A06 Strukturanalyse mittels
Röntgenstrahlung - Vorbereitung
1 Physikalische Grundlagen des Versuchs
1.1 Röntgenstrahlung
DieRöntgenstrahlungkannerzeugtwerden,indemmanmiteinerHeizkathodefreieElek-
tronen erzeugt, diese über eine hohe Anodenspannung (
U = 50 − 300 V
) beschleunigt, elektronenoptisch bündelt (z.B. Wehnelt-Zylinder) und den Elektronen dann eine An-tikathode aus Metallmit hoher Massenzahl gegenüberstellt. Beim Aufprall auf die An-
tikathode verlieren die Elektronen Energie, welche in Strahlung (ca. 1%) und Wärme
(ca. 99%)umgewandelt wird. Röntgenstrahlung besteht auskurzwelligen elektromagne-
tischen Wellen (z.B. ebene EM-Welle (transversal)
E ~ = E ~ 0 sin ω t − x v ,mit der Am-
plitude
E ~ 0,diefürdieWechselwirkungmaÿgebendist)(0, 1 · 10 − 10 m − 10 · 10 − 10 m
).Man
unterscheidetzweiArtenderentstehendenStrahlungzumeinendieBremsstrahlung,wel-
che ein kontinuierliche Spektrum aufweist und eine Grenzfrequenz besitzt, die von der
Beschleunigungsspannung abhängt (Duane-Hunt-Gesetz) und zum anderen die charak-
teristischeEigenstrahlung, welchematerialabhängig ist undnurwenigecharakteristische
Peaksaufweist.DiecharakteristischeEigenstrahlungentsteht,indembeimAufpralleines
beschleunigten Elektrons, ein Elektron auseiner inneren Schale (z.b.K-Schale) heraus-
geschlagen wird und dieses dann von einem Elektron aus einer weiteraussen liegenden
Schaleersetzt wird.Es wirdsehrhohe Energie zumHerausschlageneines innerenElek-
trons benötigt, welche in
keV
Ordnung liegt. Die Dierenzenergie zwischen äuÿerem undinnerem Elektron wirdinFormeines Photonsbeim Übergangdesäuÿeren Elek-trons nach innen abgegeben, sie entspricht der charakteristischen Eigenstrahlung (in
unseremFall werden wireineK
α
- undeineKβ
-Liniebeobachtenkönnen).Die groÿtechnische Erzeugung von Röntgenstrahlung wird heutzutage durch die Syn-
chrotronstrahloung ermöglicht.
Die Intensitätsverteilung der Röntgen-Bremsstrahlung ist in folgender Graphik (
[1]
S.788) zunden:
DasRöntgenspektrum bricht beieiner Grenzfrequenz
ν gr ab,für diedasDuane-Hunt- Gesetz gilt:
hν gr = eU
oderλ gr = hc
eU = 1234 nm
U ,
mitU
inV
Beispielhaft nachfolgend das Röntgenspektrum (
[1]
S.789) einer Kupfer-Antikathode mit den beidenPeaks derKα
-und Kβ
-Linie:Die FrequenzderK
α
-Linieist durchMoseley gegeben mit:ν K α = 3
4 R ∞ (Z − 1) 2
mitderOrdnungszahl
Z
.DiesesfolgtauseinerAbschirmungunddemRydberg-Gesetz für das Wasserstoatom (in diesem Fall Übergang vonn = 2
nachn = 1
). Man mussbeiderErzeugung dercharakteristischen Strahlung beachten,dassnicht jedesherausge-
schlageneElektronauchzu dieserführt,da derkonkurrierendeinnerePhotoeektstrah-
lungslose Übergängeerzeugen. Diesfunktioniert, indem dasRöntgenphoton im gleichen
Atomwiederabsorbiert wirdundeinweiteresElektron abspaltet, wobeidasabgespalte-
neElektrondieDierenzderbeteiligtenÜbergangsenergienalskinetischeEnergieerhält
(Auger-Eekt).
1.1.1 Kohärenz
Wellensindkohärent,wenndieZeitabhängigkeitderAmplitudeinihnenbisaufeinePha-
senverschiebungdiegleicheist.Manspricht vonkohärenterStreuung, wennkeinProzess
zwischen demAuftreenund Wiederaussenden desLichtes auf einStreuobjekt stattn-
det, derdie Schwingungsform ändert. DasStreuobjekt wird selbstzum Erregerzentrum
derWelle,das mit derursprünglichen in Phaseist oder zumindest einefeste Phasenbe-
ziehung besitzt, d.h. das Streuobjekt nimmt keine Wellenenergie auf und kann daher
auch nicht zu einem späteren Zeitpunkt diese wieder aussenden und so die Phasenbe-
ziehung stören. Im Falle das elektronische Resonanzen in der Nähe der eingestrahlten
Photonenliegen,kanneszurResonanzabsorptionkommen,dieshättezurFolge, dassdie
Steuung inkohärent würde und ein Streuungsexperiment mit diesem Streuobjekt nicht
mehrmöglich wäre.
Die Atome/Moleküle in Kristallen besitzen eine periodische Anordnung in einem Git-
ter. Die Kristalle können aus den Bravaisgittern, von denen es im dreidimensionalen
14 verschiedene gibt, erzeugt werden. Bravaisgitter sind translationsinvariant, d.h. sie
geheninsich selbstüber, wenn mandie Gitterpunkteumeinen Translationsvektor ver-
schiebt,bzw. esexistiert eineunendliche WiederholungidentischerAtomgruppen,wobei
diese Basis genannt werden. Für unseren Versuch sind die Natriumchlorid- (NaCl) und
dieZinksuldstruktur (ZnS)von Interesse,da NaClalsEichsubstanz dient und dieZnS
Struktur erforscht werden soll. Die NaClStruktur ist fcc (kubisch ächenzentriert) mit
einer Basis aus Cl bei (
000
) und Na bei (1 2 1 2 1 2
). Die Gitterkonstante des NaCl beträgta
NaCl
= 5, 63 · 10 − 10 m
([2]
). Die zu erforschende Zinkblendestruktur ähnelt der Dia- mantstruktur,istjedochaufGrundder2ionigenBasiskomplexer.ManstelltsichzweifccGittervor,wobeiaufeinemdieZn
2+
-IonenundaufdemanderendieS
2 −
-Ionensitzen,die
umeinViertelderRaumdiagonaleversetztsind.DerLiteraturwertderGitterkonstanten
für ZnSlässtsich mit
a
ZnS
= 5, 41 · 10 − 10 m
([2]
) nden.1.3 Röntgenstreuung
DasBeugungsbildeines KristallsisteineAbbildungdesreziprokenKristallgitters,daher
werden wir unsere Berechnungen im reziproken Raum ausführen. Die Fouriertransfor-
mation verbindet den realen Raum mit dem reziproken Raum, wobei die primitiven
Gittervektoren (
~a j)mit den primitiven Vektoren desreziproken Gitters (~b i) überz.B.:
~b 1 = 2π ~a 2 × ~a 3
~a 1 · ~a 2 × ~a 3
verbundensind. Es giltdieBeziehung
~b i · ~a j = 2πδ ij.Die Punkteimreziproken Gitter
sinddurch dieMenge von Vektoren
G ~ = h~b 1 + k~b 2 + l~b 3
mit den Miller-Indizes
hkl
festgelegt. Die reziproken Gittervektoren bestimmen die möglichen Röntgenreexe. DieStreuamplitudeergibt sichausderFouriertransformationderLadungsdichteverteilung zu:
F ∆ ~k = Z
dV n (~ r) exp − i∆~k · ~ r = X
G ~
Z
dV n G ~ exp i G ~ − ∆ ~k · ~ r
mit
∆~k = 4π λ sin θ
.Giltdie zurBragg-Bedingung2d sin θ = nλ
äquivalenteBeugungs- bedingung∆~k = G ~
(s.[3]
S.36+37), so wird die StreuamplitudeF = V n G ~, da das
Argumentdesexponentiellen Anteilsverschwindet.FüreinenKristall mit
N
Zellenkön-nen wir dann schreiben
F G ~ = N R Zelle dV n (~ r) exp − i ~ G · ~ r = N S G ~, mit der Elektro-
nenkonzentration
n (~ r)
und dem StrukturfaktorS G ~. Wir denieren den Atomfaktor f j
als:
f j = Z
dV n j (~ ρ) exp − i ~ G · ~ ρ .
Wirerhaltenmit Hilfe von
G ~
diegebräuchliche DarstellungdesStrukturfaktors mit:S G ~ (hkl) = X
j
f j exp ( − 2πi (hx j + ky j + lz j )) .
(1)WirbetrachtendieStrukturfaktorenfür unser Problem:
S
NaCl
= f
Na
n 1 + e − iπ(h+k) + e − iπ(h+l) + e − iπ(k+l) o + f
Cl
n e − iπh + e − iπk + e − iπl + e − iπ(h+k+l) o
S
ZnS
= f
Zn
n 1 + e − iπ(h+k) + e − iπ(h+l) + e − iπ(k+l) o
+ f
S
n e − i
π
2 (h+k+l)
1 + e − iπ(h+k) + e − iπ(h+l) + e − iπ(k+l) o
Gleichzeitig gilt für den Abstand
d (hkl)
zweier paralleler Gitterebenen diesenkrecht zuG ~
stehen:d (hkl) = 2π
G ~
(2)
wobei
d
somit die Gitterkonstante darstellt. Die StreuamplitudeF ∆ ~k ist die FT
derFaltung derElektronendichte derAtome mit derVerteilung der Atome inderBasis
und derperiodischen Anordnung derBasis imGitter. UnserMessgröÿeist also:
I G ~ hkl = S G ~ 2 · A · LP = SS ∗ · A · LP.
(3)mit
A =
SummenindexderBraggreexe undLP = ( 1+cos 2 (2θ) )
(sin θ · sin 2θ)
dem Lorentz- undPolarisationsfaktor. Da unser zu erforschender Kristall in Pulverform vorliegt, ist das
reziprokeGitter orientierungsgemittelt undsomitsind nur noch die
G ~ zugänglich.Wir erhalten also anstatt eines Gitterpunktes eine Linie, während das Hauptmaximum für
alle Kristalle gleich bleibt.
1.4 Debye-Waller-Faktor
DerDebye-Waller-Faktor gibtdieTemperaturabhängigkeit derIntensität derBraggRe-
exean.DasichdieAtome,welcheanden Gitterpunktensitzennicht inRuhebenden,
sonderntemperaturabhängigoszillieren,nimmtdieIntensitätab,währenddieReexean
sichscharf bleiben.Wir machen dieAnnahme, dasssichjedes Atomumseine Gleichge-
wichtslage
~ r j miteinerAmplitude~ u (t)
bewegenwürde.ÜbereinemittelkurzeRechnung
(s. Vorlesung Festkörperphysik), erhaltenwir:
I = I 0 exp
− 1 3
D u 2 (t) E
t G 2
(4)
mit
E pot = 1 2 C u 2 (t) t = 1 2 M ω 2 u 2 (t) t = 3 2 k B T,
womit wiru 2 (t) t = 3k M ω B T 2
erhal-ten. Wirkönnen mit
I
als gemessenem WertundI 0 als gerechneten Wert eingehen und den Debye-Waller-Faktor als:
ln I
I 0
= − 1
3 u 2 D (∆k) 2 E .
(5)darstellen, wobei
∆~k = G ~ = 4π λ sin θ
.2 Versuchsaufbau und Messprinzip
2.1 Röntgenstrahlungsquelle
Wirnutzen eineKupferanode alsRöntgenstrahlungsquelle, wobei dasRöntgenspektrum
bereits oben als Graph gezeigt ist.Durch Unterdrückung der K
β
-Linie, durch den Pho-toeekt, erhalten wirals charakteristische Strahlung nur noch die K
α
-Linie, die wir fürunsere Streuungbenötigen.
2.2 Detektor
Wir nutzen ein Xenon-Proportionalzählrohr, wobei der Photoeekt zur Detektion aus-
genutzt wird. DasZählrohr ist mit einem Gas gefüllt, wobei in der Achse ein möglichst
dünner Draht mit einem hohen Widerstand gespannt ist, derzur Erde abgeleitet wird.
Die Rohrwand ist negativ geladen.Tritt ein ionisierendes Strahlteilchen in das Rohrin-
nere,soleitendievonihmerzeugtenIonen einenEntladungsstoÿ ein.Dieser erlischt mit
Hilfe eines Löschgases (z.B. Alkoholmoleküle) innerhalb einer kurzen Zeit, wobei wäh-
renddieser Zeit keine weiteren Detektionenstattnden können. Diese Zeitwird Totzeit
genannt undbeträgt zusammenmit derErholungszeit ca.
10 − 4 s
.2.3 Goniometer
Ein Goniometerdient zurWinkelmessung.FolgenddasGoniometerfür unserenVersuch
(
[3]
),wobeimanhier gut erkennen kann,warum derWinkel2θ
beträgt:DasSchaltbild ndetsichauf derfolgendenDarstellung (
[3]
):2.5 Versuchsaufbau
Die Streuanordnung ist auf folgendemBild(
[3]
)zu sehen:WirmessenmitHilfedesGoniometerundeinemXe-ProportionalzählrohrsdieWinkelab-
hängigkeit der Intensität von der gestreuten Strahlung unserer Pulverprobe (bestehend
ausNaClundZnS),wobeiwirBragg-PeaksfürbestimmteWinkelerwartendieaufGrund
derKristallstrukturdieBragg-BedingungerfüllenunddurchkonstruktiveInterferenzein
Maximumbeidiesen bestimmtenWinkelnerfahren.
3 Quellen