigt, dass das KÜP der eigenen Utensilien (KÜP persönlich) deutlich niedriger genannt wird, als die allgemeine Möglichkeit des Utensils Keime übertragen zu können (KÜP allgemein). Die Befragten dieser Studie gaben demnach häufiger an, dass Geburtsutensilien, vor allem Mehrweghandschuhe und Ge- burtsstricke, Keime übertragen können. Gleichzeitig sind sie der Meinung, dass dies nicht für die eigenen verwendeten Utensilien gilt. Somit wird das persönliche Gefahrenpoten- tial in der Geburtshilfe vermutlich nicht wahrgenommen.

Geschlechtsspezifisch sind die weiblichen Befragten, die Rei- nigungsmethoden betreffend, etwas kritischer. Sie zeigen, durch höhere Angaben zu dem allgemeinen KÜP, ein höhe- res allgemeines Hygienebewußtsein. Eine Studie zum Thema Hygiene bestätigt diesen spezifischen Unterschied in der Wahrnehmung der Hygiene zwischen den Geschlechtern (BONGARD et al., 2020a). Das aktuelle Wissen zum Hygie- nemanagement könnte ein Grund sein, dass zunehmend jüngere und sich in der Ausbildung befindende Befragte, die zudem häufiger Geburtsutensilien desinfizierten (BONGARD

et al., 2020b), ein höheres Hygienebewusstsein zeigen. Da- gegen sind die Betriebsleitenden, die selbst einen geringen Reinigungsaufwand betreiben (BONGARD et al., 2020b), mit den eigenen Hygienemaßnahmen zufriedener und schätzen sowohl das persönliche als auch das allgemeine KÜP am niedrigsten ein. Nur mit tatsächlich gemessenen Keimdaten, kann die Reinigungsleistung der unterschiedlichen Akteure jedoch beurteilt werden. Eine kritischere Betrachtung der Reinigungsmaßnahmen, sowie eine höhere Einschätzung des KÜPs der Geburtsutensilien, bestätigen ein höheres Hy- gienebewusstsein der größeren Betriebe (BONGARD et al., 2020b). Womöglich finden in größeren Betrieben, aufgrund eines verbesserten Hygienemanagements, häufiger Fortbil- dungen bzw. Schulungen zum Thema Hygiene statt. Den- noch wird eine Unsicherheit und Unzufriedenheit in den ei- genen Hygienemaßnahmen, durch die höheren Angaben zur

„sonstige Methode effektiver“, erkennbar.

Eine höhere Bereitschaft zur Ausübung von Desinfektions- maßnahmen lag bei einigen Befragten dieser Studie vor.

Wer seine Abkalbebox desinfiziert (BONGARD et al., 2020a), desinfiziert ebenfalls größtenteils die Geburtsutensilien (BONGARD et al., 2020b). Dieser Zusammenhang bei den Be- fragten zeigt Potenziale und Möglichkeiten für die Durchfüh- rung eines „Hygiene-Masterplans“. Eine qualitative Erfas- sung und dadurch einen möglichen Vergleich der Hygiene- maßnahmen in Milchviehbetrieben würden aller Wahr- scheinlichkeit nach Mängeln in dem Hygienemanagement aller Akteure aufdecken. Eine „Eigenkontroll-Checkliste“

sollte in Betrieben erstellt werden, um somit die Anforde- rungen einer Qualitätssicherung in der Geburtshygiene bei Milchvieh zu erfüllen.

Quellen

Boelhauve, M., Mergenthaler, M. (2017): Biosicherheit in Rinder hal- tenden Betrieben. Tierärzte als Lotsen für mehr Hygiene. Deutsches Tierärzteblatt 65(11):1512-17.

BONGARD,H.,HECKER,O.,RIENHOFF,A.,HENN,L.,MERGENTHALER,M.,BOEL-

HAUVE,M.(2020a): Abkalbebox und Hygiene-wie groß muss der Auf- wand sein? Notizen aus der Forschung. Nr. 2/Februar 2020. FH SWF.

BONGARD,H.,HECKER,O.,RIENHOFF,A.,HENN,L.,MERGENTHALER,M.,BOEL-

HAUVE,M.(2020b): Geburtsutensilien im Abkalbestall- deren Anwen- dung und Reinigung in Milchviehbetrieben. Notizen aus der For- schung. Nr. 5/Februar 2020. FH SWF.

HULSEN,J,SWORMINK,B.(2011):Jungtiere. Praxisleitfaden für die Färsen- aufzucht. Zutphen: Roodbont-Verlag.

RIENHOFF,A.,MÜLLER,H.,LINNEMANN,S.,KESTING,G.,BOELHAUVE,M. (2018):

Untersuchungen zur Geburtshygiene beim Rind- Einschätzungen zum Verschmutzungsgrad und Keimübertragungspotential der Ge- burtsutensilien in NRW-Milchviehbetrieben. Notizen aus der For- schung Nr. 61/Oktober 2018. FH SWF.

62 59

80 55

64 73 40

53 65

67 62 58

6 12 10

7 1 4

12 7

6 8 8

32 29

20 35

29 26 57

35 28 27 30 34

0% 20% 40% 60% 80% 100%

Männlich (n=668) Weiblich (n=355) 17-19 Jahre (n=18) 20-29 Jahre (n=330) 30-59 Jahre (n=647) 60-79 Jahre (n=30) Auszubi* (n=42) Angestellte/r (n=241) Betriebsinhaber/in (n=743)

<49 Kühe (n=215) 50-199 Kühe (n=623)

>200 Kühe (n=192)

GeschlechtAlterFunktion im BetriebGröße Betrieb

Anteil der Nennungen (in %) Reinigung ausreichend Reinigung nicht ausreichend Sonstige Methode effektiver

Referenzen

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