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Nichtlineare Photoperturbation an lebenden Zellen mit Mehrfarben-Femtosekunden-Faserlasern

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Academic year: 2022

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Nichtlineare Photoperturbation an lebenden Zellen mit Mehrfarben-Femtosekunden-Faserlasern

Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors der Naturwissenschaften

(Doctor rerum naturalium) vorgelegt von

Martin Tomas an der

Mathematisch-Naturwissenschaftliche Sektion Fachbereich Physik

Tag der mündlichen Prüfung: 23. Juli 2013

1. Referent: Prof. Dr. Alfred Leitenstorfer

2. Referentin: Prof. Dr. Elisa May

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung 1

2 Fluoreszenzmikroskopie und Photoperturbation 5

2.1 Konfokale Fluoreszenzmikroskopie . . . 5

2.2 Multiphotonenmikroskopie . . . 7

2.3 Fluoreszenz-Photoperturbation zur Erforschung von Proteindynamiken . . 11

3 DNA-Schäden und ihre Reparaturmechanismen 25 3.1 Kompaktierung der DNA zum Chromatin . . . 27

3.2 DNA-Schäden . . . 29

3.3 Induktion von DNA-Schäden durch Laser . . . 32

4 Experimenteller Aufbau zur Fluoreszenzmikroskopie und Photoperturba- tion 43 4.1 Femtosekunden-Faserlaser . . . 43

4.2 Einkopplung eines Femtosekunden-Faserlasers in ein LSM . . . 45

4.3 Einkopplung eines Zwei-Arm-Femtosekunden-Faserlasers in ein LSM über eine externe Scaneinheit . . . 48

4.4 Bestrahlungsbedingungen . . . 50

5 Lokale Induktion von DNA-Schäden zur Analyse von DNA-Reparatur- mechanismen 53 5.1 Charakterisierung des laserinduzierten Schadens . . . 54

5.2 Rekrutierungsstudien von DNA-Reparaturproteinen . . . 57

5.3 Die Schadenserkennung des Reparaturproteins XPC . . . 58

5.4 Die Rekrutierung von GFP-XPC in der Zelllinie DT40 . . . 60

5.5 Der Einfluss der Methylierung des Proteins PARP1 auf dessen enzymati- sche Aktivität . . . 62

5.6 Die Rekrutierung des Proteins XRCC1 unter Inhibition der PARP . . . . 65

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5.7 Die Rekrutierung der Werner-Proteins unter Inhibition der PARP . . . . 66 6 Messung der Mobilität von Kernproteinen in Anwesenheit eines DNA-

Schadens 69

6.1 Messung der Leistungsabhängigkeit von Photoaktivierung und DNA-Scha- densinduktion . . . 70 6.2 Kombination von nichtlinearer DNA-Schädigung und Photoaktivierung . . 74 6.3 Vergleich mit anderen Messmethoden . . . 78 6.4 Charakterisierung des induzierten Schadens . . . 82

7 Das Linker-Histon H1.2 85

7.1 Die schadensinduzierte Zunahme der Mobilität von H1.2 . . . 85 7.2 Ortsabhängigkeit der schadensinduzierten Mobilitätszunahme von H1.2 . 88 7.3 Einfluss des Enzyms PARP . . . 92 7.4 Die Mobilität von H1.2 unter Inhibition der Histon-Deacetylase . . . 93 7.5 Diskussion der Ergebnisse . . . 93 8 Messung von Austauschraten rekrutierender Proteine am Beispiel von

XRCC1 97

8.1 Akkumulation von GFP-XRCC1 an der Schadensstelle . . . 99 8.2 Mobilitätsmessungen von PAGFP-XRCC1 in zuvor geschädigtem Chromatin 99 9 Modellierung von Proteinkinetiken als Reaktions-Diffusions-Prozess 103

9.1 Modellierung der schadensinduzierten Mobilitätszunahme des Linker-Hi- stons H1.2 . . . 106 9.2 Abschätzung der mittleren Zeitdauer bei der Bindung von XRCC1 an

DNA-Schäden . . . 109

10 Zusammenfassung und Ausblick 113

Literaturverzeichnis I

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1 Einleitung

Fortschritte in der Mikroskopie sind in vielen Fällen die Grundlage neuer Erkenntnis- se in der Biologie. Schon die Entdeckung der Zelle als kleinste Einheit von lebenden Organismen geht auf die Entwicklung des ersten Lichtmikroskops zurück (Hoo65). In der modernen Biologie zählt insbesondere die Fluoreszenzmikroskopie zu den wichtigs- ten Analysemethoden, da sie die Visualisierung von subzellulären Strukturen ermöglicht.

Große Fortschritte werden aktuell vor allem auf dem Gebiet der hochauflösenden Mi- kroskopie erreicht, die es ermöglicht Strukturen mit einer Größe unterhalb von 100 nm sichtbar zu machen (Wil06; Bet06; Gus05).

Neben ihrer Funktion zur Abbildung werden optische Technologien in der Biologie und Medizin immer häufiger auch zur gezielten Manipulation von lebenden Zellen oder Ge- webe eingesetzt. Beispiele hierfür sind optische Pinzetten, die das kontrollierte Bewegen von Zellen oder Zellbestandteilen erlauben (Ash10), der Forschungsbereich der Optoge- netik, bei dem biologische Systeme durch Licht manipuliert werden (Dei10), oder auch der Einsatz von Lasern in der Chirurgie (Bou86).

Im Forschungsgebiet der Zellbiologie ist in diesem Zusammenhang die Photoperturba- tion von Bedeutung. Der regulär vorherrschende Zustand einer Zelle wird dabei durch Licht bewusst gestört, um anschließend die durch den Eingriff hervorgerufenen Prozesse zu beobachten. Die Methode erlaubt so die Analyse dynamischer Vorgänge in lebenden Zellen. Ein Beispiel hierfür ist die lokale Induktion von DNA-Schäden, die zu der Aktivie- rung einer komplexen zellulären Schadensantwort führt. Techniken der Photoperturbation werden zudem in der Fluoreszenzmikroskopie eingesetzt, um ein Ungleichgewicht in der räumlichen Verteilung von fluoreszenzmarkierten Proteinen zu erzeugen. Die anschlie- ßende Beobachtung der Rückkehr zum Gleichgewichtszustand lässt Rückschlüsse auf die Dynamik und das Bindungsverhalten von Proteinen zu (Ban10).

Eine wichtige Voraussetzung für Fortschritte auf den Gebieten der Mikroskopie und der optischen Manipulation ist die technische Weiterentwicklung von Laserquellen mit immer höherer Leistungsstärke, Flexibilität und Bedienerfreundlichkeit. So hat die Nutzung von Lasern mit Impulsdauern in der Größenordnung von 100 fs zahlreiche neue Techniken

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ermöglicht, von denen die Multiphotonenmikroskopie die bekannteste ist (Zip03).

Zur Erzeugung von ultrakurzen Laserimpulsen werden üblicherweise Titan:Saphir-Laser verwendet. In den letzten Jahren haben sich jedoch auch Femtosekunden-Faserlaser zu einer etablierten Technik auf diesem Gebiet entwickelt. Diese auf dotierten Glasfasern basierenden Lasersysteme zeichnen sich vor allem durch ihre hohe Stabilität, Flexibilität und die einfache Bedienbarkeit aus. Durch die gezielte Nutzung von hochnichtlinearen Effekten in Germanosilikat-Glasfasern und die Frequenzkonversion in nichtlinearen Kris- tallen haben Faserlaser einen weiten Wellenlängenbereich erschlossen, der sich über das gesamte sichtbare und nahinfrarote Spektrum erstreckt (Trä08).

Im Forschungsgebiet der DNA-Reparatur hat sich die lokale Schädigung von lebenden Zellen durch Femtosekunden-Laser zu einer beliebten Technik entwickelt, da das betrof- fene Volumen auf einen Bereich innerhalb des Zellkerns beschränkt ist. Die Kombination von Laserschädigung mit der Fluoreszenzmikroskopie bietet die Möglichkeit der unmit- telbaren Beobachtung der sich an die Photoperturbation anschließenden Prozesse.

Bei der Bestrahlung mit Femtosekunden-Impulsen entstehen DNA-Schäden durch nicht- lineare Prozesse. Aus diesem Grund unterscheidet sich die bei verschiedenen Wellen- längen hervorgerufene Art der Schäden deutlich von der bei der lineare Absorption. So können beispielsweise bei Wellenlängen im Bereich von 800 nm über eine Drei-Photo- nen-Absorption sogenannte UV-Photoprodukte induziert werden (Mel03). Diese Art von Schaden entsteht bei linearer Absorption nur in einem Wellenlängenbereich von etwa 260 nm (Voe63). Zusätzlich zur Induktion von UV-Photoprodukten führt die Bestrah- lung mit Femtosekunden-Impulsen durch Prozesse höherer Ordnung zur Ionisation und freien Elektronen. Die auf diese Weise induzierten Schäden sind vergleichbar mit denen von ionisierender Strahlung, sie führen im Wesentlichen zu DNA-Strangbrüchen.

Die Vielseitigkeit von Faserlasern erweist sich auch im Forschungsgebiet der DNA-Repara- tur als großer Vorteil. So konnte gezeigt werden, dass bei einer Wellenlänge von 1050 nm in einem bestimmten Leistungsbereich selektiv DNA-Strangbrüche induziert werden kön- nen, wohingegen eine Wellenlänge von 775 nm zu Strangbrüchen und UV-Photoprodukten führt (Trä10). Selektivität in der Schadensinduktion ist von großer Bedeutung bei der Erforschung der vielfältigen und komplexen Reparaturmechanismen der DNA.

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Diese Arbeit befasst sich mit Techniken der nichtlinearen Photoperturbation zur Untersu- chung von DNA-Reparaturmechanismen in lebenden Zellen. Dazu wird ein Femtosekun- den-Faserlaser in ein konfokales Fluoreszenzmikroskop eingekoppelt. Die Ausgangswellen- länge von 1550 nm des Erbium:Faserlasersystems kann durch eine Frequenzverdopplung zu einer Wellenlänge von 775 nm konvertiert werden. Zudem liefert eine Kombination aus einer hoch nichtlinearen Germanosilikat-Glasfaser und einem Ytterbium:Faserverstärker Femtosekunden-Impulse bei der Wellenlänge 1050 nm. Die durch die Photoperturbation hervorgerufenen Prozesse werden durch die Fluoreszenzmikroskopie mit linearer Anregung beobachtet. Nach einer lokalen DNA-Schädigung an lebenden Zellen kann auf diese Wei- se die Akkumulation von fluoreszenzmakierten Reparaturproteinen untersucht werden.

Diese Technik findet Anwendung in unterschiedlichsten Bereichen im Forschungsgebiet der DNA-Reparatur. In der vorliegenden Arbeit werden Ergebnisse von Studien zum Bin- dungsverhalten des Reparaturproteins XPC, zum Einfluss der Methylierung des Enzyms PARP auf dessen Aktivität und zur Bindung der Proteine XRCC1 und WRN an DNA- Schäden unter Inhibition der PARP vorgestellt.

Des Weiteren wird in dieser Arbeit ein Messverfahren vorgestellt, das die Untersuchung der Mobilität von Kernproteinen in zuvor geschädigten Zellen erlaubt. Es besteht aus einer DNA-Schädigung durch Femtosekunden-Impulse und einer Zwei-Photonen-Photoaktivie- rung bei unterschiedlichen Laserwellenlängen. Die Kombination dieser beiden Techniken der nichtlinearen Photoperturbation ermöglicht erstmals die direkte Beobachtung des Einflusses von DNA-Schäden auf die Mobilität von Kernproteinen. Insbesondere für den Zeitraum innerhalb der ersten Minuten nach der Schadensinduktion ist dies mit anderen Ansätzen bisher nicht möglich.

Das entwickelte Messverfahren wird in dieser Arbeit dazu genutzt, den Einfluss von DNA- Schäden auf die Mobilität des Linker-Histons H1.2 zu untersuchen. Die Ergebnisse zeigen erstmals, dass es zu einer Zunahme der Mobilität von H1.2 in Anwesenheit von DNA- Schäden kommt. Die Mobilitätsänderung weist eine zeitliche Abhängigkeit auf und ist lokal auf den geschädigten Bereich begrenzt.

Als weitere Anwendung wird die Bindung des Reparaturproteins XRCC1 an die DNA- Schadensstelle untersucht. Durch das entwickelte Messverfahren und eine mathemati- sche Modellierung der Ergebnisse kann erstmals ein Wert für die mittlere Bindungsdauer an der Schadensstelle angegeben werden.

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Die vorliegende Arbeit beginnt mit einer Vorstellung der Techniken der Fluoreszenz-Pho- toperturbation, mit denen Proteindynamiken in lebenden Zellen beobachtet werden. Um aus den Messdaten Rückschlüsse auf die Bindung von Proteinen ziehen zu können, werden die Prozesse durch ein Reaktions-Diffusions-Modell beschrieben und mit den gemessenen Ergebnissen verglichen. In Kapitel 2 wird diese Vorgehensweise genauer beschrieben und eine Zusammenfassung der wichtigsten Veröffentlichungen auf diesem Themengebiet ge- geben.

Kapitel 3 gibt einen Überblick über die unterschiedlichen Arten von DNA-Schäden, de- ren Entstehung, sowie die zellulären Reparaturmechanismen. Da im Forschungsgebiet der DNA-Reparatur häufig Laser zur Induktion von Schäden genutzt werden, wird in diesem Kapitel ein Überblick über diese Technik gegeben, wobei der Schwerpunkt auf den Entstehungsmechanismen von DNA-Schäden bei der Bestrahlung mit ultrakurzen Laserimpulsen liegt.

Nach einer Beschreibung des in dieser Arbeit verwendeten Versuchsaufbaus in Kapitel 4 zeigt Kapitel 5 die Ergebnisse von Messungen, bei denen die Akkumulation von Repara- turproteinen an der Schadensstelle untersucht wird.

Kapitel 6, 7 und 8 widmen sich schließlich der neu entwickelten Messmethode und den dadurch erzielten Ergebnissen. Es handelt sich hierbei um Untersuchungen zum Linker- Histon H1.2 (Kapitel 7) und zum Reparaturprotein XRCC1 (Kapitel 8). Kapitel 9 be- schreibt einen Ansatz zur mathematischen Modellierung von Proteinbewegungen in zuvor geschädigtem Chromatin. Die Arbeit endet mit einer Zusammenfassung (Kapitel 10).

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2 Fluoreszenzmikroskopie und Photoperturbation

Die Fluoreszenzmikroskopie stellt eine der wichtigsten Analysemethoden in der moder- nen Biologie dar. Durch fluoreszierende Farbstoffe lassen sich Strukturen in Zellen oder Gewebe sichtbar machen, die mit anderen lichtmikroskopischen Techniken aufgrund des geringen Kontrastes nicht beobachtet werden können. Der Einsatz von fluoreszierenden Proteinen ermöglicht auch die Mikroskopie von lebenden Zellen. Dynamische Prozesse und Mobilitäten von Proteinen lassen sich durch die Fluoreszenz-Photoperturbation be- obachten. Bei diesen Techniken werden die Fluoreszenzeigenschaften der Markerproteine durch Licht manipuliert.

Die Anregung und Manipulation von fluoreszierenden Proteinen kann auch durch die gleichzeitige Absorption von mehreren Photonen geringerer Energie erfolgen. Das An- regungsvolumen ist in diesem Fall kleiner als bei einer Ein-Photonen-Anregung. In der Multiphotonenmikroskopie erreicht man durch dieses Prinzip eine erhöhte Auflösung, bei der Photoperturbation ist eine präzise Manipulation im Sub-µm-Bereich möglich.

Dieses Kapitel gibt, nach einer Einführung in die konfokale Fluoreszenzmikroskopie und die Multiphotonenanregung, einen Überblick über die wichtigsten Techniken der Fluores- zenz-Photoperturbation und die Auswertung und Interpretation der Messergebnisse durch Modellierung.

2.1 Konfokale Fluoreszenzmikroskopie

Bei der Fluoreszenz geht ein Atom oder Molekül von einem angeregten Zustand unter Emission eines Photons in einen energetisch tiefer liegenden Zustand über. Die mittlere Lebensdauer des angeregten Zustandes liegt dabei im Bereich von einigen Nanosekunden.

Im Gegensatz zu Atomen gibt es bei Molekülen neben den elektronischen Energieniveaus noch eine Vielzahl von Schwingungs- und Rotationszuständen, die zu einer Verbreite- rung der Energieniveaus führen. In komplexen Molekülen führt dies zu kontinuierlichen Absorptions- und Emissionsspektren, deren Maxima wegen der Stokesverschiebung bei

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Sample

Objective Scanner Dichroic mirror

Pinhole Photo- multiplier Laser

Energy

S0

S1

Abbildung 2.1: Funktionsweise der konfokalen Fluoreszenzmikroskopie.

Links: Aufgrund der Stokes-Verschiebung hat die von einem Fluorophor emittierte Strahlung eine höhere Wellenlänge als das Anregungslicht.

Rechts: Die Fluoreszenzmikroskopie nutzt dieses Prinzip, um Anregungs- und Emissionslicht durch einen dichroitischen Strahlteiler zu trennen. Durch eine Blende vor dem Detektor gelangt nur Licht aus der Fokusebene zum Detektor.

unterschiedlichen Wellenlängen liegen.

Die Fluoreszenzmikroskopie nutzt dieses Prinzip, um Anregungslicht und das vom Fluo- rophor emittierte Licht durch einen dichroitischen Strahlteiler spektral voneinander zu trennen. Die optischen Eigenschaften dieses Strahlteilers sind dabei so gewählt, dass er ein stark unterschiedliches Reflexionsvermögen für die Anregungswellenlänge und die ins Langwellige verschobene Fluoreszenz besitzt.

Erfolgt die Anregung der Fluorophore zu einem bestimmten Zeitpunkt nur an einem Punkt des Präparats, so spricht man von konfokaler Fluoreszenzmikroskopie. Konfokal bedeutet in diesem Fall, dass der Beleuchtungs- und der Abbildungsstrahlengang den gleichen Fokus haben. Durch punktweises Abrastern des gesamten Präparats lässt sich eine Abbildung der räumlichen Fluoreszenzintensitätsverteilung erstellen. Man spricht bei diesem Verfahren von einem konfokalen Laser-Scanning-Mikroskop (LSM). Abbildung 2.1 zeigt schematisch die Funktionsweise.

Die optische Auflösung eines LSMs wird charakterisiert durch die Punktabbildungsfunkti- on (point spread function, PSF). Die PSF gibt an, wie ein als punktförmig angenommenes

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2.2 Multiphotonenmikroskopie

Objekt durch das optische System abgebildet wird. Ein mit einem LSM aufgenommenes Bild ist immer ein Faltung des realen Bildes mit der PSF.

Die Gesamt-PSF setzt sich zusammen aus dem Produkt der Beleuchtungs-PSF und der Detektions-PSF. Die Beleuchtungs-PFS entspricht dem Anregungsvolumen des durch das Objektiv fokussierten Laserstrahls. Die minimale Größe dieses Volumens ist gegeben durch die Beugung des Anregungslichtes am Objektiv des Mikroskops. Die Detektions- PSF lässt sich durch eine Lochblende (pinhole) vor dem Detektor weiter verkleinern.

Diese Anordnung führt dazu, dass nur Fluoreszenzlicht aus der Fokusebene zum Detek- tor gelangen kann, was die Auflösung erhöht.

Die Fluoreszenzmikroskopie ist von großer Bedeutung in der Biologie. Ein Grund hierfür ist, dass es durch die Immun- oder Antikörperfärbung möglich ist, bestimmte Strukturen in Zellen anzufärben. Die Immunfärbung beruht auf dem Einsatz von Antikörpern, die spezifisch an bestimmte Proteine binden. Durch eine Kombination dieser Antikörper mit Farbstoffen ist es möglich Zellbestandteile oder Proteinverteilungen sichtbar zu machen.

Für eine Antikörperfärbung von subzellulären Strukturen muss das Gewebe jedoch fixiert sein, eine Mikroskopie an lebenden Zellen ist mit dieser Technik nicht möglich.

Durch den Einsatz von fluoreszierenden Proteinen, wie beispielsweise dem grün fluoreszie- renden Protein (GFP), ist es auch möglich, die Funktionsweise von Proteinen in lebenden Zellen zu untersuchen. Dazu wird die DNA von GFP mit der DNA von anderen Proteinen fusioniert und in lebende Zellen eingebracht. Auf diese Weise bringt man die Zelle da- zu, selbständig dieses Protein herzustellen. Durch die Fluoreszenzmikroskopie lassen sich somit Informationen über die räumliche und zeitliche Verteilung des Proteins gewinnen.

2.2 Multiphotonenmikroskopie

In der Fluoreszenzmikroskopie erfolgt die Anregung eines Farbstoffmoleküls üblicherweise durch die Absorption eines Photons. Es ist aber auch möglich, dass zwei Photonen mit geringerer Energie gleichzeitig absorbiert werden und den Übergang anregen. Dieser Pro- zess wurde im Jahre 1931 von Maria Göppert-Mayer theoretisch beschrieben (GM31).

Da für eine Zwei-Photonen-Anregung sehr hohe Photonendichten nötig sind, konnte der experimentelle Nachweis jedoch erst 1961 nach der Erfindung des Lasers erbracht werden (Kai61). Im Jahre 1990 wurde die Zwei-Photonen-Anregung erstmals für die Mikrosko- pie genutzt (Den90) und hat sich seitdem zu einer weit verbreiteten Technik entwickelt (Zip03; Hel05).

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Ein wichtiger Grund für den Erfolg der Multiphotonenmikroskopie ist die Enwicklung von immer leistungsstärkeren und bedienerfreundlicheren Ultrakurzpulslasern mit Impulsdau- ern in der Größenordnung von 100 fs. Da sich die Energie auf die einzelnen Lichtimpulse konzentriert, erreichen Femtosekunden-Laser die für die Zwei-Photonen-Anregung benö- tigten sehr hohen Spitzenintensitäten (GW/cm2) schon bei moderaten mittleren Leis- tungen (einige mW). Dies ermöglicht die Mikroskopie von lebenden Zellen, Gewebe und ganzen Organismen (Svo97; Hel05).

Mathematisch lässt sich die Zwei-Photonen-Absorption durch die zeitabhängige Störungs- rechnung zweiter Ordnung beschreiben. Der Übergang wird als Zwei-Niveau-System be- trachtet, dass durch die Absorption von zwei Photonen vom Grundzustand in den an- geregten Zustand übergehen kann. Das erste Photon hebt das System dabei in einen virtuellen Zwischenzustand mit sehr kurzer Lebensdauer (fs) an. Durch die Absorption eines weiteren Photons während dieser Zeit kann der Übergang in den angeregten Zu- stand erfolgen.

Bei einem Ein-Photonen-Absorptionsprozess ist die Wahrscheinlichkeit für einen Über- gang propotional zur Intensität der einfallenden Strahlung. In der Fluoreszenzmikrosko- pie besteht also ein linearer Zusammenhang zwischen der Intensität des Anregungslichtes und der Anzahl der angeregten Moleküle und somit der Fluoreszenzintensität. Bei der Zwei-Photonen-Anregung sind sowohl die Wahrscheinlichkeit für den Übergang ins Zwi- schenniveau als auch die Wahrscheinlichkeit für den Übergang vom Zwischenniveau in den angeregten Zustand propotional zur Intensität der einfallenden Strahlung. Die Ge- samtwahrscheinlichkeit für die Anregung vom Grundzustand in den energetisch höher liegenden Zustand ist somit proportional zum Quadrat der Intensität. Man spricht des- halb auch von einem nichtlinearen Prozess zweiter Ordnung. Für die Anzahl N der durch einen Zwei-Photonen-Prozess angeregten Moleküle gilt (Den90):

NP02σ τ f2

NA2 2~

!2

(2.1)

P0 ist dabei die mittlere Leistung,τ die Impulsdauer,f die Wiederholrate des Lasers, NA die numerische Apertur des Objektivs, λdie Wellenlänge und σ der Wirkungsquerschnitt für die Zwei-Photonen-Absorption. Neben der Absorption von zwei Photonen ist auch die gleichzeitige Absorption von drei oder mehr Photonen möglich. Allgemein gilt für die

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2.2 Multiphotonenmikroskopie

> 0.95

0.10 - 0.20 0.05 - 0.10 < 0.05 0.20 - 0.30 0.30 - 0.40 0.40 - 0.50 0.50 - 0.60 0.60 - 0.70 0.80 - 0.90 0.90 - 0.95

z (µm)

x (µm)

n=2 n=3

n=1

Abbildung 2.2: Berechnete Verteilung des effektiven Anregungsvolumens für eine Ein-, Zwei- und Drei-Photonen-Anregung mit einer Wellenlänge von 775 nm und einer NA von 1,3. Mit zunehmender Ordnung des Prozesses verringert sich das Anregungsvolumen.

Anzahl der durch einen n-Photonen-Prozess angeregten Moleküle N (Xu96):

Nσn Ipeakn τP0n

τn−1 (2.2)

Hierbei ist σn der Wirkungsquerschnitt für eine n-Photonen-Absorption. Die Spitzenin- tensität Ipeak berechnet sich zu (Trä10):

Ipeak= P0

f τ A (2.3)

A ist hierbei die bestrahlte Fläche. Da sich durch eine längere Wechselwirkungsdauer auch die Wahrscheinlichkeit für einen Übergang erhöht, ist die Ordnung der Impulsdauer τ in Gleichung 2.2 um eins geringer als die der mittleren Leistung P0.

Abbildung 2.2 zeigt die berechnete räumliche Intensitätsverteilung einer Ein-, Zwei- und Drei-Photonen-Anregung für Licht der Wellenlänge 775 nm, das durch ein Objektiv mit einer NA von 1,3 fokussiert wird1. Da die Wahrscheinlichkeit für eine Anregung von der n-ten Potenz der Intensität abhängt, verringert sich das angeregte Volumen mit zuneh- mender Ordnung n des Prozesses.

Die nichtlineare Abhängigkeit des Fluoreszenzsignals von der Intensität stellt sich als großer Vorteil für die Mikroskopie heraus, da sie zu einer Erhöhung der Auflösung führt.

Eine Blende vor dem Detektor, wie bei der linearen Anregung zur Erhöhung des Auflö- sungsvermögens verwendet wird, ist bei der Multiphotonen-Mikroskopie nicht mehr nötig.

Zudem verringert sich durch das geringere Anregungsvolumen der Effekt des Ausbleichens

1Die Darstellung orientiert sich an einer Abbildung aus Meldrum et al. (Mel03). Den Berechnungen liegt die gaußsche Strahlenoptik zugrunde.

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der Farbstoffe.

Um Fluorophore im sichtbaren Spektralbereich anzuregen wird in der Multiphotonen- Mikroskopie typischerweise infrarote Strahlung im Wellenlängenbereich zwischen 700 nm und 1000 nm verwendet, was dem Durchstimmbarkeitsbereich eines Titan:Saphir-Lasers entspricht. Infrarote Strahlung bietet gegenüber sichtbarem Licht den Vorteil, dass die Eindringtiefe in biologische Medien deutlich höher ist. Die Gründe hierfür sind zum einen starke Frequenzabhängigkeit der hier dominierenden Rayleigh-Streuung (∝ω4) und zum anderen die geringere Absorption von zellulären Bestandteilen (Kön01). Bei einer Wellen- länge von 1300 nm liegt die Eindringtiefe bei über einem Millimeter (Kob09). Für höhere Wellenlängen überwiegt jedoch die stärker werdende Wasserabsorption gegenüber der geringeren Streuung.

Bei den Zwei-Photonen-Absorptionsspektren von Fluorophoren fällt auf, dass sie nicht ex- akt der doppelten Photonenenergie der linearen Absorption entsprechen. Typischerweise sind sie leicht ins Kurzwellige verschoben. Zudem lassen sich viele Moleküle gar nicht oder nur sehr ineffizient anregen. Der Grund hierfür ist, dass für die Zwei-Photonen-Absorption andere Auswahlregeln gelten als für die lineare Absorption. In Atomen oder Molekülen mit Inversionszentrum kann ein durch die Absorption eines Photons induzierter Dipol- Übergang nur zwischen zwei Zuständen mit unterschiedlicher Parität stattfinden, also von gerader zu ungerader Parität oder umgekehrt. Bei einem Zwei-Photonen-Übergang ändert sich die Parität bei der Absorption des ersten Photons und noch ein weiteres Mal bei der Absorption des zweiten Photons. Insgesamt bleibt die Parität also erhalten.

Die Auswahlregeln gelten jedoch schon in größeren Atomen nicht mehr streng. Bei ei- ner Spin-Bahn-Kopplung ist nur noch der Gesamtdrehimpuls eine Erhaltungsgröße und es kommt zu einer Überlagerung von verschiedenen Zuständen. Zudem führt eine Ab- weichung von der Zentralsymmetrie, wie es in mehratomigen Molekülen der Fall ist, ebenfalls zu einer Aufhebung der Drehimpuls-Auswahlregel. Wie effizient sich ein elek- tronischer Übergang eines Moleküls durch eine Zwei-Photonen-Absorption anregen lässt, hängt von der chemischen Struktur des Fluorophors ab.

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2.3 Fluoreszenz-Photoperturbation zur Erforschung von Proteindynamiken

2.3 Fluoreszenz-Photoperturbation zur Erforschung von Proteindynamiken

Die Techniken der Fluoreszenz-Photoperturbation bieten eine Möglichkeit, die Mobilität von Proteinen in lebenden Zellen zu untersuchen. Die Idee bei dieser Art von Experimen- ten ist es, durch eine optische Manipulation ein räumliches Ungleichgewicht in der Vertei- lung der fluoreszent markierten Proteine herzustellen um danach die Wiederherstellung des Gleichgewichtszustandes zu beobachten. Die bekanntesten Methoden hierfür sind FRAP (fluorescence recovery after photobleaching), FLIP (fluorescence loss in photo- bleaching), Photoaktivierung und Photokonvertierung. Diese Messmethoden werden im ersten Teil dieses Abschnitts erklärt. Aus den gemessenen Daten lassen sich Rückschlüs- se auf biochemische Bindungseigenschaften ziehen. Dazu werden die Proteindynamiken durch ein Reaktions-Diffusions-Modell beschrieben und mit den experimentellen Daten verglichen. Im zweiten Teil dieses Abschnitts werden die Grundlagen und die wichtigsten analytischen sowie numerischen Lösungen der Modelle vorgestellt.

2.3.1 Techniken der Fluoreszenz-Photoperturbation

Mit der Fluoreszenzmikroskopie ist es möglich die räumliche und zeitliche Verteilung ei- nes Proteins in lebenden Zellen zu beobachten. Die gemessene Intensitätsverteilung ist jedoch üblicherweise ein Gleichgewichtszustand und liefert somit keine Informationen dar- über, ob ein Austausch der Proteine stattfindet und mit welcher Geschwindigkeit dieser erfolgt. Die Techniken der Fluoreszenz-Photoperturbation bieten eine Möglichkeit, diese dynamischen Prozesse zu untersuchen.

Die am weitesten verbreitete Methode in diesem Zusammenhang ist FRAP. Bei dieser Technik wird die Fähigkeit der Fluoreszenz des Markerproteins lokal durch einen Bleich- prozess zerstört. Dies geschieht durch die kurzzeitige Bestrahlung einer definierten Stelle mit Licht hoher Intensität. Dadurch ändert sich zwar die räumliche Verteilung der Fluo- reszenz, nicht aber die des zu untersuchenden Proteins. Bei einer Umverteilung kommt es zu einer Vermischung zwischen Proteinen mit fluoreszierenden und geblichenen Markern und somit zu einer Rückkehr der Fluoreszenz innerhalb der geblichenen Region. Die Zeit der Wiederherstellung der Fluoreszenz (fluorescence recovery) hängt von den Bindungs- eigenschaften des Proteins ab. Aus dem zeitlichen Intensitätsverlauf lassen sich durch Vergleich mit Modellen Rückschlüsse auf Bindungskonstanten ziehen. In Abbildung 2.3

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ist die Funktionsweise der Messmethode schematisch gezeigt.

Der zeitliche Verlauf der Intensität kann auch in einem Bereich beobachtet werden, in dem das fluoreszierende Protein nicht geblichen wurde. In diesem Fall kommt es bei der Umverteilung des Proteins zu einer Abnahme der Fluoreszenzintensität innerhalb dieser Region. Diese Technik wird als FLIP bezeichnet und liefert eine zu FRAP komplementäre Information, was eine unabhängige Bestätigung der Ergebnisse liefert.

Neuere Methoden der Fluoreszenz-Photoperturbation beruhen auf dem Einsatz von pho- toaktivierbaren und photokonvertierbaren Proteinen. Diese Proteine ändern durch die Bestrahlung mit Licht einer bestimmten Wellenlänge ihre Fluoreszenzeigenschaften. Bei photoaktivierbaren Proteinen erhöht sich die Effizienz der Fluoreszenzanregung um meh- rere Größenordnungen, bei photokonvertierbaren Proteinen ändert sich das Anregungs- und Emissionsspektrum. Es ist also möglich, die Fluoreszenzeigenschaft dieser Proteine durch einen Lichtblitz gewissermaßen anzuschalten. Das bekannteste Beispiel in diesem Zusammenhang ist das photoaktivierbare grün fluoreszierende Protein (photoactivatable green fluorescent protein, PAGFP) (Pat02). Durch eine Bestrahlung bei einer Wellenlän- ge von 400 nm erhöht sich bei diesem Protein die Intensität der emittierten Strahlung um den Faktor 100 (Anregung bei 504 nm, Emission bei 517 nm) (Ban10).

Photoaktivierbare Proteine eignen sich sehr gut zur Analyse von Proteinmobilitäten, da die Bestrahlung mit einem fokussierten Laser die Fluoreszenzeigenschaft lokal anschalten kann. Dies ermöglicht Experimente, die zu FRAP-Messungen analog sind. Abbildung 2.4 zeigt schematisch den Ablauf eines solchen Experimentes. Gegenüber dem Ausbleichen von Proteinen bietet die Photoaktivierung folgende Vorteile (Ban10):

• Bei Photoaktivierungsexperimenten wird ein helles Signals über einem dunklen Hin- tergrund gemessen. Dies führt zu einem besseren Signal-zu-Rausch-Verhältnis im Vergleich zu FRAP Messungen, bei denen eine dunkle Region vor einem hellen Hintergrund gemessen wird.

• Beim Ausbleichen wird das Markerprotein teilweise in einen Triplett-Zustand ange- regt. Diese sogenannten dunklen Zustände (dark states) haben eine relativ lange Lebensdauer im Bereich von einigen Millisekunden und tragen währenddessen nicht zur Fluoreszenz bei. Nach dem Zerfall in den Grundzustand ist eine Anregung der Fluoreszenz jedoch wieder möglich. Diese Eigenschaft kann die Ergebnisse von FRAP-Messungen verfälschen, da dieser Prozess bei der Auswertung und Interpre- tation der Daten nicht berücksichtigt wird.

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2.3 Fluoreszenz-Photoperturbation zur Erforschung von Proteindynamiken

irradiation

time

time fluorescence intensity

Abbildung 2.3: Schematische Darstellung eines FRAP-Experimentes. Nach dem Ausbleichen einer definierten Region im Zellkern führt die Umverteilung der Proteine zu einer Rückkehr der Fluoreszenz innerhalb der geblichenen Region.

irradiation

time

time fluorescence intensity

Abbildung 2.4: Schematische Darstellung zur Messung der Proteinmobilität durch Photo- aktivierung. Die Intensität nimmt innerhalb des aktivierten Bereiches nach der Fluoreszenz- Photoperturbation ab.

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• Der Prozess der Photoaktivierung ist deutlich effizienter als der des Ausbleichens.

Das bedeutet, dass die Bestrahlungszeit für die Aktivierung kürzer gewählt wer- den kann als die Zeitdauer, die bei FRAP-Experimenten für das Bleichen benötigt wird. Dies ist wichtig bei hohen Proteinmobilitäten, da bereits während des Aus- bleichens/Photoaktivierens Diffusion stattfindet.

• Aufgrund der höheren Effizienz des Prozesses ist die benötigte Laserleistung ge- ringer. Bei der Mikroskopie von lebenden Zellen ist es wichtig, die Intensität der Laserstrahlung so gering wie möglich zu halten, da durch Licht auch DNA-Schäden entstehen können (Dob07; SK12). Bei einigen Proteinen führt ein DNA Schaden zu einer veränderten Mobilität (Ayo08; Tom12).

2.3.2 Modellierung der Proteindynamik als Reaktions-Diffusionsprozess

FRAP- und Photoaktivierungsexperimente liefern Informationen über die Diffusion und das Bindungsverhalten von Proteinen in lebenden Zellen. Aus den Messdaten lassen sich direkt qualitative Informationen über die Geschwindigkeit der Proteinumverteilung gewin- nen. Der Kurvenverlauf und die Halbwertszeit enthalten Informationen über mobiles oder immobiles Verhalten des Proteins. Durch Vergleichsstudien können Änderungen in der Mobilität, die beispielsweise durch DNA-Schäden oder die Inhibition eines bestimmten Enzyms verursacht werden, untersucht werden.

Die quantitative Bestimmung von Bindungs-Reaktionskonstanten ist deutlich schwieri- ger und fehleranfälliger, da sie lediglich indirekt durch Kurvenanpassung erfolgt (Pha01).

Dazu wird anhand eines mathematischen Modells der zeitliche Intensitätsverlauf nach der Photoperturbation berechnet und mit den Messdaten verglichen, wobei Diffusions- und Bindungskonstanten als Parameter eingehen. Durch eine Variation dieser Parameter ergibt sich deren Wert über die minimale Abweichung zwischen gemessener und berech- neter Kurve.

Die mathematische Beschreibung der Proteinkinetiken erfolgt durch eine Reaktions- Diffusionsgleichung in drei Raumdimensionen. In früheren Studien wurde angenommen, dass die Diffusion eines Proteins vernachlässigbar ist, da sie im Gegensatz zur Bindung die Bewegung des Proteins nicht limitiert (Bul01; Dun02; Rab04; Pha04a; Pha04b). Die Arbeiten von Sprague et al. (Spr04) und Beaudouin et al. (Bea06) zeigen jedoch, dass auch bei Proteinen mit geringer Mobilität die Diffusion die Bewegung des Proteins be- einflussen kann.

(19)

2.3 Fluoreszenz-Photoperturbation zur Erforschung von Proteindynamiken

Die Beschreibung von Proteindynamiken durch eine Reaktions-Diffusionsgleichung geht von der Annahme aus, dass ein Protein stochastisch in drei Dimensionen diffundiert bis es auf eine freie Bindungsstelle trifft. Dort geht es eine Bindung ein, die für eine gewisse Zeit besteht. Das mathematische Modell zur Beschreibung der Kinetik von Proteinen beruht somit auf folgender Reaktionsgleichung (Spr04; Bea06; Car04)1:

F+S−−)k−−on*

koff

C (2.4)

F steht für ungebundenes Protein (free protein), S für freie Bindungsstellen (vacant binding sites) und C für gebundene Komplexe (bound complexes). Die Reaktionsge- schwindigkeit ist bestimmt durch die Raten für die Hin- und die Rück-Reaktion kon und koff. Die inversen Werte von kon und koff entsprechen der mittleren Zeit zwischen zwei Reaktionen und der mittleren Dauer der Bindung. Für die Konzentrationen f = [F], s = [S] und c= [C] gilt unter Berücksichtigung der Diffusion:

∂f

∂t =Df2fkonf s+koffc

∂s

∂t =Ds2skonf s+koffc

∂c

∂t =Dc2c+kon f skoffc (2.5) In diesem allgemeinen Ansatz einer Reaktions-Diffusionsgleichung in drei Dimensionen ist ∇2 der Laplace-Operator und Ddie Diffusionskonstante der einzelnen Komponenten.

Das Gleichungssytem kann durch zwei Annahmen vereinfacht werden, die üblicherweise in biologischen Systemen gewährleistet sind:

1. Vor dem Photobleichen/-aktivieren befindet sich das System im Gleichgewicht. Für die Anzahl von Proteinen, Bindungsstellen und Komplexen gilt:

F =Feq S =Seq C =Ceq

Durch das Bleichen ändert sich die Anzahl der fluoreszierenden freien Proteine und

1Die Darstellung orientiert sich an der aus Sprague et al. (Spr04), ist aber analog zu Beaudouin et al.

(Bea06) und Carrero et al. (Car04).

(20)

der fluoreszierenden gebundenen Komplexe (F und C), nicht aber die Anzahl der freien Bindungsstellen Seq, da diese ja keinen Fluoreszenzmarker tragen. Da so- wohl kon als auchSeq konstant sind, werden sie zusammengefasst zur sogenannten Pseudo-Hin-Reaktionsrate:

kon =konSeq (2.6)

In biologischen Systemen ist diese Vereinfachung üblicherweise eine gute Nähe- rung. Auf Zeitskalen von mehreren Stunden kann sich zwar das Expressionslevel und somit die Gesamtmenge des Proteins in der Zelle ändern, jedoch liegt die Be- obachtungsdauer einer einzelnen Messung typischerweise im Bereich von Sekunden bis Minuten.

2. Freie Bindungsstellen und gebundene Komplexe bewegen sich nicht. Es gilt somit:

Ds= 0

Dc= 0 (2.7)

Typischerweise wird bei Mobilitätsmessungen die Bindung von beweglichen Pro- teinen an eine unbewegliche Struktur betrachtet. Bei Kernproteinen ist dies die Bindung an das Chromatin, dessen Bewegung und Umorganisation auf einer Zeit- skala von einigen Stunden stattfindet.

Mit diesen Annahmen vereinfacht sich Gleichung 2.5 zu:

∂f

∂t =Df2fkon f +koff c

∂c

∂t =konfkoffc (2.8)

Das Verhältnis zwischen freien und gebundenen Proteinen ist durch den Quotient aus koff und kon gegeben. Da sich das System vor dem Bleichen im Gleichgewicht befindet,

(21)

2.3 Fluoreszenz-Photoperturbation zur Erforschung von Proteindynamiken

gilt:

df dt = dc

dt = 0 =⇒ konFeq =koff Ceq

Feq

Ceq = koff

kon (2.9)

2.3.3 Lösungen der Reaktions-Diffusionsgleichung

Die Bewegung von Proteinen ist durch die Reaktions-Diffusionsgleichung 2.8 gegeben.

Diese Gleichung kann für bestimmte Anfangs- und Randbedingungen gelöst und mit den gemessenen Daten verglichen werden. Für einige Verteilungen der Anfangsintensität mit einfacher Geometrie (z.B. Kreis (Spr04; Maz08), Rechteck (Car04) oder gaußförmi- ge Intensitätsverteilung (Kan08)) existieren analytische Lösungen. Dazu müssen jedoch folgende Vereinfachungen angenommen werden:

1. Die räumliche Verteilung der Bindungsstellen wird als homogen angenommen. Die Näherung ist in vielen Fällen nicht gerechtfertigt, da das Chromatin keine einheit- liche Dichte besitzt (z.B. Eu-/Heterochromatin) und es zudem abgetrennte Berei- che gibt (z.B. Nukleoli). Bereiche mit unterschiedlichen Chromatindichten können nur separat gemessen werden, wenn die Größe der geblichenen/aktivierten Fläche kleiner ist als die der betrachteten Struktur (z.B. Mistelli et al. (Mis01)), andern- falls wird ein Mittelwert gemessen. In Sprague et al. (Spr06) wird eine analytische Lösung von Gleichung 2.8 vorgestellt, die unterschiedliche Bindungskonstanten in axialer Richtung berücksichtigt.

2. Die endliche Ausdehnung des Zellkerns wird vernachlässigt. Bei FRAP-Messungen stellt dies üblicherweise kein Problem dar, da bei der Auswertung auf die Intensität des gesamten Zellkerns normiert wird. Ohne Normierung ist die Näherung gerecht- fertigt, wenn das geblichene bzw. aktivierte Volumen deutlich kleiner ist als das Volumen des Zellkerns. Die Näherung ist für frühe Zeitpunkte nach der Photoper- turbation besser geeignet als für späte, da die mittlere quadratische Verschiebung δr2 eines Moleküls linear mit der Zeit t ansteigt:

δr2(t) = 2nDt (2.10)

(22)

Dabei ist n die Anzahl der Dimensionen, in denen die Diffusion stattfindet.

3. Der geblichene/photoaktivierte Bereich hat die gleiche Größe entlang der axialen Richtung. Die Intensitätsverteilung ist somit in allen Ebenen in dieser Richtung gleich und das System kann als zweidimensional betrachtet werden. Bei FRAP- Experimenten an Kernproteinen ist diese Näherung üblicherweise erfüllt, da die meisten adherenten Zelllinien sehr dünn sind (ca. 5 µm Dicke bei ca. 20 µm axialer Ausdehnung)2 und der fokussierte Laserstrahl eine gewisse Ausdehnung in axialer Richtung besitzt (die axiale Ausdehnung der PSF ist ca. um den Faktor drei grö- ßer als die laterale). Die Näherung als zweidimensionales System ist gerechtfertigt, wenn die axiale Ausdehnung des geblichenen/aktivierten Bereiches in etwa die glei- che Größe hat wie die Dicke der Zelle (Ban10).

In einer Arbeit von Mazza et al. (Maz08) wird eine analytische Lösung der Diffu- sionsgleichung angegeben, die auch eine Intensitätsverteilung in axialer Richtung berücksichtigt, wie sie bei Multiphotonenanregung auftritt. Reaktions-Diffusions- prozesse lassen sich hiermit jedoch nicht beschreiben.

Können diese Vereinfachungen nicht gemacht werden, so muss Gleichung 2.8 numerisch gelöst werden. Numerische Lösungen sind deutlich rechenintensiver und aufwendiger in der Umsetzung als analytische. In Tabelle 2.1 sind die wichtigsten analytischen und nume- rischen Lösungsansätze für FRAP- und Photoaktivierungsexperimente von Kernproteinen zusammengefasst.

Eines der am häufigsten verwendeten Modelle ist die von Sprague et al. (Spr04) vor- gestellte Lösung der Reaktions-Diffusionsgleichung für einen geblichenen Kreis. Die mitt- lere Intensität innerhalb eines geblichenen Kreises in Abhängigkeit der Zeit ist demnach gegeben durch die Laplace-Transformation des folgenden Ausdrucks:

frap(p) = 1 pFeq

p 1−2 K1(qw) I1(qw)

!

× 1 + kon p+koff

!

Ceq

p+koff (2.11) Dabei istwist der Radius des geblichenen Bereichs,I1undK1sind die Bessel-Funktionen erster und zweiter Ordnung und p die der Zeit t entsprechende Laplace-Variable. q ist

2Die Größen variieren sowohl für unterschiedliche Zelllinien als auch für die einzelnen Zellen einer Zelllinie.

(23)

2.3 Fluoreszenz-Photoperturbation zur Erforschung von Proteindynamiken

Publikation Modell Art der Lösung/

Dimension

Anfangs- intensitäts- verteilung

Bemerkungen

Sprague et al.

(Spr04)

Reaktions- Diffusions- Modell

analytisch, 2D

Kreis Liefert vereinfachte Lösungen für bestimmte Wertebereiche der Hin- und Rück-Reaktions- raten.

Carrero et al.

(Car04)

Reaktions- Diffusions- Modell

analytisch, 1D/2D

Linie, Rechteck

Ein Vergleich zw. (Car04) und (Spr04) liefert unterschiedliche Ergebnisse (Mue08; Mue10).

Phair et al.

(Pha04a)

nur Reakti- on, Diffusion wird ver- nachlässigt

analytisch Halber Zellkern (Bleichen)

Diffusion kann in vielen Fäl- len nicht vernachlässigt werden (Bea06).

Sprague et al.

(Spr06)

Reaktions- Diffusions- Modell

analytisch 2D/3D

Kreis Berücksichtigt subzelluläre Bereiche in axialer Rich- tung mit unterschiedlichen Bindungskonstanten.

Mazza et al.

(Maz08)

reine Diffusi- on, immobile Fraktion

analytisch 2D/3D

Kreis Das Modell ist für multipho- tonen FRAP/PA geeignet, da auch axiale Intensitätsvertei- lung berücksichtigt wird.

Kang et al.

(Kan08)

Reaktions- Diffusions- Modell

analytisch 2D

gaußverteilte Intensität, Kreis

Explizite Lösung von Glei- chung 2.8, nicht wie in (Spr04) die Laplace-Transformation der Lösung. Zudem gauß- förmige Anfangsintenität möglich, was besser einer Laseranregung entspricht.

Beaudouin et al. (Bea06)

Reaktions- Diffusions- Modell

numerisch, 2D/3D

Halber Zell- kern (Photo- aktivieren)

Das Modell berücksichtigt die Geometrie der Zelle und ei- ne inhomogene Verteilung der Bindungsstellen

Calvert et al.

(Cal07)

Diffusion numerisch, 3D

gaußverteilte Intensität

Multiphotonen-PSF als An- fangsbedingung, sphärische Randbedingungen (Zellkern), Berechnete Intensität entlang einer Linie durch aktivier- ten/geblichener Punkt.

Stasevich et al. (Sta10)

Reaktions- Diffusions- Modell

numerisch, 2D

Kreis Intensität entlang einer Linie vom geblichenen zum ungebli- chenen Bereich wird berechnet.

Tabelle 2.1: Zusammenfassung der wichtigsten Modelle für FRAP- und Photoaktivierungsex- perimente an Kernproteinen.

(24)

- 5 - 4 - 3 - 2 - 1 0 1 2 3 4 5 - 5

- 4 - 3 - 2 - 1

012345

P u r e - D i f f u s i o n D o m i n a n t log(k* on)

l o g ( k o f f)

E f f e c t i v e D i f f u s i o n

R e a c t i o n - D o m i n a n t

F u l l M o d e l O n l y

Abbildung 2.5: Wertebereiche vonkon und koff, für die die Näherungen von reiner Diffusion, effektiver Diffusion und dominierender Bindung gültig sind. Eine numerische Rechtfertigung für die Einteilung in diese Bereiche ist in Sprague et al. (Spr04) gezeigt.

gegeben durch:

q =

v u u t

p Df

!

1 + kon p+koff

!

(2.12)

In der Arbeit von Sprague et al. (Spr04) wird zusätzlich gezeigt, dass das Gleichungssys- tem 2.8 bei bestimmten Wertekombinationen von kon undkoff weiter vereinfacht werden kann. Es existieren die Näherungen der reinen Diffusion (pure diffusion), der effektiven Diffusion (effective diffusion) und der dominierenden Reaktion (reaction dominant), die im folgenden beschrieben werden. Das Diagramm 2.53 zeigt für welche Werte von kon und koff welche der Näherungen geeignet ist (Spr04).

3Die Darstellung orientiert sich an einer Abbildung aus Sprague et al. (Spr04)

(25)

2.3 Fluoreszenz-Photoperturbation zur Erforschung von Proteindynamiken

Reine Diffusion

Diese Näherung ist gerechtfertigt, wenn der größte Anteil der fluoreszierenden Proteine ungebunden ist. Der Anteil der freien Proteine ist nach Gleichung 2.9 durch den Quotient aus koff und kon gegeben. In Abbildung 2.5 ist der Bereich gezeigt, in dem der Anteil der gebundenen Proteine kleiner als 1 % ist.

Die Reaktions-Diffusions-Gleichung 2.8 vereinfacht sich in diesem Fall zu einer einfachen Diffusionsgleichung:

df

dt =Df2f (2.13)

Die Diffusionskonstante kann durch die Stokes-Einstein-Relation abgeschätzt werden (Bea06):

D= kBT

6πηR (2.14)

Dabei ist kB die Boltzmann-Konstante, T die Temperatur, η die Viskosität und R der Radius des Proteins, das als kugelförmig angenommen wird. Da die Viskosität inner- halb eines Zellkerns näherungsweise konstant ist, wird die Diffusionsgeschwindigkeit also im Wesentlichen durch die Größe des Proteins bestimmt. Für GFP ist der Wert für D bekannt. Somit lässt sich die Diffusionskonstante eines beliebigen Proteins anhand der Masse abschätzen (Bea06):

Dprotein=DGFP mGFP mprotein

!13

(2.15) Für den zeitlichen Intensitätsverlauf innerhalb eines kreisförmig geblichenen Bereiches gilt:

frap(t) = eτD2t

I0

τD 2t

+I1

τD 2t

(2.16)

mit

τD = w2

Df (2.17)

I0 und I1 sind die modifizierten Besselfunktionen.

(26)

Effektive Diffusion

Bei großen Werten von kon (kon > 103s-1) finden die Reaktionen so häufig statt, dass zu jedem Zeitpunkt ein lokales Gleichgewicht vorherrscht. Obwohl sich der größte Teil der Proteine in einer Bindung befindet, hängt die Mobilität von der Diffusionskonstante Df ab (Spr04; Bea06). Unter diesen Bedingungen vereinfacht sich das Gleichungssystem 2.8 ebenfalls zu einer einfachen Diffusionsgleichung, die sich jedoch durch den Wert der Diffusionskonstante von Gleichung 2.15 unterscheidet (Cra75):

df

dt =Deff2f (2.18)

mit

Deff = Df 1 + kkon

off

(2.19)

Der zeitliche Intensitätsverlauf innerhalb eines geblichenen Kreises ist ebenfalls durch Gleichung 2.16 gegeben.

Dominierende Reaktion

Der Grenzfall der dominierenden Reaktion ist bei einer niedrigen Hin-Reaktionsrate kon und einer gleichzeitig niedrigen Rück-Reaktionsrate koff erfüllt. Die Reaktionen finden dann selten statt (kon <1s-1) und eine Bindung besteht relativ lang (kkoffon >0,01). Freie Proteine befinden sich sehr schnell in einem Gleichgewichtszustand und es gilt:

f =Feq =const. (2.20)

Damit verschwindet die erste Gleichung von 2.8 und der Ausdruck vereinfacht sich zu:

dc

dt =kon Feqkoffc (2.21) Für die mittlere Intensität in einem kreisförmig geblichenen Kreis gilt:

frap(t) = 1−Ceqe−kofft (2.22)

(27)

2.3 Fluoreszenz-Photoperturbation zur Erforschung von Proteindynamiken

Neben dem vorgestellten Modell von Sprague et al. wird das Modell von Carrero et al.

(Car04) sehr häufig für die Interpretation von FRAP-Daten verwendet. Es liefert eine analytische Lösung der Reaktions-Diffusionsgleichung für ein geblichenes Rechteck. Die Modelle von Sprague et al. und Carrero et al. können jedoch unterschiedliche Ergebnisse liefern (Mue08; Mue10).

Die Arbeit von Mazza et al. stellt eine analytische Lösung für eine kreisförmig gebliche- ne/photoaktivierte Fläche vor. Die Besonderheit dabei ist, dass auch die axiale Intensitäts- verteilung berücksichtigt wird, was es besonders geeignet für Multiphotonenanregungen macht, bei denen die zweidimensionale Näherung nicht immer gültig ist. Das Modell betrachtet jedoch nur reine Diffusion (Gleichung 2.13) und eine vollständig immobile Fraktion. Die Bindungsraten kon undkoff können mit diesem Modell nicht bestimmt wer- den. Für Kernproteine ist jedoch ein Reaktions-Diffusionsmodell (Spr04; Bea06) besser geeignet.

Kang et al. (Kan08) stellen ebenso wie Sprague et al. (Spr04) eine analytische Lösung der Reaktions-Diffusionsgleichung in zwei Raumdimensionen vor. Im Gegensatz zu Sprague et al. handelt es sich um eine explizite Form und nicht um die Laplace-Transformation.

Neben der kreisförmigen Anfangsbedingung liefert das Modell auch eine Lösung für eine gaußförmige Verteilung der Anfangsintensität in lateraler Richtung, was besser mit der Intensitätsverteilung eines Laserstrahls übereinstimmt.

Durch numerische Modelle ist eine genauere Bestimmung der Bindungs-Reaktionsraten möglich. Beaudouin et al. (Bea06) stellen ein Modell vor, in dem die Reaktions-Diffu- sionsgleichung numerisch in zwei Dimensionen gelöst wird. Das Modell berücksichtigt die Geometrie der Zelle und eine inhomogene Verteilung der Bindungsstellen. Bei den Messungen wird bei jeder Zelle die Hälfte des Zellkerns photoaktiviert.

Calvert et al. (Cal07) stellen eine numerische Lösung der Diffusionsgleichung 2.13 in drei Raumdimensionen für ein photoaktiviertes Volumen mit gaußförmiger Intensitätsvertei- lung vor. In diesem Modell wird auch die Dauer der Aktivierung berücksichtigt, was bei schnellen Prozessen von Bedeutung ist.

Für einige Proteine wird auch eine eindimensionale Diffusion entlang des DNA-Stranges diskutiert (vR11; Gor08). Der Kontakt zwischen Protein und DNA-Strang erfolgt in die- sen Modellen durch zahlreiche, kurze Bindungsereignisse. Eine Beschreibung der Mobilität dieser Proteine durch die Reaktions-Diffusionsgleichungen in drei Dimensionen ist auch

(28)

in diesem Fall korrekt, da dieses Modell ebenfalls von zahlreichen, kurzlebigen Bindungen ausgeht (Bea06).

Im Zusammenhang mit FRAP-Messungen taucht in der Literatur häufig der Begriff der immobilen Fraktionen auf (Hem11). Dies bedeutet in diesem Zusammenhang, dass es eine Subpopulation des Proteins gibt, die auf der Zeitskala eines FRAP-Experiments vollständig unbeweglich ist. Bei der Beschreibung durch ein Reaktions-Diffusionsmodell entspricht dies einem reaktionsdominierten Prozess mit sehr kleinen Werten von koff. Bei Modellen mit immobiler Fraktion (z.B. Mazza et al. (Maz08)) wird die geringe Aus- tauschrate vollständig vernachlässigt.

(29)

3 DNA-Schäden und ihre Reparaturmechanismen

Die Desoxyribonukleinsäure (deoxyribonucleic acid, DNA) ist ein biologisches Makromole- kül und Träger der Erbinformation. Sie besteht aus zwei Strängen, die durch Wasserstoff- brücken miteinander verbunden sind und eine Doppelhelixstruktur bilden. Der chemische Aufbau ist eine Abfolge von Nukleotiden, bestehend aus Zucker (Desoxyribose), einem Phosphatrest und einer der vier Basen Adenin, Thymin, Guanin oder Cytosin. Die Was- serstoffbrückenbindung erfolgt jeweils zwischen den zueinander komplementären Basen Adenin und Thymin, sowie Guanin und Cytosin (Abbildung 3.1).

Die Erbinformation ist in der Abfolge der Nukleotide kodiert. Bei der Transkription wird diese Abfolge in einen Abschnitt aus Ribonukleinsäure (RNA) übersetzt, die Boten-RNA (messenger RNA, mRNA) genannt wird. Diese wird bei der Translation in Proteine über- setzt.

Schäden am DNA-Molekül können zu einer fehlerhaften Synthese von Proteinen und somit zu zellulären Fehlfunktionen führen (Mun70). Im Laufe der Evolution haben sich jedoch sehr effiziente Reparaturmechanismen entwickelt. Diese reduzieren die Anzahl der mit der Zeit auftretenden Mutationen und das damit verbundene Risiko von Krebs deut- lich (Mit03).

Um das komplexe Zusammenspiel der an der DNA-Reparatur beteiligten Proteine zu verstehen ist es wichtig, die aus biochemischen Analysen gewonnenen Erkenntnisse über die Funktion von Proteinen durch Experimente an lebenden Zellen zu ergänzen. Um die DNA-Reparaturmechanismen an lebenden Zellen studieren zu können, müssen künstlich DNA-Schäden induziert werden. Üblicherweise erfolgt dies durch ionisierende Strahlung, genotoxische Substanzen oder UV-Licht.

Um DNA-Schäden mit hoher räumlicher Genauigkeit zu induzieren werden häufig fokus- sierte Laserstrahlen verwendet. Auf diese Weise ist es möglich, an einer definierten Stelle des Zellkerns eine sehr hohe Schadensdichte zu erzeugen, während gleichzeitig die Ge- samtschadensmenge gering bleibt. Mit dieser Technik kann besonders gut die Bindung von Proteinen an der Schadensstelle untersucht werden.

Die Bestrahlung mit ultrakurzen Laserimpulsen stellt sich als eine weitere Verbesserung

(30)

Abbildung 3.1: Chemische Struktur der DNA-Doppelhelix (WIK13a)1

auf diesem Gebiet heraus, da sich die Schadensinduktion auf einen Bereich innerhalb des Zellkerns beschränkt.

Dieses Kapitel gibt eine kurze Einführung in die Kompaktierung der DNA zum Chromatin und beschreibt im Anschluss die Entstehung von verschiedenen DNA-Schadensarten und die mit ihnen verbundenen Reparaturmechanismen. Darauf folgt eine Zusammenfassung der unterschiedlichen Ansätze für die Induktion von DNA-Läsionen durch Laser, wobei in besonderem Maße auf Femtosekunden-Impulslaser eingegangen wird.

1Dieses Bild wurde vom Wikipedia-Autor Zephyris unter der Lizenz Creative Commons Attribution- Share Alike 3.0 Unported (CC BY-SA 3.0) veröffentlicht.

(31)

3.1 Kompaktierung der DNA zum Chromatin

Abbildung 3.2: Schematischer Aufbau eines Nukleosoms. Die DNA ist um ein Oktamer aus 8 Core-Histonen gewickelt. Das Linker-Histon H1 bindet an die DNA-Abschnitte zwischen den Nukleosomen (WIK13b)2.

3.1 Kompaktierung der DNA zum Chromatin

Im Zellkern ist die DNA durch mehrfache Faltung zu einem dichten Komplex verpackt, dem sogenannten Chromatin. Die Kompaktierung erfolgt durch spezielle Architekturpro- teine wie Histone, wobei zwischen den Core-Histonen und den Linker-Histonen unter- schieden wird. Die Proteine H2A, H2B, H3 und H4 bilden die Core-Histone, das Protein H1 bezeichnet man als Linker-Histon. Die DNA-Doppelhelix ist um ein Oktamer aus Co- re-Histonen gewickelt, wodurch die Nukleosomen gebildet werden. Das Linker-Histon H1 bindet an die DNA-Abschnitte zwischen den Nukleosomen, die sogenannte Linker-DNA, und ermöglicht dadurch eine weitere Kompaktierung des Chromatins.

Je nach Dichte wird zwischen zwei Formen von Chromatin unterschieden. Das dichter ge- packte Heterochromatin enthält inaktive DNA, das weniger dicht gepackte Euchromatin enthält transkriptionsaktive DNA. Durch die dichtere Packung ist DNA im Heterochro- matin weniger anfällig gegenüber DNA-Schäden (Cow07; Fal08; Kim07).

Abbildung 3.2 zeigt schematisch den Aufbau eines Nukleosoms, Abbildung 3.3 die Kom- paktierung des Chromatins. Neuere Experimente stellen die gezeigte Verpackung der Nukleosomen zu der 30-nm Faser jedoch in Frage und schlagen stattdessen eine fraktale Struktur des Chromatins vor (Ban12). Diese Sichtweise wird durch Neutronen-Streuex- perimente (Leb05) und Diffusionsmessungen (Ban09) gestützt.

2Dieses Bild wurde vom Wikipedia-Autor Darekk2 unter der Lizenz Creative Commons Attribution- Share Alike 3.0 Unported (CC BY-SA 3.0) veröffentlicht.

(32)

Abbildung 3.3: Die Kompaktierungsstufen des Chromatins (Fel03).

(33)

3.2 DNA-Schäden

3.2 DNA-Schäden

Die chemische Struktur der DNA kann durch Umwelteinflüsse, wie beispielsweise ul- traviolettes (UV) Licht, ionisierende Strahlung oder bestimmte chemische Substanzen zerstört werden. Neben exogenen Einflüssen führen auch endogene Stoffwechselprodukte zu einer Schädigung des DNA-Moleküls. Es existiert eine Vielzahl von unterschiedlichen Schadenstypen, wie UV-Photoprodukte, Strangbrüche und chemische Modifikationen der Basen. Die Schädigung kann direkt, durch die Absorption eines Photons hervorgerufen werden, oder durch indirekte Prozesse, wie Radikale, angeregte Moleküle oder solvati- sierte Elektronen.

Zwei wichtige exogene Ursachen für DNA-Schäden sind UV-Licht und ionisierende Strah- lung. Im Folgenden wird beschrieben, welche physikalischen und chemischen Prozesse bei der Wechselwirkung dieser beiden Strahlungsarten mit lebenden Zellen und Gewebe auf- treten, zu welchen DNA-Schäden sie führen und welche DNA-Reparaturmechanismen für die auftretenden Schäden existieren.

3.2.1 UV-Strahlung

UV-Strahlung ist Licht im Wellenlängenbereich von 200 nm bis 380 nm, also kurzwel- liger als sichtbares Licht. Man unterscheidet zwischen UVA- (380 nm - 315 nm), UVB- (315 nm - 280 nm) und UVC-Licht (280 nm - 200 nm). Elektromagnetische Strahlung mit Wellenlängen unterhalb von 200 nm zählt im biologischen und medizinischen Kontext üblicherweise zur ionisierenden Strahlung, wobei es hierfür keine einheitliche Definition gibt.

Photonen im UVB- und UVC-Bereich können direkt von der DNA absorbiert werden. Das Absorptionsmaximum der DNA-Basen liegt bei einer Wellenlänge von 260 nm (Voe63).

Dabei entsteht eine kovalente Bindung zwischen zwei benachbarten Basen eines DNA- Stranges. Die zwei häufigsten Formen für diese Art von DNA-Läsionen sind Cyclobutan- Pyrimidin-Dimere (CPDs) und Pyrimidin-6-4-Pyrimidon-Photoprodukte (6-4-PP).

Auch bei höheren Wellenlängen im Bereich der UVB- und UVA-Strahlung entstehen UV-Photoprodukte, jedoch in geringerer Menge. Die Induktion erfolgt indirekt über en- dogene Sensibilisatoren (Her08). Bei UVA-Strahlung entstehen im Verhältnis mehr CPDs als 6-4-PP (Mou06).

UV-Photoprodukte führen zu einer Verbiegung des DNA-Stranges (bulky lesions). Die

(34)

Änderung in der Struktur der DNA spielt eine wichtige Rolle bei der Erkennung des Scha- dens durch Reparaturenzyme. Es existiert ein eigener Reparaturweg für UV-Photoproduk- te, bei dem die kovalent gebundenen Nukleotide herausgeschnitten werden (nucleotide excision repair, NER). Bei den Erbkrankheiten Xeroderma Pigmentosum (auch Mond- scheinkrankheit genannt) und Cockayne-Syndrom ist dieser Reparaturweg nicht voll funk- tionsfähig. Patienten mit Xeroderma Pigmentosum sind sehr empfindlich gegen Sonnen- licht und bekommen durchschnittlich im Alter von 9 Jahren Hautkrebs (Bra11).

Die an der NER beteiligten Proteine sind zum großen Teil nach dieser Krankheit benannt (XPA bis XPG; wobei XP für Xeroderma Pigmentosum steht). Für die Reparatur wird der verbogene Teil des DNA-Stranges herausgeschnitten und danach durch DNA-Poly- merasen wieder aufgefüllt, wobei der gegenüberliegende Strang als Vorlage dient.

Die künstliche Induktion von UV-Photoprodukten zur Erforschung der NER erfolgt durch die Bestrahlung mit UVC-Licht. Dies kann entweder großflächig oder lokal begrenzt sein.

Eine weit verbreitete Technik zur lokalen Induktion von UV-Läsionen beruht auf dem Einsatz eines Polycarbonatfilters mit etwa 8 µm großen Poren (Mon01). Auf diese Weise ist es möglich subnukleare Bereiche zu schädigen. Der Nachweis von CPDs und 6-4-PP erfolgt durch Färbungen mit Antikörpern, die an diese chemische Strukturen binden.

3.2.2 Ionisierende Strahlung

Unter dem Begriff der ionisierenden Strahlung werden alle Strahlungsarten zusammenge- fasst, die biologische Moleküle ionisieren können. Bei elektromagnetischer Strahlung ist dies für Photonenenergien oberhalb von etwa 6,5 eV (190 nm) der Fall, Partikelstrahlung wie Elektronen, α-Teilchen oder Ionen wird ebenfalls hierzu gezählt.

Beim Auftreffen auf Materie kommt es durch Photo- oder Comptoneffekt zu einer Ionisie- rung. Die dadurch entstehenden Sekundärelektronen können, je nach kinetischer Energie, weitere Ionisationen verursachen. Auf diese Art entstehen zahlreiche Elektronen mit kine- tischen Energien im Bereich von einigen eV. Ein einfallendes Teichchen mit einer Energie von einem MeV erzeugt 105 Elektronen mit Energien unterhalb von 30 eV (San05).

Die Schädigung der DNA erfolgt im Wesentlichen durch folgende Mechanismen: Zum einen kann das DNA-Molekül durch das Primärteilchen oder Sekundärelektronen direkt ionisiert werden. Des Weiteren können andere Moleküle in der Zelle ionisiert werden, wodurch Radikale entstehen, die mit der DNA reagieren können. In diesem Zusammen-

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