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Blicke hinter verschlossene Türen

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Bayerisches Är zteblatt 6/2011

365 Varia

Vier Jahre lang begleitete der Fotograf Patrik Budenz den leitenden Rechtsmediziner der Charité Berlin, Professor Dr. Michael Tsokos, bei seiner täglichen Arbeit. Dabei entstanden au- thentische und eindrucksvolle Bilder, die auch vor der Grausamkeit des Todes nicht haltma- chen konnten. Den Kuratorinnen der Ausstel- lung, Nevana Widerlin und Claudia Rühle, ist es wichtig, ein wissenschaftliches, authentisches Bild der Rechtsmedizin zu zeigen und mit den kursierenden Vorurteilen in den Medien auf- zuräumen. Viele Krimiliebhaber sehen in dem Rechtsmediziner einen Menschen mit sonnigem Gemüt und schwarzem Humor, der sich bei un- lösbaren Rätseln auch nicht davor scheut, auf eigene Faust zu ermitteln und schon mal gerne an der Haustür des Verdächtigen klingelt. Die- sen Irrtum wollen die Kuratorinnen aus dem Weg räumen, wollen das reale Arbeitsgebiet zeigen. Der Rechtsmediziner leistet zwar Prä- zisionsarbeit – dies aber ausschließlich am Ob- jekt.

Vom Tatort ins Labor

Getreu dem Namen der Ausstellung, „Vom Tat- ort ins Labor“, wird der Besucher langsam an die Materie herangeführt. Über einen fiktiven Tatort mit Leichenfund, an dem alle relevanten Spuren gesichert werden, gelangt der Besucher in den Obduktionssaal, in dem die eigentliche Analyse der Todesursache – und damit die Hauptarbeit des Rechtsmediziners – beginnt.

Ein Sektionstisch und jede Menge medizinische

Instrumente für die Arbeit an Leichen, gehören dort zu seinen Werkzeugen. Fotos von Obduk- tionen und entnommenen Proben lassen den Besucher schaudern. „Der Rechtsmediziner arbeitet nach dem Ausschlussprinzip“, erklärt Tsokos. „Liegen keine Anzeichen für äußere Gewalteinwirkungen vor, werden toxikolo- gische Untersuchungen durchgeführt. Danach arbeiten wir uns sukzessive durch einzelne Kör- perbereiche.“ Im Gerichtssaal endet die Analy- se des Rechtsmediziners.

Leben oder Sterben?

Doch damit noch nicht genug mit belasten- den Details: Im zweiten Teil der Ausstellung werden die verschiedenen Todesarten darge- stellt, die Menschen widerfahren können. Mit authentischen Bildern, die wahrlich nichts für schwache Nerven sind, gibt die Sammlung Ein- blicke in die Methoden, die Rechtsmediziner zur Aufklärung einer Todesursache anwenden.

Welche Anzeichen weisen Menschen auf, die sich erhängt haben, was sind die Merkmale einer Wasser- oder Brandleiche und wie sieht ein Mensch aus, der bei einem Verkehrsunfall ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten hat? Die Aus- stellung liefert Antworten. Dabei ist sie keines- wegs voyeuristisch oder besonders kommerziell aufgezogen: Es geht um die bloße Darstellung der Wirklichkeit – die im Zusammenhang mit dem Tod, wie wir nun wissen, oft sehr grausam sein kann. Daher ist die Ausstellung auch für Rechtsmedizin-Studenten und angehende Kri-

minalbeamten ein lehrreiches Feld. Wahrlich mit Details, die einem den Schauer über den Rücken jagen, blickt man in das Repertoire der Tatwerkzeuge, mit denen Morde begangen wurden. „Es gibt nichts, was es nicht gibt“, er- klärt Tsokos. „Die Menschen sind sehr einfalls- reich. Angefangen beim Messer, über den Maß- krug bis hin zu elektrischen Stichsägen, ist alles vertreten.“ In 80 Prozent der Fälle kommt der Täter aus dem familiären Umfeld. Das macht eine genaue Tatrekonstruktion anhand des Leichnams besonders wichtig.

Persönliche Bewältigung

Bei so vielen grausamen Details fragt man sich, wie Rechtsmediziner mit ihrem Alltag umge- hen, wie sie die Bilder verarbeiten können. Auf Nachfragen heißt es, dass die meisten mehr mit dem penetranten Verwesungsgeruch zu kämp- fen hätten, als mit den schlimmen Bildern. Wie auch in anderen Berufen, lassen die Mitarbeiter die Arbeit möglichst in den Räumen zurück, wo sie passiert. Was jedoch nicht ausschließt, dass sich einige Fälle, bei denen zum Beispiel Kinder involviert waren, nicht so schnell verarbeiten lassen. Wer sich nun in der Lage fühlt, sich die grausamen, aber sehr lehrreichen Details über die Arbeit eines Rechtsmediziners anzusehen, kann die Ausstellung besuchen. Sie dauert noch bis zum 11. September 2011.

Sophia Pelzer (BLÄK)

Blicke hinter verschlossene Türen

Mit dem Leichenfund am Tatort beginnt die Arbeit des Rechtsmediziners.

Im kalten Gewölbe aus Stein, im Turm Triva des idyllischen Klenze-

parks in Ingolstadt, können Besucher seit Mitte Mai Einblick in ei-

nen außergewöhnlichen Bereich der Medizin nehmen. Nicht nur die

Architektur der Ausstellung ist speziell, auch ihre Protagonisten,

Objekte und Bilder – nicht zuletzt ihr Thema: die Rechtsmedizin. Die

Ausstellung geht – wie auch die Rechtsmedizin – an die Grenzen

der menschlichen Abgründe. Das mag hart anmuten, dennoch ist

es die Realität, die nackte Wirklichkeit eines Mediziners im Obduk-

tionssaal. Er arbeitet jeden Tag mit Toten und hat die verantwor-

tungsvolle Aufgabe, bei unnatürlichem Versterben, die Todesursa-

che zu ermitteln.

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