Die Wirtschaft Mai/Juni 2020
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In den vergangenen Wochen hat die Corona-Epede- mie das öffentliche Leben in großen Teilen zum Er- liegen gebracht und auch tiefe Einschnitte im Alltag vieler Menschen hinterlassen. Von den damit verbun- denen Einschränkungen ist natürlich, trotz erster Lo- ckerungen, auch die regionale Wirtschaft sehr stark betroffen. Der Kammerbezirk erlebt einen in dieser Form einmaligen Einbruch der Konjunktur.
Klimaindex, Lage und Erwartungen Klimaindex, Lage und Erwartungen
Der IHK-Geschäftsklimaindex stürzt auf 67 Punkte ab. Dies bedeutet einen absoluten Tiefststand seit der Erhebung dieser Daten. In den vergangenen Jahren lag der Index immer deutlich über der 100-Punkte-Grenze.
Nach vielen Jahren des Aufschwungs und meist guter Entwicklung der Geschäfte bremsen das Coro- navirus und die damit zusammenhängenden Maßnah- men des Lockdowns die regionale Wirtschaft massiv aus. Die Hälfte der Unternehmen bezeichnet seine ak- tuelle Geschäftslage als schlecht. Dem stehen nur noch 15 Prozent mit einer anhaltend guten Situation gegen- über. Bis zum Jahresbeginn waren immerhin 40 Pro- zent mit ihrer Situation zufrieden.
Da für viele Branchen zum Zeitpunkt der Umfra- ge (Ende April) noch immer keine Perspektive für eine
Wiedereröffnung bzw. für eine deutliche Verbesse- rung der Rahmenbedingungen bestand, sind auch die Erwartungen für die kommenden zwölf Monate sehr pessimistisch. Jedes zweite Unternehmen rechnet mit einer weiteren Verschlechterung der Geschäfte, nur 18 Prozent erwarten eine Zunahme. Insbesondere im Gastgewerbe, in der Logistikbranche und im Einzelhan- del sind die Aussichten sehr düster. Dazu trägt neben den gesetzlichen Beschränkungen auch die gesunkene Konsumlaune bei.
Beschäftigung, Innovationen, Exporte Beschäftigung, Innovationen, Exporte
Der IHK-Beschäftigungsindikator zeigt deutlich nach unten. Ein Saldo von -32 Punkten deutet auf einen deutlichen Arbeitsplatzrückgang in den kommenden Monaten hin. 38 Prozent der befragten Unternehmen planen derzeit einen Personalabbau, nur sechs Pro- zent wollen ihre Beschäftigungsumfänge erhöhen.
Die negativen oder zumindest ungewissen Ein- schätzungen der nächsten Monate wirken sich auch stark bremsend auf die Investitionsbereitschaft aus.
58 Prozent wollen ihre Investitionen zurückfahren, nur noch zehn Prozent planen eine Erhöhung. Diese Entwicklung zieht sich durch alle Branchen, aber auch
Corona: Schwerste Wirtschaftskrise seit 1945
Sonderkonjunkturbericht der IHK Bonn/Rhein-Sieg zum Frühsommer 2020
60 70 80 90 100 110 120 130 140
I/20 III/19 II/19 I/19 III/18 II/18 I/18 III/17 II/17 I/17 III/16 II/16 I/16 III/15 II/15
I/15 I/19 I/20
II/15 III/15 I/16 I/17 II/17 III/17 II/18
140
130
120
110
100
90
80
70
60
gut befriedigend schlecht
Derzeitige Geschäftslage
Zukünftige Erwartungen
35,5%
15,4%
49,1%
besser gleichbleibend schlechter
31,7%
18,2%
I/18 115,5
125,5
III/18 119,8
III/19 II/20
II/16
121,0
III/16
131,6
II/19 106,5
111,9
67,2
50,1%
Konjunkturklimaindikator für alle Branchen
Die Wirtschaft Mai/Juni 2020
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KONJUNKTUR
hier sind das Gastgewerbe und der Verkehrssektor be- sonders stark betroffen.
Durch die weltweite Ausbreitung des Coronavirus und die damit verbundene Unterbrechung vieler Lo- gistikketten werden auch die Exporte aus unserer Re- gion stark schrumpfen. Zwei Drittel der exportieren- den Unternehmen rechnen mit einem Rückgang der Ausfuhren.
Corona: Auswirkungen auf Corona: Auswirkungen auf die Geschäfte
die Geschäfte
Auslöser für die beschriebenen Entwicklungen ist ein- deutig die Corona-Pandemie. 84 Prozent der befrag- ten Unternehmen spüren direkte negative Auswirkung auf ihre Geschäfte.
Dies bedeutet für zwei Drittel der Unternehmen eine geringere Nachfrage nach den eigenen Produk- ten und Dienstleitungen. Jeweils über 40 Prozent sind von der Absage von Messen und Veranstaltungen bzw. von der Stornierung von Aufträgen betroffen. 30 Prozent berichten von Liquiditätsengpässen und mehr als jedes fünfte Unternehmen muss sogar einen Still- stand der geschäftlichen Tätigkeit verkraften.
Bezogen auf die erwarteten Umsätze für das Jahr 2020 bedeutet dies für 15 Prozent einen Einbruch von 50 Prozent oder mehr. 22 Prozent rechnen mit einem Rückgang zwischen 25 und 50 Prozent und weitere 27 Prozent kalkulieren mit einer Reduzierung der Umsät- ze zwischen 10 und 25 Prozent.
Wenn sich die Geschäfte kurz- bis mittelfris- tig nicht wieder verbessern, wird das für viele Unter- nehmen zwangsläufig in die Insolvenz führen. In den kommenden vier Wochen halten immerhin noch 78 Prozent bei den derzeitigen Rahmenbedingungen eine Insolvenz für ausgeschlossen oder unwahrscheinlich.
Sollte sich auch in den kommenden drei Monaten die Situation nicht verbessern, kalkulieren 14 Prozent mit einer Insolvenz. Nur noch jedes vierte Unternehmen hält auch in diesem Szenario eine Insolvenz für aus- geschlossen.
Unterstützungsmaßnahmen und Unterstützungsmaßnahmen und deren Bewertung
deren Bewertung
Um der Wirtschaft durch diese Krise zu helfen, hat die Politik in den vergangenen Monaten zahlreiche Maß- nahmen beschlossen. Bis jetzt hat knapp die Hälfte der antwortenden Unternehmen eine oder mehrere der zur Verfügung stehenden Hilfsmaßnahmen genutzt.
Am häufigsten werden aktuell das Kurzarbeiter- geld und die Soforthilfe von Bund und Land genutzt.
72 Prozent der Unternehmen, die Hilfe angenommen haben, haben Kurzarbeitergeld beantragt. 67 Prozent haben einen Antrag auf eine Soforthilfe in Form eines Zuschusses gestellt. Fast 40 Prozent haben zudem die Möglichkeit genutzt und Steuerstundungen oder Her- absetzungen von Vorauszahlungen vereinbart. Das Kurzarbeitergeld wird besonders in der Industrie und im Gastgewerbe genutzt. Die Soforthilfe erzielt im Verkehrssektor und bei den Dienstleistern die höchs- ten Beteiligungsquoten.
Sehr zufrieden sind die Unternehmen bisher mit den Verfahren zur Beantragung von Kurzarbeitergeld, der Soforthilfe und von Steuerstundungen. Bei den Themen Vergabe von Bankkrediten, Darlehen, Bürg- schaften und Exportkreditversicherungen halten sich positive und negative Bewertungen jeweils in etwa die Waage.
Die Bewertung des Krisenmanagements auf den unterschiedlichen politischen Ebenen fällt durchaus differenziert aus. Mit einer Durchschnittsnote von 2,3 liegt die Bundesregierung ganz vorne. An zweiter Stelle folgt mit einer Durchschnittsnote von 2,7 die Landes- regierung. Deutlich zurück fällt dagegen die Einschät- zung der Politik in der Coronakrise auf EU-Ebene.
gut | besser | zunehmend befriedigend | gleichbleibend schlecht | schlechter | abnehmend
Veränderung des Saldos zur Vorumfrage …
... um mehr als 15 Punkte ... zwischen 15 und 7,5 Punkte ... zwischen 7,5 und - 7,5 Punkte ... zwischen - 7,5 und -15 Punkte ... um mehr als - 15 Punkte
Die Erwartungen der Branchen zum Jahresbeginn 2020
Industrie Dienstleistung
Einzelhandel Information und Kommunikation
Gastgewerbe Verkehr
Michael Schmaus, Telefon 0228 2284-140, E-Mail: schmaus@bonn.ihk.de
Ihr Ansprechpartner:
Der komplette Wirtschaftslage- bericht kann als PDF-Datei von den Seiten der IHK Bonn/Rhein-Sieg (www.ihk-bonn.de
| Webcode @2058) im Bereich Standort- politik | Konjunktur heruntergeladen werden.
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
Beschäftigung Investitionen Erwartungen Lage
20,1 36,1 43,8
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
Export Beschäftigung Investitionen Erwartungen Lage
14,9 33,7 51,4
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
Beschäftigung Investitionen Erwartungen Lage
13,2 28,9 57,9
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
Beschäftigung Investitionen Erwartungen Lage
18,8 31,2 50,0
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
Beschäftigung Investitionen Erwartungen Lage
14,3 14,3 71,4
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
Beschäftigung Investitionen Erwartungen Lage
19,4 16,7 63,9