ls „Weihnachtsgeschenk“ be- zeichnet Dipl.-Psych. Georg Faulhaber, Vorsitzender des Verbandes Psychologischer Psycho- therapeutinnen und Psychotherapeu- ten (VPP) Niedersachsen, die Verab- schiedung des Gesetzes zur Grün- dung einer Psychotherapeutenkam- mer in Hannover. Die verschiedenen Psychotherapeutenverbände hätten seit Mai 1998 auf eine Änderung des Kammergesetzes für die Heilberufe (HKG) hingearbeitet. Die SPD-Frak- tion brachte schließlich einen Ent- wurf zur Änderung des HKG und zur Errichtung einer Psychothera- peutenkammer Niedersachsen (PKN) in den Landtag ein. Damit ist Nieder- sachsen das dritte Bundesland, in dem Psychotherapeuten, ebenso wie Ärzte, Apotheker, Zahnärzte und Tierärzte, eine eigene Kammer er- halten. In Berlin und Bremen traten im Oktober und November vergange- nen Jahres entsprechende Gesetze in Kraft. In Nordrhein-Westfalen läuft gegenwärtig noch das Gesetzge- bungsverfahren.
Mitgliedschaft unabhängig von Kassenzulassung
Mitglieder der PKN sind künftig alle nach dem am 1. Januar 1999 in Kraft gesetzten Psychotherapeuten- gesetz approbierten Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, die in Niedersachsen tätig sind. Geschätzt werden circa 2 500 Mitglieder, wovon etwa die Hälfte eine Zulassung zur Kassenärztlichen Versorgung haben werde, erklärt Dr. iur. Thomas Horn, zuständiger Referatsleiter im Nieder-
sächsischen Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales. Die andere Hälf- te bilden angestellte und beamtete Psychotherapeuten und Freiberufli- che ohne Kassenzulassung. Mit der Einrichtung eigener Kammern habe der Gesetzgeber nun auch die Über- wachung der psychotherapeutischen Berufspflichten in die Selbstverwal- tung gegeben, erklärt Dr. Horn.
Eine Mitgliedschaft von ärztli- chen Psychotherapeuten in dieser Körperschaft des öffentlichen Rechts ist nicht vorgesehen. Daher wäre es nach Ansicht der Ärztekammer Niedersachsen (ÄKN) besser gewe- sen, die Bezeichnung „Psychologische Psychotherapeutenkammer“ zu wäh- len, um eine Abgrenzung zu den Ärz- ten deutlich zu machen. „Es sollte schon in der Namensgebung erkenn- bar sein, welche der beiden Kör- perschaften die richtige Anlaufstelle beispielsweise in der Streitschlich- tung zwischen Heilberufler und Pa- tient ist“, erklärt ÄKN-Sprecher Rolf Heyde.
Ein weiteres Problem könnten auch die unterschiedlichen Ansätze im Bereich Weiterbildung bei den Fachrichtungen Psychologische Psy- chotherapie und Psychotherapeuti- sche Medizin darstellen, betont Hey- de. Die ÄKN begrüße daher aus- drücklich die Bildung eines gemeinsa- men Beirats, der besonders Fra- gen der Weiterbildung klären solle.
Grundsätzlich werde eine enge Ko- operation zwischen Psychotherapeu- ten- und Ärztekammer angestrebt.
Die Zusammensetzung und Anzahl der Mitglieder des Beirats sollen ein- vernehmlich festgelegt werden. Dazu heißt es im Kammergesetz (§ 9 Abs. 4):
Die von der Ärztekammer entsandten
Mitglieder müssen Psychotherapeutin- nen oder Psychotherapeuten im Sinne des § 1 Abs. 1 Psych ThG sein.
Die ÄKN und einige Berufsver- bände mit gemischter Mitgliedschaft aus approbierten Psychotherapeuten und psychotherapeutisch tätigen Ärz- ten favorisierten urprünglich eine In- tegration der Psychologischen Psy- chotherapeuten in die Ärztekammer.
Auch von den zukünftigen Mitglie- dern wurden anfänglich Bedenken geäußert, berichtet Georg Faulhaber:
„Wegen der bedrückenden Honorar- misere 1999 hielten einige Kollegen eine Kammer für zu kostspielig und bevorzugten die Integrationslösung.“
Der Nutzen einer eigenständigen, gleichgestellten Kammer habe den Kritikern jedoch eingeleuchtet. Nach Modellrechnungen werde sich der monatliche Kammerbeitrag zwischen 30 und 60 DM pro Mitglied bewegen.
Idee der Integration verworfen
Ein Minderheitenschutz wurde für die Kinder- und Jugendlichen- psychotherapeuten im Kammergesetz festgelegt: Von den maximal 40 Mitgliedern der Kammerversamm- lung müssen sie entsprechend dem Anteil der Wahlberechtigten vertre- ten sein. Erwachsenen- und Kinder- psychotherapeuten wählen in ge- trennten Wahlgängen. Dem Kammer- vorstand muss mindestens ein Kin- der- und Jugendlichenpsychothera- peut angehören, ebenso dem Vor- stand des Errichtungsausschusses.
Die Aufgabe des Errichtungs- ausschusses ist die Vorbereitung der Wahl der ersten Kammerversamm- lung, damit die Kammer ihre Tätig- keit aufnehmen kann. Zehn bis 20 Mitglieder werden innerhalb der nächsten sechs Monate vom Nieder- sächsischen Sozialministerium be- nannt, davon drei Kinder- und Ju- gendlichenpsychotherapeuten.
Nach und nach werden wahr- scheinlich alle Bundesländer ei- genständige Psychotherapeutenkam- mern gründen. Faulhaber vermutet, dass sich diese langfristig zu einer Emp- fehlungen gebenden Bundes-Psycho- therapeutenkammer zusammenschlie- ßen werden. Petra Bühring A-144 Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 4, 28. Januar 2000
P O L I T I K AKTUELL