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Zeitliche Beschränkung des Widerrufsrechts bei Verbraucherkreditverträgen trotz Unwirksamkeit einer Aufrechnungsklausel

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OLG Bamberg, Urteil v. 17.04.2019 – 8 U 153/18 Titel:

Zeitliche Beschränkung des Widerrufsrechts bei Verbraucherkreditverträgen trotz Unwirksamkeit einer Aufrechnungsklausel

Normenkette:

BGB § 242, § 355, § 485 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Leitsatz:

Aus der Unwirksamkeit einer Aufrechnungsklausel folgt nicht, dass das Widerrufsrecht bei Verbraucherkreditverträgen von jeglichen Beschränkungen - wie z.B. Befristung - befreit ist. Die Aufrechnungsbeschränkung ist nämlich nicht Teil der Widerrufsinformation. Zwar hat der BGH die Unzulässigkeit der fraglichen Klausel u.a. auch damit begründet, dass hierin eine „unzulässige Erschwerung des Widerrufsrechts“ liege (BGH BeckRS 2018, 18174, Rn. 19), allerdings führt eine (vermeintlich) mittelbare Erschwernis nicht zur Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung, die zur Frage der Aufrechnung/Saldierung von gegenseitigen Ansprüchen überhaupt keine Stellung nehmen muss und dem Verbraucher insoweit auch keine falschen oder unklaren Informationen geben kann. Es besteht zudem keine „Fernwirkung“ in dem Sinne, dass aus der unzulässigen Aufrechnungsklausel mittelbar eine Fehlerhaftigkeit der Widerrufsinformation folgen würde.

Kausalitätsbetrachtungen spielen bei der allein formal zu stellenden Frage, ob eine Widerrufsbelehrung fehlerhaft ist, keine Rolle. (Rn. 23 – 24) (redaktioneller Leitsatz) Schlagworte:

Darlehensvertrag, Aufrechnungsklausel, Vorfälligkeitsentschädigung, Widerruf, Widerrufsrecht, Widerrufsbelehrung, Widerrufsfrist

Vorinstanz:

LG Bayreuth vom 15.08.2018 – 41 O 368/17 Rechtsmittelinstanz:

BGH Karlsruhe, Beschluss vom 23.06.2020 – XI ZR 235/19 Fundstelle:

BeckRS 2019, 45313  

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts Bayreuth vom 15.08.2018, Az.: 41 O 368/17, wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das gegenständliche und das in Ziff. I genannte Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Entscheidungsgründe

I.

1

Der Kläger nimmt die Beklagte nach dem Widerruf von drei am 18.03.2013 geschlossenen, grundpfandrechtlich gesicherten Darlehensverträgen auf Rückzahlung von ihm geleisteter Vorfälligkeitsentschädigungen in Anspruch.

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2

Mit den ausgereichten Darlehensvaluten von insgesamt 305.000,00 Euro finanzierte der Kläger den Erwerb eines Einfamilienhauses. Die Darlehen waren als Zwischenfinanzierung bis zur Zuteilungsreife von

Bausparverträgen konzipiert. Zur Absicherung wurde das zu finanzierende Grundstück mit einer

Grundschuld zugunsten der Beklagten belastet. Die Verträge wiesen eine Zinsbindung bis 30.01.2023 auf und ihnen war jeweils eine (gleichlautende) Widerrufsbelehrung beigefügt (Anlagen K 1-1 bis 1-3).

3

Bereits im Jahr 2015 beabsichtigte der Kläger den lastenfreien Verkauf seiner Immobilie. Er wandte sich deshalb an die Beklagte, um eine vorzeitige Vertragsbeendigung zu erreichen. In der Folge schlossen die Parteien am 29.10.2015 drei Verträge zur vorzeitigen Beendigung der Darlehensverträge (Anlagen K 2-1 bis 2-3). Sie vereinbarten hierbei die Zahlung von Vorfälligkeitsentschädigungen in Höhe von jeweils 6.686,26 Euro (für die beiden Darlehensverträge über jeweils 51.000,00 Euro) sowie in Höhe von 27.745,03 Euro (für den Darlehensvertrag über 203.000,00 Euro). Der Kläger zahlte die offenen Darlehensvaluten sowie die vereinbarten Vorfälligkeitsentschädigungen; die Zahlungen gingen bei der Beklagten am 13.11.2015 ein.

4

Mit Schreiben vom 10.11.2015 (Anl. K 3), bei der Beklagten eingegangen am 18.11.2015 (Anlage B 1), widerrief der Kläger seine auf den Abschluss der drei Darlehensverträge vom 18.03.2013 gerichteten Willenserklärungen.

5

Der Kläger hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, die von der Beklagten verwandten

Widerrufsbelehrungen hätten nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprochen, so dass die Widerrufsfrist bei Erklärung des Widerrufs noch nicht abgelaufen gewesen sei. Die Geltendmachung des Widerrufs sei nicht verwirkt oder aus sonstigem Grund treuwidrig.

6

Die Beklagte hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, die Widerrufsbelehrungen hätten den

gesetzlichen Vorschriften entsprochen. Außerdem sei das Widerrufsrecht verwirkt bzw. das Verhalten des Klägers in unzulässiger Weise widersprüchlich und auch deshalb eine Rückforderung der

Vorfälligkeitsentschädigungen ohnehin nicht möglich.

7

Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachvortrages sowie wegen der erstinstanzlichen Anträge wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

8

Das Landgericht hat die Klage mit Endurteil vom 15.08.2018 als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden sei. Im Übrigen stünde dem Widerruf auch § 242 BGB entgegen und die Aufhebungsvereinbarung habe eine eigene, neue Rechtsgrundlage für die Zahlung von Vorfälligkeitsentschädigung geschaffen.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen und der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf das angefochtene Endurteil (Bl. 318 ff. d.A.) Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

9

Der Kläger hat gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 20.08.2018 zugestellte Endurteil des Landgerichts Bayreuth mit einem am 31.08.2018 bei dem Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten Berufung eingelegt und diese innerhalb verlängerter

Berufungsbegründungsfrist mit einem am 19.11.2018 eingegangenen Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten begründet.

10

Der Kläger wendet ein, die ihm erteilten Widerrufsinformationen hätten in mehrfacher Hinsicht nicht den gesetzlichen Vorgaben und nicht dem nach § 14 Abs. 1 BGB-InfoV seinerzeit maßgeblichem Muster entsprochen. Gestatte ein Kreditinstitut, wie vorliegend, einen Widerruf mittels Fax oder E-Mail, so müsse auch die eigene Faxnummer bzw. EMail-Adresse angeben werden und zwar in der schriftlichen

Widerrufsbelehrung. Da die unwirksame Aufrechnungsbeschränkung in Nr. 11 der AGB der Beklagten in einem inneren Zusammenhang mit der in der Widerrufsinformation unter „Widerrufsfolgen“ beschriebenen Rückzahlungsverpflichtung des Verbrauchers nach dem Widerruf stehe, erstrecke sich die Unwirksamkeit

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dieser Klausel auch auf die Angaben zu den Widerrufsfolgen in der Widerrufsinformation. Die Information zum Fristbeginn sei unklar, weil vom Erhalt bestimmter sogenannter „Pflichtangaben“ abhängig, die allerdings nur beispielhaft, mit Hinweis auf § 492 Abs. 2 BGB und damit nicht ordnungsgemäß aufgezählt seien. Die hierzu ergangene Rechtsprechung des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 25.10.2016, Az.: XI ZR 6/16 und Urteil vom 22.11.2016, Az.: XI ZR 434/15) sei als nicht den

unionsrechtlichen Vorgaben entsprechend zu beanstanden, weshalb eine Aussetzung des Verfahrens zur Vorlage an den EuGH zwingend sei. Eine Gesetzlichkeitsfiktion greife ohnehin nicht, weil sich die Beklagte nicht an den Mustertext gehalten habe. In dem Widerruf der Darlehen nach Vereinbarung zur vorzeitigen Auflösung der Darlehen liege auch keine unzulässige Rechtsausübung. Erst am 10.11.2015, also nach Abschluss der Vereinbarungen zur vorzeitigen Auflösung der Darlehen und Anweisung der Zahlungen, habe der Kläger Kenntnis von der noch bestehenden Möglichkeit zum Widerruf erlangt.

11

Der Kläger beantragt im Berufungsverfahren, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Bayreuth vom 15.08.2018, zu entscheiden wie folgt:

„Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 41.117,55 Euro zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 27. November 2015, hilfsweise seit Rechtshängigkeit, zu zahlen.“

12

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers kostenpflichtig zurückzuweisen.

13

Auch die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie führt erneut aus, dass die streitgegenständlichen Widerrufsbelehrungen in keiner Weise zu beanstanden seien. Ebenso wie die (unzulässige) Abbedingung des § 193 BGB in den Kreditbedingungen nicht zur Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung führe (vgl. BGH, Beschluss vom 03.07.2018, Az.: XI ZR 758/17) so auch nicht die ggf.

unwirksame AGBKlausel zur Zulässigkeit von Aufrechnungen.

14

Wegen der Einzelheiten des jeweiligen Parteivorbringens wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze der Parteien sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 27.03.2019 (Bl. 603 ff. d.A.) Bezug genommen.

II.

15

Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg und war deshalb zurückzuweisen.

16

Die angegriffene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) noch rechtfertigen nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO).

17

1. Die Feststellung des Landgerichts, dass der Kläger keine Rechte aus seinem Widerruf vom 18.11.2015 ableiten kann, erweist sich als beanstandungsfrei. Insbesondere ist die erstinstanzliche Bewertung, wonach die hier streitgegenständlichen Widerrufsbelehrungen fehlerfrei sind, zutreffend. Folglich begann der Lauf der Widerrufsfristen gemäß § 355 i.V.m. § 495 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB in der zum Vertragszeitpunkt geltenden Fassung bereits im Jahr 2013 und die im November erfolgten Widerrufserklärungen waren mithin verspätet.

18

Das in § 355 BGB in der zum Vertragszeitpunkt geltenden Fassung (künftig „a.F.“) geregelte Widerrufsrecht bezweckt den Schutz der Verbraucher. Dieser Schutz erfordert eine möglichst umfassende,

unmissverständliche und aus dem Verständnis der Verbraucher eindeutige Belehrung. Dem tragen die bei der Belehrung von Gesetzes wegen zu beachtenden Formvorschriften und inhaltlichen Anforderungen Rechnung. Der Verbraucher soll durch die Belehrung nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben. Um die vom Gesetz bezweckte

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Verdeutlichung des Rechts zum Widerruf nicht zu beeinträchtigen, darf die Widerrufsbelehrung

grundsätzlich keine anderen Erklärungen enthalten. § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. verlangt eine Gestaltung der Belehrung, die dem Verbraucher seine Rechte deutlich macht (BGH Urteil vom 04.07.2002, Az.: I ZR 55/00, Rn. 16, juris). Das Anlaufen der Zweiwochenfrist für den Widerruf setzt also auch vorliegend eine gesetzeskonforme, ordnungsgemäße Unterrichtung des Klägers über sein Widerrufsrecht voraus.

19

Die von der Beklagten erteilten Widerrufsbelehrungen informierten den Kläger zutreffend und für einen Durchschnittsverbraucher auch verständlich. Der Grad der Übereinstimmung mit der im Jahr 2013 gültigen Musterbelehrung aus Anlage 6 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Absatz 1 EGBGB ist vorliegend ohne Bedeutung.

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a) Soweit der Kläger rügt, die Belehrungen seien schon deshalb fehlerhaft, weil die Beklagte ausschließlich ihre postalische Anschrift angegeben habe, nicht jedoch auch ihre Telefaxnummer oder E-Mail-Adresse, so muss er damit erfolglos bleiben. Auch wenn die Beklagte in den Widerrufsbelehrungen über die

Widerrufsmöglichkeit „in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail)“ belehrt hat, so lautet doch der

Eintragungshinweis 3 zu Muster Anlage 6 zu Artikel 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Absatz 1 EGBGB wie folgt:

„Hier sind einsetzen: Namen/Firma und ladungsfähige Anschrift des Widerrufsadressaten. Zusätzlich können angegeben werden: Telefaxnummer, E-Mail-Adresse “ Die Benennung von Telefaxnummer und E- Mail-Adresse sind also lediglich fakultativ, nicht jedoch obligatorisch. Soweit der Kläger die Ansicht vertritt, einem Widerrufsberechtigten müsse auch am letzten Tag der Widerrufsfrist die Ausübung seines Rechtes gewährleistet sein und dies könne er in einem solchen Fall nur auf anderem als auf dem postalischen Wege wahrnehmen, so ist es einem normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen

Verbraucher, erst recht einem über einen Internetanschluss verfügenden Verbraucher, doch jederzeit möglich und zumutbar, z.B. über eine einfache Telefon- oder Internetrecherche die entsprechenden Kontaktdaten selbst in Erfahrung zu bringen.

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b) Ordnungsgemäß und den Anforderungen nach § 360 Abs. 1 BGB a.F. entsprechend ist auch die von der Beklagten in den Widerrufsbelehrungen gewählte Formulierung zum Fristbeginn, in der die Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB nur exemplarisch benannt sind. Diese lautet wie folgt: „Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Absatz 2 BGB (z.B. Angabe zur Art des Darlehens, Angabe zum Nettodarlehensbetrag, Angabe zur Vertragslaufzeit) erhalten hat.“ Diese Formulierung entspricht jener des Musters für die Widerrufsinformation für

Verbraucherdarlehensverträge (Muster Anlage 6 zu Artikel 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Absatz 1 EGBGB) und ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Beschluss vom 25.10.2016, Az. XI ZR 6/16, juris;

Urteil vom 22.11.2016, Az. XI ZR 434/15, juris), ausreichend, um die Widerrufsfrist in Gang zu setzen. Die auch hier verwandte Formulierung ist umfassend, unmissverständlich und für den Verbraucher eindeutig.

Die Verweisung auf eine konkret bezeichnete gesetzliche Vorschrift, die für einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher, wie er dem gesetzlichen und europarechtlichen Leitbild zugrunde liegt, ohne weiteres zugänglich ist, stellt keinen Verstoß gegen das Transparenzgebot dar.

Daran ändert auch nichts der Umstand, dass sich eine vollständige Auflistung der Pflichtangaben erst in Art.

247 §§ 6 bis 13 EGBGB (in der seinerzeit gültigen Fassung) befindet, wie sich unmissverständlich aus § 492 Abs. 2 BGB a.F. ergibt. Würde man derartige, sich zwar auf Beispiele beschränkende, jedoch eine durch Verweis auf Nennung der einschlägigen gesetzlichen Grundlagen mögliche detaillierte Betrachtung fördernde Formulierung für unzulässig erachten, ergäbe sich die Gefahr unübersichtlicher und nur schwer durchschaubarer Klauselwerke. Gerade aber schwer durchschaubare Klauselwerke hat ein Verwender zu vermeiden, um das Ziel der Verdeutlichung des Rechts zum Widerruf nicht zu gefährden. Die Information zum Beginn der Widerrufsfrist wird durch die in Klammern gesetzte beispielhafte Aufzählung gerade verdeutlicht und erläutert. Der Weg zu einer detaillierteren Betrachtung ist aufgezeigt. Der Senat teilt die europarechtlichen Bedenken des Klägers gegen die in höchstrichterlicher Rechtsprechung statuierten Anforderungen an die Gestaltung der Widerrufsbelehrung nicht. Zwar trägt der Kläger vor, den von ihm zitierten europäischen Richtlinien sei zu entnehmen, dass europarechtlich ein hohes Niveau des Verbraucherschutzes zu fordern sei und insbesondere sei das unionsrechtliche Gebot der Klarheit und Prägnanz aus Art. 10 Abs. 2 lit. p) der Verbraucherkreditrichtlinie anzumahnen, doch verkennt er, dass dieses hohe Schutzniveau durch die zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofes in keiner Weise

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gefährdet ist. Das Gegenteil ist richtig. Würde der vollständige Regelungsinhalt des Art. 247 §§ 6 bis 13 EGBGB in die Widerrufsbelehrung Eingang finden, wäre diese für einen Verbraucher nahezu

unverständlich. Auch die vom Kläger aufgezeigte Alternative, die Pflichtangaben nicht abstrakt zu

benennen, vielmehr auf bestimmte Ziffern des Kreditvertrags zu verweisen, vermag den Verbraucherschutz gegenüber der hier streitgegenständlichem Belehrungsformulierung nicht zu erhöhen. Vielmehr würde sie zu dem Missverständnis Anlass geben, dass Pflichtangaben nur all jene seien, welche die Bank auch tatsächlich in den Vertrag aufgenommen hat. Die Beschreibung dessen, was „Pflichtangaben“ sind, hat abstrakt und entsprechend den gesetzlichen Anforderungen zu erfolgen. Die vom Landgericht Saarbrücken im Vorlagebeschluss vom 17.01.2019, Az. 1 O 164/18, (Anlage BK 1) geäußerten Zweifel an der

Vereinbarkeit der höchstrichterlichen Rechtsprechung mit Artikel 10 Abs. 2 lit p) der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 23.04.2008 (im bezeichneten Beschluss Ziffer 16 - 26) werden vom Senat nicht geteilt.

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c) Zutreffend rügt der Kläger, dass die Regelung in Nr. 11 der von der Beklagten verwandten Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur „Aufrechnung und Verrechnung“, in der die Aufrechnungsmöglichkeiten des Kunden auf unbestrittene oder rechtskräftig festgestellte Forderungen beschränkt werden, wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam ist (vgl. BGH, WM 2018, 1049, Rn 12 ff.). Allerdings kann auch dies seiner Berufung nicht zum Erfolg verhelfen.

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Aus dem vorgenannten Umstand der Unwirksamkeit der Aufrechnungsklausel folgt nämlich nicht, dass das Widerrufsrecht von jeglichen Beschränkungen - wie z.B. Befristung - befreit wäre (so auch OLG Frankfurt, ZIP 2019, 166, Rn. 61). Ebenso wie die (unzulässige)

24

Abbedingung von § 193 BGB in den Kreditbedingungen nicht zur Unwirksamkeit der Widerrufsinformationen führt (BGH, Beschluss 03.07.2018, Az. XI ZR 758/17, juris), so auch nicht eine unzulässige Beschränkung der Aufrechnungsmöglichkeit. Die Aufrechnungsbeschränkung ist nämlich nicht Teil der

Widerrufsinformation. Zwar hat der Bundesgerichtshof seine Entscheidung zur Unzulässigkeit der fraglichen Klausel u.a. auch damit begründet, dass hierin eine „unzulässige Erschwerung des Widerrufsrechts“ liege (BGH, a.a.O., Rn 19), allerdings führt eine (vermeintlich) mittelbare Erschwernis nicht zur Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung, die zur Frage der Aufrechnung/Saldierung von gegenseitigen Ansprüchen überhaupt keine Stellung nehmen muss und dem Verbraucher insoweit auch keine falschen oder unklaren Informationen geben kann. Es besteht zudem keine „Fernwirkung“ in dem Sinne, dass aus der unzulässigen Aufrechnungsklausel mittelbar eine Fehlerhaftigkeit der Widerrufsinformation folgen würde (vgl. hierzu auch OLG Köln, Beschluss vom 18.10.2018, Az. 4 U 90/18, juris; OLG Stuttgart, Beschluss vom 15. Juni 2018, Az.: 6 U 245/17, juris; OLG Stuttgart, Beschluss vom 04.02.2019, Az.: 6 U 88/18, juris).

Kausalitätsbetrachtungen spielen bei der allein formal zu stellenden Frage, ob eine Widerrufsbelehrung fehlerhaft ist, keine Rolle.

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d) Auch die weiteren, mit der Berufung geltend gemachten Einwände des Klägers gegen den Inhalt der hier streitgegenständlichen Widerrufsbelehrungen vermögen seinem Rechtsmittel nicht zum Erfolg zu verhelfen.

26

Soweit der Kläger meint, es habe kein sachlicher Anlass bestanden, auch darüber zu belehren, dass der Darlehensnehmer dem Darlehensgeber bei einem Widerruf auch die Aufwendungen zu ersetzen hat, die der Darlehensgeber gegenüber öffentlichen Stellen erbracht hat und nicht zurückverlangen kann, so teilt der Senat diese Rechtsansicht nicht. Die Formulierung entspricht dem seinerzeitigen Gestaltungshinweis Nr. 7 des Musters der Anlage 6 zu Art. 247 § 6 2 EGBGB. Da es sich bei Widerrufsbelehrungen um Allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.v. § 305 BGB handelt und Formularverträge für verschiedene

Vertragsgestaltungen offen sein müssen, ist eine Widerrufsbelehrung nicht schon deswegen unwirksam, weil sie möglicherweise Elemente enthält, zu deren Aufnahme der Unternehmer nicht verpflichtet ist (so auch OLG Hamm, Beschluss vom 19. April 2017, Az. 31 U 17/17, juris). Dies macht die Belehrung weder undeutlich noch unwirksam (vgl. BGH, Beschluss vom 24.01.2017, Az. XI ZR 66/16, juris; Beschluss vom 24.04.2018, Az. XI ZR 573/17, juris). Im Übrigen kann zum Zeitpunkt des Zustandekommens des

Darlehensvertrages den Vertragsparteien regelmäßig noch nicht bekannt sein, ob nicht aufgrund der

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Bestellung der in dem Vertrag vorgesehenen Sicherheiten die Kostenhaftung der Bank nach § 22 oder § 30 GNotKG zum Tragen kommen wird.

27

2. Soweit das Landgericht die Auffassung vertritt, der Ausübung der Widerrufsrechte stehe der Einwand der Treuwidrigkeit bzw. der Verwirkung entgegen, so teilt der Senat diese Ansicht zwar nicht, zumal das Landgericht offenbar verkennt, dass ein Widerruf auch bei bereits abgewickelten Vertragsverhältnissen nicht schon grundsätzlich ausgeschlossen ist. Allerdings bedarf die Frage letztlich keiner abschließenden Beantwortung, da es streitentscheidend und aus den vorstehend dargelegten Gründen hierauf nicht mehr ankommt.

28

3. Auch sonstige Anspruchsgrundlagen für eine Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigungen sind nicht ersichtlich. Der Kläger hat insbesondere keinen Kondiktionsanspruch. Rechtsgrund für die Bezahlung der Vorfälligkeitsentschädigung bilden die Darlehensverträge in Verbindung mit den

Aufhebungsvereinbarungen. Eine Unwirksamkeit der Rückabwicklungsvereinbarungen behauptet der Kläger selbst nicht, Gründe hierfür sind auch nicht ersichtlich. Somit hätte eine Rückzahlung nur - wie vorliegend nicht - im Falle wirksamen Widerrufs der Darlehensverträge in Betracht kommen können.

29

4. Wegen Unbegründetheit der Hauptforderung kann auch die geltend gemachte und hierauf gestützte Nebenforderung keinen Erfolg haben.

30

Da sich das Rechtsmittel somit insgesamt als unbegründet und das angefochtene Urteil 8 U 153/18 - Seite 10 - jedenfalls im Ergebnis als zutreffend erwiesen hat, war die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers zurückzuweisen.

III.

31

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

32

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2 und 711 ZPO.

IV.

33

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO liegen nicht vor. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist die Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Der Senat verkennt zwar nicht, dass das Landgericht Ravensburg (Urteil vom 21.09.2018, Az.: 2 O 21/18, juris), und das Landgericht

Saarbrücken (Vorlage-Beschluss vom 17.01.2019, Az.: 1 O 164/18, juris) zu einzelnen auch hier

gegenständlichen Rechtsfragen abweichende Rechtsauffassungen vertreten, er weicht jedoch nicht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs oder anderer Obergerichte ab.

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