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Harninkontinenz bei Frauen

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Academic year: 2022

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Die Urininkontinenz ist bei Frauen sehr ver- breitet, doch bleibt die Krankheit häufig unbe- handelt, weil die Betroffenen das Problem nicht mit ihrem Arzt besprechen. Die beiden Hauptformen, Drang- und Belastungsinkonti- nenz, können mit einfachen Mitteln diagnosti- ziert werden. Es stehen zahlreiche Behand- lungsmöglichkeiten zur Verfügung.

T H E L A N C E T

Unter Harninkontinenz versteht man den unwillkürlichen Ab- gang von Urin, wobei das Problem ganz unterschiedlich ausge- prägt sein kann – vom gelegentlichen Harnträufeln bis zum täg- lichen vollständigen Einnässen. Die Prävalenz der weiblichen Harninkontinenz beträgt etwa 10 bis 40 Prozent, ältere Frauen sind häufiger betroffen. Bei Erwachsenen, die in Heimen leben, liegt die Prävalenz der Harninkontinenz bei 50 Prozent und dar- über, schreiben Peggy Norton und Linda Brubaker im «Lancet».

Eine Harninkontinenz ist meist durch eine Speicherstörung, gelegentlich auch durch eine Entleerungsstörung des unteren Harntrakts bedingt. Als wichtige Risikofaktoren gelten vaginale Entbindungen, Übergewicht und Alter, wobei im Alter nicht zwangsläufig eine Inkontinenz auftreten muss. Obwohl eine Urininkontinenz die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen kann, suchen viele Frauen erst nach jahrelangem Leiden einen Arzt auf.

Formen der Harninkontinenz

Bei der Dranginkontinenz kommt es zu unwillkürlichem Urin- verlust, der von starkem Harndrang begleitet wird oder dem ein starker Harndrang unmittelbar vorausgeht. Bei der urodynami- schen Diagnostik findet sich eine Detrusorhyperaktivität, die meist mit Harndrang einhergeht.

Die Belastungsinkontinenz (Stressinkontinenz) ist durch un- willkürlichen Harnverlust bei körperlicher Belastung, beim Niesen oder Husten gekennzeichnet. Im Rahmen der urodyna- mischen Untersuchung ist bei erhöhtem intraabdominellem Druck ein unwillkürlicher Urinabgang zu verzeichnen, ohne dass es zur Detrusorkontraktion kommt.

Etwa ein Drittel der Erwachsenen mit Harninkontinenz leiden an einer Mischinkontinenz, es liegt also sowohl eine Drang- als auch eine Belastungsinkontinenz vor.

Untersuchung von Inkontinenzpatientinnen

In den meisten Fällen kann eine Harninkontinenz allein mit Hilfe der Anamnese diagnostiziert werden. Folgende Fragen zielen auf eine Dranginkontinenz ab:

Wenn Sie plötzlich Harndrang verspüren, aber keine Toi- lette in der Nähe ist – geht dann unwillkürlich Urin ab? Wie häufig passiert Ihnen das?

Verlieren Sie Urin, wenn Sie plötzlich das Gefühl haben, dass Ihre Blase sehr voll ist?

Kommt es zum Harnträufeln, wenn Sie die Hände waschen?

Geht bei kaltem Wetter unwillkürlich Urin ab?

Harninkontinenz bei Frauen

Wie man sie diagnostiziert und therapiert

ARS MEDICI 13 2006

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F O R T B I L D U N G

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■ Viele Frauen verschweigen aus Scham oder Angst vor der Behandlung, dass sie an einer Harninkonti- nenz leiden.

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■ Mit einer differenzierten Anamnese und einfachen Untersuchungsmassnahmen kann meist geklärt wer- den, welche Form der Inkontinenz vorliegt.

■ Reversible Ursachen der Inkontinenz sollten ausge- schlossen werden (Harnwegsinfekt, Medikamenten- nebenwirkung).

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■ Der Hausarzt kann die für die vorliegende Inkonti- nenzform geeignete Behandlung einleiten.

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■ Führt die Therapie nicht zum Erfolg oder liegt eine komplexe Manifestation vor, sollte die Patientin an einen Spezialisten überwiesen werden.

M M M

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Eine Belastungsinkontinenz lässt sich mit folgenden Fragen er- fassen:

Verlieren Sie beim Husten oder Niesen Urin? Nur ein paar Tropfen oder eine grössere Menge?

Geht Harn ab, wenn Sie eine Last heben oder wenn Sie lachen?

Kommt es beim Joggen oder bei einem flotten Spaziergang zum Urinabgang?

Verlieren Sie Urin, wenn Sie sich bücken oder vom Stuhl oder Sessel aufstehen?

Darüber hinaus sollte bei der Anamnese gefragt werden, wie lange die Symptome schon bestehen, wie häufig unwillkürlich Urin abgeht, wie stark die Patientin durch die Inkontinenz be- lastet ist und ob sie möglicherweise Medikamente einnimmt, die eine Inkontinenz fördern. Günstig ist es, wenn die Patientin eine Zeit lang ein Inkontinenz-Tagebuch führt.

Zur gründlichen körperlichen Untersuchung gehört auch eine orientierende neurologische sowie eine gynäkologische Unter- suchung. Ein Hustentest oder Valsalva-Manöver in Rückenlage und eventuell im Stehen zeigen, ob es bei erhöhtem intraabdo- minellem Druck zum Urinverlust kommt. Mit einem Urin-Test- streifen kann untersucht werden, ob eine Harnwegsinfektion vorliegt, das Residualvolumen nach Blasenentleerung kann so- nografisch oder durch Katheterisierung bestimmt werden. Bei Bedarf schliessen sich weitere Untersuchungen (urodynamische und elektrophysiologische Untersuchungen, MRI) an.

Behandlung der Dranginkontinenz

Bei der Dranginkontinenz ist eine adäquate Flüssigkeitszufuhr von Bedeutung. Viele Frauen trinken sehr viel, weil sie das für gesund halten. Patientinnen mit Dranginkontinenz müssen dar- über informiert werden, welche Trinkmenge für sie angemes- sen ist.

Eine weitere wichtige Säule in der Behandlung der Drang- inkontinenz ist das Blasentraining. Die Frauen werden ange- wiesen, zu Beginn einmal pro Stunde zur Toilette zu gehen. Das Intervall wird jede Woche verlängert, bis die Blase nur noch alle zwei bis drei Stunden entleert wird. Zum Blasentraining gehört auch ein Training der Beckenbodenmuskulatur und das Er- lernen von Entspannungstechniken, die helfen, den Harndrang zu unterdrücken.

Zur Pharmakotherapie der Dranginkontinenz empfiehlt die International Consultation on Incontinence (ICI) folgende Medikamente:

Tolterodin (4 mg einmal täglich)

Trospium (20 mg zweimal täglich)

Oxybutynin (5 bis 15 mg einmal täglich in Retardform)

Propiverin (15 mg dreimal täglich).

Führt die medikamentöse und die Verhaltenstherapie nicht zum Erfolg, kann eventuell eine Methode der Neuromodulation hel- fen. Die zystoskopische Injektion von Botulinumtoxin in den Detrusormuskel befindet sich noch im experimentellen Sta- dium.

Behandlung der Belastungsinkontinenz

WHO und ICI empfehlen ein Training der Beckenbodenmusku- latur. Die Frauen lernen, den Beckenboden wiederholt langsam und kräftig zu kontrahieren und die Spannung sechs bis acht Sekunden lang aufrecht zu erhalten. Pro Woche sollten drei bis vier Trainingseinheiten erfolgen. Vielen Frauen gelingt es durch Anspannen der Beckenbodenmuskulatur, den Urinverlust beim Husten drastisch zu reduzieren.

Verschiedene Instrumente, die in die Harnröhre oder Scheide (Pessar) eingeführt werden, sollen den Urinabgang bei Belas- tung verhindern. Diese Hilfsmittel zeigen eine gewisse Wirk- samkeit, werden von den Patientinnen jedoch nur bedingt akzeptiert.

Es gibt keine wissenschaftlichen Daten, welche die Wirksam- keit einer Östrogen-Monotherapie bei Belastungsinkontinenz belegen. Für den Serotonin- und Noradrenalin-Wiederauf- nahmehemmer Duloxetin liegen Phase-III-Studien vor, welche die Wirksamkeit des Medikaments bei Belastungsinkontinenz dokumentieren.

Behandlung der Mischinkontinenz

Bei der Mischinkontinenz werden Strategien eingesetzt, die sich bei der Drang- beziehungsweise Belastungsinkontinenz als erfolgreich erwiesen haben: Beckenbodentraining, Verhaltens- massnahmen (Blasentraining), Information über eine adäquate Flüssigkeitszufuhr. Einige Studien lassen vermuten, dass der Einsatz von Antimuskarinika und Serotonin-Noradrenalin- Wiederaufnahmehemmern bei Mischinkontinenz hilfreich sein könnte. Die weitere Therapie orientiert sich an den Sympto- men, die für die Patientin besonders belastend sind. Ist sowohl die Drang- als auch die Belastungssymptomatik für die Patien- tin störend, kann es günstig sein, zunächst die Drangkompo- nente zu behandeln.

Operative Behandlungsmöglichkeiten

Operative Eingriffe kommen in erster Linie bei Belastungs- inkontinenz in Frage, nur selten besteht bei therapierefraktärer Detrusorüberaktivität und Harnfisteln eine Operationsindika- tion. Bei der Beratung von Patientinnen mit Belastungsinkonti- nenz sollte der Hausarzt die Möglichkeit einer operativen Be- handlung erwähnen. Gute Langzeitergebnisse werden mit der retropubischen Urethropexie (Burch-Operation) und mit der

pubovaginalen Schlinge erreicht.

Peggy Norton (University of Utah School of Medicine, Salt Lake City, USA) et al.: Urinary incontinence in women. The Lancet 2006; 367: 57–67.

Andrea Wülker

Interessenkonflikte: Beide Autorinnen der Originalarbeit erklären ver- schiedene Verbindungen zu Pharmafirmen mit Interessen im Bereich Urogynäkologie.

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