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Archiv "Abwanderung: Finkenwerder ist (fast) überall" (05.01.2009)

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A30 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 1–2⏐⏐5. Januar 2009

B R I E F E

nicht leben! Wir haben seit eh und je auch keine außerbudgetären Leistun- gen, mit denen dieser zwangsverord- nete Absturz des bisherigen Schein- werts um 30 Prozent zu kompensie- ren wäre . . .

Dr. Thomas Reichenbach,Salihstraße 11, 83022 Rosenheim

Budget mit neuem Namen

. . . Wenn ich meine Regelleistungs- volumen-Mitteilung durchrechne, komme ich zu einem Ergebnis von ca. zehn Prozent weniger als bisher, von Zuwachs ganz zu schweigen.

Die Qualifikationszuschläge für zahlreiche hochwertige Leistungen kann ich allenfalls zu etwa 15 bis 20 Prozent erbringen. Für die volle Summe müsste ich meine Zahlen, die dem Fachgruppenschnitt ent- sprechen, um annähernd das Acht- bis Zehnfache steigern. Das heißt:

Mehrarbeit für weniger Geld. Das Anlegen eines Langzeit-EKG wird mit acht Euro inklusive Qualitätszu- schlag vergütet, die Kosten liegen aber bei mindestens zwölf Euro. Ich müsste die Leistung somit streichen, nicht häufiger erbringen, rationali- sierbar ist das auch nicht. So sieht es bei zahlreichen Leistungen aus, ei- gentlich bei allen technischen Leis- tungen, deren Werte nur noch als lächerlich angesehen werden kön- nen. Auch der Hausbesuch mit 13 Euro wird wohl langsam aussterben müssen . . . „Das Budget ist gefal- len“, ja, jetzt heißt es „Mengenbe- grenzung“. Die festen Werte in Euro bedeuten für mich, dass ich jetzt in Euro erkenne, dass ich eigentlich alle Geräte abschaffen und meine Helfe- rinnen entlassen müsste, nicht mehr in Punkten. Erforderliche, morbi- ditätsbedingte Mehrleistungen kön- nen wir den Kassen auch nicht bele- gen, die Einzelleistungen verschwin- den ja in Pauschalen . . .

Dr. Hans Georg Hoppenrath,Buchenweg 13, 66484 Großsteinhausen

Lieber in Dänemark

Ich bin seit 1996 als Vertragsarzt an der dänischen Grenze niedergelas- sen. Nach wie vor gilt hier das Wort

der dänischen Ärzte, welche sagen:

Arzt lieber in Dänemark – Patient lieber in Deutschland. Bei dem von Herrn Dr. Köhler als historisch be- zeichneten Honorarzuwachs verlie- ren durch handwerkliche Fehler bei der Fallwertberechnung und durch die vorgesehene Abstaffelung laut Aussagen und Berechnung der KV Schleswig-Holstein 50 Prozent aller niedergelassenen Ärzte bis 30 Pro- zent ihres Honorars. 800 bis 1 000 Praxen fallen dann 2009 unter die Härtefallregelung und müssen im Honorar gestützt werden . . . Die Grundlagen der Reform sind sicher richtig – ihre Umsetzung muss zügig überarbeitet werden. Mit Widerstand aus dem hohen Norden muss gerech- net werden.

Dr. med. Carsten Heinemeier,Erlenweg 1, 24980 Schafflund

ABWANDERUNG

In großen Städten ziehen Ärzte weg von ärmeren in rei- chere Bezirke, weil es dort mehr zu ver- dienen gibt (DÄ 45/2008: „Ärzte in ärmeren Stadteilen: Ich bleib’ dann mal hier“ von Sabine Rieser).

Aus der Seele gesprochen

Mit großem Interesse habe ich den oben genannten Artikel gelesen, weil er die erschreckende Situation von niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen, Fachärzt(inn)en und Hausärzt(inn)en absolut realitätsnah wiedergibt. Dieser Beitrag ist hoch- aktuell und spricht uns Niedergelas- senen aus der Seele. Die schlechten Arbeitsbedingungen von Medizinern in Deutschland führen nicht nur zu einer Medizinerflucht ins Ausland, sondern provozieren auch eine inner- deutsche Flucht aus armen Gegenden in reiche und vom Land in die Städte. Ländliche Praxen sowie Praxen in ärmeren Regionen finden keinen Nachfolger mehr, da die dortigen Arbeitsbedingungen un- zumutbar sind . . . Solange Medizi- ner immer mehr arbeiten müssen und

immer weniger dafür bekommen, so- lange ist es dem Einzelnen nicht zu verdenken, wenn er sich in einer Ge- gend in Deutschland niederlässt, in der ein besserer Verdienst zu erwar- ten ist. Dieser Beitrag beschreibt sehr treffend den negativen Wandel unseres Systems, welcher hervorge- rufen wurde durch den Vertrauens- verlust der Mediziner in die Verläss- lichkeit der Politik. Immer und im- mer wieder hat sich in den letzten Jahren die Situation für uns Nieder- gelassene verschlechtert. Schon längst ist ein Teil unseres ärztlichen Könnens, das „Zuhören“ und die

„menschliche Zuwendung“, in die- sem System zur Unwirtschaftlichkeit degradiert worden. Wird das Verant- wortungsbewusstsein eines jeden Mediziners, der sich in einem entle- genen oder ärmeren Teil unseres Landes für seine Patientinnen und Patienten weiter verantwortlich fühlt und von dort nicht flüchtet, in Zu- kunft für unsere Patientinnen und Pa- tienten nun auch zum Luxusgut? Die Antwort mag sich jeder selbst geben.

Monika Buchalik,Bahnhofstraße 152, 63477 Maintal-Hochstadt

Finkenwerder ist (fast) überall

Keinesfalls sind in Hamburg nur ei- nige wenige „ärmere“ Stadtteile wie Wilhelmsburg oder Finkenwerder betroffen. In HH-Eidelstedt – weder armer noch reicher Stadtteil – und der unmittelbaren Umgebung beob- achte ich als niedergelassener Chir- urg seit zwei Jahren Folgendes:

cVon fünf chirurgischen Sitzen sind drei weggebrochen, zwei wur- den an ein MVZ verkauft.

cVon sechs orthopädischen Sit- zen sind drei weggezogen – in besse- re Stadtteile, zwei durch Gründung einer Filiale, einer durch Verkauf.

cVon 21 hausärztlichen Sitzen sind acht weggebrochen, zwei gin- gen an ein MVZ, vier in einen lukra- tiveren Bezirk, zwei Kollegen gaben einfach auf, als kleine Gegentendenz kamen jeweils als Jobsharing-Partner vier Kollegen hinzu, die alleinige Niederlassung hat keiner mehr ge- wagt. In meiner unmittelbaren Um- gebung sind – mit mir – zwei Chirur-

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B R I E F E

gen und ein Orthopäde verblieben.

Sie versorgen in Eidelstedt 32 000 Einwohner, in den angrenzenden Stadtteilen Stellingen, Lurup, Hal- stenbek und Rellingen – alle Stadttei- le sind ohne Chirurgen oder Orthopä- den – noch mal 86 000 Einwohner, in weiteren sieben angrenzenden Stadt- teilen mit 250 000 Einwohnern ist nur der einzige – reichere – Stadtteil Flottbek gut besetzt sowie die Stadt Pinneberg.

Tatsache ist:

cDurch die Verlegung der Praxen in reichere Stadtteile geht ein gewis- ser Anteil des kassenärztlichen Leis- tungsvolumens verloren, die Patien- ten folgen ihren Ärzten nur zu einem verschwindenden Teil, oft weil das Geld für Bus und Bahn fehlt, oder einfach schon, weil sie verstanden haben, dass ihr Arzt sie eigentlich nicht will, weil sie „nur Kasse“ sind.

cDurch die Schaffung der MVZ geht im Fall aller vier oben genann-

ten Praxen de facto ein erhebliches Leistungsvolumen verloren, die ge- kauften Praxen wurden in der Regel von heute auf morgen geschlossen, die Verlegung und Neueröffnung dauerte in zwei Fällen acht Monate.

Neu eröffnet folgen diese Sitze dann keinem Versorgungsauftrag, sondern den Interessen des dahinterstehen- den Klinikkonzerns, der über diese MVZ stationäre Behandlungen kreieren will.

Nicht nur für meine Praxis bedeu- tet dies eine immense Zunahme der Behandlungsfälle und eine immense Erhöhung des Arbeitstakts mit er- heblicher Überlastung des Personals, ständigen, zum Teil lautstarken Aus- einandersetzungen über Termine und Wartezeiten. Durch die von Walter Plassmann beschriebene Erhöhung des Budgets (DÄ, Heft 45/2008) wird das nicht ausgeglichen, wenn der Preis dafür dann regelhaft ein zwölfstündiger Arbeitstag wird. Es

ist davon auszugehen, dass nicht nur mein Stadtteil von einer solchen Entwicklung betroffen ist, die Finkenwerderisierung der kassenärzt- lichen Versorgung hat längst flächen- deckend gegriffen und beschränkt sich keineswegs auf die wohnortnahe fachärztliche Versorgung . . . Die KVen besitzen genug Instrumente, die Leistungsverschiebungen zu analysieren und den Verbleib oder die Neuaufnahme der Tätigkeit in unter- versorgten Stadtteilen zu planen und zu begleiten. Geht man von einer ge- wissen Konstanz der Volumina aus, lassen sich diese neuen Sitze ohne weitere Kosten aus dem Verzicht der neu geschaffenen Praxen in reicheren Stadtteilen und durch den Verzicht der MVZ auf einen Großteil der Grundversorgung querfinanzieren, man muss das nicht mal als „Sonder- zulassungsbedarf“ bezeichnen.

Dr. med. Michael Kerneck,Eidelstedter Platz 21, 22523 Hamburg

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