Zur Fbrtbildung Aktuelle Medizin
KONGRESS-NACHRICHTEN
Präsuizidale Entwicklung
Selbstmord und Suizidversuche s1nd Ausdruck einer bestimmten psychepathologischen Konstel- lation. des sogenannten präsuizi- dalen Syndroms (Professor Dr. E.
Ringel, Psychosomatische Abtei- lung der psychiatrischen Univer- sitätsklinik Wien). ln ihrem Mittel- punkt stehen:
~ Situative und dynamische Einengung;
~ destru ktive Aggressivität;
~ Todes- und Suizidphantasie.
Einer dieser Faktoren allein führt wohl nur bei starker psychoti- scher oder neurotischer Grundla- ge zum Selbstmord. Alle zusam- men signalisieren jedoch eine äußerst starke Gefährdung. Es ist - so Ringel - eine der Endstrek- ken, die aus der dynamischen Entwicklung jeder psychepatho- logischen Grundstörung resultie- ren kann. Das rechtzeitig erkann- te Syndrom kann durchaus zur Selbstmordverhütung herange- zogen werden.
(Kolloquium anläßlich des zehnjährigen Seslehens des Lehr- und Forschungsinsti- tutes für dynamische Psychiatrie und Gruppendynamik der DAP, Januar 1977, Serlin)
Choleratoxin wird interessant
Durch Aufspaltung dieses En- terotoxins bekommt man zwei Polypeptidkomplexe mit unter- schiedlichen Funktionen: Chole- rageneid ("Fraktion") Bist für die Bindung an Zellmembranen zu- ständig, Fraktion A für die Toxizi- tät, die freilich nur dann zum Zuge kommt, wenn Fraktion B ,den Bindungskontakt geschaffen hat. Erst dann kann Fraktion A ins Zellinnere eindringen (Profes- sor R. A. Finkelstem, University of Texas, Southwestern Medical
School, Dallas, Texas, USA). - Gegenwärtig ist das Interesse auf einen Choleraimpfstoff gerichtet, der die heile Fraktion B, aber nur noch eine atoxische Fraktion A enthält. Mutanten der Choleravi- brionen mit v~ränderten Plasmi- den in ihrem Zytoplasma können so etwas produzieren. Diesem atoxischen Enteretoxin fehlt bloß noch die Fähigkeit zur Selbstre- plikation, die zum Beispiel die Impfung gegen Virusinfektionen so wirksam macht. Plasmide sind eben nur virusähnliche Partikel. aber keine Viren.
(Verleihung des Robert-Koch-Preises
1976, Dezember 1976, Sonn)
Traumatischer Herzinfarkt
Stumpfe Thoraxtraumen können durchaus einen Herzinfarkt aus- lösen, und zwar bei Contusio cor- dis in Gestalt von intramuralen Blutungsherden, die bei größe- rem Ausmaß durchaus mit ln- farktbildern einhergehen (En- zymanstieg). Bei Commotio cor- dis nach stumpfem Brustwand- traumafindet man dagegen eher Rhythmusstörungen ohne En- zymanstiege. Schließlich können auch die Koranarien selbst durch einen Unfall bei stumpfem Tho- raxtrauma verletzt werden (Dr. H.
Voß, Allgemeinkrankenhaus St.
Georg, Hamburg). Das ist trotz aller Seltenheit bei relativ leich- ten Traumen unter Umständen eher möglich als bei schweren Thoraxverletzungen. Ein Zusam- menhang zwischen klinischem Herzinfarkt und dem Trauma ist dann wahrscheinlich, wenn die Infarktsymptomatik unmittelbar, spätestens innerhalb 24 Stunden nach der Verletzung, auftritt. Bei älteren Leuten muß natürlich auch an vorbestehende Koronar- sklerose gedacht werden. WP
(88. Tagung der Nordwestdeutschen Ge- sellschaft tur mnere Medizin. Januar 1977, Hamburg)
878 Heft
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vom31.
März1977 DEUTSCHES ARZTEBLATT
Pharmakologische Prophylaxe
bei koronarer Herzkrankheit
Patienten, die einen Herzinfarkt durchgemacht haben, sind im Vergleich zur Normalbevölke- rung mit einem erhöhten Herz- todrisiko belastet. Für diese Pa- tientengruppe wurden daher die Möglichkeiten einer langfristigen medikamentösen Prophylaxe un- tersucht.
Schon 1968 wurden erste Unter- suchungsergebnisse vorgelegt, nach denen Patienten mit koro- narer Herzkrankheit unter Pro- pranolol zum Beispiel Dociton®- Behandlung eine verringerte Sterblichkeit aufwiesen. ln einer schwedischen Studie konnte eine signifikante Verminderung der Fälle mit plötzlichem Herztod in einem Zeitraum von zwei Jah- ren bei einer Patientengruppe nachgewiesen werden, die mit Alprenolol (Aptin®) behandelt worden war.
Hinzu kommt noch, daß die Er- gebnisse einer multizentrischen Doppelblindstudie über die Wir- kung von Practolol (Dalcic®) - wegen Nebenwirkungen an Haut, Augen und Peritoneum wurde diese Medikamentengruppe in- zwischen aus dem Handel gezo- gen-1975 in England veröffent- licht wurden. An ihr waren 67 Krankenhäuser mit über 3000 Pa- tienten beteiligt. Auch durch Ver- wendung von Practolol konnte eindeutig eine Verringerung der Fälle mit plötzlichem Herztod er- zielt werden.
Aufgrund der bisher vorlie- genden Untersuchungsergebnis- se kann daher angenommen wer-
den. daß die langfristige Behand-
lung mit ß-Rezeptoren-Biockern eine präventive Wirkung bezüg- lich des plötzlichen Herztodes
ausübt. Mäu
(Arbeitsgemeinschaft "Corony Gare" der WHO, Sektion Europa, Februar 1976, Tor- remolinos)