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Archiv "Psychosomatische Grundkompetenz: Gute Weiterbildung, zufriedene Ärzte" (05.04.2002)

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W

ir wissen, dass die kombinierte Kompetenz in der Betreuung körperlich und seelisch Er- krankter unser großer Vorteil ist. Des- halb müssen wir das breite Feld des be- ratenden Arztes – also der ,sprechen- den Medizin‘ – beackern und bestel- len.“ Diese Sätze stammen vom Präsi- denten der Bundesärztekammer, Prof.

Dr. med. Jörg-Dietrich Hoppe (DÄ, Heft 30/2000). Um dieses Ziel zu errei- chen, beschloss der Deutsche Ärztetag 1995, die psychosomatische Grundver- sorgung in die ärztliche Weiterbildung zu integrieren und die Weiterbildungs- ordnung entsprechend zu ändern.

Die psychosomatische Grundversor- gung ist bereits heute ein – auch im in- ternationalen Vergleich –

herausragender Bestandteil der Medizin. Solide Grund- kenntnisse und eine gute ärzt- liche Gesprächsführung ver- bessern die Behandlungsqua- lität und die Zufriedenheit mit dem Arztberuf in jedem klinischen Fachgebiet. Die Vermittlung der Inhalte lässt allerdings noch immer zu wünschen übrig. Obwohl man inzwischen davon ab- gerückt ist, dass Weiterbil- dungsbefugte ohne entspre- chende Qualifikation Kennt- nisse der psychosomatischen Grundversorgung bescheini-

gen dürfen, hat sich die strukturierte Kursweiterbildung noch nicht etabliert.

Ein Beispiel für den Erfolg eines solchen Systems liefert Südbaden.

1998 hatte der Vorstand der Landes- ärztekammer Baden-Württemberg be- schlossen, dass die psychosomatischen

Grundkenntnisse im Rahmen einer 40-stündigen Weiterbildung erworben werden sollen. Inhaltliche Vorgaben sind: acht Stunden Theorie, 12 Stunden Vermittlung und Einübung der ärzt- lichen Gesprächsführung, Dokumenta- tion von je nach Fachgebiet fünf bis zehn Behandlungsfällen und zehn Dop- pelstunden Balint-Gruppe.

An der Praxis orientiert

Seit 1999 veranstaltet der Arbeitskreis Psychosomatische Grundversorgung Südbaden zusammen mit der Abteilung für Psychosomatik und Psychothera- peutische Medizin am Universitätskli-

nikum Freiburg Kurse in psychosomati- scher Grundversorgung. Seit dem Jahr 2000 werden darüber hinaus einwöchi- ge Blockkurse (40 Stunden) für Ärzte in der Weiterbildung und ein Kurs für Angehörige des Universitätsklinikums Freiburg angeboten.

Übersichtsvorträge vermitteln die Theorie. Zu den Themen zählen die Grundlagen psychosomatischen Den- kens und Handelns (biopsychosoziales Modell), die häufigsten Krankheitsbil- der wie Angst, Depression und somato- forme Störungen sowie die Psycho- somatik lebensbedrohlicher Erkran- kungen wie Krebs und Herzinfarkt.

Jeden Vormittag findet ein Gespräch mit einem Patienten statt, um ärztliche Gesprächsführung zu demonstrieren und Entstehung, Verlauf sowie Be- handlung psychosomatischer Krank- heitsbilder zu diskutieren. Die Techni- ken zur Verbesserung des ärztlichen Gesprächsverhaltens werden der Grup- pe zunächst anhand von Rollenspielen oder Videoaufzeichnungen demonstriert. Anschließend üben die Teilnehmer unter Anleitung von Tutoren das Gesehene in kleinen Grup- pen ein. Wahlweise kann man das eigene Verhalten in einer Videofeedback-Grup- pe überprüfen.

Für die Übungen werden jeweils Situationen ausge- wählt, die häufig im Kran- kenhausalltag vorkommen:

das Aufklärungsgespräch vor diagnostischen oder chir- urgischen Eingriffen, der aggressive Patient, die Dia- gnosemitteilung bei Tumor- patienten, die Einbeziehung von Part- nern und Familienangehörigen.

Themen- und fallbezogene Grup- penarbeit prägen die zwanzigstündige Balint-Gruppe. Je nach Interesse der Teilnehmer können dort auch persönli- che Fragen besprochen werden. Einige P O L I T I K

Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 99½½Heft 14½½5. April 2002 AA907

Psychosomatische Grundkompetenz

Gute Weiterbildung, zufriedene Ärzte

Die psychosomatische Grundversorgung ist Bestandteil der Weiterbildung. In Südbaden läuft ein Kurssystem zur Vermittlung der Inhalte erfolgreich.

Eine gute ärztliche Gesprächsführung verbessert neben der Behandlungs- qualität auch die Zufriedenheit mit dem Beruf. Foto: Peter Wirtz

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Beispiele: Warum habe ich mich für den Arztberuf entschieden? Was gefällt mir an meiner Tätigkeit? Was will ich ver- ändern? Wie schütze ich mich gegen Burn-out?

Austausch mit Kollegen

Bislang haben mehr als 100 Teilnehmer die Kurse des Arbeitskreises absol- viert. Viele Teilnehmer standen diesem Pflichtkurs vor allem zu Beginn skep- tisch bis ablehnend gegenüber. Gegen Ende des Kurses beurteilten sie die neu- en Erfahrungen fast übereinstimmend als positiv. In einer anonymen, schriftli- chen Befragung bewerteten sie den Ge- samteindruck des Kurses mit der Note 2,3 (Grundlage waren die Schulnoten von eins bis sechs). Die besten Bewer- tungen erzielten das Gespräch mit den Patienten (1,5), die Diskussionsmög- lichkeiten (1,8) und die Atmosphäre in der Gruppe (2,0). Deutlich schlechter schnitt zunächst mit einer Gesamtnote von 3,1 die Balint-Gruppe ab. Die Ori- entierung an der klassischen Balint-Ar- beit hatte die Gruppe gespalten: Enga- gierten Teilnehmern standen die ge- genüber, die sich langweilten. Durch ei- ne bessere Abstimmung auf die Interes- sen der Teilnehmer erzielte aber auch dieser Programmteil eine gute Bewer- tung (1,5).

Vor allem die neu erlernten Fertig- keiten in der ärztlichen Gesprächs- führung haben die Teilnehmer begei- stert: „Wir haben erfahren, wie man mit kleinen Mitteln große Effekte erzielen kann.“ Auch das Gespräch mit den Pa- tienten erhielt für viele Teilnehmer ei- nen neuen Stellenwert: „Ich habe bis- her die Lebensgeschichte meiner Pati- enten immer ausgeblendet. Ich dachte, das spielt für das jetzige Problem keine Rolle. In den Patientenvorstellungen und den Übungen sind mir die Bedeu- tung der Biografie und besonders die der Beziehungserfahrungen in Kindheit und Jugend klar geworden.“ Auch kon- krete Hilfen für den ärztlichen Arbeits- alltag wurden dem Kurs bescheinigt:

„Ich habe mehr über mich selbst erfah- ren. Zum Beispiel, warum ich in man- chen Situationen so genervt und unge- duldig reagiere.“ Oder: „Ich habe ge- lernt, wie ich mir bei anstrengenden

und belastenden Patienten mehr Ab- stand verschaffen kann, um mich selbst besser zu schützen.“ Die Entdeckung von Teamgeist und Kollegialität hat ebenfalls zur Zufriedenheit der Teil- nehmer beigetragen: „Die große Offen- heit unter den Kollegen hat mir gefallen und gut getan. Einen so intensiven Aus- tausch gerade mit unterschiedlichen Fachgebieten habe ich bisher noch nicht erlebt.“

Die neuen Kenntnisse im Alltag um- zusetzen ist jedoch für viele nicht leicht.

„Mein Arbeitsalltag lässt mir kaum Zeit, das Erlernte anzuwenden“, wird häufig kritisiert. Ebenso stoßen sich ei- nige daran, dass der Kurs im Rahmen der Weiterbildung angesiedelt ist: „Ein solcher Kurs gehört in das Medizinstu- dium. Wenn ich schon seit fünf oder sechs Jahren in meinem Fach arbeite, habe ich meinen Stil im Umgang mit den Patienten gefunden. Dann ist es für ent- scheidende Korrekturen zu spät.“ Und:

„Unsere Chefs und Oberärzte sollten an einem solchen Kurs teilnehmen. Sie wa- ren und sind unsere Lehrer, und von ih- nen haben wir wesentliche Elemente der Gesprächsführung bei Anamnese, Visite und Aufklärungsgespräch über- nommen.“

Bessere Behandlungsresultate

Dennoch dürfte niemand den grund- sätzlichen Wert der psychosomatischen Kompetenz des Arztes bezweifeln.

Jüngst hat auch der „Lancet“ über die Vorteile berichtet (Bd. 357, S. 757, 2001):

Eine Studie belegt, dass Behandlungen immer dann zu einem besseren Resultat führten, wenn der Arzt nicht nur infor- mierte, sondern auch emotional unter- stützte. Besonders wichtig waren dabei Wärme und Freundlichkeit, gepaart mit sicherem Auftreten und möglichst ein- deutigen Aussagen. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass der Arzt durch ein besseres Verständnis des Patienten des- sen Gedanken und Gefühle günstig be- einflussen und damit seine Selbsthei- lungskräfte stärken kann.

Dr. med. Kurt Fritzsche Abteilung für Psychosomatik und Psychotherapeutische Medizin Universitätsklinik Freiburg Hauptstraße 8, 79104 Freiburg

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A908 Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 99½½Heft 14½½5. April 2002

Ethik und Medizin

Aus anderer Perspektive

„Institut Mensch, Ethik und Wissenschaft“ gegründet

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eun Behinderten- und Sozialverbän- de haben am 1. März in Berlin das

„Institut Mensch, Ethik und Wissen- schaft“ gegründet. Ziel ist es, aus der Perspektive von Menschen mit Behin- derungen beziehungsweise von chro- nisch Kranken ethische Konzepte und Positionen zu entwerfen. Aufgabe des Instituts ist die zentrale und aktuelle Sammlung, Dokumentation, Aufberei- tung und Bereitstellung von Informa- tionen, Dokumenten und Literatur zu ethischen, biowissenschaftlichen und medizinischen Fragen. Es soll einen kri- tischen Dialog mit den Naturwissen- schaften und eine Zusammenarbeit mit möglichst vielen Disziplinen gewähr- leisten. „Die Idee zur Gründung des In- stitutes bestand, weil der vorherrschen- den Bioethik etwas entgegengesetzt werden sollte“, sagte Dr. Katrin Grü- ber, Leiterin des Instituts, bei der Eröff- nungsveranstaltung. Die Gründungs- väter und -mütter hätten einen beson- deren Bedarf an „kritischer Ethik“ in Deutschland gesehen, die nicht der Akzeptanzbeschaffung diene.

Das „Institut Mensch, Ethik und Wissenschaft“ wird von einer gemein- nützigen Gesellschaft getragen. Dem Institut gehören an: Arbeitsgemein- schaft Spina bifida und Hydrocephalus e.V., Bundesvereinigung Lebenshilfe e.V., Bundesverband Evangelische Be- hindertenhilfe e.V., Bundesverband für Körper- und Mehrfachbehinderte e.V., Bundesarbeitsgemeinschaft Hilfe für Behinderte e.V., Caritas Behinderten- hilfe und Psychiatrie e.V., Interessen- vertretung „Selbstbestimmt Leben“ in Deutschland e.V., Sozialverband VdK Deutschland e.V. sowie der Verband für anthroposophische Heilpädagogik So- zialtherapie und soziale Arbeit e.V.

Mitglied des Kuratoriums ist unter an- derem Bundestagsabgeordnete Andrea Fischer (Bündnis 90/Die Grünen). ER

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