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Archiv "Berufsmonitoring Medizinstudierende: Jederzeit bereit, aber nicht überall" (01.10.2010)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 107

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Heft 39

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1. Oktober 2010 A 1837 BERUFSMONITORING MEDIZINSTUDIERENDE

Jederzeit bereit, aber nicht überall

Lieber in der Stadt als auf dem Land, lieber Spezialist statt Generalist:

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung analysierte gemeinsam mit dem Medizinischen Fakultätentag und der Universität Trier die Wünsche der künftigen Ärztegeneration.

D

ie Anziehungskraft ist unge- brochen: Vier Abiturienten bewerben sich derzeit auf einen frei- en Medizinstudienplatz in Deutsch- land. Für junge Menschen ist der Arztberuf also immer noch er- stre benswert – allerdings nicht in jeder Region. Dies ist das zentrale Er gebnis des Berufsmonitorings der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), des Medizinischen Fakultä- tentags (MFT) und der Universität Trier. Mehr als 12 000 Medizinstu- dierende (etwa zwei Drittel davon Frauen) fast aller medizinischen Fa- kultäten Deutschlands beteiligten sich im Sommer an der bislang größ- ten Online-Befragung. „Die jungen angehenden Ärztinnen und Ärzte wissen, dass ihre Arbeit gefragt ist.

Sie haben das Privileg, sich später aussuchen zu können, wo sie arbei- ten“, erklärte Dr. med. Carl-Heinz Müller, Vorstand der Kassenärztli- chen Bundesvereinigung.

Sorgenkind: Hausärztliche Versorgung auf dem Land

Eine wesentliche Rolle spielt für die angehenden Ärztinnen und Ärzte der Befragung zufolge der künftige Einsatzort. Dabei zeigen sich viele Nachwuchsmediziner heimatver- bunden: 86 Prozent der durch- schnittlich 24-Jährigen würden gern in ihrem Heimatbundesland ärztlich tätig werden, wobei jedoch 54 Pro- zent eine Arbeit in kleinen Kommu- nen bis 2 000 Einwohner ablehnen.

Am beliebtesten sind dagegen Städ - te mit 100 000 bis 500 000 Ein - wohnern als möglicher Arbeitsort.

77 Prozent der Studierenden kön - nen sich aber auch vorstellen, ihr Heimatbundesland zu verlassen.

Am gefragtesten sind dann Tätigkei- ten in Hamburg und Berlin, Nord- rhein-Westfalen und Süddeutschland (Grafik). Allerdings können sich westdeutsche Studierende meistens

nicht vorstellen, in Ostdeutschland zu arbeiten, während sich ostdeut- sche Studierende wesentlich flexi - bler zeigen.

Sorgenkind der KBV ist die künftige hausärztliche Versorgung in strukturschwachen ländlichen Gebieten. „Immerhin etwa 38 Pro- zent der nächsten Medizinergenera- tion können sich vorstellen, sich als Hausarzt niederzulassen“, berichtet Müller (Tabelle 1). Allerdings sinke diese Bereitschaft im Verlauf des Studiums: Während in der Vorkli- nik dies noch 41 Prozent der Be- fragten angäben, seien es in den kli- nischen Semestern noch 37 und im

praktischen Jahr nur noch 35 Pro- zent (Tabelle 2). Die generelle Be- reitschaft zu einer Niederlassung in eigener Praxis als spezialisierter Facharzt ist dagegen unter den Stu- dierenden hoch. 74 Prozent der Be- fragten gaben unabhängig von Ge- schlecht und Abschnitt des Studi- ums an, sich eine solche Niederlas- sung vorstellen zu können (Tabelle 1 und 2).

Zusammengenommen steht für Müller deshalb fest: „Ohne eine be- sondere Förderung der Niederlas- sung in ländlichen Gebieten wird es uns nicht gelingen, genügend Haus- ärzte für eine flächendeckende Ver- GRAFIK

Schleswig- Holstein

Präferierte Einsatzorte

Hamburg

Bremen

Nordrhein-Westfalen

Rheinland-Pfalz

Saarland

Mecklenburg-Vorpommern

Brandenburg Berlin

Thüringen Niedersachsen

Sachsen Sachsen-Anhalt

Bayern Baden-Württemberg

Hessen

Spitzengruppe Süddeutschland, NRW, Metropolen (57 %) Hamburg

Bayern

Baden-Württemberg Berlin

Nordrhein-Westfalen (NRW)

Mittelfeld Westdeutsche Flächen staaten (45 %) Niedersachsen

Schleswig-Holstein Hessen Rheinland-Pfalz Bremen

Schlussgruppe Neue Länder, Saarland (31 %)

Mecklenburg-Vorpommern Sachsen

Thüringen Brandenburg Saarland Sachsen-Anhalt

Quelle: Universität Trier, Grafik: Michael Peters,

Heiß begehrt:

Studierende aus allen Ländern würden gern in Süddeutschland, Nordrhein-Westfalen oder in den großen Städten ärztlich tätig werden.

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A 1838 Deutsches Ärzteblatt

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1. Oktober 2010 sorgung zu gewinnen.“ Dazu müss-

ten sich die Versorgungsstrukturen verändern. Gemeinschaftspraxen und Medizinische Versorgungszentren (MVZ) stünden dabei weit oben auf der Prioritätenliste. „So lassen sich auch besser eine Teilzeittätigkeit und ein reger fachlicher Austausch mit den Kollegen ermöglichen, den die Studierenden wünschen“, erläu- tert er. Weitere Möglichkeiten wä- ren Filialpraxen, die Verlagerung des Notdienstes an Krankenhäuser und der Einsatz von qualifizierten Praxisangestellten zu Hausbesu- chen.

Ferner möchte die KBV die Me- diziner von morgen bereits sehr frühzeitig an die Allgemeinmedizin heranführen und ihnen die Tätigkeit als Hausarzt nahebringen. „Einige Vorschläge dazu haben wir bereits gemacht. Jetzt gilt es, diese konse- quent umzusetzen“, betonte Müller.

Dazu zählten die generelle Aufwer- tung der Allgemeinmedizin im Stu- dium, die Etablierung eines Lehr- stuhls für Allgemeinmedizin an allen medizinischen Fakultäten, die früh- zeitige Kontaktaufnahme von nieder- gelassenen Hausärzten mit Studie- renden sowie Angebote zu hausärzt- lichen Praktika während des Stu - diums. „Wichtig ist auch, dass die Förderung der Weiterbildung in der Allgemeinmedizin seit diesem Jahr deutlich verbessert worden ist“, hob Müller hervor.

Aber auch Hindernisse bei der Niederlassung insgesamt müssen der KBV zufolge beseitigt werden.

Als solche werden von den Studie- renden das hohe finanzielle Risiko (63 Prozent der Befragten), die hohe Bürokratie (58 Prozent), eine nied - rige Honorierung (53 Prozent) und die drohenden Regressforderungen (50 Prozent) sowie ein geringer fachlicher Austausch (36 Prozent) angegeben. Gegen eine Tätigkeit im Krankenhaus sprechen nach Ansicht der Studierenden hingegen eine ho- he Arbeitsbelastung (63 Prozent), schlechte Vereinbarkeit von Familie und Beruf (61 Prozent) sowie starre Hierarchien (53 Prozent). Damit deckt sich das aktuelle Berufsmonitoring mit vorangegangenen Befragungen des Deutschen Ärzteblattes Studie- ren.de und der Bundesver tretung der Medizinstudierenden Deutsch- lands (bvmd) von 2007 und 2009 (DÄ, Heft 26/2007 und Heft 43/

2009). An den Umfragen des DÄ-Ti- tels für den ärztlichen Nachwuchs nahmen 1 500 beziehungsweise 700 Studierende aller medizinischen Fa- kultäten in Deutschland teil.

Nachwuchsmediziner:

Motiviert und engagiert

Die neue Umfrage bestätigt auch die hohe Motivation der Studierenden:

Ein Großteil (91 Prozent) würde wieder Medizin studieren. Auch vor kassenärztlichen Bereitschaftsdiens- ten scheuen sich die Teilnehmer dieser Studie nicht: Lediglich elf Prozent der Studierenden halten das für ein Niederlassungshindernis. Die meisten Befragten wären bereit, zwischen sechs und 15 Bereit- schaftsdienste am Wochenende pro

Jahr zu leisten. Eine Familie sehen 31 Prozent als Hindernis für eine Niederlassung an. „Mit unseren For- derungen liegen wir also richtig:

Bürokratieabbau, eine angemessene Honorierung und die Beseitigung des Regressrisikos sind unabding- bar, um ärztlichen Nachwuchs in die Praxen zu holen“, resümierte Müller.

Doch welche Honorierung halten die Studierenden für angemessen?

Auch dieser Frage ging die KBV nach: Ein angestellter Arzt mit fünf Jahren Berufserfahrung sollte etwa 4 350 Euro netto bekommen, ein niedergelassener Arzt in der Stadt 5 450 Euro und ein niedergelassener Arzt auf dem Land etwa 5 390 Euro, meinen die Befragten im Durch- schnitt. „Angehende Mediziner ha- ben in der Regel durchaus vernünfti- ge Vorstellungen von ihrem künfti- gen Verdienst“, konstatierte Müller.

Diese würden jedoch mit den heute gezahlten Vergütungen nicht erfüllt.

„Die mit der Honorarreform ein - geleiteten Verbesserungen in der Vergütung müssen konsequent wei- tergeführt werden, wenn genügend ärztlicher Nachwuchs für die Patien- tenversorgung rekrutiert werden soll“, forderte der KBV-Vorstand.

Auch der MFT sieht sich durch die Umfrage bestätigt. „Die Ergeb- nisse zeigen uns, dass der Nach- wuchs hochmotiviert von den Uni- versitäten entlassen wird, aber im niedergelassenen Bereich oftmals die gewünschte Teamarbeit nicht möglich ist“, sagte Dr. Volker Hil- debrandt, Generalsekretär des MFT.

Im Fächervergleich weise das Me- dizinstudium die höchste Erfolgs- quote und die geringsten Studien - abbruchquoten von allen Studien- gängen auf. „Die Probleme des Arbeitsmarkts können daher nicht durch weitere Vorschriften für das Medizinstudium korrigiert wer- den“, meinte Hildebrandt. Jetzt gel- te es vielmehr, den Vorstellungen der Studierenden, insbesondere von Frauen, zu den Arbeitsstrukturen besser zu entsprechen. Wie in vor- hergehenden Umfragen wünschten 96 Prozent der Studierenden eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. 61 Prozent möchten auf Teilzeitbasis arbeiten können. ■

Dr. med. Eva Richter-Kuhlmann TABELLE 1

Präferierte spätere Tätigkeiten nach Geschlecht

Arzt in Krankenhaus Facharzt in eigener Praxis Arzt in MVZ

Arzt in Praxis

Hausarzt in eigener Praxis Arzt in Forschung Arzt im öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) Arzt in Pharmaindustrie Arzt bei Krankenkasse

Frauen

76 % 74 % 62 % 58 % 36 % 20 % 20 %

9 % 5 %

Männer

81 % 74 % 46 % 33 % 39 % 29 % 16 %

19 % 6 %

TABELLE 2

Präferierte spätere Tätigkeiten im Verlauf des Studiums

Arzt in Krankenhaus Facharzt in eigener Praxis Arzt in MVZ

Arzt in Praxis

Hausarzt in eigener Praxis Arzt in Forschung Arzt im ÖGD

Arzt in Pharmaindustrie Arzt bei Krankenkasse

Vorklinik

76 % 75 % 48 % 45 % 41 % 30 % 21 % 15 % 6 %

Klinik

78 % 74 % 59 % 50 % 37 % 20 % 18 % 11 % 5 %

PJ

77 % 73 % 61 % 52 % 35 % 22 % 19 % 13 % 7 %

P O L I T I K

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