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1 Hintergrund und Kontext: stellungnahme

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Academic year: 2022

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Deutscher Gewerkschaftsbund DGB Bundesvorstand Abteilung Arbeitsmarktpolitik Ruxandra Empen Ruxandra.Empen@dgb.de Telefon: +49 30 240 60 269 Henriette-Herz-Platz 2 10178 Berlin www.dgb.de

Verantwortlich: Ruxandra Empen, Abteilung Arbeitsmarktpolitik

1 Hintergrund und Kontext:

Zur Fachkräftestrategie der Bundesregierung gehört neben der prioritär zu behan- delnden Hebung inländischer Potentiale auch die gezielte Gewinnung von qualifi- zierten Fachkräften durch Anwerbestrategien im Ausland. Die Bundesagentur für Arbeit spielt dabei eine zentrale Rolle, aber auch die Arbeitsanwerbung und -ver- mittlung durch private Akteure gewinnt stark an Gewicht. Dies ist aus Sicht des DGB ein bisher kaum regulierter Markt, der dringend und unter Umsetzung bereits bestehender internationaler Standards für ethische Vermittlung1 auch in Deutsch- land mit klaren und gesetzlich verbindlichen Standards versehen werden sollte.

Dem DGB und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) sind mittlerweile zahlreiche Fälle sowohl von EU Bürgern als auch von Drittstaatsangehörigen be- kannt, in denen diese mangelnde Regulierung zu erheblichen Nachteilen für die Be- schäftigten führt. Die Vermittlung nach Deutschland findet oftmals unter Anwen- dung unterschiedlicher Modelle gegen Gebühr für die Beschäftigten statt. Sie ist zudem oftmals intransparent: Arbeitsort, Voraussetzungen für eine Anerkennung der ausländischen Qualifikation, Prozesse zur Erlangung notwendiger Sprachkennt- nisse usw. werden verschleiert. Auch die Qualität der Arbeits- und Unterkunftsbe- dingungen, in die vermittelt wird, entspricht in manchen Fällen nicht versprochenen oder sogar gesetzlich geltenden Standards.

1 Dazu zählen unter anderem: UN – Guiding Principles on Business and Human Rights, das ILO Übereinkommen 181, die “ILO General Principles and Operational Guidelines for Fair Recruitment and Definition of Recruitment Fees and Related Costs”, das WHO – “Global Code of Practice on the International Recruitment of Health Personel” die IRIS Standards, The Montreal Recommendations on Recruitment.

stellungnahme

Stellungnahme des Deutschen Gewerkschaftsbundes

zum Gütesiegel „Faire Anwerbung Pflege Deutschland“ des Kuratoriums Deutsche Altershilfe im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit

Stellungnahme zum Gütesiegel „Faire Anwerbung Pflege Deutschland“ des Kuratoriums Deutsche Altershilfe im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit

07.07.2021

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Seite 2 von 8 der Stellungnahme vom 07.07.2021

Im Rahmen der Konzertierten Aktion Pflege wurden die Risiken dieser mangelnden Regulierung für Bewerberinnen und Bewerber, aber auch für Arbeitgeber festge- stellt, allerdings resultierte die daraus entstandene Vereinbarung nicht in der vom DGB befürworteten gesetzlichen Regulierung privater Akteure, sondern zielte auf die Einführung eines freiwilligen Gütesiegels zur Qualitätssicherung der Leistungen privater Vermittler von Pflegefachkräften. Durch die Verabschiedung des Gesetzes zur Sicherung der Qualität der Gewinnung von Pflegekräften aus dem Ausland wurde auch der gesetzliche Rahmen für dieses Gütesiegel geschaffen.

Aus Sicht des DGB stellt ein solches Gütesiegel keine geeignete und ausreichende Regulierung dar. Aufgrund der Freiwilligkeit wird dieses – trotz der parallel vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) beschlossenen „Richtlinie zur Förderung von Vorhaben zur ethisch hochwertigen Gewinnung von Pflegefachkräften in weit entfernten Drittstaaten“ - keine ausreichende marktregulierende Wirkung entfalten, um den Herausforderungen eines internationalen Anwerbemarktes gerecht zu wer- den. Zertifizieren lassen werden sich voraussichtlich vor allem die Einrichtungen und Personalvermittlungsagenturen, die sich bereits aktuell Kriterien von Fairness und Nachhaltigkeit verpflichten, während solche, deren Geschäftsmodell auf kurzfristige Profite auf Kosten der Beschäftigten und Arbeitgeber basiert, dieses weiterhin be- treiben werden. Zudem hat das Gütesiegel einen stark eingeschränkten Geltungs- bereich. Es soll ausschließlich für die Anwerbung von fertig ausgebildeten Pflege- fachkräften gelten. Ebenso wichtige wie voraussichtlich auch in den nächsten Jahren stark gefragte Gruppen wie Fachkrankenpflegekräfte für Intensivpflege und Anästhesie oder auch Bewerberinnen und Bewerber für eine Ausbildung in

Deutschland im Pflegebereich fallen nicht in den Geltungsbereich des Gütesiegels.

Genauso wenig werden Fachkräfte und Auszubildende aus anderen Branchen da- von profitieren.

Dabei darf es nicht bleiben. Private Vermittler in allen Branchen müssen einer allge- meinen gesetzlichen Regulierung unterliegen und zwar unabhängig davon, ob die Vermittlung in eine Beschäftigung im Inland von deutschen Staatsangehörigen, Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern sowie Drittstaatsangehörigen durch private Unternehmen, die deutschem, europäischem oder ausländischem Recht unterlie- gen, stattfindet. Der DGB vertritt die Meinung, dass dies nur mit der Einführung ei- nes verbindlichen Zertifizierungsmechanismus für alle privaten Vermittler gelöst werden kann.

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2 Im Einzelnen

Trotz der grundsätzlichen Erwägungen und Einschränkungen unter Punkt 1 enthält der nun vorliegende Entwurf in Anlehnung an internationale Standards einige wich- tige Rahmenbedingungen in Bezug auf die Steigerung der Transparenz und Infor- mation im Anwerbeprozess, die aus Sicht der Beschäftigten als eine Verbesserung des Status quo zu bewerten sind. Diese werden vom DGB begrüßt.

In weiteren Punkten bleibt der Entwurf aber noch unkonkret und bedarf einer wei- teren Ausarbeitung. So bleiben mehrere Fragen im Zusammenhang mit der Ertei- lung offen, wie bspw. ob diese durch das KDA selber übernommen wird oder an- dere damit beauftragt werden oder die Dauer der befristeten Laufzeit des

Gütesiegels. Auch die konkreten Arbeitshilfen, die zu Informationszwecken den Be- schäftigten zur Verfügung gestellt werden liegen noch nicht vor. Vor diesem Hinter- grund ist eine abschließende Bewertung zum aktuellen Zeitpunkt nicht möglich.

Der vorliegende Entwurf sieht zudem vor, dass auch Personalvermittler oder Arbeit- geber, die sich mit dem Gütesiegel zertifizieren lassen, weiterhin Bindungs- oder Rückzahlungsklauseln mit den Beschäftigten abschließen können. Trotz des an manchen Stellen theoretisch verankerten Prinzips des „Zahlenden Arbeitgebers“

bleibt es für zukünftig zertifizierte Unternehmen auch zulässig, eine finanzielle Be- teiligung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für als „Begleitprozesse“ zum Anwerbeprozess definierte Dienstleistungen wie Sprachkurse, Vorbereitungskurse, Verwaltungsdienstleistungen, Übersetzungen usw. zu verlangen. Diese beiden Mo- delle der finanziellen Beteiligung von Beschäftigten an den Anwerbeprozessen sind nicht mit internationalen Standards der ILO und IOM für ethische Anwerbung ver- einbar und werden vom DGB strikt abgelehnt.

Besonders unverständlich erscheint die Beibehaltung dieser Möglichkeiten der Kos- tenbeteiligung im Prüfschema vor dem Hintergrund der bereits durch das BMG ein- geleiteten Refinanzierung der Anwerbekosten für die zertifizierten Einrichtungen2. Gemäß dieser Förderrichtlinie sollen den Arbeitgebern „Personalbeschaffungskos- ten“ in Höhe von bis zu 6000 Euro pro Person zurückerstattet werden. Unter diese fallen ausdrücklich auch Sprachkurse oder Kosten für Ausgleichsmaßnahmen im

2 Richtlinie zur Förderung von Vorhaben zur ethisch hochwertigen Gewinnung von Pflegefachkräften

in weit entfernten Drittstaaten im Rahmen des Programms „Faire Anwerbung Pflege Deutschland“.

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Anerkennungsprozess, die wiederum aber unter den Kriterien des Gütesiegels auch in zulässiger Weise auf die Bewerberinnen und Bewerber umgelegt werden können.

Im Zusammenhang mit der Refinanzierung bewertet es der DGB ebenfalls als be- denklich, dass diese bereits ab Juli 2021 den Einrichtungen zugesprochen werden kann, solange die aktuelle Anhörung von Verbänden und Gewerkschaften zu den Kriterien des Gütesiegels noch nicht abgeschlossen ist und das Gütesiegel auch noch gar nicht vergeben oder geprüft werden kann. Dieses Vorgehen stellt sowohl die Glaubwürdigkeit des Gütesiegels als auch die durch die Refinanzierung theore- tisch angestrebte Anreizwirkung hin zu einer Zertifizierung in Frage. Der DGB spricht sich dafür aus, die Refinanzierung von Anwerbekosten erst nach endgültiger Ausarbeitung des Gütesiegels unter Berücksichtigung der eingegangenen Stellung- nahmen zugänglich zu machen.

I. Zum Anforderungskatalog

Prüfbereich I:

Dieser Prüfbereich enthält zahlreiche Bestimmungen zur Steigerung der Transparenz und zur besseren Information der Beschäftigten im Vermittlungsprozess und ist da- her grundsätzlich sehr zu begrüßen. Die vorgelegten Kriterien und Indikatoren ha- ben das Potential, einen wichtigen Beitrag sowohl zum Schutz der Beschäftigten als auch zur Nachhaltigkeit der Migrationsentscheidung und des Matchings von geeig- neten Kandidatinnen und Kandidaten und Arbeitsstelle zu leisten. Ob dieses Poten- tial erfüllt wird, hängt allerdings maßgeblich von der genauen Ausgestaltung der in Aussicht gestellten adressatengerechten Arbeitshilfen ab, sowie von der gelebten Praxis der Übermittlung dieser Informationsmaterialien (bspw. über ein persönliches Gespräch anstelle einer einfachen Aushändigung von Informationsmaterialien) und kann somit nicht abschließend bewertet werden. Der DGB sollte bei der Ausarbei- tung dieser Unterlagen im Sinne der Beschäftigten angehört und beteiligt werden.

An manchen Punkten schlägt der DGB entweder im Rahmen der Indikatoren oder der weiteren Konkretisierung durch die Arbeitshilfen Ergänzungen vor. Diese wer- den im Folgenden punktuell dargestellt:

Zu Nr. 1.1.3.: Im Rahmen der Information über Aufgaben und Arbeitsfelder sollte insbesondere der Unterschied zwischen den Aufgaben einer Pflegehilfskraft und ei- ner anerkannten Pflegefachkraft (vorbehaltene Tätigkeiten) hervorgehoben werden.

Zu Nr. 1.1.4.: Neben der Aufklärung über Berufs- und Fachverbände sollte auch über das Vorhandensein und die Rolle der zuständigen Gewerkschaft ver.di sowie

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von Mitarbeitervertretungen in Form von Betriebs- und Personalräten informiert werden.

Zu Nr. 1.2.1.: Im Rahmen der Aufzählung sollten auch Arbeitszeiten, Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie Aufsichtsbehörden genannt werden.

Zu Nr. 1.2.2.: Informationen zur gesetzlichen Unfallversicherung sollten miteinbezo- gen werden.

Zu Nr. 1.3.3.: Auch hier sollten die Möglichkeiten der Beteiligung durch betriebliche Mitbestimmungsstrukturen erwähnt werden.

Zu Nr. 1.6.1.: Unter den Angeboten des IQ Netzwerks sollte explizit die Beratungs- struktur Faire Integration erwähnt werden, inkl. Kontaktdaten.

Prüfbereich II

Eine öffentlich einsehbare und stets zu aktualisierende Verpflichtung der anwerben- den Unternehmen zu internationalen Standards für eine faire und ethische Vermitt- lungspraxis ist sehr zu begrüßen. Insbesondere ist die Verpflichtung zu dem interna- tional als Standard anerkannten „Employer Pays“- Prinzip als positiv

hervorzuheben. Der DGB regt ergänzend an, unter Nr. 2.1.1. nicht lediglich einen Verweis, sondern ebenfalls ein Bekenntnis zu internationalen Menschenrechtskon- ventionen, ILO Kernarbeitsnormen, bzw. Leitlinien für eine faire Anwerbung und IRIS-Standards der IOM einzubeziehen.

Der Prüfbereich enthält auch Vorgaben, die von zertifizierten Unternehmen an Kun- den und Geschäftspartner zu stellen sind. Dies ist ebenfalls grundsätzlich zu begrü- ßen. Jedoch besteht an dieser Stelle aus Sicht des DGB noch dringender Handlungs- bedarf. Nach Nr. 2.2.3 soll das Anwerbeunternehmen Vorgaben und

„Mindestanforderungen“ für seine Geschäftspartner definieren und deren Erhalt prüfen. Es ist hier nicht nachzuvollziehen, warum für Geschäftspartner individuell definierte, geringere Anforderungen gelten sollen als für die zertifizierten Unterneh- men. Sollten mit dem Gütesiegel ausgezeichnete Unternehmen mit anderen Part- ner- und Subunternehmen zusammenarbeiten, die nicht ethischen Vermittlungskri- terien verpflichtet sind, so wäre das eine augenfällige Umgehungsmöglichkeit der festgelegten Kriterien, welche die ganzen Bemühungen um das Gütesiegel aushe- beln könnte. Daher sollte zwingend vorgesehen werden, dass auch für die Ge- schäftspartner die Kriterien dieses Gütesiegels gelten müssen und deren Einhaltung durch das zertifizierte Unternehmen geprüft wird.

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Die unter Nr. 2.2.5. vorgesehene Prüfung der vermittelten Arbeitsverträge und die Sicherstellung, dass diese neben Regelungen zur Arbeitsbeziehung auch die Unter- stützung im Anerkennungsverfahren und im Relocation-Prozess schriftlich regeln, sind ebenfalls positiv zu bewerten. Sog. Sonderfälle gehören aus Sicht des DGB un- bedingt dazu und daher sollte das relativierende Wort „gegebenenfalls“ davor ge- strichen werden. Der transparente und geregelte Umgang mit solchen besonderen Situationen vermeidet im Voraus Konflikte und Belastungssituationen.

Der Indikator Nr. 2.2.6. soll dafür sorgen, dass vermittelte Arbeitsverträge auch keine unzulässigen Bindungs- und Rückzahlungsklauseln enthalten. Dies ist für den DGB ein zentraler Punkt, da in der Praxis solche Klauseln versteckte Kosten für die Beschäftigten beinhalten, bzw. Beschäftigte so unter Druck gesetzt werden, auch ggf. schlechte Arbeitsbeziehungen „auszuhalten“, um sich nicht massiv zu ver- schulden. Dementsprechend lehnt der DGB die Formulierung dieses Punktes strikt ab. Nicht nur Bindungs- und Rückzahlungsklauseln, die dem aktuellen Stand der Rechtslage / Rechtsprechung entgegenstehen, sollten dringend ausgeschlossen werden, sondern jegliche Rückzahlungsklauseln. Der aktuelle Verweis auf gesetzli- che Mindeststandards ist im Rahmen eines freiwilligen Gütesiegels, das ethisch hochwertige Standards nachweisen soll, nicht nachzuvollziehen. Zudem steht dieser Punkt auch im Widerspruch zu dem unter diesem Prüfbereich verankerten „Emplo- yer Pays“ – Prinzip und den Bestimmungen der ILO Leitlinien für eine faire Anwer- bung bzw. den IRIS Standards der IOM und sollte unbedingt unter Streichung des Nebensatzes „die dem aktuellen Stand der Rechtslage / Rechtsprechung entgegen- stehen.“ umformuliert werden. Erkenntnisse aus der Praxis deuten darauf hin, dass solche Klauseln oft außerhalb von Arbeitsverträgen in Nebenabsprachen oder Wei- terbildungsabsprachen vereinbart werden. Um diese Möglichkeiten auch unter der Regelung mit zu erfassen, regt der DGB an, dass sich der Ausschluss von Bindungs- klauseln in den AGBs nicht nur auf Arbeitsverträge bezieht, sondern auf die Be- schäftigungsbeziehung als Ganzes.

In Bezug auf die Anforderungen an den Kunden ist die Vorlage eines betrieblichen Integrationskonzeptes positiv zu bewerten und mit Blick auf eine nachhaltige In- tegration der eingewanderten Fachkräfte unbedingt notwendig. Eine zwingende Beteiligung bestehender Betriebs- oder Personalräte bei der Umsetzung dieses Kon- zeptes sollte allerdings unter Nr. 2.3.8. ergänzt werden.

Prüfbereich III

Dieser Bereich enthält Vorgaben für den aus Beschäftigtensicht zentralen Punkt der Anwerbekosten. Ausdrücklich positiv zu bewerten ist die Regelung unter Nr. 3.3.1., die eine komplette Übernahme der Anwerbekosten durch den Arbeitgeber definiert,

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inklusive der schriftlich verankerten Pflicht zur Rückerstattung bereits getätigter Zahlungen an Dritte durch den Arbeitgeber.

Abzulehnen ist hingegen die Regelung, die die Rückerstattung eines halben Brutto- monatsgehaltes an den Arbeitgeber vorsieht im Falle einer ordentlichen Kündigung innerhalb der ersten beiden Jahre der Beschäftigungsbedingung. Sie widerspricht klar dem „Employer Pays“ – Prinzip und gefährdet die inhaltliche Konsistenz der Prüfkriterien. Auch wenn die Höhe eines halben Bruttomonatsgehaltes zumindest nicht in den meisten Fällen zu einer Überschuldung und Abhängigkeit führt, ist es weder ersichtlich, welchem Zweck diese Bindungsklausel dienen soll, noch, ob sie auch unter den vom DGB unter dem Prüfbereich II abgelehnten gesetzlichen/rechtli- chen Mindeststandards überhaupt zulässig ist. Es kann sich dabei keineswegs um eine Rückerstattung tatsächlich vom Arbeitgeber getätigter Kosten handeln, die i.d.R. weit über diesem Betrag liegen werden, sondern eher um eine willkürliche

„Vertragsstrafe“. Der DGB spricht sich für die Streichung dieser Regelung aus dem Prüfkatalog aus.

Ebenfalls strikt abzulehnen ist die unter Nr. 3.3.2. gesonderte Behandlung sog.

„Begleitprozesse“, neben den von den Arbeitgebern zu tragenden „Anwerbekos- ten“. Für diese als über die „empfohlenen“ Dienstleistungen hinaus gehend defi- nierten Leistungen soll lediglich eine Transparenzpflicht bestehen. Dafür müssen aber Beschäftigte ggf. selber finanziell aufkommen. Der DGB lehnt diesen Indikator ab und plädiert für eine Klarstellung, dass in Anlehnung an die bereits mehrmals genannten ILO Leitlinien diese sog. „zugehörigen Kosten“ oder „related costs“

zwingend zu den Kosten im Anwerbeprozess gezählt werden sollen und als solche unter dem Prinzip des „Employer Pays“ durch den Arbeitgeber zu tragen sind.

II. Durchführungsbestimmungen

Die Wirkung eines auf freiwilliger Basis vergebenen Gütesiegels steht und fällt mit den Möglichkeiten, dessen Einhaltung auch zu gewährleisten und zu kontrollieren.

Grundsätzlich bewertet der DGB die dafür vorgesehenen Mechanismen positiv.

Diese bedürfen allerdings im Einzelnen einiger Ergänzungen und Klarstellungen.

Vor allem fehlt es bei dem vorgelegten Entwurf an einer Einbeziehung der Pflege- fachkräfte selber in den Prüfmechanismus. Sie sollten auch die Möglichkeit haben, im Rahmen eines unabhängigen Feedback- und Beschwerdemechanismus Verstöße gegen die Regeln des Gütesiegels ggf. an die Erteilungsstelle zu melden. Ein sol- ches Verfahren wäre eine sinnvolle Ergänzung der vorgesehenen (Erst- bzw. Wie- derholungs-)Prüfungen nach Aktenlage, deren Wirkung dadurch erhöht wäre.

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Konkretisiert werden sollte weiterhin auch, ob das KDA selber als Herausgeber des Gütesiegels agiert oder diese Aufgabe an eine andere Stelle erteilt wird und falls letzteres zutrifft, um welche Stelle es sich handelt, bzw. welche Qualifikationen de- ren Mitarbeiter und Fremdprüfer mitbringen. Aufgrund der Bedeutsamkeit und der hohen ethischen Verantwortung, die Deutschland bei der Anwerbung von Fachkräf- ten aus dem Ausland trägt, sieht es der DGB als zentral an, dass die Erteilung des Gütesiegels in öffentlicher Hand liegt.

Nach einem Entzug des Gütesiegelbenutzungsrechts soll eine Wiedererteilung des Gütesiegels bereits nach drei Monaten stattfinden können. Diese Karenzzeit er- scheint dem DGB zu kurz um eine Abschreckungswirkung zu entfalten und sollte auf mindestens einem Jahr verlängert werden.

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