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Archiv "Nationalsymbole: „Flagge zeigen?“" (01.05.2009)

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 18⏐⏐1. Mai 2009 A887

K U LT U R

D

iese Ausstellung war überfäl- lig. Spätestens seit der Fuß- ballweltmeisterschaft 2006, die auch eine des Fahnenschwenkens war, geht man davon aus, dass die Deut- schen mit ihren Nationalsymbolen Frieden geschlossen haben. Ob dies auch etwas über das Bewusstsein für die historischen Wurzeln von Flagge, Hymne und Adler aussagt, darf bezweifelt werden.

Mit der Ausstellung „Flagge zei- gen? Die Deutschen und ihre Natio- nalsymbole“ versuchte das Haus der Geschichte in Bonn, Nachhilfearbeit zu leisten. Die Nationalsymbole ha- ben ihre Ursprünge nicht, wie man annehmen könnte, in der Grün- dungsphase der Bundesrepublik und auch nicht in der Zeit der Wiederver- einigung. Flagge, Hymne und Wap- pen sind älter. Einer tatsächlichen Neuschöpfung, wie sie durchaus ei- nige Male diskutiert wurde, stand die Mehrheit der Entscheidungsträ- ger immer ablehnend gegenüber.

Dass das Hauptgewicht der Ausstel- lung auf der Trikolore der Deutschen liegt, erklärt sich vor allem dadurch, dass Schwarz-Rot-Gold nach dem Ende der Nazidiktatur das einzige unbelastete Symbol war. Die Farben fanden sich in den Uniformen des lützowschen Freikorps wieder, das gegen die napoleonischen Invasoren kämpfte, und symbolisierten kurze Zeit später als Fahne der deutschen Burschenschaften Freiheit und Ein- heit, die es in den damaligen deut- schen Ländern nicht gab.

Das Hambacher Fest (1832), die erste Großdemonstration, auf der nationale Einheit, Grundrechte und Pressefreiheit gefordert wurden, die Märzrevolution (1848) und die Paulskirche in Frankfurt am Main, wo das erste frei gewählte Parla- ment 1848 zusammentrat, waren die nächsten erfolgreichen Stationen von Schwarz-Rot-Gold. Das Deut-

sche Reich schmückte sich ab 1871 dagegen lieber mit Schwarz-Weiß- Rot, Farben, die in der Weimarer Republik nur gegen den massiven Widerstand rechter Kreise und der Kommunisten durch Schwarz-Rot- Gold ersetzt werden konnten. Dass die rund 600 Exponate der Ausstel- lung, die zurzeit in Leipzig zu sehen ist, davon wenig erzählen, weil sie erst die Zeitspanne mit Beginn der NS-Gewaltherrschaft thematisieren, muss verwundern. Der Blick für die historischen Entwicklungen wird so

jedenfalls nicht geschärft. Stärker als die Fahne polarisierte das Deutschlandlied die Politiker der jungen Bundesrepublik. In der Be- völkerung aber fand die Hymne, die ab 1922 in der Weimarer Republik und – erweitert um das Horst-Wes- sel-Lied – auch von den Nazis ge- sungen worden war, breite Zustim- mung, sodass der damalige Bundes- präsident Theodor Heuss sein Vor- haben einer neuen Hymne aufgeben musste. 1952 wurde das „Lied der Deutschen“, das Hoffmann von Fal- lersleben 1841 gedichtet hat und in der Mitte des 19. Jahrhunderts in- haltlich einen gänzlich anderen Klang hatte, zur Nationalhymne – mit allen drei Strophen. Bei „staatli- chen Veranstaltungen“ solle aber nur die dritte Strophe des Liedes gesun- gen werden, verfügte das Bundes- präsidialamt.

In der DDR durfte Johannes R.

Bechers „Auferstanden aus Ruinen“

nur bis 1972 angestimmt werden.

Weil es darin auch heißt „Deutsch- land, einig Vaterland“, was in der Honecker-Ära nicht mehr Ziel der SED-Politik war, erklang fortan nur noch Hanns Eislers Musik. Der letz- te DDR-Ministerpräsident, Lothar de Maizière, wagte sich mit dem Vorschlag, „Einigkeit und Recht und Freiheit“ mit dem Becher-Text und Haydns Musik zu kombinieren, an die Öffentlichkeit. Eine Idee, die bei Helmut Kohl auf helle Em- pörung stieß. Auch der Bundesadler sträubte sich erfolgreich gegen Neuinterpretationen. Anknüpfend an demokratische Traditionen wur- de das Wappentier der Weimarer Republik, das auch im weit weniger demokratischen Deutschen Reich seinen Dienst verrichtet hatte, wie- derbelebt und zierte in üppiger Form die Bonner Plenarsäle. Frühe Vorschläge, den Vogel mit den Wap- pen der Bundesländer zu verbinden, wurden ebenso abgelehnt wie das Vorhaben des Architekten des Reichstagsumbaus, Norman Foster.

Der Engländer wollte den Adler schlanker und geschmeidiger dar- stellen – ohne Chance. Immerhin schaut der Raubvogel jetzt ein we- nig freundlicher auf das parlamenta-

rische Treiben. I

Ulrich Traub

NATIONALSYMBOLE

„Flagge zeigen?“

Mit den historischen Wurzeln von Flagge, Hymne und Wappen beschäftigt sich eine Ausstellung in Leipzig.

Die Ausstellung, die zunächst im Haus der Geschichte in Bonn gezeigt wurde, ist vom 26. Mai bis 11. Oktober im Zeitgeschichtlichen Forum Leipzig zu sehen. Informationen im Internet unter: www.hdg.de.

„Macht das Tor auf“:Sammelbüch- se des „Kuratoriums Unteilbares Deutsch- land“, das sich 1954 in der Bundesrepu- blik Deutschland als

„Volksbewegung für die Wiedervereini- gung Deutschlands“

gründet.

Foto:© Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland,Michael Jensch,Axel Thünker

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