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mit dem sozialen Existenzminimum leben müssen

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M 098/2001 FIN 12. September 2001 47C

Motion

2845 Kiener Nellen, Bolligen (SP)

Weitere Unterschriften: 29 Eingereicht am: 12.04.2001

Steuerpflichtbefreiung des sozialen Existenzminimums - Aufhebung der Steuerlast für die wirtschaftlich Schwachen

Der Regierungsrat wird beauftragt, dem Grossen Rat in einem Bericht Modelle und Lösungen aufzuzeigen, wie natürliche Personen, die unter bzw. mit dem sozialen Existenzminimum leben müssen, von der Steuerzahlung entlastet werden können.

Begründung:

Gemäss dem Schweizerischen Sozialbericht vom Juni 2000 vergrössert sich die Kluft zwischen arm und reich. Auch im Kanton Bern gibt es eine Zunahme von Personen, die unter bzw. mit dem sozialen Existenzminimum leben müssen. Die im März 2001 vom Bundesamt für Statistik präsentierte Erhebung zur zunehmenden Armut in der Schweiz zeigt ein trauriges Bild und erfordert dringend politische Massnahmen.

In der Schweiz sind AHV- und IV-Renten zu 100 Prozent steuerbar, während Ergänzungsleistungen, Hilflosenentschädigungen sowie Unterstützungen aus öffentlichen oder privaten Mitteln steuerfrei sind.

Auch im Kanton Bern behindert die Besteuerung des sozialen Existenzminimums die soziale Integration und verletzt den verfassungsmässigen Grundsatz, dass "die wirtschaftlich Schwachen geschont werden" (Art. 104 Abs. 2 KV).

Der Einkommenssteuertarif nach dem neuen Steuergesetz 2001 belastet Personen, die unter bzw. mit dem sozialen Existenzminimum leben müssen, je nach der Herkunft ihres Einkommens unterschiedlich stark. Für viele RentnerInnen bringt das Steuergesetz 2001 eine Mehrbelastung infolge Wegfalls des Rentner-, Alters- und Gebrechlichenabzugs.

Neue Härtefälle werden hier entstehen. Für SozialhilfeempfängerInnen bestehen falsche steuerliche Anreize, solange Erwerbseinkommen im Tieflohnbereich besteuert wird, während Sozialhilfe steuerfrei ist. Ein Ersatz von Sozialhilfe durch Arbeitseinkommen wird tendenziell steuerlich bestraft.

Ich bitte den Regierungsrat, die Unterschiede der Steuerbelastung des sozialen Existenzminimums je nach Personengruppe und Einkommensherkunft in der Antwort tabellarisch aufzuzeigen.

Da verschiedene Personengruppen unter oder mit dem sozialen Existenzminimum steuerrechtlich unterschiedlich behandelt werden (RentnerInnen mit oder ohne Ergänzungsleistungen (EL), Unselbständigerwerbende mit Tieflöhnen, Sozialhilfe- empfängerInnen, Personen mit verschiedenen Einkommensbestandteilen) ist anhand von Modellen aufzuzeigen, wie die angestrebte Entlastung erreicht werden kann.

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Die heutige Situation ist materiell ungerecht, weil sie gleich tiefe Nettoeinkommen ungleich hoch besteuert. Zudem verursacht sie hohen administrativen Aufwand.

Die Besteuerung ins Existenzminimum hinein führt dazu, dass die Steuern zwar geschuldet sind, aber bei Nichtbezahlung durch die Steuerpflichtigen vom Staat nicht via Betreibung eingefordert werden können. Werden Personen mit EL- oder Sozialhilfeeinkommensbestandteilen wegen Steuerschulden betrieben, resultiert in den meisten Fällen ein Verlustschein, da EL und Sozialhilfe nicht pfändbar sind. Während verschiedene Steuerpflichtige aus Angst vor Mahnungen und Betreibungen die Steuern bezahlen, lassen sich andere Steuerpflichtige in derselben wirtschaftlichen Situation betreiben. Im Ergebnis sind diejenigen, die zwecks Vermeidung einer Betreibung bezahlen, die Geprellten.

Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass durch die Steuerbefreiung des sozialen Existenzminimums mehrere Verwaltungs- und Verwaltungsjustizstellen entlastet werden könnten. Dabei denken wir insbesondere an die Steuerveranlagungs- und -erlassbehörden sowie die Betreibungsämter. Aber auch die Sozialdienste der Gemeinden sowie die Beratungsstellen der privaten, sozialen Organisationen würden entlastet. Die Steuerausfälle, die durch die Steuerbefreiung des sozialen Existenzminimums entstehen, würden durch Minderaufwände bei den vorgenannten öffentlichen Stellen mindestens teilweise kompensiert. Die Steuerbehörden könnten ihre Ressourcen vermehrt den Personen mit wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit widmen.

Das neue Sozialhilfegesetz will den wirtschaftlich Schwachen ermöglichen, wenigstens mit dem sozialen Existenzminimum (definiert nach den SKOS-Richtlinien, mit Grundbedarf II, vgl. dazu Vortrag des Regierungsrates zum Sozialhilfegesetz, S. 20, zu Art. 31) leben zu können. Der Steuerkanton nimmt diesen Menschen das nötige Geld für die Integration in die Gesellschaft gleich wieder weg. Dieser Zustand ist zu beheben.

Es wird Dringlichkeit verlangt. Abgelehnt: 07.06.2001

Antwort des Regierungsrates

1. Die Forderung nach einer Steuerbefreiung des sozialen Existenzminimums war im Grossen Rat bereits im Rahmen der letzten Steuergesetzrevision, insbesondere anlässlich der 1. Lesung im Mai 1999, Gegenstand ausführlicher Diskussionen, auf welche an dieser Stelle verwiesen werden kann.

Im Gegensatz zur direkten Bundessteuer, wo die Steuerpflicht erst beim Erreichen eines bestimmten steuerbaren Einkommens beginnt, kennt das bernische Steuergesetz keinen Mindesteinkommensbetrag, welchen der Tarif von der Besteuerung ausnimmt. Somit ist es grundsätzlich möglich, dass zwei betragsmässige gleiche Einkommen eine unterschiedliche Belastung erfahren, weil es sich im einen Fall um Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (EL zur AHV/IV) handelt, welche von der direkten Bundessteuer und auch von den Kantons- und Gemeindesteuern befreit sind, während im anderen Fall das Einkommen aus einer Quelle stammt, die von der Besteuerung nicht ausgenommen ist.

Zu beachten ist allerdings, dass die tiefen Einkommen im Rahmen der letzten Steuergesetzrevision durch verschiedene Massnahmen erheblich entlastet wurden:

Der Tarif wurde entsprechend verändert, an Stelle des früheren Rentner– und Gebrechlichenabzugs neu ein genereller Abzug für tiefe Einkommen eingeführt und Steuerpflichtigen mit bescheidenen Einkommen ein zusätzlicher Kinderabzug gewährt (Art. 40 Abs. 6 und 7 des Steuergesetzes vom 21. Mai 2000; StG). Dadurch reduzierte sich die Steuerbelastung eines Ehepaars mit zwei Kindern und einem jährlichen Bruttoerwerbseinkommen von Fr. 40'000.— von bisher Fr. 1'069.— auf Fr. 114.—, was einer Entlastung um fast 90 Prozent entspricht. Auch eine alleinstehende Person ohne

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Kinder und einem gleichen Bruttolohn wurde entlastet, indem ihre Steuerbelastung von bisher Fr. 3'618.— auf neu Fr. 3'104.—, d. h. um rund 14 Prozent, sank.

Der Regierungsrat ist der Auffassung, dass dem Anliegen der Motionärin mit diesen Massnahmen im Rahmen des finanzpolitisch vertretbaren Masses seinerzeit Rechnung getragen wurde und auch das Postulat, Einkommen ungeachtet ihrer Quelle und ihres Entstehungsgrundes steuerlich gleich zu behandeln, nicht unbeachtet blieb.

2. Bei der Diskussion des Anliegens der Motionärin ist ferner die Schwierigkeit zu bedenken, dass eine allgemein gültige Definition des Begriffs Existenzminimum fehlt;

dies gilt insbesondere auch für den Steuerbereich.

Das Existenzminimum ist im Schuldbetreibungs- und Konkursrecht zwar insofern umschrieben, als nur derjenige Einkommensteil gepfändet werden darf, der für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig ist (Art. 93 SchKG). Für die Bemessung dieses Notbedarfs bestehen Richtlinien der Konferenz der Betreibungs- und Konkursbeamten der Schweiz, welche allerdings nicht abschliessende Gültigkeit haben, weil der tatsächliche, objektive Notbedarf jedes Schuldners massgebend und dieser im konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung der stark von individuellen Gegebenheiten geprägten Situation festzulegen ist.

Das „soziale Existenzminimum“ seinerseits „umfasst nicht nur die Existenz und das Überleben der Bedürftigen, sondern auch ihre Teilhabe am Sozial- und Arbeitsleben.

Es fördert die Eigenverantwortung und die Hilfe zur Selbsthilfe“ (Richtlinien für die Ausgestaltung und Bemessung der Sozialhilfe der Schweiz. Konferenz für Sozialhilfe [„SKOS-Richtlinien“], A.1-1). Wie bei den erwähnten Berechnungen gemäss SchKG wird auch hier die individuelle Situation des Einzelnen das Berechnungsergebnis massgebend beeinflussen, weil nebst pauschalierten Ansätzen für den Grundbedarf einzelfallweise die konkreten Kosten für Wohnung, Gesundheitsversorgung, situationsbedingte Leistungen, Massnahmen zur beruflichen und sozialen Integration etc. berücksichtigt werden. Das soziale Existenzminimum liegt demnach regelmässig über dem nach den SchKG-Richtlinien errechneten Notbedarf.

Als Anhaltspunkt für die Umschreibung des Existenzminimums werden bisweilen auch die EL zur AHV/IV herangezogen (so z. B. in der bundesrätlichen Stellungnahme zur Motion 97.3288 von Nationalrat Paul Rechsteiner vom 11. Juni 1997, welche der Nationalrat am 10. Oktober 1997 als Postulat überwiesen hat). Hier werden bei der für jeden Einzelfall konkret und unter Berücksichtigung der individuellen Situation vorzunehmenden Berechnung zur Zeit als allgemeiner jährlicher Lebensbedarf bei Alleinstehenden 15'280 Franken und bei Ehepaaren 22'920 Franken als anrechenbare Ausgaben anerkannt.

3. Mit dem Fragenkreis Existenzminimum/Sozialhilfe/Steuern haben sich an einer gemeinsamen Sitzung im März 2001 in Bern auch Vertretungen der Finanzdirektorenkonferenz (FDK) und der Konferenz der kantonalen Sozialdirektoren (SODK) befasst. Dabei wurde insbesondere festgestellt, dass eine Entlastung von Personen mit geringen Einkommen durch steuerliche Massnahmen deshalb mit grossen Schwierigkeiten zu bewerkstelligen wäre, weil dies Aenderungen in 26 unterschiedlichen kantonalen Steuersystemen bedingen würde und weil Einkommen steuerlich, in Abhängigkeit von ihrer Herkunft, differenziert behandelt werden. Diese Umstände haben zur Erkenntnis geführt, dass allfällige Massnahmen zu Gunsten von Personen mit bescheidenen Einkommen vorrangig im Rahmen des Sozialhilfeinstrumentariums zu prüfen sind. Die FDK und die SODK haben vereinbart, zur weiteren Bearbeitung dieser Fragestellungen eine gemeinsame Arbeitsgruppe einzusetzen. Nachdem entsprechende Vorabklärungen inzwischen erfolgt sind, wird sich diese Arbeitsgruppe voraussichtlich in den nächsten Wochen konstituieren und ihre Arbeit aufnehmen.

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4. Die Frage der steuerlichen Behandlung des Existenzminimums steht zur Zeit im Rahmen des Steuerpakets 2001 auch auf Bundesebene zur Diskussion. In der entsprechenden Botschaft des Bundesrates vom 28. Februar 2001 hinsichtlich der Revision der Ehepaar- und Familienbesteuerung finden sich dazu insbesondere folgende Aussagen (BBl 2001 S. 3016):

Bei der direkten Bundessteuer verzichtet der Bundesrat auf eine ausdrückliche Freistellung des Existenzminimus, weil

§ dieses bereits faktisch nicht besteuert werde, sei doch bei bei Alleinstehenden ein Bruttoerwerbseinkommen von rund 39'000.— Franken und bei Ehepaaren ein solches von rund 50'000.— steuerfrei,

§ zudem das Bundesgericht 1996 einen Entscheid gefällt habe (BGE 122 I 101), wonach ein grundrechtlicher Anspruch auf Steuerbefreiung im Rahmen des Existenzminimums nicht anerkannt werden könne,

§ eine allgemein gültige Definition des Begriffs Existenzminimum fehle und die anhand des SchKG und der entsprechenden Richtlinien im Einzelfall errechneten Beträge zu stark von den individuellen Lebensumständen und Familienlasten abhängen würden, als dass sie eine allgemein gültige Grundlage für die Einkommensbesteuerung bilden könnten.

Auf Grund dieser Ueberlegungen und angesichts des Widerstands aller Kantone hat der Bundesrat sodann auch davon abgesehen, im Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG) eine einheitliche und für die Kantone zwingende Vorschrift über eine Freistellung des Existenzminimums zu erlassen (vgl. BBl 2001 S. 3020).

Anhand der vom Bundesrat präsentierten Steuerbelastungsvergleiche (vgl. BBl 2001 S. 3023-26) ist nach heutigem Kenntnisstand davon auszugehen, dass die Revision der Ehepaar- und Familienbesteuerung bei der direkten Bundessteuer für alle Steuerpflichtigen (mit Ausnahme des Einverdiener-Konkubinats) bei einem Bruttoeinkommen von bis zu Fr. 50'000.— eine Steuerbefreiung oder jedenfalls eine deutliche Entlastung bewirken wird.

5. Der Regierungsrat ist in diesem Umfeld bereit, das von der Motionärin thematisierte Anliegen näher zu prüfen, wenn die Ergebnisse der Untersuchungen der erwähnten Arbeitsgruppe (vgl. Ziffer 3) vorliegen und wenn die politischen Entscheide über die Neuordnung der Ehepaar- und Familienbesteuerung auf Bundesebene samt ihren Auswirkungen auf die Steuererträge bekannt sind.

Antrag: Überweisung als Postulat An den Grossen Rat

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