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Harninkontinenz U. Lorenz

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Academic year: 2022

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Harninkontinenz

U. Lorenz

Einleitung

Harninkontinenz ist auch in der heu- tigen modernen und aufgeklärten Zeit ein oft tabuisiertes Thema. Nur selten wird offen über diese Proble- matik gesprochen.

Aus diesem Grund können auch bezüglich der Prävalenz nur unge- fähre Schätzungen angegeben wer- den.

Frauen leiden wesentlich häufiger an einer Harninkontinenz als Männer.

Die zugrundeliegenden Ursachen sind hierbei mannigfaltig und nicht zuletzt genau zu eruieren, um den betroffenen Patientinnen und Pati- enten eine zielgerichtete Therapie anbieten zu können. Dabei ist die Einteilung der Harninkontinenz in die entsprechenden Unterformen von großer Bedeutung.

Im Folgenden soll ein kurzer Abriss einen Einblick in die Diagnostik und Therapie der Harninkontinenz geben.

Definition

Laut „International Continence Soci- ety“ (ICS) wird Harninkontinenz als

„Zustand mit jeglichem unwillkürli- chen Urinverlust, der ein soziales und hygienisches Problem darstellt“

definiert [1].

Hierbei werden unter dem Oberbe- griff Harninkontinenz folgende Unterformen zusammengefasst [2]:

Belastungsinkontinenz (früher auch Stressinkontinenz):

– unwillkürlicher Urinverlust bei körperlicher Belastung (Nie- sen, Husten, schwerem Heben, Lagewechsel...) ohne voraus- gegangenem Harndrangemp- finden

Dranginkontinenz (früher moto- rische und sensorische Urge- inkontinenz):

– unwillkürlicher Urinverlust bei gleichzeitigem oder plötzlich vorausgegangenem Drang- empfinden

Mischinkontinenz:

– Mischform aus den zuvor genannten Entitäten

übrige Inkontinenzformen [2]:

– Giggle-Inkontinenz (Sonder- form der kindlichen Harnin- kontinenz mit Urinverlust beim herzhaften Lachen) – neurogene Inkontinenzformen

(bedingt durch neurologische Grunderkrankungen)

– Überlaufinkontinenz

– Extraurethrale Inkontinenz (beispielsweise ektop mün- dender Harnleiter beim Kind, iatrogene Fisteln beim Er wach- senen)

Epidemiologie

Die Prävalenz der Harninkontinenz beträgt bei Frauen unabhängig von der Ätiologie 10 bis 40 Prozent. Hier- bei ist eine altersabhängige Steige- rung bis zum Alter von 50 Jahren auf 36 Prozent zu beobachten. Einen zweiten Altersgipfel mit Anstieg der Harninkontinenz gibt es in der Gruppe der über 70-Jährigen [3].

Die Formen der Harninkontinenz variieren deutlich in den verschiede- nen Altersgruppen. Bei jüngeren Patientinnen überwiegt die Belas- tungsinkontinenz, während bei älte- ren Patientinnen eine Mischinkonti- nenz führend ist.

Bei Männern wird eine Prävalenz zwischen 3 bis 11 Prozent angege- ben. Hier überwiegt deutlich eine Dranginkontinenz, gefolgt von Misch- und Belastungsinkontinenz.

Wobei diese in den meisten Fällen iatrogen nach operativen Eingriffen (beispielsweise durch eine radikale Prostatektomie) bedingt ist [4].

Mögliche Risikofaktoren beider Ge - schlechter für das Auftreten einer Harninkontinenz sind in Tab. 1 auf- geführt.

Pathophysiologie der Harninkontinenz

Belastungsinkontinenz

Von Belastungsinkontinenz spricht man, wenn es zu unwillkürlichem Urinverlust im Rahmen körperlicher Belastung kommt.

Hierbei überschreitet der intravesi- kale/intraabdominelle Druck den Harnröhrenverschlussdruck und es kommt zum Harnverlust [4].

Mögliche Ursachen sind Bindege- webs- und/oder Muskelschwäche oder der urogenitale Descensus der Frau. Aber auch eine urethral bedingte Verschlussinsuffizienz (bei- spielsweise postoperativ, postpartal oder postmenopausal durch einen Östrogenmangel mit urethralem Tur- gorverlust), eine Steigerung des int- raabdominellen Druckes (Adipositas, Asthma- oder „Raucherhusten“) oder auch iatrogene Ursachen (intra- operative nervale oder myogene Schäden) können einer Belastungs- inkontinenz Vorschub leisten [5].

Zur Feststellung der Schwere einer Belastungsinkontinenz haben sich die klinische Einteilung nach Ingel- man-Sundberg (Tab. 2) beziehungs- weise die objektivierbarere Eintei- lung mittels Pad-Test der Deutschen Kontinenz Gesellschaft bewährt (Tab. 3) [6, 7]. Hierbei wird der Urin- verlust anhand von Vorlagen (eng- lisch pads) gemessen. Der Patient absolviert hierzu unterschiedliche körperliche Übungen verschiedener Belastung in einer definierten Zeit (1 oder 24 Stunden).

Originalie

Ärzteblatt Sachsen 6 / 2017 241

Tab. 1: Risikofaktoren für eine Harninkontinenz

Frauen Männer

· Alter · Alter

· neurologische Erkrankungen · neurologische Erkrankungen

· Schwangerschaften · LUTS (Symptome des unteren Harntraktes)

· Geburten · Prostatektomie

· Menopause

· Hysterektomie/gynäkologische Operationen

· Adipositas

· positive Familienanamnese

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242 Ärzteblatt Sachsen 6 / 2017

Dranginkontinenz

Liegt ein unwillkürlicher Urinverlust mit gleichzeitigem oder plötzlich vor- ausgegangenem Harndrangempfin- den vor, so spricht man von Drang- inkontinenz.

Hierbei sind imperativer (nicht unter- drückbarer) Harndrang (Urge), ge - rin ge Miktionsvolumina und hohe Miktionsfrequenz ein typischer Symp- tomenkomplex.

Mögliche Ursachen können beispiels- weise Entzündungen (unspezifisch/

spezifisch), Fremdkörper, hormonelle Umstellungen (Östrogenmangel) oder neurogen bedingt sein.

Als Mischinkontinenz bezeichnet man eine Kombination aus Belastungs- und Dranginkontinenz.

Diagnostik

Im Rahmen der Diagnostik wird zwi- schen Basisdiagnostik und speziali- sierter Diagnostik unterschieden.

Hier ist das Ziel, zwischen den einzel- nen Inkontinenzformen zu differen- zieren.

Zur Basisdiagnostik gehört die allge- meine Anamnese. Hier sollten Dauer und Charakter der Miktionsbe- schwerden, Stuhlgangsfrequenz und -konsistenz, Vorerkrankungen und

Voroperationen erfragt werden.

Symptomorientiert sollten die Fre- quenz der Inkontinenzepisoden, das Urinverlustvolumen und die durch die Inkontinenz bedingten Einschrän- kungen eruiert werden. Gerade der letztgenannte Punkt variiert von Pati- ent zu Patient sehr stark und sollte bei der Wahl der Therapie unbedingt Beachtung finden [8].

Ebenso gehören zur Erstvorstellung eine körperliche Untersuchung (inklusive rektaler Untersuchung und Inspektion des äußeren Genitals),

sowie ein Hustenprovokationstest.

Eine Urinanalyse und eine Restharn- sonographie sind durchzuführen.

Um schließlich eine fundierte Diag- nose treffen zu können, sollten die Patienten ein Miktions-Trink-Proto- koll mit genauer Erhebung der Trink- und Miktionsmengen, Trink- und Miktionszeiten, Vorlagengewicht/- verbrauch und Inkontinenzepisoden führen [9].

Vereinfachend können die Patienten im Vorfeld standardisierte Fragebö- gen ausfüllen.

Weiterführend sollte bei Verdacht eine dezidierte neurologische und/

oder gynäkologische Untersuchung erfolgen.

Eine urodynamische Komplexunter- suchung (UDM) muss laut Interdiszi- plinärer S2e-Leitlinie für die Diagnos- tik und Therapie der Belastungsin- kontinenz der Frau nicht in jedem Fall erfolgen. Jedoch sollte vor jedem invasiven Vorgehen und bei Thera- pieversagen eine UDM durchgeführt werden [10]. Dadurch können bei- spielsweise eine Detrusorhyperaktivi- tät (overactive bladder, OAB) als Ursache von Inkontinenzepisoden detektiert werden [11, 12].

Besteht der Verdacht auf eine neuro- gene Blasenentleerungsstörung als Ursache der Harninkontinenz sollte eine Videourodynamik durchgeführt werden. Hier können durch Füllung der Harnblase mit Kontrastmittel unter röntgenologischer Durchleuch- tung Pathologien des Harntraktes (vesiko-ureteraler Reflux, Influx in die männliche Adnexe, Harnblasende- formationen etc.) visualisiert werden.

Bildgebend sollte initial eine Sono- graphie erfolgen. Weiterführend ist bei Patientinnen mit Belastungsin- kontinenz eine perineale/vaginale oder Introitusonographie (soge- nannte Pelvic floor-Sonographie) durchzuführen (Leitlinie Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie).

Besteht aufgrund eines pathologi- schen Urinbefundes (beispielsweise Erythrozyturie) der Verdacht auf Pathologien wie Harnblasentumoren oder Fremdkörper als mögliche Ursa- chen einer Inkontinenz sollte zwin- gend eine Urethrozystoskopie statt- finden [12].

Therapie

Die Therapie der Inkontinenz ist abhängig von Inkontinenzform und -schwere. Dabei sollten konserva- tive Maßnahmen vor operativen Interventionen erfolgen.

Keine Therapie im eigentlichen Sinne stellt die optimale Versorgung mit Inkontinenz-Hilfsmitteln dar. Da durch kann die Inkontinenzsituation für die Patienten jedoch deutlich erträgli- cher gestaltet werden. Den Betroffe- nen stehen dabei vielfältige rezep- tierbare aufsaugende Inkontinenz- materialien (beispielsweise Vorlagen) und ableitende Inkontinenzmateria- lien (beispielsweise Kondomurinal) zur Verfügung.

Konservative Therapie der Belastungsinkontinenz

Hierbei sollten zunächst allgemeine Maßnahmen, wie Gewichtsreduktion bei Übergewicht, Vermeidung schwerer, körperlicher Arbeit, Reduk- tion erhöhter Flüssigkeitsaufnahme und eine Stuhlgangsregulation bei Obstipation erfolgen.

Eine professionell angeleitete Becken- bodengymnastik mit Erlernen der Wahrnehmung und Beherrschung des Beckenbodens kann Symptom- verbesserung bringen (zwischen 32 bis 93 Prozent). Hier ist allerdings eine hohe Patienten-Compliance vonnöten. Häufig wird diese Thera- pieform mit einem Biofeedback kombiniert [13].

Eine Pessarbehandlung bei Descen- sus vaginae et uteri kann gerade bei älteren/nicht operationsfähigen oder Tab. 2: Einteilung der Schweregrade nach Ingelman-Sundberg

Grad I Urinverlust bei schwerer körperlicher Belastung (Husten, Heben, Niesen) Grad II Urinverlust bei leichter körperlicher Belastung (Aufstehen, Gehen) Grad III Urinverlust im Liegen

Tab. 3: Einteilung mittels Pad-Test Grad I bis 10 ml Urinverlust Grad II 10 – 25 ml Urinverlust Grad III 25 – 50 ml Urinverlust Grad IV > 50 ml Urinverlust

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-willigen Patientinnen eine gute Symp- tomreduktion bewirken. Sie wird auch temporär zur Evaluierung vor operativer Therapie einer Belastungs- inkontinenz (beispielsweise Kolpo- suspension nach Burch) durchge- führt.

Medikamentöse Therapie der Belastungsinkontinenz

Hormontherapie

Die Verwendung von Östrogenen kann bei Patientinnen mit leichter Belastungsinkontinenz zur Beschwer- debesserung führen. Grund hierfür ist eine verbesserte Vaskularisation, Epithelproliferation und höhere Sensibilität von α-Rezeptoren. Die Anwendung sollte zur Vermeidung systemischer Nebenwirkungen mög- lichst lokal in Form von Vaginalovula, -suppositorien oder -crémes erfolgen

[14].

Duloxetin

Der selektive Serotonin-Noradrena- lin-Wiederaufnahmehemmer (SSNRI) Duloxetin zeigt positive Effekte in der Therapie der Belastungsinkontinenz.

Hierdurch kann keine Heilung der Inkontinenz, wohl aber Symptomen- reduktion erzielt werden. Aufgrund der häufig auftretenden gastrointes- tinalen und zentralnervösen Neben- wirkungen sind hohe Therapieab- bruchraten zu beobachten. Aus die- sem Grund sollte das Medikament zu Beginn der Behandlung einge- schlichen werden [15, 16].

Operative Therapie der Belas- tungsinkontinenz

Vor einer operativen Therapie der Belastungsinkontinenz sollten alle konservativen Behandlungsoptionen bedacht werden.

Im Rahmen der operativen Therapie stehen verschiedene Operationsme- thoden zur Verfügung.

Hierunter zählen beispielsweise die häufig von Gynäkologen durchge- führte submucöse Injektion der pro- ximalen Harnröhre mit sogenannten Bulking Agents zur Erhöhung des Auslasswiderstandes. Dadurch kann eine vorübergehende Verbesserung der Symptomatik erzielt werden, oft sind jedoch wiederholte Injektionen notwendig. Diese minimalinvasive

Therapie ist vor allem für Patientin- nen mit eingeschränkter Operations- fähigkeit von Bedeutung [17].

Weiterhin steht als minimalinvasive Methode die Therapie mit einem suburethralen spannungsfreien Band zur Verfügung. Hierbei wird ein ein Zentimeter breites Band im Bereich der Vaginalvorderwand um die Harn- röhre platziert und suprapubisch (TVT) oder transobturatorisch (TOT) ausgeleitet. Dadurch wird die Druck- transmission des intraabdominellen Druckes auf die Harnröhre wieder- hergestellt [18, 19].

Eine weitere (früher häufig) angebo- tene operative Therapieoption ist die offen oder laparoskopisch durchge- führte Kolposupension nach Burch.

Hierbei wird das paravaginale Gewebe mittels Matratzennähten am Ligamentum ileopectineum ver- ankert. Diese Operation stellte früher den Goldstandard in der operativen Behandlung der Belastungsinkonti- nenz dar [20].

Die aktuelle Leitlinie zur Belastungs- inkontinenz der Frau empfiehlt sub- urethrale Bandanlagen bei Patientin- nen mit unkomplizierter Belastungs- inkontinenz als primäre operative Therapieoption [10].

Ein adjustierbares Ballonimplantat im Bereich des Harnblasenhalses kann minimalinvasiv bei männlichen Pati- enten mit leichter bis mäßiger Belas- tungsinkontinenz nach Prostatekto- mie Symptomlinderung verschaffen.

Auch bei männlichen Patienten besteht die Möglichkeit einer sub- urethralen Bandanlage.

Zudem steht letztendlich ein artifizi- eller Sphinkter (AMS 800) als Mittel der Wahl bei fehlender Sphinkterak- tivität oder Versagen anderer Thera- pieverfahren zur Verfügung. Hierbei sind bezüglich der Kontinenzrate postoperativ sehr gute Ergebnisse zu erwarten. Jedoch stehen diesen rela- tiv hohe Revisionsraten aufgrund mechanischem Versagens oder Infek- tionen gegenüber [21, 22].

Prinzipiell sollte ein operatives Thera- piekonzept optimaler Weise nie allein durch Urologen/Gynäkologen sondern interdisziplinär in Zusam- menarbeit mit Radiologen (Defäko-

graphien), Proktologen und gegebe- nenfalls Neurologen erarbeitet wer- den.

Konservative Therapie der Drang- inkontinenz

Bei dieser Inkontinenzform kann bereits das alleinige „Sich-Beschäfti- gen“ mit der Thematik durch das Führen eines Miktionsprotokolls gerade bei zwanghaftem Miktions- verhalten zur Verbesserung der Sym- ptomatik führen.

Basierend auf einem Miktionsproto- koll kann dann im weiteren Verlauf ein sogenanntes Miktionstraining durchgeführt werden. Hierbei sollen zum einen zu kurze Miktionsinter- valle durch Herauszögern der Mik- tion verlängert werden. Zu lange Intervalle können zum anderen durch „getimte“ Miktion, dem Was- serlassen nach der Uhr, verkürzt wer- den.

Auch bei der Dranginkontinenz sind das Beckenbodentraining und Bio- feedback-Therapie im Entspannungs- modus eine mögliche Therapieop- tion.

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Ärzteblatt Sachsen 6 / 2017 243

Abb. 1: Urodynamischer Messplatz © U. Lorenz

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Medikamentöse Therapie der Dranginkontinenz

Vaginale Östrogenisierung Auch bei der Behandlung der weibli- chen Dranginkontinenz ist die vagi- nale Östrogenisierung vor allem bei postmenopausalen Patientinnen eine wichtige Therapieoption. Bei fehlen- den onkologischen Kontraindikatio- nen sollte jeder Patientin mit überak- tiver Blase in der Peri- oder Postme- nopause eine lokale Hormontherapie angeboten werden [23].

Anticholinerge Therapie

Eine zentrale Rolle in der Therapie der Dranginkontinenz spielt die medi- kamentöse Therapie mittels Anti- cholinergika, auch Muscarinrezeptor- antagonsiten genannt.

Das Wirkprinzip besteht in der Hem- mung der Blasenmuskulatur zur Erhöhung der Blasenkapazität und Dämpfung eines überaktiven Detru- sors.

Die zur Verfügung stehenden Präpa- rate sind gut wirksam, haben jedoch teilweise eine sehr hohe Nebenwir- kungsrate. Aus diesem Grund ist die Compliance und Medikamentenein- nahmetreue oft sehr gering. Mögli- che Nebenwirkungen sind Akkomo- dationsstörungen, Mydriasis, Mund- trockenheit, Obstipation, Tachykar- dien und zentralnervöse Nebenwir-

kungen. Eine Verringerung der Nebenwirkungsrate kann durch die Verwendung von Retardpräparaten oder alternativen Applikationsfor- men erreicht werden. Hierbei stehen beispielweise transdermale Darrei- chungsformen sowie die intravesi- kale Applikation von Oxybutynin über Einmalkatheterismus (Instillati- onstherapie) zur Verfügung [24, 25].

Auswahl anticholinerger Präparate:

■ Darifenacin

■ Fesoterodin

■ Oxybutynin

■ Propiverin

■ Solifenacin

■ Tolterodin

■ Trospiumchlorid

Interventionelle Therapie der Dranginkontinenz

Eine mögliche interventionelle Thera- pieoption bei Dranginkontinenz ist die Injektion von Botulinumtoxin A in den M. detrusor vesicae im Rah- men einer Urethrozystoskopie (opti- onal in Narkose). Hierbei kommt es zur Hemmung der Signalübertra- gung zwischen Nerv und motorischer Endplatte und dadurch zur Dämp- fung der Detrusorkontraktionen mit konsekutiver Senkung der Inkonti- nenzepisoden aufgrund erhöhter Blasenkapazität. Diese Behandlung kann etwa aller sechs Monate wie-

derholt werden. Wobei die durch- schnittliche Wirkung zwischen neun bis zwölf Monaten liegt. Aufgrund der lokalen Applikation steht damit eine sehr nebenwirkungsarme Be - handlungsoption zur Verfügung [26].

Bei Patienten mit medikamentenre- fraktärer Drangsymptomatik kann zudem die sakrale Neuromodulation zur Anwendung kommen. Hier wer- den die Sakralnerven mit Hilfe kleiner elektrischer Impulse einer speziellen Form der Nervenstimulation unterzo- gen, was zur Besserung der Inkonti- nenzproblematik führen kann. Damit stellt diese Therapieform eine mögli- che Alternative zu invasiveren Maß- nahmen dar [27].

Eine weitere Therapiemöglichkeit ist die sogenannte EMDA (Electromo- tive drug application)-Therapie. Hier wird mit Hilfe eines elektrischen Fel- des im Bereich der Harnblasenwand die Verbesserung der Medikamen- tenaufnahme in tiefere Blasenwand- schichten erzielt. Diese Behandlung kann ohne Narkose und beliebig oft durchgeführt werden. Zur Anwen- dung kommen Präparate wie Lido- cain, Pentosanpolysulfat, Hyaluron- säure und Oxybutynin [28].

Operative Therapie der Drang- inkontinenz

Eine operative Therapie sollte bei Dranginkontinenz erst nach Versa- gen der konservativen und interven- tionellen Therapieoptionen durchge- führt werden. Sie stellt eine ausge- sprochene Ausnahme dar und ist meist neurogen bedingter Drangin- kontinenz vorbehalten.

Abschließend kann zusammenge- fasst werden, dass zur Therapie der verschiedenen Harninkontinenzfor- men ein breites Spektrum verschie- dener Behandlungsoptionen zur Ver- fügung steht. Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Therapie ist jedoch eine dezidierte Diagnostik zur Spezifizierung der zugrundeliegen- den Inkontinenzform.

Literatur bei der Autorin Interessenkonflikte: keine Dr. med. Ulrike Lorenz Klinik für Urologie Zeisigwaldkliniken Bethanien Chemnitz Zeisigwaldstraße 101, 09130 Chemnitz

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