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Franken-Reise der Rebbaukommissäre

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Academic year: 2022

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SCHWEIZ. Z. OBST-WEINBAU Nr. 21/04

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STUDIENREISE

HANSPETERRUFFNER, AGROSCOPEFAW WÄDENSWIL hanspeter.ruffner@faw.admin.ch

D

ieses Jahr führte die Studienreise der Deutsch- schweizer Rebbaukommissäre ins Frankenland (D).

Zu diesen Reisen werde ich als Vertreter der Agroscope FAW Wädenswil und damit eines «zugewandten Orts»

jeweils mit eingeladen. Sulzfeld, in der Nähe von Würz- burg am Main gelegen, war für drei Nächte unser Stütz- punkt. Dort trafen wir auf den einheimischen Führer Wolfgang Patzwahl von der Hochschule Wädenswil (HSW), der im benachbarten Kitzingen wohnt.

Bald einmal machten wir Bekanntschaft mit der fränkischen Küche, die in ihrer Deftigkeit recht nach- haltig ist – insbesondere für die Verdauung. Das Schäufele war zwar ausverkauft, aber auch die Brat- wurst am Meter – die übrigens in Sulzfeld erfunden worden sein soll – der «aagmachte» Käse mit Zwiebel und die Klösse sowie die saisonbedingt fast allgegen- wärtigen Pfifferlinge können auch den knurrendsten Magen zum Schweigen bringen.

Beeindruckend auch das Sortiment an offenen Weinen, das fast überall angeboten wird: Silvaner, Müller-Thurgau, Scheurebe, Bacchus und bei den ro- ten Sorten Spätburgunder, Regent, Dornfelder sowie die lokal häufig vertretene Domina (Portugieser ҂ Blauburgunder) gab es auch in unserem Gasthaus zum Stern. Das alles zu Preisen zwischen zwei und drei Euro das Viertel. Kaum ausländische Weine!

Der erste Eindruck

Der erste Besuchstag war den Weinbau-Organisatio- nen in der Umgebung gewidmet. Zunächst dem Weinbauring Franken und der bayerischen Landesan- stalt für Weinbau in Kitzingen. Wir erfuhren viel Wis- senswertes über den fränkischen Rebbau, der etwa 6300 ha und gegen 7000 Betriebe umfasst. Mit fast so etwas wie Galgenhumor orientierte uns Paul Streng vom Weinbauteam des Landwirtschaftsamts über die weinbaulichen Sorgen und Nöte in der EU. Gegenü- ber der Situation in der Schweiz war wenig Neues auszumachen: Konzentration der Beratungsaufgaben, Fokussierung auf Kernkompetenzen, Stellenabbau, Förderbeiträge für Steillagen, Rodungs- und Um- stockungsbeiträge, Umstellung auf rote Sorten und bei den weissen Bevorzugung der autochthonen Ge- wächse. Man fragt sich, wer bei wem abschreibt?

Unter sorgfältiger Umgehung der riesigen staatli- chen Hofkellerei gelangten wir gerade zur Kaffeezeit in die fürstbischöfliche Residenz in Würzburg, wo wir unter der kundigen Führung von Wolfgang Patzwahl den beeindruckenden Deckengemälden des Giovanni Battista Tiepolo einen Anstandsbesuch abstatteten.

Weinbauliche Ausbildung:

Aufbruchstimmung!

Am Nachmittag stand der Besuch der Bayerischen Landesanstalt für Wein- und Gartenbau in Veitshöch- heim auf dem Programm. Ein moderner Gebäude- komplex hoch über dem Main mit beeindruckender Infrastruktur, der auch die staatlichen Fach- und Tech- nikerschulen beherbergt. Getreu dem Motto «Vom Dunkel ins Licht» sind die Korridore als tunnelartige Strukturen mit Öffnung gegen das (bei unserem Be- such lichtdurchflutete) Flusstal gerichtet. Die Lehr- kräfte stammen durchwegs aus dem Forschungsbe- reich. Es werden 150 bis 200 Studenten und Studen- tinnen pro Jahr betreut. Neben dem Rebbau gibt es eine Abteilung Önologie und Analytik. Kelterei und Keller überzeugen durch Raumangebot und Geräte, die zur Versuchstätigkeit animieren. Nicht vergessen werden wir auch den abschliessenden Besuch im dunklen Keller der Anstalt, in dem der leitende Land-

Franken-Reise der Rebbaukommissäre

Sechs Deutschschweizer Rebbaukommissäre oder Fachstellenleiter der Kantone ZH, GR, SG, BL, SZ und BE reisten vom 1. bis 4. September zu Studienzwecken ins Weinbaugebiet Frankens (D). Neben dem genossenschaftlich organisierten Rebbauberatungsring und dem staatlichen Beratungsteam in Kitzingen hatten sie Gelegenheit, auch die Bayerische Landesanstalt für Wein- und Gartenbau in Veitshöchheim sowie Praxisbetriebe zu besuchen. Das Spektrum reich- te vom alten, jedoch modern ausgestatteten Familienbesitz über kleine Selbstkelterer bis zur grossen Winzergenossenschaft und zum florierenden Ökobetrieb.

Abb. 1: Die Rebbau- kommissäre Markus Hardegger (SG), Konrad Gmünder (SZ), Andreas Buser (BL), Andreas Wirth (ZH), Ueli Scherz (BE) und Hans Jüs- trich (GR) lassen sich den Bio-Znüni auf dem Betrieb Krä- mer schmecken.

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wirtschaftsdirektor Klaus Wahl uns seine Lieblings- weine aus Müller-Thurgau, Silvaner, Bacchus und Scheurebe vorstellte.

Lage, Böden und Terroir

Das Weinbaugebiet Franken wird unterteilt in das Maindreieck (Schweinfurt/Ochsenfurt/Karlstadt) und das Mainviereck (Lohr/Homburg/Miltenberg/Aschaf- fenburg). Diese Aufteilung ist anhand einer Landkarte gut nachzuvollziehen. Die Böden basieren auf Muschelkalk im Dreieck, Buntsandstein im Viereck und Keuper am Steigerwald, die das Urmeer zu geolo- gischen Zeiten des Trias hier ablagerte. Auch hier wird viel über den Einfluss des Bodens auf den Weintyp theoretisiert. Bei der Verkostung stellt man aber im- mer wieder fest, dass neben dem Boden auch andere Unterschiede wie Kelterung, Traubenreife, Ausbau etc. vorhanden sind, die den Direktvergleich verun- möglichen.

Wir hatten Gelegenheit, vier recht unterschiedli- che Weinbaubetriebe zu besuchen. Als erstes das Weingut Brennfleck in Sulzfeld, das seit Ende des 16.

Jahrhunderts (!) besteht und in der 13. Generation der Familie Brennfleck gehört. Der heutige Besitzer ist Mitglied einer Gruppe von 16 jungen Winzern, die sich unter der Marke «Frank & Frei» auf die kontrol- lierte Produktion eines einheitlichen, qualitativ hoch stehenden, frischen Weins spezialisiert haben, der vor allem die junge Generation ansprechen soll.

Brennflecks besondere Zuwendung gilt dem alther- gebrachten Silvaner, der 40% der 30 ha ausmacht. In der sorgfältigen Kombination von Tradition und Mo- derne liegt wohl die Stärke des Betriebs. Auch die Ge- bäudefassade, die Ausstattung des Gär- und des La- gerkellers sowie der Besucherraum lassen eine Liebe zum Detail erkennen, die Gewissheit vermittelt, dass auch mit dem Wein sorgfältig umgegangen wird.

Der zweite Besuch des Tages galt dem Selbstkelte- rer-Betrieb Egon Schäffer in Escherndorf. Mit knapp 3,5 ha ein Kleinbetrieb, für den sich von den Struk- turen her in der Deutschschweiz vielfältige Parallelen finden liessen. Allerdings keltert Schäffer keine Rot- weine. Der Sortenspiegel umfasst zirka je ein Drittel Silvaner und Müller-Thurgau. Der Rest Riesling, Bacchus und Weissburgunder in abnehmenden An- teilen. Neben gebrannten Wassern wird auch Wein- essig produziert. Hier hatten wir Gelegenheit zu ei- nem Blick in die Reben, wobei vor allem die in die- sem Teil Frankens durchwegs geringe Laubwand- höhe von vielleicht 1.6 m Höhe und die späte und meist wenig konsequente Entlaubung der Traubenzo- ne zu Fragen Anlass gab.

Nicht ernten, was der Weinberg hergibt, sondern was der Markt verlangt

Ganz andere Dimensionen zeigt die Winzergenossen- schaft Nordheim (WGN): Hier wird die Ernte von 300 ha Rebland und etwa 180 aktiven Genossenschaftern gekeltert: 19 Weissweinsorten, 12 Rotweinsorten;

heute noch 120 bis 130 verschiedene Weine mit ei- nem Lagervolumen von 9 Mio. L. Begrüsst wurden

wir in einer 2002 eröffneten Vinothek, für deren Bau vornehmlich einheimische Materialien wie Muschel- kalk und Apfelholz, aber auch Chromstahl und viel Glas zur Verwendung kamen. Kosten: rund 3 Mio. Eu- ro! Ebenso modern die Vermarktungsstrategie: Unter

«Divino» werden internationale Rebsorten in neu- weltlichem Ausbau angeboten. Die Linie «Juventa»

umfasst spritzige, fruchtige Weine aus dem modera- ten Preissegment für junge Kunden. Schliesslich die Serie «Franconia» mit den klassischen Weissweinen Frankens und roter Spätburgunder sowie «Domina» in der Bocksbeutel-Flasche. Der Preis schwankt zwi- schen gut vier bis zu dreizehn Euro pro Flasche.

Ein ökologischer Macher

Zum Schluss des Tages das Weingut Roth in Wiesen- bronn. Ein gemischter Öko-Betrieb mit extensivem Obstbau und etwas Sonnenblumen. Das Schwerge- wicht aber bildet der Weinbau: 12 ha Eigenbau und 7 ha Zukauf. Die 35 ha Ackerfläche hat der Besitzer 1974 verkauft und aus dem Erlös eine Öko-Kellerei mit So- larheizung, Erdsonde und Regenwassernutzung ge- baut. Der Rotweinanteil übersteigt 50%, was für Fran- ken aussergewöhnlich ist. Gerhard Roth ist ein Ma- cher. Seine Barriques lässt er aus Wiesenbronner (Mond-) Eiche herstellen. Er bietet nicht nur eine gros- se Selektion von Weinen und Schnäpsen aus eigener Produktion an, sondern organisiert zusammen mit sei- ner Tochter Nicole, einer ausgebildeten «Event-Mana- gering», auch Rotweinseminare, weinselige Weinberg- wanderungen, Weinpartys und festliche Weinmenüs.

Auf die Obrigkeit ist er nicht gut zu sprechen. Zu viele Einschränkungen für einen Unternehmer wie ihn. Seine Traubenproduzenten können aber auch mit einem fest zugesagten Traubengeld von 10 000 Euro pro ha rechnen (normal sind 6000 bis 7000 Eu- ro) – sofern sie die ausgemachte Quantität und Qua- lität liefern. Das sind 70 hl/ha beim weissen Saft und 50 hl beim roten. Nach seinem System gibt's Zu- schläge bei geringerer Menge – happige Abzüge bei Übermengen! Man ist geneigt ihm zu glauben. Die Erntearbeiten erledigt er mit einheimischen Kräften - nur die sind ihm fachlich genügend versiert.

Auf Roths Empfehlung suchten wir zum Nachtes- sen das Restaurant Schwanen in Castel auf und lies- sen uns von Küchenchef Lösch ein Menu zusammen stellen. Der Qualitätsanspruch des Biowinzers wurde durch das Resultat aufs eindrücklichste untermauert.

Bio-Paragastronomie

Am Samstag besuchten wir noch den Biobetrieb Krä- mer in Auernhofen. Einige Kilometer ausserhalb des berühmten Rothenturm ob der Tauber gelegen, gehören die gut 1 ha Reben an steilster Lage zum Krä- merschen Naturland-Betrieb, der auf ökologischen Feldgemüse- und Brotgetreideanbau spezialisiert ist.

Den Rebbau bezeichnet der Seniorchef als Spassfak- tor. In Anbetracht, dass die Reblage rund 10 km vom Rest entfernt ist, muss das wohl so sein. Auch dieser Hof bietet einen Gewölbekeller und eine Brunnen- stube zum Feiern in geselliger Runde für 10 bis 40

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STUDIENREISE

Personen an. Der Betrieb ist für die Selbstvermark- tung konzessioniert und die Paragastronomie erhöht die Wertschöpfung nicht nur im Weinbereich, son- dern auch beim Gemüse, in dem die Preisunterschie- de zwischen ökologischem und traditionellen Anbau ja wesentlich markanter sind.

Reiseandenken

Reiseandenken sind Erinnerungen an besondere Orte, Begebenheiten, Bräuche oder Anlässe. Wenn ich mir überlege, was in Franken anders ist als bei uns in der Schweiz, so stelle ich fest, dass der Grundtenor der sel- be ist. Hier wie dort wird versucht, durch Qualität den kaufkräftigen Kunden bei der Stange zu halten. Mit an- sprechenden jungen Weinen eine ebenso junge Käu- ferschaft anzulocken und schliesslich über die «Öko- schiene» einen weiteren Kundenkreis anzusprechen.

Offenbar ist das auch in Franken nicht einfach.

Im Einzugsgebiet der grösseren Agglomerationen versuchen die Winzer, durch Direktvermarktung eine höhere Wertschöpfung auf ihren Produkten zu erzie- len. Kaum ein Gut, das nicht auch noch eine Besen- wirtschaft unterhält oder dann eben wie die Winzerge- nossenschaft Nordheim WGN in grossem Massstab in eine Vinothek investiert und/oder mit Seminarräumen, Kellerbesuchen, Kinderunterhaltung und mehr oder minder ausgefallenen «Events» um den Weinkäufer, die Weinkäuferin wirbt. Hier wie dort wird es den Betrie- ben, die sich etwas Attraktives einfallen lassen, gelin- gen, sich über Wasser zu halten, während nur dem Althergebrachten verhaftete Anbieter in unserer schnelllebigen Zeit vermutlich das Nachsehen haben werden.

Voyage en Franconie des commissaires viticoles

Six commissaires viticoles et responsables des services spécialisés des cantons suisses alémaniques de ZH, GR, SG, BL, SZ et BE ont fait un voyage d'études dans la région viticole de Franconie (D) du 1er au 4 septembre. Au programme figur- aient une visite au Rebbauberatungsring, une organisation consultative opérant sur le mode de la coopérative, au ser- vice de consultation animé par l'Etat à Kitzingen et à la Station de viticulture et d'horticulture du land de Bade à Veitshöchheim près de Würzburg. Mais les participants ont naturellement aussi fait escale dans plusieurs exploitations qui illustraient toutes les facettes de la pratique : de la propriété familiale ancestrale dotée des plus récents acquis de la technologie jusqu'à l'exploitation écologique florissante en passant par les petits propriétaires encaveurs et la grande cave coopérative.

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ÉSUMÉ

Abb. 2: Das prestige- trächtige Verkaufslo- kal der Winzergenos- senschaft Nordheim.

Abb. 3: Gleich zu Beginn des Aufenthalts in Franken wurden die Reiseteilnehmer über die richtige Handhabung des Bocksbeutels instruiert.

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