A1814 Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 365. September 2008
A K T U E L L
Über die Rechtmäßigkeit der Veröf- fentlichung der Patientenakte von Klaus Kinski aus dem Jahr 1950 ist eine öffentliche Debatte entbrannt.
Mittlerweile hat die Witwe des 1991 verstorbenen Schauspielers Strafan- zeige erstattet. Ausgangspunkt des
Streits ist die Übernahme von Pa- tientenakten der Karl-Bonhoeffer- Nervenklinik des Vivantes-Kon- zerns durch das Berliner Landesar- chiv. Die Präsentation des Archiv- bestands Ende Juli wurde nicht zu- letzt wegen der Krankengeschichte Kinskis zu einem Medienereignis.
Die Ärztekammer Berlin sieht in der Veröffentlichung durch das Lan- desarchiv Berlin einen klaren Rechtsbruch. Sie widerspricht da- mit der Rechtsauffassung des Lan- desarchivs und des Berliner Daten- schutzbeauftragten, wonach auch bei Patientenakten „grundsätzlich jeder das Recht hat, Archivgut nach Ablauf bestimmter Schutzfristen zu nutzen“, und die Veröffentlichung von Patientenakten von „Personen
der Zeitgeschichte“ zehn Jahre nach deren Tod möglich sei.
Der Vizepräsident der Ärztekam- mer, Dr. med. Elmar Wille, verweist dagegen auf die Bestimmung des Landesarchivgesetzes (§ 8 Absatz 9 Nr. 5), wonach die Nutzung zu ver- sagen oder einzuschränken ist, so- weit Berufs- oder besondere Amts- geheimnisse im Sinne des § 203 Strafgesetzbuch (StGB) verletzt wer- den. In § 203 StGB ist unter ande- rem die ärztliche Schweigepflicht geregelt. „Die Frage nach Schutzfris- ten oder Prominenz des Patienten ist völlig unerheblich“, betonte Wille,
„die Schutzwürdigkeit der ärztli- chen Verschwiegenheitspflicht und der Arzt-Patienten-Beziehung gilt
uneingeschränkt.“ TG
Jedes vierte bis fünfte Mädchen, je- der achte bis neunte Junge – so vie- le Kinder werden nach Schätzun- gen hierzulande Opfer von sexuellen Übergriffen.
Der Verein Power-Child e.V. möchte Kinder- und Frauenärzte in ihrer täg- lichen Arbeit bei der Prävention von sexuellem Missbrauch und bei der Intervention bei Verdachtsfällen un- terstützen. Sie können dazu kosten- frei eine Infobox mit den druckfri- schen Power-Child-Broschüren so- wie ein DIN-A3-Plakat für das War- tezimmer anfordern. Auf diese Weise informiert der Verein Ärzte, ihre Mit- arbeiter sowie Eltern und Jugendli-
che über die diversen Informations- und Beratungsangebote zur Präven- tion des sexuellen Missbrauchs. Um die Box zu bestellen, reicht ein Fax mit Namen und Adresse sowie Tele- fonnummer an Power-Child e.V., Frau Bittner, Fax: 0 89/38 66 68 90.
Für Rückfragen steht eine Mitarbeite- rin – auch für ein professionelles Vor- gehen in Verdachtsfällen – unter der Telefonnummer 0 89/38 66 68 88 oder im Internet unter www.power- child.de zur Verfügung.
Der Verein Power-Child e.V. wur- de im Jahr 2002 zum Schutz von Kin- dern und Jugendlichen vor sexuellem Missbrauch von Martin J. Krug unter der Schirmherrschaft von Veronica Ferres gegründet und hat mit seinen Präventionsprojekten bislang circa 3,5 Millionen Kinder, Jugendliche und Erwachsene erreicht. Ein Team von Psychologinnen und (Sozial-) Pädagoginnen entwickelt die Prä- ventionsprojekte auf der Grundlage wissenschaftlich aktueller Erkennt- nisse. Im Vorstand und Ausschuss des Vereins tragen Professoren der Kin- derheilkunde und ein Arzt für Innere Medizin zur Beratung, Evaluation so- wie zur Vernetzung aktiv bei. TG GENITALVERSTÜMMELUNGEN
Betroffene benötigen ärztliche Hilfe
Die Ärztekammer Berlin begrüßt die Initiative von Regierung und Opposition, die Gesetze gegen Geni- talverstümmelungen zu verschärfen.
Danach gelten Länder, die Genital- verstümmelungen nicht ausdrück- lich verbieten und verfolgen, nicht mehr als sichere Herkunftsländer.
Die Initiative sieht weiter vor, die Verjährungsfrist bei minderjährigen Opfern zu verlängern.
Der Kammer zufolge reichen schärfere Gesetze allein aber nicht aus, um die Frauen zu schützen. So müssten die Ärztekammern im Rah- men ihrer berufsrechtlichen Auf- sicht konsequent gegen Ärzte vor- gehen, die Beschneidungen vorneh- men. Ihnen drohe schon heute der Verlust ihrer Approbation. Von den Ärzten sei eine erhöhte Sensibilität für die Problematik gefordert. Sie sollten Frauen aus dem „Beschnei- dungsgürtel“, der sich von West- nach Ostafrika ziehe, gezielt anspre- chen, dabei aber deren Schamgren- zen wahren. Zum Umgang mit be- troffenen Frauen hat die Bundesärz- tekammer Empfehlungen erarbeitet (www.aerzteblatt.de/plus3608). BG
PATIENTENAKTEN IM ARCHIV
Umstrittene Veröffentlichung
SEXUELLE GEWALT AN KINDERN
Informationsangebot für Ärzte
Kein Anspruch auf ärztliche Schweigepflicht?
Die Krankenakte von Klaus Kinski wird im Berliner Landesarchiv aufbewahrt.
Infomaterial für das Wartezimmer gibt es kostenlos beim Verein Power- Child.
Foto:picture alliance/KPA