Gute Ertragschancen mit längerfristigen Rentenwerten
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Leserdienst
Z
u den interessantesten Anlageformen des deutschen Kapital- marktes zählen erfahrungs- gemäß festverzinsliche Wertpapiere. Sie bieten Si- cherheit und Erträge, die sich sehen lassen können.
Dabei gilt die Regel, daß man die höchsten Zinsen nur dann bekommt, wenn man sein Geld möglichst lange festlegt.
Zur Zeit rentieren zehnjäh- rige Pfandbriefe und Korn- munalobligationen mit rund 7 Prozent. Sie brau- chen damit den Vergleich mit anderen Sparformen nicht zu scheuen. Aller- dings werden sich viele Wertpapiersparer noch an die wesentlich höheren Zinsen erinnern, die vor wenigen Jahren üblich wa- ren, und es mag ihnen schwerfallen, sich an die derzeitigen Sätze zu ge- wöhnen. Dazu ist zunächst einmal zu sagen, daß bei der Geldanlage der Blick in die Vergangenheit wenig hilfreich ist. Vielmehr gilt es, unter den verschiede- nen Anlagemöglichkeiten von heute diejenige auszu- wählen, die die höchsten Erträge verspricht. Zudem ist das aktuelle Zinsniveau keineswegs so niedrig, wie es auf den ersten Blick er- scheinen mag. Über den Erfolg einer Kapitalanlage entscheidet nämlich nicht allein der Zinssatz, sondern auch die Inflationsrate. Wer Geld zur Seite legt, muß schließlich dafür sorgen, daß er später genauso viel dafür kaufen kann wie heute.
Was das in der Praxis für den Sparer bedeutet, mag einmal an Hand der Situa- tion des Jahres 1981 ge- zeigt werden. Die Preisstei- gerungsrate betrug damals 6,3 Prozent im Jahres- durchschnitt, ein Wert, bei dem eine D-Mark rein rech- nerisch schon in elf Jahren
die Hälfte ihrer Kaufkraft verliert. Von den gut 10 Prozent Zinsen, die im glei- chen Jahr mit festverzins- lichen Wertpapieren zu er- zielen waren, verblieben dem Sparer real, d. h. nach Abzug des Preisanstiegs, weniger als 4 Prozent.
Inzwischen ist die Inflation zum Stillstand gekommen.
So wurde im Mai dieses Jahres ein Preisrückgang um 0,3 Prozent gegenüber dem gleichen Monat des Vorjahres gemessen. Das aber bedeutet für den Anle- ger, daß er den gesamten Zinsertrag als echten Wert- zuwachs für sich verbu- chen kann. Der Realzins, den längerfristige Pfand- briefe und Kommunalobli- gationen bieten, ist damit attraktiver denn je.
Wer bei dem derzeitigen Zinsniveau am Renten- markt einsteigt, kann auch auf absehbare Zeit mit ei- nem ansehnlichen Vermö- genszuwachs rechnen. Die
Chancen für einen länge- ren Zeitraum relativ stabi- ler Preise sind denkbar günstig. So ist ein größerer Preisschub aus dem Aus- land vorerst nicht zu erwar- ten. Die niedrigen Ölpreise und der ebenfalls gesunke- ne Dollarkurs beruhen auf fundamentalen wirtschaft- lichen Daten, wie den welt- weit überhöhten Förderka- pazitäten für Rohöl und dem Handelsbilanzun- gleichgewicht der Verei- nigten Staaten. Sie dürften unsere Preisentwicklung noch eine geraume Zeit po- sitiv beeinflussen.
Auch die konjunkturelle Lage in der Bundesrepu- blik spricht für anhaltende Preisstabilität. Im Gegen- satz zu früheren Jahren zeigt das wirtschaftliche Wachstum weder Überhit- zungserscheinungen, noch läßt es bei der derzeitigen Arbeitslosigkeit und einer hohen Selbstfinanzie- rungskraft der Unterneh- men eine neue Lohn-Preis-
Spirale befürchten. Das al- les bedeutet natürlich nicht, daß die Zeiten zykli- scher Preis- und Zinsbewe- gungen endgültig vorüber wären. Zu erwarten ist viel- mehr eine eher ruhigere und dauerhaftere Entwick- lung als in der Vergangen- heit. Zweistellige Renditen am Rentenmarkt, wie wir sie 1974 und 1981 hatten, sind in weite Ferne ge-
rückt.
Damit muß auch der Sparer umdenken. Das „Parken"
von Geldbeträgen in Anla- geformen mit kurzen Bin- dungsfristen und entspre- chend niedrigen Renditen wird umso kostspieliger, je länger die nächste Hoch- zinsphase auf sich warten
läßt und je niedriger sie ausfällt. Eine Strategie, die mehr Erfolg verspricht, ist dagegen der regelmäßige Kauf festverzinslicher Wert- papiere. Dabei sollte die Wahl der Laufzeiten vom individuellen Sparziel ab- hängen. Wird zum Beispiel das Kapital in sieben Jah- ren für eine größere An- schaffung benötigt, so sind Wertpapiere mit genau die- ser Bindungsfrist am gün- stigsten. Wer hingegen den Aufbau eines Wertpapier- vermögens anstrebt, auf das erst in ferner Zukunft zurückgegriffen werden soll, fährt mit der konti- nuierlichen Anlage in län- gerfristigen Titeln, die die höchsten Renditen brin- gen, am besten.
Schließlich kann auch eine Staffelung des Portefeuil- les nach Laufzeiten sinn- voll sein, dann nämlich, wenn der Anleger ein Pol- ster für magere Jahre auf- bauen möchte. So kann bei Bedarf auf diejenigen Titel zurückgegriffen werden, die gerade zur Rückzah- lung anstehen.
Dr. Hermann Rischow, Frankfurt
Ausgabe A 83. Jahrgang Heft 28/29 vom 11. Juli 1986 (69) 2039