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Untersuchung zum Verlauf des Puerperiums und zur Fruchtbarkeit nach Anwendung des iVET® -Systems zur Geburtsüberwachung bei Färsen

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Academic year: 2022

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(1)

Tierärztliche Hochschule Hannover

Untersuchung zum Verlauf des Puerperiums und zur Fruchtbarkeit nach Anwendung des iVET

®

-Systems

zur Geburtsüberwachung bei Färsen

INAUGURAL-DISSERTATION zur Erlangung des Grades einer

Doktorin der Veterinärmedizin - Doctor medicinae veterinariae -

(Dr. med. vet.)

vorgelegt von Helena Marien

Heidelberg

Hannover 2017

(2)

Wissenschaftliche Betreuung: Univ.-Prof. Dr. M. Hoedemaker, Ph.D.

Klinik für Rinder

Tierärztliche Hochschule Hannover Dr. Maren Feldmann

Klinik für Rinder

Tierärztliche Hochschule Hannover

1. Gutachterin: Univ.-Prof. Dr. M. Hoedemaker, Ph.D.

Klinik für Rinder

2. Gutachter: Univ.-Prof. Dr. H. Sieme

Reproduktionsmedizinische Einheit der Kliniken

Datum der mündlichen Prüfung: 23.11.2017

(3)

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung ... 1

2. Literaturübersicht ... 3

2.1 Der physiologische Geburtsablauf ... 3

2.1.1 Anzeichen der bevorstehenden Geburt ... 3

2.1.2 Die Auslösung der Geburt ... 3

2.1.3 Der Ablauf der Geburt ... 4

2.1.3.1 Öffnungsstadium ... 5

2.1.3.2 Aufweitungsstadium ... 6

2.1.3.3 Austreibungsstadium ... 6

2.1.3.4 Nachgeburtsstadium... 6

2.2 Das physiologische Puerperium ... 7

2.2.1 Stadien des Puerperiums ... 7

2.2.2 Anlaufen des Zyklus ... 8

2.3 Der gestörte Geburtsablauf ... 10

2.3.1 Dystokie ... 10

2.3.1.1 Folgen einer Dystokie ... 11

2.3.2 Geburtshilfe... 12

2.3.3 Geburtshilfescore ... 13

2.3.4 Geburtsüberwachung ... 14

2.3.5 Hilfsmittel zur Geburtsüberwachung ... 14

2.3.5.1 Kameraüberwachung ... 15

2.3.5.2 Überwachung der Schwanzhaltung ... 15

2.3.5.3 Überwachung mittels Temperaturerfassung ... 16

2.3.5.4 Überwachung mittels Lichtsensor ... 17

2.3.5.5 Überwachung der Spreizung der Labien ... 17

2.3.6 Geburtsverletzungen ... 18

(4)

2.4 Das gestörte Puerperium ... 19

2.4.1 Nachgeburtsverhaltung ... 19

2.4.2 Uterusinfektion ... 20

2.4.2.1 Metritis ... 20

2.4.2.2 Endometritis ... 21

2.4.2.3 Folgen einer Endometritis... 22

2.4.3 Gestörte Zyklusaktivität ... 23

2.4.3.1 Verzögertes Einsetzen des Zyklus ... 23

2.4.3.2 Verlängerte Lutealphase ... 24

2.5 Fruchtbarkeit... 25

2.5.1 Einsetzen der Zyklusaktivität ... 25

2.5.2 Brunsterkennung ... 26

2.5.3 Weitere Einflüsse auf die Fruchtbarkeit ... 27

2.6 Merzungsrisiko ... 28

3. Material und Methoden ... 30

3.1 Allgemeine Beschreibung des Projekts ... 30

3.2 Der Betrieb ... 30

3.2.1 Haltungsform ... 31

3.2.2 Herdenmanagement ... 32

3.2.3 Fütterung... 33

3.3 Studiendesign ... 34

3.4 Studientiere ... 35

3.4.1 Haltung der Studientiere ... 35

3.5 Einteilung der Versuchsgruppen ... 36

3.6 Dokumentation des Geburtsverlaufs ... 36

3.7 Untersuchungen ... 37

3.7.1 Klinische Untersuchungen ... 37

(5)

3.7.2 Beurteilung der Körperkondition ... 39

3.7.3 Befunderhebung der rektalen Untersuchung ... 39

3.7.4 Befunderhebung der vaginalen Untersuchung ... 41

3.7.5 Beurteilung von vaginalem Ausfluss ... 43

3.7.6 Beurteilung von Verletzungen des weichen Geburtsweges ... 43

3.8 Einteilung der Metritiden und Endometritiden ... 45

3.9 Erkrankungen und Abgänge ... 47

3.10 Fruchtbarkeitskennzahlen ... 47

3.11 Milchleistungsdaten ... 48

3.12 Dokumentation ... 49

3.13 Statistische Auswertung ... 49

4. Ergebnisse ... 50

4.1 Anzahl der Tiere und Gruppenzuteilung ... 50

4.2 Kalbeverlauf... 51

4.3 Untersuchungen an Tag 1 p. p. ... 52

4.3.1 Nachgeburtsverhaltung ... 53

4.3.2 Uterusgröße ... 54

4.3.3 Metritis ... 54

4.3.4 Vaginale Verletzungen ... 55

4.3.5 Verletzungen an Labien und Vestibulum vaginae ... 56

4.4 Untersuchungen an Tag 10 p. p. ... 58

4.4.1 Uterusgröße ... 59

4.4.2 Metritis ... 60

4.4.3 Heilungsverlauf der Verletzungen an Labien und Vestibulum vaginae . 61 4.5 Untersuchungen an Tag 21 p. p. ... 66

(6)

4.5.1 Uterusgröße ... 66

4.5.2 Endometritis ... 67

4.5.3 Heilungsverlauf der Verletzungen an Labien und Vestibulum vaginae . 68 4.6 Untersuchungen an Tag 42 p. p. ... 73

4.6.1 Uterusgröße ... 73

4.6.2 Endometritis ... 74

4.6.3 Heilungsverlauf der Verletzungen an Labien und Vestibulum vaginae . 75 4.7 Body Condition Score ... 76

4.8 Ovarbefunde ... 79

4.8.1 Wiedereinsetzen des Zyklus ... 79

4.9 Sterilitätskontrollen ... 81

4.9.1 Anteil der Tiere mit Sterilitätskontrolle ... 81

4.9.2 Befunde und Behandlungen... 82

4.10 Fruchtbarkeitskennzahlen ... 85

4.11 Milchleistung ... 88

4.11.1 Ergebnisse der ersten und zweiten Milchleistungsprüfung ... 88

4.11.2 100-Tage-Leistung ... 91

4.12 Abgänge ... 92

4.12.1 Anzahl der abgegangenen Tiere ... 93

4.12.2 Abgangsursachen ... 94

5. Diskussion ... 97

5.1 Diskussion der Methodik ... 97

5.2 Diskussion der Ergebnisse ... 98

5.2.1 Kalbeverlauf ... 98

5.2.2 Nachgeburtsverhaltung ... 99

(7)

5.2.3 Uterusgröße ...100

5.2.4 Metritis ...102

5.2.5 Endometritis ...103

5.2.6 Verletzungen des weichen Geburtsweges ...104

5.2.7 Heilungsverlauf der Verletzungen ...106

5.2.8 Body Condition Score ...107

5.2.9 Wiedereinsetzen des Zyklus ...108

5.2.10 Sterilitätskontrollen ...109

5.2.11 Fruchtbarkeit ...111

5.2.12 Milchleistung ...113

5.2.13 Abgänge – Anzahl und Ursachen in den Gruppen ...114

5.3 Schlussfolgerungen ...115

6. Zusammenfassung ...117

7. Summary ...119

8. Literaturverzeichnis ...121

9. Anhang ...147

9.1 Uterusgrößen der einzelnen Untersuchungen ...147

9.2 Abgangsursachen der unter „Sonstiges“ gezählten Tiere ...149

9.2.1 Kontrollgruppe ...149

9.2.2 iVET®-Gruppe ...149

9.3 Untersuchungsprotokoll Puerperium ...150

10. Danksagung... 151

(8)

Abkürzungsverzeichnis

Ø durchschnittlich

°C Grad Celsius

ADR Arbeitsgemeinschaft deutscher Rinderzüchter

BCS Body Condition Score

bzw. beziehungsweise

ca. zirka

cm Zentimeter

d Tag(e)

EBE Erstbesamungserfolg

et al. et alii

GbR Gesellschaft bürgerlichen Rechts GnRH Gonadotropin-Releasing-Hormon GTR Gesamtträchtigkeitsrate

GZ Güstzeit

h Stunde(n)

ha Hektar

HCG Humanes Choriongonadotropin

hgr. hochgradig

INSL – 3 Insulin-like peptide 3

KB künstliche Besamung

kg Kilogramm

KR Konzeptionsrate

Ligg. Ligamenta

LH Luteinisierendes Hormon

min Minute(n)

mind. mindestens

MJ Megajoule

MLP Milchleistungsprüfung

MW Mittelwert

(9)

n Anzahl

NC North Carolina

NEL Netto-Energie-Laktation

NGV Nachgeburtsverhalten

OvSynch Ovulationssychronisation

p Irrtumswahrscheinlichkeit

PC Personal Computer

p. p. post partum

PGF Prostaglandin F

RZ Rastzeit

SD Standardabweichung

sec Sekunde(n)

SMS Short Message Service

TI Trächtigkeitsindex

TMR Totale Mischration

TS Trockensubstanz

u. und

u. a. unter anderem

USA Vereinigte Staaten von Amerika

V. a. Verdacht auf

vs. versus

VZ Verzögerungszeit

WA Washington

weibl. weiblich

z. B. zum Beispiel

ZKZ Zwischenkalbezeit

(10)
(11)

Einleitung

1 1. Einleitung

Die Abkalbung ist ein einschneidendes Ereignis im Leben einer Milchkuh. Sie bedeutet zunächst ein direktes Risiko für die Gesundheit und das Überleben von Mutter und Kalb (SHELDON et al. 2008). Von ihrem Verlauf werden aber auch das sich anschließende Puerperium sowie die Milchleistung und die Fruchtbarkeit in der folgenden Laktation maßgeblich beeinflusst. So ist nach schweren Geburtsverläufen das Risiko für Puerperalkomplikationen wie Nachgeburtsverhaltung (THOMPSON et al. 1983; ERB et al. 1985; OLTENACU et al. 1988; CORREA et al. 1993) oder Uterusinfektionen (COLEMAN et al. 1985; ERB et al. 1985; CORREA et al. 1993;

KANEENE u. MILLER 1995; BRUUN et al. 2002) erhöht, außerdem wird die Fruchtbarkeit bei diesen Tieren negativ beeinflusst (ERB et al. 1981; THOMPSON et al. 1983; MANGURKAR et al. 1984; DEMATAWEWA u. BERGER 1997; FOURICHON et al. 2000) und die Merzungswahrscheinlichkeit (THOMPSON et al. 1983; ERB et al.

1985; DEMATAWEWA u. BERGER 1997) steigt. Kommt es zu einer klinischen Erkrankung, kann auch die Milchleistung der betroffenen Tiere beeinträchtigt sein (FOURICHON et al. 1999).

Dies macht die Überwachung der physiologischen Geburt und das rechtzeitige Eingreifen bei unphysiologischen Zuständen zu einer wichtigen Zielsetzung im Management einer Milchviehherde (MEE 2004; PALOMBI et al. 2013). Außerdem ist das Erkennen und Vermeiden von Geburtsschwierigkeiten und der damit verbundenen Leiden und Schmerzen auch im Hinblick auf den Tierschutz relevant (MAINAU u.

MANTECA 2011).

Um Geburtskomplikationen zu erkennen und den Zeitpunkt und die Notwendigkeit eines Eingreifens zu bestimmen, ist die möglichst genaue Feststellung des Geburtsbeginnes erforderlich (MIEDEMA et al. 2011a; SCHUENEMANN et al. 2011;

JENSEN 2012). Die permanente Anwesenheit von Betreuungspersonal im Abkalbebereich zu diesem Zweck ist nicht nur unter arbeitswirtschaftlichen Aspekten problematisch (NIGGEMEYER u. HOLTZ 1988), sondern kann auch zu einer Störung der abkalbenden Tiere führen, was wiederum das Risiko von Geburtsproblemen mit sich bringt (DUFTY 1981). Hier ermöglicht die Verwendung eines automatisierten

(12)

Einleitung

2

Geburtsmelders die gezielte Kontrolle abkalbender Tiere ohne aufwändige Überwachungsmaßnahmen (PALOMBI et al. 2013).

In der vorliegenden Arbeit sollen die Auswirkungen der Verwendung des automatisierten Geburtsmeldesystems iVET® auf die Puerperalphase sowie auf die Milch- und Fruchtbarkeitsleistung der Muttertiere in der nachfolgenden Laktation untersucht werden. Da bei der ersten Abkalbung eines Tieres das Risiko für eine Dystokie höher ist als bei den folgenden Abkalbungen (FOURICHON et al. 2001; XU u. BURTON 2003; LÓPEZ DE MATURANA et al. 2006; BLEUL 2011; MEE et al. 2011), wurde der Versuch ausschließlich mit Färsen durchgeführt. So sollte ermittelt werden, ob durch die veränderte Überwachung der Abkalbung die weitere Entwicklung der Kühe positiv beeinflusst werden kann, um somit den mit dem Management von Milchvieherden betrauten Personen eine Entscheidungshilfe für die Verwendung des getesteten Geburtsmelders zu geben.

(13)

Literaturübersicht

3 2. Literaturübersicht

2.1 Der physiologische Geburtsablauf

2.1.1 Anzeichen der bevorstehenden Geburt

Gegen Ende der Gravidität erhöht sich in der Plazenta die Östrogensynthese, was bei der Mutter etwa zwei bis drei Wochen vor dem Geburtstermin zu klinisch feststellbaren Veränderungen führt. Äußerlich ist die Auflockerung des Bindegewebes im Bereich des Beckens am Weichwerden der breiten Beckenbänder (Ligg. sacrotuberalia lata) zu erkennen. Von kaudal gesehen erscheint die Körperkontur nicht mehr kugel-, sondern birnenförmig. Außerdem kommt es zu einer verstärkten Durchblutung und Ödematisierung des weichen Geburtsweges, auch die Schleimsekretion ist vermehrt, was zum Austritt eines Schleimfadens aus der Vulva führen kann. Am äußeren Muttermund wird der die Zervix verschließende Schleimpfropf sichtbar. Auch am Euter entwickelt sich in dieser Phase ein Ödem. Es ist bei Erstkalbenden stärker ausgebildet und kann sich nach kranial bis in die Region des Sternums erstrecken (GRUNERT 1993b; GRUNERT u. ANDRESEN 1996b; MEE 2004). Mit Ausnahme der Euteranbildung nehmen die Intensität und die Frühzeitigkeit des Einsetzens der Geburtsanzeichen mit der Anzahl der Kalbungen zu (BERGLUND et al. 1987).

2.1.2 Die Auslösung der Geburt

Beim Rind erfolgt der initiale Impuls für den Beginn der Geburt durch einen Aktivitätsanstieg der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse des Fetus. Es kommt zu einer schlagartigen Erhöhung der Glukokortikoidkonzentration im fetalen Blutkreislauf. In der Plazenta wird dadurch vermehrt Östrogen freigesetzt, welches im mütterlichen Organismus die Konzentration des Prostaglandins F

(PGF) im Blut erhöht, was am Ovar den Abbau des Gelbkörpers und somit eine Verminderung der Progesteronausschüttung induziert. Die membranstabilisierende

(14)

Literaturübersicht

4

Wirkung des Progesterons auf die Zellen des Myometriums lässt nach, so dass Depolarisation und spontane Kontraktionen möglich werden. Außerdem bewirkt PGF

am Uterus eine Sensibilisierung für Oxytocin. Gleichzeitig kommt es zu einem Weichwerden der Gewebe im Bereich des Geburtsweges und des Beckens, sowie zu einer Tonussenkung der glatten Muskulatur an Uterus und Zervix (GRUNERT u.

ANDRESEN 1996b; SCHALLENBERGER 2009). Hierdurch sinkt der Uterus in den kranioventralen Bereich des Abdomens ab und der innere Muttermund beginnt sich zu öffnen. Die starke Dehnung der Myometriumzellen führt schließlich dazu, dass erste Wehen stattfinden (GRUNERT 1993b). Bei zahlreichen Säugetierspezies wird für die Aufweichung des Gewebes das Hormon Relaxin verantwortlich gemacht (BATHGATE et al. 2006). In verschiedenen Studien wurden durch Relaxin vermittelte Effekte auch beim Rind beschrieben (BAGNA et al. 1991; BATHGATE et al. 2006), allerdings konnte bisher kein für Relaxin kodierendes Gen im Rindergenom nachgewiesen werden (IVELL u. BATHGATE 2002; WILKINSON et al. 2005). Stattdessen wird ein unter anderem vom Gelbkörper produziertes Relaxin-like Peptide (Insulin-like Peptide/INSL-3) als Auslöser dieser geburtsvorbereitenden Veränderungen vermutet (BATHGATE et al. 1996; NICHOLS et al. 2005).

2.1.3 Der Ablauf der Geburt

Aus klinischer Sicht wird die Abkalbung in drei oder vier Stadien unterteilt. Das Öffnungsstadium beginnt mit dem Einsetzen der Wehen und endet mit dem Platzen der ersten Fruchtblase, das sich anschließende Aufweitungsstadium schließt mit dem Austritt der Stirn des Fetus und der damit erfolgten maximalen Aufweitung des Geburtsweges ab. Während des nun folgenden Austreibungsstadiums wird der Fetus schließlich vollständig geboren und die Nachgeburtsphase schließt mit dem Abgang der Nachgeburt den Geburtsvorgang ab (GRUNERT u. ANDRESEN 1996b; BUSCH 2009b). Einige Autoren unterscheiden nicht zwischen Aufweitungs- und Austreibungsphase, hier werden die Vorgänge vom Reißen der Fruchtblasen bis zur Geburt des Kalbes als Austreibungsphase bezeichnet (BAIER u. BERCHTOLD 1984a;

(15)

Literaturübersicht

5

GRUNERT 1993b). Teilweise wird die Nachgeburtsphase auch schon der postpartalen oder puerperalen Phase zugerechnet (GRUNERT u. ANDRESEN 1996b).

Öffnungsstadium

Durch das Absinken des Uterus und die nun einsetzenden Wehen wird der Fetus in die die Geburt ermöglichende Position ausgerichtet. Hierbei weist ein Gliedmaßenpaar gestreckt nach kaudal in Richtung der Zervix, so dass es bei weiteren Kontraktionen in die Zervix vorgeschoben wird (GRUNERT 1993b). Bei Rindern sind dies in rund 95

% der Geburten die Vordergliedmaßen (GRUNERT 1993b; HOLLAND et al. 1993).

Hierbei wird durch Druckrezeptoren im Bereich des inneren Muttermundes der Ferguson-Reflex ausgelöst, über den im Hypophysenhinterlappen Oxytocin freigesetzt wird. Dieses verstärkt die Kontraktionen am Uterus und führt zu einer kontinuierlichen Verkleinerung des Organs, so dass es auch in den Wehenpausen mit der Frucht in Kontakt bleibt (GRUNERT 1993b). Die unter Relaxineinfluss weich gewordene Zervix wird nun durch die von den Fruchthüllen umgebenen Gliedmaßen aufgedehnt. Bei einem weiteren Eintreten der Frucht in den Geburtsweg wird über Druckrezeptoren die Bauchpresse aktiviert, die im weiteren Geburtsverlauf die Wehentätigkeit bei der Austreibung des Fetus unterstützt. Aufgrund des stärker werdenden Druckes auf die Fruchthüllen kommt es nun bald zu einem Platzen der Allantoisblase, was den Übergang zum Aufweitungsstadium markiert. Die Dauer des Öffnungsstadiums wird in der Literatur mit sechs bis sechzehn Stunden angegeben (GRUNERT u. ANDRESEN 1996b; BUSCH 2009b). Da die Wehen, die den Beginn des Öffnungsstadiums markieren, bei der äußerlichen Betrachtung nicht erkennbar sind, ist es schwierig den exakten Beginn festzustellen (BERGLUND et al. 1987). In der Praxis werden hier mit dem Einsetzten der Wehen beim Muttertier mehr oder weniger stark auftretende Verhaltensänderungen herangezogen. Die Tiere zeigen Unruhe (OWENS et al. 1985;

HUZZEY et al. 2005), Umschauen nach dem Bauch (JENSEN 2012), Abhalten des Schwanzes (WEHREND et al. 2006; MIEDEMA et al. 2011b) und häufigere, kürzere Liegephasen (MIEDEMA et al. 2011b, a; JENSEN 2012).

(16)

Literaturübersicht

6 Aufweitungsstadium

Nachdem das Öffnungsstadium mit dem Platzen der Fruchtblase beendet ist, wird die Frucht im sich anschließenden Aufweitungsstadium weiter in den Geburtsweg gepresst, der mit dem Austritt der Stirn des Fetus aus der Vulva seine maximale Aufweitung erfährt. Dabei kann es zu einem scheinbaren Stillstand der Geburt kommen, da sich der kaudale Abschnitt der Vagina nur langsam aufdehnt und sich in der Zeit der Abstand zwischen den Wehen vergrößert. Während diese Phase der Geburt bei pluriparen Tieren schon nach 30 bis 60 Minuten abgeschlossen sein kann, dauert sie bei primiparen Tieren bis zu sechs Stunden (BAIER u. BERCHTOLD 1984a;

GRUNERT 1993b; GRUNERT u. ANDRESEN 1996b; BUSCH 2009b).

Austreibungsstadium

Mit dem Ausstritt der Stirn des Fetus aus der Vulva geht das Aufweitungsstadium in das Austreibungsstadium über, das mit einer Dauer von drei bis zehn Minuten der kürzeste Abschnitt der Geburt ist. Durch nun mit maximaler Kraft stattfindende Wehen und Bauchpressentätigkeit wird der Kopf und dann der Vorderkörper ausgetrieben, danach kommt es erneut zu einer Verzögerung des weiteren Austritts der Frucht, da zunächst durch weitere Uteruskontraktionen die Hintergliedmaßen in eine gestreckte Haltung gebracht werden, um das Becken passieren zu können. Von außen ist dies an dem Abknicken der Wirbelsäule der Frucht in Richtung des Euters zu erkennen.

Durch wenige weitere Kontraktionen wird das Kalb in der Regel vollständig geboren (GRUNERT u. ANDRESEN 1996b; BUSCH 2009b).

Nachgeburtsstadium

Da mit dem Austritt des Fetus aus dem Geburtskanal kein Dehnungsreiz mehr vorhanden ist, kommt es während des nun folgenden Nachgeburtsstadiums zunächst

(17)

Literaturübersicht

7

zu einem Sistieren der Bauchpresse. Am Uterus finden allerdings weiter durch Oxytocin vermittelte Kontraktionen statt, die zu einer stetigen Verkleinerung des Organs und zu einer Ablösung der Fruchthüllen führen. Sobald diese in den Geburtskanal eingetreten sind, können auch erneut Bauchpressen auftreten. Mit dem Abgang der Fruchthüllen, der bei physiologischem Verlauf innerhalb von sechs Stunden nach der Geburt des Kalbes erfolgt, ist die Geburt abgeschlossen (GRUNERT 1993b).

2.2 Das physiologische Puerperium

An die Geburt schließt sich die Phase des Puerperiums an, in dem die Rückbildung der Geschlechtsorgane auf ihr anatomisches und funktionelles Ausgangsstadium stattfindet (GRUNERT u. ANDRESEN 1996c) und der Zyklus wieder anläuft (SHELDON et al. 2008). Diese Prozesse sind für eine erneute erfolgreiche Besamung des Tieres notwendig (SHELDON et al. 2008). Die Dauer des Puerperiums wird mit etwa 42 Tagen angegeben (GRUNERT 1993a; GRUNERT u. ANDRESEN 1996c), wobei sich verschiedene Stadien unterscheiden lassen.

2.2.1 Stadien des Puerperiums

Während des Frühpuerperiums in den ersten zehn Tagen nach der Abkalbung erfolgen die wesentlichen Rückbildungsprozesse am Uterus, auch die äußerlich sichtbaren geburtsbedingten Veränderungen (Vulva- und Euterödem, eingefallene Beckenbänder) bilden sich weitestgehend zurück (GRUNERT u. ANDRESEN 1996c).

Innerhalb der ersten zwölf Stunden p. p. erfolgt die Formierung der Zervix parallel zu einer fortschreitenden Verkleinerung des Uterus durch weitere Wehentätigkeit. Die Zervix ist nach 48 Stunden in der Regel nur noch für ein bis zwei Finger passierbar.

Der Uterus, der schon unmittelbar nach dem Partus nur noch die Hälfte der vorgeburtlichen Größe aufweist, kann zum Ende des Frühpuerperiums bei der rektalen

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Literaturübersicht

8

Untersuchung komplett umfasst werden (GRUNERT 1993a). Abbauprodukte des Endometriums, zurückgehaltene Fruchthüllen und Karunkelreste aus dem Uterus werden als Lochialfluss ausgeschieden. Dieser ist geruchlos, zunächst braunrot und schleimig, später zunehmend klar und viskös. Mit dem Ende des Frühpuerperiums sistiert er in der Regel (GRUNERT u. ANDRESEN 1996c). Gelegentlich werden Eihäute allerdings noch nach vierzehn bis zwanzig Tagen ausgestoßen, wenn der erste Zyklus p. p. beginnt und die dabei erfolgende Tonisierung des Uterus den Vorgang begünstigt (GRUNERT 1993a). Im Verlauf des klinischen Puerperiums bildet sich der Uterus bis zur Größe des nicht tragenden Organs zurück, so dass an seinem Ende makroskopisch keine graviditätsbedingten Veränderungen am Geschlechtstrakt mehr feststellbar sind. Nach der ersten Gravidität kommt es allerdings zu einer deutlichen Größenzunahme des Organs im Vergleich zum prägraviden Zustand. Mit zunehmender Anzahl an Trächtigkeiten erscheint der Uterus dickwandiger und schlaffer (GRUNERT 1993a). Die Rückbildungsprozesse dauern bei primiparen Tieren bis etwa zum 20. Tag p. p., bei pluriparen bis zirka zum 25. Tag p. p.. In den folgenden Wochen bis zum Ende des Gesamtpuerperiums nach etwa 42 Tagen vollziehen sich am Uterus noch Rückbauprozesse auf zellulärer Ebene. Erst danach sind auch histologisch keine Anzeichen der vorangegangenen Trächtigkeit mehr zu erkennen (GRUNERT u. ANDRESEN 1996c).

2.2.2 Anlaufen des Zyklus

Beim Rind kommt es im Verlauf eines Zyklus zu mehreren Follikelwellen mit Anbildung eines dominanten Follikels (SIROIS u. FORTUNE 1988; GINTHER et al. 1989), von denen nur derjenige der jeweils letzten Follikelwelle ovuliert. Zyklen mit zwei (GINTHER et al. 1989) oder drei (SAVIO et al. 1988; SIROIS u. FORTUNE 1988;

NOSEIR 2003) Follikelwellen werden als die am häufigsten vorkommende Form beschrieben, aber auch Zyklen mit einer oder mehr als drei Follikelwellen können auftreten (SIROIS u. FORTUNE 1988; SAVIO et al. 1990b). Nach der Abkalbung kann die erste Anbildung eines dominaten Follikels schon innerhalb der ersten vierzehn

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Literaturübersicht

9

Tage beobachtet werden (MURPHY et al. 1990; SAVIO et al. 1990a; CROWE et al.

1993; BEAM u. BUTLER 1997). Während es bei Mutterkühen aufgrund einer Unterdrückung der LH-Pulse durch die Anwesenheit und das Saugen des Kalbes im Frühpuerperium nur selten zu einer Ovulation kommt (MURPHY et al. 1990; CROWE et al. 2014), kann bei Milchkühen bereits dieser erste dominante Follikel ovulieren. In der Literatur gibt es teilweise stark abweichende Angaben über die Häufigkeit der Ovulation des ersten dominanten Follikels. Sie reichen von 28 % (SAVIO et al. 1990b) über 40 % (BEAM u. BUTLER 1997) bis zu 75 % (SAVIO et al. 1990a; ROCHE et al.

1992). In einigen Studien wird zwischen Färsen und Kühen unterschieden, wobei SAKAGUCHI et al. (2004) bei Färsen eine doppelt so hohe Ovulationsrate fanden wie bei Kühen (60 % vs. 30 %), während ZHANG et al. (2010) insgesamt eine viel niedrigere Ovulationsrate beschrieben und außerdem das Verhältnis zwischen Erstlaktierenden und Kühen genau umgekehrt war (13 % Erstlaktierende vs. 35 % bei den Kühen). Bei den Tieren, bei denen es nicht zu einer Ovulation kommt, entstehen entweder weitere Follikelwellen oder es entwickelt sich eine Zyste (SAVIO et al. 1990a;

BEAM u. BUTLER 1997). Für den Zeitpunkt der ersten Ovulation sind in der Literatur unterschiedliche Angaben zu finden. In Abhängigkeit von der Anzahl der Follikelwellen findet sie zwischen dem 16. und 35. Tag p. p. statt (FONSECA et al. 1983; SAVIO et al. 1990b; KYLE et al. 1992; OPSOMER et al. 1998; ZHANG et al. 2010), vereinzelt können aber auch kürzere oder längere Zeitspannen auftreten (SAKAGUCHI et al.

2004). Übereinstimmend wird in allen Studien berichtet, dass bei der Mehrheit der Tiere die erste Ovulation p. p. ohne erkennbare Brunstsymptome bleibt (FONSECA et al. 1983; SAVIO et al. 1990a; SAVIO et al. 1990b; KYLE et al. 1992). Nach der ersten Ovulation zeigt sich den meisten Studien zufolge häufiger ein verkürztes Zyklusintervall von weniger als 18 Tagen (FONSECA et al. 1983; RAJAMAHENDRAN u. TAYLOR 1990; SAKAGUCHI et al. 2004), während ZHANG et al. (2010) von eher langen und verlängerten Intervallen (≥ 25 Tage) berichten. SAVIO et al. (1990b) zufolge kommt es nach einer ersten postpartalen Ovulation, die vor Tag 10 p.p.

stattfindet, häufiger zu einem verlängerten Zyklusintervall (≥ 25 Tage), während es nach später erstmaliger Ovulation nach Tag 20 p.p. eher zu verkürzten Zyklusintervallen (≤ 17 Tage) kommt. Ähnliche Ergebnisse lieferte auch eine weitere

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Literaturübersicht

10

Studie, in der das Risiko für eine verlängerte Lutealphase umso höher lag, je eher nach der Abkalbung die erste Ovulation stattfand (OPSOMER et al. 1998). Der folgende dritte postpartale Zyklus weist eine geringere zeitliche Variabilität als der vorangegangene auf, so dass hier schon ein Einpendeln der Zyklusdauer auf normale Werte von 18 bis 24 Tagen zu erkennen ist, auch wenn es noch vermehrt zu verlängerten und verkürzten Zyklen kommt (FONSECA et al. 1983;

RAJAMAHENDRAN u. TAYLOR 1990).

2.3 Der gestörte Geburtsablauf

In der Regel sind Kühe in der Lage alleine und ohne menschliche Hilfe abzukalben und soweit dies möglich ist, sollte hier auch von einem Eingreifen abgesehen werden (RÜSSE 1984; GRUNERT 1993b; MEE 2008a). Jedoch können Störungen des Geburtsablaufs die Geburt verzögern und das Eingreifen eines Geburtshelfers nötig machen. Mögliche Ursachen hierfür sind zu schwache Geburtskräfte, ein zu enger Geburtskanal, zu große oder falsch positionierte Kälber (NOAKES u. VERMUNT 2001). Während bei Färsen eher die Disproportion zwischen Fetus und Geburtsweg beobachtet wird, sind bei älteren Kühen Lage-, Stellungs- und Haltungsfehler des Kalbes die häufigste Ursache für Geburtsschwierigkeiten (MEIJERING 1984; MEE 2008b).

2.3.1 Dystokie

Nach MEE (2004) bezeichnet der Begriff der Dystokie eine Spontangeburt, deren Dauer unphysiologisch verlängert ist, oder eine Geburt mit langwierigem schwerem Auszug. Um festzustellen, ob eine unphysiologische Verlängerung der Geburt vorliegt, muss der Geburtsbeginn bekannt sein, was in der Praxis Probleme bereiten kann, da in der Regel nicht permanent Personal im Abkalbebereich anwesend ist (MEE 2008a;

SCHUENEMANN et al. 2011). Auch bei der Definition der physiologischen

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Literaturübersicht

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Geburtsdauer ergeben sich Schwierigkeiten, da in der Literatur die Zeitspannen für die einzelnen Geburtsstadien sehr unterschiedlich angegeben werden. So dauert z. B. die Aufweitungsphase nach verschiedenen Autoren zwischen 30 Minuten und drei Stunden bzw. bis zu sechs Stunden bei Erstkalbinnen (BAIER u. BERCHTOLD 1984a;

GRUNERT 1993b; GRUNERT u. ANDRESEN 1996b; BUSCH 2009b). Die Häufigkeit dystokischer Geburten wird in der Literatur mit 2 % bis 7 % angegeben, wobei Färsen mit bis zu 10 % der Geburten häufiger betroffen sind als ältere Kühe (FOURICHON et al. 2001; XU u. BURTON 2003; LÓPEZ DE MATURANA et al. 2006; BLEUL 2011;

MEE et al. 2011). Bei Studien in den USA lag der Anteil bei Färsen sogar bei über 20 % (MEYER et al. 2001; LOMBARD et al. 2007).

Folgen einer Dystokie

Eine Dystokie ist mit vermehrten Schmerzen (MAINAU u. MANTECA 2011) und mit einer größeren Gefahr von Verletzungen für das Muttertier (FARHOODI et al. 2000;

SCHUENEMANN et al. 2011) sowie mit einer höheren Totgeburtenrate verbunden (LOMBARD et al. 2007; TENHAGEN et al. 2007; BLEUL 2011). Nach dystokischen Geburten besteht ein erhöhtes Risiko für Nachgeburtsverhaltung (THOMPSON et al.

1983; ERB et al. 1985; OLTENACU et al. 1988; CORREA et al. 1993) und Metritis (COLEMAN et al. 1985; ERB et al. 1985; CORREA et al. 1993; KANEENE u. MILLER 1995; BRUUN et al. 2002), ebenso wie eine verminderte Fruchtbarkeitsleistung (ERB et al. 1981; THOMPSON et al. 1983; MANGURKAR et al. 1984; DEMATAWEWA u.

BERGER 1997; FOURICHON et al. 2000) und ein größeres Merzungsrisiko (THOMPSON et al. 1983; ERB et al. 1985; DEMATAWEWA u. BERGER 1997).

Bezüglich der Milchleistung sind die Befunde in der Literatur uneinheitlich. Während einige Autoren hier negative Einflüsse einer Dystokie fanden (MANGURKAR et al.

1984; DEMATAWEWA u. BERGER 1997), gab es anderen Studien zufolge keinen Einfluss (ERB et al. 1985; DELUYKER et al. 1991). In einer Studie bestand ein Einfluss nur in den ersten Wochen nach der Abkalbung (THOMPSON et al. 1983), was andere Autoren darauf zurückführen, dass Tiere mit geringer Milchleistung nach einer

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Literaturübersicht

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Dystokie eher gemerzt werden und somit nicht mehr für die weitere Erfassung der Milchleistung zur Verfügung stehen (TENHAGEN et al. 2007; BARRIER u. HASKELL 2011). FOURICHON et al. (1999) analysierten in ihrem Review dreizehn Studien, die die Milchleistung nach Dystokie untersuchten, und fanden negative Effekte nur in denjenigen Studien, in denen die Auswirkungen von Puerperalerkrankungen wie Nachgeburtsverhaltung oder Metritis in der Auswertung nicht berücksichtigt worden waren.

2.3.2 Geburtshilfe

Unter Geburtshilfe versteht man jegliches Eingreifen in den Geburtsablauf, z. B. auch eine einfache Haltungskorrektur, so dass hier nicht in jedem Fall eine Dystokie vorliegen muss (MEE 2004). Abgesehen von offensichtlichen Geburtsproblemen, wenn z. B. nur ein Bein im Geburtsweg erscheint, wird ein Eingreifen auch bei physiologischer Geburtsposition des Kalbes nötig, wenn die Zeitdauer der Geburt über die normale Geburtsdauer hinausgeht (BUSCH 2009a; SCHUENEMANN et al. 2011).

Dies gilt auch für Tiere, die Geburtsanzeichen zeigen, bei denen aber auch nach mehreren Stunden keine Fruchtblasen oder -teile in der Vagina erscheinen (MEE 2008a; BUSCH 2009a; SCHUENEMANN et al. 2011). In der Regel wird Geburtshilfe zunächst vom überwachenden Personal durchgeführt und erst bei Erfolglosigkeit oder in unübersichtlichen Fällen ein Tierarzt hinzugezogen (BUSCH 1984; GRUNERT 1993b; MEE 2008a). Von besonderer Wichtigkeit ist es, dass die Geburtshelfer Fachkenntnisse über den normalen Geburtsablauf besitzen, um den richtigen Zeitpunkt des Eingreifens abschätzen zu können (RÜSSE 1984; GRUNERT 1993b;

MARCHESI et al. 2013). Bei zu frühem Eingreifen hat der Geburtsweg nicht genügend Zeit sich für die Passage des Fetus zu weiten (GRUNERT u. ANDRESEN 1996a), bei zu spätem Eingreifen steigt das Risiko für eine Totgeburt (GUNDELACH et al. 2009).

Im Allgemeinen wird empfohlen den gebärenden Tieren vom Erscheinen der Fruchtblasen an zwei Stunden, bzw. im Fall einer Färse drei Stunden, Zeit zu geben, bevor in den Geburtsablauf eingegriffen wird (BUSCH 1984; GRUNERT u.

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Literaturübersicht

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ANDRESEN 1996a; BUSCH 2009a). SCHUENEMANN et al. (2011) fanden in ihrer Studie für das Zeitintervall vom Fruchtblasensprung bis zur Geburt des Kalbes eine durchschnittliche Dauer von 45 Minuten und sprechen die Empfehlung aus, 70 Minuten nach Erscheinen der Fruchtblasen mit der Geburtshilfe zu beginnen, sollte die Geburt bis dahin nicht beendet sein. In der gleichen Studie wird darauf hingewiesen, dass ein frühzeitiges Eingreifen zwar im Hinblick auf die Vermeidung einer Totgeburt vorteilhaft ist, sich daraus aber auch ein erhöhtes Risiko für Verletzungen der Mutter ergibt, da der weiche Geburtsweg sich noch nicht genügend weiten konnte. Nach einer anderen Studie sollte eher die Beobachtung des Fortschritts im Geburtsverlauf ausschlaggebend für ein Eingreifen sein und nicht die Zeitdauer (MEE 2008a). Die Notwendigkeit einer Geburtshilfe ist nach verschiedenen Autoren bei gut 10 % der Geburten gegeben (DEMATAWEWA u. BERGER 1997; GEVREKCI et al. 2006;

HEINS et al. 2006), während MEE et al. (2011) und HANSEN et al. (2004a) von 30 % bzw. 50 % ausgehen. Für Erstkalbende fanden sich stets höhere Werte als für pluripare Tiere (DEMATAWEWA u. BERGER 1997; HEINS et al. 2006; LOMBARD et al. 2007; MEE et al. 2011).

2.3.3 Geburtshilfescore

Geburten können in Abhängigkeit vom Grad der notwendigen Hilfeleistung in Geburtshilfescores eingeteilt werden. Im Allgemeinen wird eine Kategorie für Spontangeburten verwendet und zwei bis drei weitere für leichte bis stärkere Hilfeleistung. Weitere Kategorien für Spontangeburten, deren Dauer verlängert ist (HEINS et al. 2006), tierärztliches Eingreifen (HANSEN et al. 2004a) oder chirurgische Geburtshilfe (LÓPEZ DE MATURANA et al. 2006; LOMBARD et al. 2007) können ergänzt werden, so dass die meisten Bewertungsschemata vier (HANSEN et al.

2004a; MEE et al. 2011) oder fünf (MEYER et al. 2001; HEINS et al. 2006; LÓPEZ DE MATURANA et al. 2006; LOMBARD et al. 2007) Kategorien aufweisen. Da in verschiedenen Ländern unterschiedliche Schemata zur Anwendung kommen und das

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Vorkommen einer Dystokie nicht einheitlich bewertet wird, ist es schwierig Studien mit unterschiedlichen Scoresystemen zu vergleichen (MEIJERING 1984; MEE 2008b).

2.3.4 Geburtsüberwachung

Um festzustellen, ob eine Geburtsstörung vorliegt, ist eine Überwachung der zur Abkalbung anstehenden Tiere notwendig. Hierdurch kann der Geburtsbeginn und das Vorhandensein von Problemen erfasst sowie rechtzeitig eingegriffen werden (MIEDEMA et al. 2011a; SCHUENEMANN et al. 2011; JENSEN 2012). In der Literatur werden die ständige Anwesenheit von Personal im Abkalbebereich (BUSCH 2009a;

SCHUENEMANN et al. 2013) oder visuelle Kontrollen in regelmäßigen zeitlichen Abständen (GRUNERT u. ANDRESEN 1996a; MEE 2008a) empfohlen. Sobald Anzeichen für eine unmittelbar bevorstehende Geburt bzw. der Beginn der Geburt erkannt werden, sollte die Frequenz der Kontrollen erhöht werden (MEE 2008a). In den meisten Betrieben finden regelmäßige Kontrollgänge im Abkalbebereich statt (ENGELS 2012; SCHUENEMANN et al. 2013; ROBICHAUD et al. 2016). DUFTY (1981) weist darauf hin, dass Stress für die Tiere hierbei unbedingt vermieden werden sollte, da er zu Verzögerungen im Geburtsablauf und somit zu Geburtsproblemen führen könnte.

2.3.5 Hilfsmittel zur Geburtsüberwachung

Eine mögliche Ergänzung zur herkömmlichen Geburtsüberwachung stellt die Verwendung von Hilfsmitteln dar, um sowohl die Störung der Tiere als auch den Arbeitsaufwand zu vermindern (NIGGEMEYER u. HOLTZ 1988). Eine zuverlässigere Erkennung abkalbender Tiere bei gleichzeitig seltenerer Anwesenheit im Abkalbestall kann sich positiv auf die Totgeburtenrate, den Verlauf des Puerperiums sowie die Fruchtbarkeit der Tiere auswirken (PAOLUCCI et al. 2010; PALOMBI et al. 2013). Dies gilt insbesondere für große Bestände, in denen die Überwachung einzelner Tiere sonst

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möglicherweise weniger intensiv stattfindet (THOMSEN et al. 2007; BLEUL 2011).

Unerlässlich ist jedoch auch weiterhin die persönliche Kontrolle im Abkalbebereich, die Anwesenheit fachkundigen Personals während der Geburt und, sofern nötig, zeitgerechte fachkundige Geburtshilfe (ENGELS 2012; MAHLKOW - NERGE u. HUUK 2013; MARCHESI et al. 2013; PALOMBI et al. 2013).

Kameraüberwachung

Die Installation von Kameras im Abkalbebereich kann eine erhebliche Zeitersparnis bieten, da die Wege zum Abkalbestall entfallen, was vor allem in der Nacht die Geburtsüberwachung komfortabler macht. Bei internetfähigen Kameras ist auch eine Übertragung auf Laptop oder Handy möglich, so dass die überwachende Person räumlich weitestgehend ungebunden ist. Da der Abkalbebereich seltener betreten werden muss, werden die Tiere seltener gestört. Für eine erfolgreiche Überwachung muss die Kameraanlage für die Verwendung unter Stallbedingungen geeignet sein und auch bei schlechten Lichtverhältnissen eine ausreichende Bildqualität bieten (ENGELS 2012). Um den gesamten Abkalbebereich einsehen zu können, kann es nötig sein mehr als eine Kamera zu installieren (FINGER et al. 1982; ENGELS 2012).

Überwachung der Schwanzhaltung

Das vom Ausscheidungsverhalten unabhängige Abhalten des Schwanzes ist im Öffnungsstadium der Geburt (BUENO et al. 1981; WEHREND et al. 2006; MIEDEMA et al. 2011b) und oftmals auch in den Tagen vor der Abkalbung zu beobachten (BUENO et al. 1981). Geräte, die dieses Verhalten registrieren, können entweder mit Klebeband am Schwanz fixiert (Patura Abkalbemelder) oder mittels Brust- und Bauchgeschirr auf dem Schwanzansatz angebracht (VEL APPEL) werden (BUENO et al. 1981; PATURA 2015). Erfolgt die Erfassung der Schwanzhaltung kontinuierlich wie bei dem Gerät VEL APPEL, kann auch eine Erhöhung der Ausscheidungsfrequenz in

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den Tagen vor der Abkalbung registriert werden. Anhand der Dauer des Schwanzabhaltens ist eine Unterscheidung zwischen dem kürzeren Kot- und Harnabsatz und dem längeren Abhalten aufgrund von Wehen oder Fruchtbewegungen möglich (BUENO et al. 1981). Durch die variable Zeitspanne, in der die Tiere das Verhalten vor der Abkalbung zeigen, kann es jedoch zu verfrühten Geburtsmeldungen kommen (BUENO et al. 1981). Beim Patura Abkalbemelder war außerdem die Befestigung der Sensoren am Schwanz der Tiere in einem Betrieb problematisch (LISTE 2014), während ein anderer Anwender damit keine Probleme hatte (SCHIEDER 2014).

Überwachung mittels Temperaturerfassung

Bei dieser Form der Geburtsüberwachung wird kurz vor dem errechneten Abkalbetermin ein Temperatursensor intravaginal appliziert. Tritt dieser im Geburtsverlauf aus der Vagina aus, wird der Temperaturabfall registriert und es erfolgt eine Meldung an eine zuvor festgelegte Telefonnummer. Je nach verwendetem System wird der Empfänger mit einem Brustgurt am Tier befestigt (HK- Geburtsmelder®, Firma Rheintechnik Weiland & Kasper KG) oder wie beim VelPhone der Firma Medria in der Umgebung des Abkalbebereiches angebracht (RHEINTECHNIK 2009; MEDRIA 2010). Bei letzterem ist auch eine regelmäßige Meldung der Körpertemperatur möglich, was laut Hersteller das Abschätzen des Kalbezeitpunktes ermöglichen soll (MEDRIA 2010). In verschiedenen Studien wurde durch die Verwendung der Geburtsmelder eine verbesserte Erkennung abkalbender Tiere bei gleichzeitiger Reduktion des Arbeitsaufwandes durch Wegfall der Kontrollgänge erreicht (NIGGEMEYER u. HOLTZ 1988; MAHLKOW - NERGE u.

HUUK 2013; VETTA u. AUINGER 2015). Lediglich in einer Studie kam es zu verfrühten Meldungen, da einige Tiere den Sensor vor der Geburt verloren (NIGGEMEYER u.

HOLTZ 1988).

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17 Überwachung mittels Lichtsensor

Auch beim Geburtsmelder der Firma IVET® wird der Sensor intravaginal appliziert, er reagiert außer auf Veränderungen der Umgebungstemperatur auch auf einen Lichteinfall. Hierdurch soll eine Meldung schon erfolgen, wenn beim Vorschieben der Fruchtblasen oder beim Pressen Licht auf den Sensor fällt und nicht erst beim Austritt des Sensors aus der Vulva. Nachteilig ist bei diesem System die hohe Anzahl an Fehlermeldungen und die schlechte Sensitivität in einigen Studien (LISTE 2014;

VETTA u. AUINGER 2015). Außerdem kann es auch hier zu einem vorzeitigen Herausfallen des Sensors und somit zu einer falsch positiven Geburtsmeldung kommen (SCHIEDER 2014).

Überwachung der Spreizung der Labien

Bei dem Geburtsüberwachungssystem C6 Birth Control® werden die beiden Sensorbestandteile beidseits an der Vulva angenäht und können so die Separierung der Labien bei Durchtritt von Fruchtblasen oder Fruchtteilen melden (SISTECK 2008).

Während einer Studie kam es durch Scheuern an der Stalleinrichtung vereinzelt zu falsch positiven Meldungen. Da die Sensoren am Tier verblieben und anschließend die Geburt korrekt meldeten, konnte in dieser Studie allerdings auch eine Geburtserkennungsrate von 100 % verzeichnet werden (MARCHESI et al. 2013).

PAOLUCCI et al. (2010) stellten bei mit dem C6 Birth Control-System überwachten Färsen und Kühen ein besseres Abschneiden bezüglich Totgeburtenrate, Endometritishäufigkeit, Nachgeburtsverhaltung sowie Fruchtbarkeitsparametern fest als bei Tieren in einer Kontrollgruppe.

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18 2.3.6 Geburtsverletzungen

Auch bei physiologischem Geburtsverlauf können Verletzungen des weichen Geburtsweges auftreten, das Risiko ist jedoch bei Geburtskomplikationen insbesondere bei verzögerten Geburten und bei unsachgemäßer Geburtshilfe erhöht (FARHOODI et al. 2000; NOAKES 2001). Als Ursachen kommen mangelnde Dehnungsbereitschaft oder Trockenheit des Geburtsweges, feto-maternale Disproportion, Haltungsfehler der Frucht oder im Rahmen der Geburtshilfe die Anwendung von starker oder zu frühzeitiger Zughilfe sowie Verletzungen durch Hilfsmittel in Frage (BAIER u. BERCHTOLD 1984b; GRUNERT 1993c;

SCHUENEMANN et al. 2011). Relativ häufige Läsionen sind Drucknekrosen der Scheidenwand, die je nach Ausmaß komplikationslos abheilen oder aber als Eintrittspforte für Infektionserreger und bei der Abheilung durch Strikturbildung und Verwachsungen der Scheidenwand erhebliche Probleme bereiten können (GRUNERT 1993c). Bei Gewebeeinrissen sind die Lokalisation und Dimensionen ausschlaggebend für Prognose und Therapieoptionen. Kritisch zu bewerten sind Verletzungen der Cervix und Dammrisse, insbesondere wenn der Schließmuskel oder das Rektum ebenfalls betroffen sind, da hier durch Narbenbildung die Funktionalität des jeweiligen Organes beeinträchtigt werden kann. Oberflächliche Verletzungen der Vagina bereiten aufgrund der guten Heilungstendenz der Schleimhaut in der Regel keine Probleme, bei perforierenden Verletzungen kann es zum Vorfall von perivaginalem Fettgewebe oder abdominalen Organen bzw. durch Eindringen von Infektionserregern und Lochialfluss zum Entstehen einer Beckenplegmone oder einer Peritonitits kommen (BAIER u. BERCHTOLD 1984b; GRUNERT 1993c). Bei tieferen vaginalen Läsionen können außerdem größere Blutgefäße verletzt werden, was zum Verbluten führen kann, wenn es nicht gelingt, die Blutung zu stoppen. Die Häufigkeit des Vorkommens von Geburtsverletzungen nach tierärztlicher Geburtshilfe wird bei SLOSS (1974) mit 2 % angegeben, wobei die Verletzungen nicht genauer beschrieben werden. In einer weiteren Studie wiesen über einen Zeitraum von drei Jahren 1,9 % der Tiere einer Herde einen vollständigen Dammriss auf (FARHOODI et al. 2000).

WEHREND et al. (2003) fanden bei 7 von 24 untersuchten Tieren nach Geburtshilfe

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mittels eines mechanischen Geburtshelfers oberflächliche vaginale Verletzungen.

Übereinstimmend berichten alle Autoren, dass Färsen häufiger betroffen waren als ältere Tiere.

2.4 Das gestörte Puerperium

Unabhängig vom Geburtsverlauf können im Puerperium Komplikationen auftreten, sie sind jedoch häufiger anzutreffen, wenn bei der Geburt eine Dystokie vorlag (COLEMAN et al. 1985; OLTENACU et al. 1988; KANEENE u. MILLER 1995; MEYER et al. 2001; BRUUN et al. 2002). Auch nach Geburten mit leichter Geburtshilfe, die nicht aus einer Dystokie resultierte, ließen sich negative Auswirkungen im nachfolgenden Puerperium feststellen (DEMATAWEWA u. BERGER 1997).

2.4.1 Nachgeburtsverhaltung

Physiologisch findet der Abgang der Nachgeburt innerhalb von sechs Stunden nach der Geburt des Kalbes statt, bis zwölf Stunden p. p. spricht man von einem verzögerten Nachgeburtsabgang, danach von einer Nachgeburtsverhaltung (GRUNERT 1993d;

SHELDON et al. 2008). Da die Ablösung der Nachgeburt bereits in den Wochen ante partum mit Reifungsprozessen in den Plazentomen beginnt, können in dieser Phase auch schon die Grundlagen für eine spätere Nachgeburtsverhaltung gelegt werden.

Hierfür kommen Ernährungsdefizite, Infektionen, die zu einer Plazentitis führen, sowie Stressfaktoren in Frage. Auch eine verkürzte oder eine verlängerte Trächtigkeitsdauer kann zu einem Versagen der Ablösungsprozesse führen. Eine Beeinträchtigung der mechanischen Ablösung während der Geburt kann durch Wehenschwäche auslösende Faktoren wie Stoffwechseldefizite oder schwere Geburtsverläufe stattfinden (GRUNERT 1993d). Infolge einer Nachgeburtsverhaltung kommt es häufig zu einer bakteriellen Infektion des Uterus, wodurch bei diesen Tieren vermehrt Metritiden auftreten (MULLER u. OWENS 1974; SANDALS et al. 1979; ERB et al.

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1981). Die Häufigkeit, mit der in verschiedenen Studien eine Nachgeburtsverhaltung gefunden wurde, variiert von rund 8 % bis 18 % (MULLER u. OWENS 1974; SANDALS et al. 1979; THOMPSON et al. 1983; MARKUSFELD 1987), wobei das Risiko mit zunehmender Laktationszahl steigt (THOMPSON et al. 1983; MARKUSFELD 1987).

Tiere mit Zwillingsgeburten waren mit bis zu 45 % häufiger betroffen als Tiere mit Einlingsgeburten (MULLER u. OWENS 1974; SANDALS et al. 1979).

2.4.2 Uterusinfektion

In den ersten Wochen nach der Abkalbung ist bei der Mehrzahl der Tiere eine bakterielle Kontamination des Uterus nachweisbar (GRIFFIN et al. 1974; HUSSAIN et al. 1990; SHELDON et al. 2002). Abhängig von Spezies und Anzahl der Bakterien und der Abwehrbereitschaft der Kuh werden diese in den Wochen nach der Abkalbung eliminiert oder es entwickelt sich eine klinisch manifeste Infektion des Uterus (HUSSAIN et al. 1990; SHELDON et al. 2006). Risikofaktoren für die Entstehung einer Metritis sind u. a. Nachgeburtsverhaltung, Zwillingsgeburten sowie mangelnde Geburtshygiene (LEBLANC et al. 2002a). Tiere mit einer Metritis entwickeln häufig eine Endometritis (LEBLANC et al. 2002a; GILBERT et al. 2005; SHELDON et al.

2009). Während sich bei einer Metritis die Infektion und Entzündungsanzeichen auf die gesamte Dicke der Uteruswand erstrecken, ist bei der Endometritis nur die apikale Schleimhautschicht betroffen (BONDURANT 1999; FOSTER 2013).

Metritis

SHELDON et al. (2009) postulieren die Verwendung der Bezeichnung Metritis bei Tieren mit einer verzögerten Uterusinvolution und einem übelriechenden Vaginalausfluss innerhalb von 21 Tagen p. p.. Eine weitere Unterteilung in die Metritisgrade 1, 2 und 3 richtet sich nach dem Auftreten von Anzeichen einer systemischen Erkrankung wie Fieber (Grad 2) bzw. Toxämie (Grad 3). Am häufigsten

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Literaturübersicht

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sind Tiere in den ersten zehn Tagen nach der Abkalbung betroffen (SHELDON et al.

2009). Der Anteil erkrankter Kühe wird in der Literatur mit einer großen Spannweite angegeben. Je nach Land und Betriebsstruktur können Häufigkeiten von 10 % bis sogar 69 % vorkommen (URTON et al. 2005; GOSHEN u. SHPIGEL 2006;

GIULIODORI et al. 2013), für Metritis mit systemischer Beteiligung reicht der Anteil von 19 % bis 41 % (DRILLICH et al. 2007; GIULIODORI et al. 2013; SANNMANN et al.

2013). Werden Werte ausschließlich für Färsen angegeben, so liegen diese stets höher als für die gesamte Herde (GIULIODORI et al. 2013; SANNMANN et al. 2013).

In den ersten Wochen p. p. ist die Selbstheilungsrate für Infektionen des Uterus hoch, in zwei Studien wird sie mit 22 %, bzw. 55 % selbst für systemisch erkrankte Tiere angegeben (MCLAUGHLIN et al. 2012; SANNMANN et al. 2013). Im Hinblick auf den potentiell lebensbedrohlichen Charakter der Infektion und das Wohlbefinden der betroffenen Tiere werden zumindest systemisch erkrankte Tiere jedoch in der Regel behandelt (DRILLICH et al. 2007; LEBLANC 2008; SANNMANN et al. 2013).

Endometritis

Besteht eine Uterusinfektion für mehr als drei Wochen p. p. fort, so entwickelt sich eine Endometritis, die in der Regel nicht mehr mit einer systemischen Erkrankung einhergeht (SHELDON et al. 2006). Gemäß der Einteilung nach SHELDON et al.

(2009) zeigt sich eine klinische Endometritis ab dem 21. Tag p. p. durch purulenten oder ab dem 26. Tag p. p. durch mucopurulenten Vaginalausfluss. Beim Fehlen von klinischen Anzeichen kann eine subklinische Endometritis durch die Bestimmung des Anteils an neutrophilen Granulozyten mittels Zytologie diagnostiziert werden (SHELDON et al. 2009). KASIMANICKAM et al. (2004) stellten ab einem Anteil neutrophiler Granulozyten über 18 % zwischen Tag 20 und 33 p. p. und über 10 % zwischen Tag 34 und 47 p. p. eine verminderte Fruchtbarkeit bei den betroffenen Tieren fest, so dass sie diese Werte als Grenzwerte für das Vorliegen einer subklinischen Endometritis annahmen. In ihrer Studie, in der nur Tiere ohne pathologischen Vaginalausfluss untersucht wurden, fanden sie Anzeichen für eine

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subklinische Endometritis in 35 % der Fälle (KASIMANICKAM et al. 2004). Die Prävalenz der klinischen Endometritis liegt in der vierten Woche p. p. verschiedenen Autoren zufolge zwischen 24 % und 30 %, mit teilweise großen Unterschieden zwischen einzelnen Herden, wobei der Anteil der erkrankten Tiere im Verlauf des Puerperiums abnimmt (LEBLANC et al. 2002a; WILLIAMS et al. 2005). GILBERT et al. (2005) unterschieden nicht zwischen klinischer und subklinischer Endometritis, sondern untersuchten bei ihren Betriebsbesuchen alle puerperalen Tiere zwischen dem 40. und 60. Tag p. p. mittels Zytologie. Sie fanden eine Endometritishäufigkeit von 53 %, wobei sie die zytologischen Ausstriche zunächst subjektiv durch die Beurteilung von Entzündungszellen auf das Vorliegen einer Endometritis untersuchten und retrospektiv den Schwellenwert für den Anteil der neutrophilen Granulozyten bei 5 % festlegten. HAMMON et al. (2001) führten Uterusspülproben zwischen dem 54.

und 60. Tag p. p. aus und fanden bei 52 % vermehrt neutrophile Granulozyten in den Ausstrichen.

Folgen einer Endometritis

Sowohl klinische als auch subklinische Endometritiden haben einen negativen Einfluss auf die Fruchtbarkeit der betroffenen Tiere, wobei hier vor allem eine verlängerte Rastzeit, ein verminderter Erstbesamungserfolg und eine generell schlechtere Konzeptionsrate genannt werden (GILBERT et al. 2005; KASIMANICKAM et al. 2005;

MCDOUGALL et al. 2007). Der Einfluss ist umso stärker, je später im Verlauf des Puerperiums die Diagnose Endometritis gestellt wird (LEBLANC et al. 2002a). Die Abgangsrate aufgrund von Unfruchtbarkeit kann sich auf mehr als 40 % erhöhen (BALL u. PETERS 2004; BELL u. ROBERTS 2007). Ob durch eine Therapie die Fruchtbarkeit betroffener Tiere verbessert werden kann und wie eine solche Therapie aussehen sollte, wird in der Literatur kontrovers diskutiert.

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Literaturübersicht

23 2.4.3 Gestörte Zyklusaktivität

In der postpartalen Phase stellen Ovarfunktionsstörungen und daraus resultierende irreguläre Brunstzyklen ein in den vergangenen Jahrzehnten zunehmendes Problem dar (OPSOMER et al. 1998; ROCHE et al. 2000; SHRESTHA et al. 2004a). Es betrifft mit bis zu 60 % insbesondere Tiere mit hoher Milchleistung (OPSOMER et al. 1998;

SHRESTHA et al. 2004a; SHRESTHA et al. 2004b; RANASINGHE et al. 2011; KAFI et al. 2012), während bei Tieren mit niedrigerer Milchleistung nur 20 % bis 30 % betroffen sind (FAGAN u. ROCHE 1986; LAMMING u. DARWASH 1998). Abhängig vom Muster der Ovaraktivität können verschiedene Formen irregulärer Ovarfunktion unterschieden werden, wobei am häufigsten ein verzögertes Einsetzen des Zyklus und verlängerte Lutealphasen vorliegen (OPSOMER et al. 1998; SHRESTHA et al. 2004a).

Verzögertes Einsetzen des Zyklus

Das Einsetzen des Zyklus wird in der Literatur als verzögert betrachtet, wenn bis zum 45. oder 50. Tag p. p. keine Ovulation stattgefunden hat (LAMMING u. DARWASH 1998; OPSOMER et al. 1998; SHRESTHA et al. 2004a; KAFI et al. 2012). Als primäre Ursache wird meistens eine mehr oder weniger ausgeprägte negative Energiebilanz nach dem Abkalben angesehen (LUCY et al. 1991; BEAM u. BUTLER 1998, 1999;

SHRESTHA et al. 2004a; POLLOTT u. COFFEY 2008). Das Ausmaß des Energiedefizits hängt von mehreren Faktoren ab, wobei die Milchleistung, die Energiedichte in der Ration sowie die Menge der aufgenommenen Trockensubstanz von herausragender Bedeutung sind. Eine übermäßige Körperkondition um den Abkalbezeitpunkt (ROCHE 2006), hohe Milchleistung (LUCY et al. 1991; BEAM u.

BUTLER 1998; SHRESTHA et al. 2004a), geringe Futteraufnahme (ZAIN et al. 1995;

BEAM u. BUTLER 1998; SHRESTHA et al. 2004a), z. B. durch ein unzureichendes Fütterungsregime (ROCHE 2006), oder klinische Erkrankungen wirken sich negativ auf die Energiebilanz aus (OPSOMER et al. 2000; PETERSSON et al. 2006) und stellen somit auch ein Risiko für ein verzögertes Einsetzen des Zyklus dar. Tiere mit

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Literaturübersicht

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einer Schwergeburt oder Puerperalerkrankungen sind ebenfalls anfälliger für eine verzögerte erste Ovulation (FONSECA et al. 1983; ZAIN et al. 1995; CUTULLIC et al.

2011), wobei als Ursache hier endokrine Vorgänge genannt werden (BOSU et al.

1988; KINDAHL et al. 1992; KASK et al. 2003). Auch eine lange Trockenstehperiode wurde in einer Studie als Risikofaktor gefunden. Hier ziehen die Autoren als mögliche Erklärung für den Zusammenhang vorangegangene Fruchtbarkeitsprobleme als Ursache für die lange Trockenstehphase oder eine vermehrte Körpermassezunahme und dadurch einen höheren BCS zum Abkalben in Erwägung (OPSOMER et al. 2000).

Verlängerte Lutealphase

Eine verlängerte Lutealphase liegt dann vor, wenn nach stattgefundener Ovulation ein hoher Progesteronwert für mehr als 19 bzw. 20 Tage bestehen bleibt, ohne dass eine Trächtigkeit vorliegt (LAMMING u. DARWASH 1998; OPSOMER et al. 1998;

SHRESTHA et al. 2004a; KAFI et al. 2012). Als Ursache wird eine Störung der luteolytischen Signalkaskade vermutet, die unter Beteiligung des Endometriums abläuft (ROCHE et al. 2000; SHRESTHA et al. 2004a). Daher erhöhen die Uterusfunktion beeinträchtigende Faktoren wie Dystokie, Nachgeburtsverhaltung oder Infektionen das Risiko für eine verlängerte Lutealphase (OPSOMER et al. 2000;

SHRESTHA et al. 2004a). Auch Faktoren, die zu einer schlechteren Follikelentwicklung in der Lutealphase und somit zu geringeren Blutöstrogenkonzentrationen führen (WILSON et al. 1998), haben einen negativen Einfluss auf die luteolytische Kaskade (BEAM u. BUTLER 1999; HOMMEIDA et al.

2005). In verschiedenen Studien werden in diesem Zusammenhang hohe Milchleistung, negative Energiebilanz und starker BCS-Verlust genannt (HOMMEIDA et al. 2005; KAFI et al. 2012). Bei Tieren mit hoher Milchleistung wird auch eine gesteigerte Stoffwechselaktivität und daraus resultierend eine höhere Metabolisierungsrate als mögliche Ursache für eine verlängerte Lutealphase diskutiert (SANGSRITAVONG et al. 2002; HOMMEIDA et al. 2005; KAFI et al. 2012). Außerdem scheint das Risiko für eine verzögerte Luteolyse umso höher zu sein, je früher vor dem

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32. Tag p. p. die erste Ovulation stattgefunden hat (OPSOMER et al. 2000; KAFI et al.

2012).

2.5 Fruchtbarkeit

Unter ökonomischen Gesichtspunkten wird für eine erfolgreiche Milchproduktion im Allgemeinen ein Zwischenkalbeintervall von nicht wesentlich mehr als 365 Tagen gefordert (LOUCA u. LEGATES 1968; DIJKHUIZEN et al. 1985). Dies ist insbesondere in grünlandbasierten Fütterungssystemen, wie sie z. B. in Irland oder Neuseeland anzutreffen sind, wichtig, da nur so eine optimale Ausnutzung der Futtergrundlage ermöglicht wird (DILLON et al. 1995; J. R. ROCHE et al. 2007). Um das Ziel zu erreichen, ist eine erfolgreiche Besamung um den 85. Tag p. p. notwendig (OPSOMER et al. 1998), was ein rechtzeitiges Einsetzen der Zyklusaktivität zwischen dem 30. und 45. Tag p. p., optimale Brunsterkennung und hohe Konzeptionsraten erforderlich macht (THATCHER u. WILCOX 1973; J. F. ROCHE et al. 2000; RANASINGHE et al.

2011).

2.5.1 Einsetzen der Zyklusaktivität

Sowohl ein sehr früher, als auch ein später erster postpartaler Zyklus haben einen negativen Einfluss auf die Rastzeit und die Konzeptionsrate bis zum 100. Tag p. p.

(LAMMING u. DARWASH 1998; SHRESTHA et al. 2004b; HORAN et al. 2005;

GAUTAM et al. 2010). Bei zu frühem Einsetzten des Zyklus wird die Gefahr einer unzureichenden Uterusrückbildung und daraus folgender Uterusinfektionen und irregulären Brunstzyklen als Ursache angesehen (OPSOMER et al. 2000). Der nachteilige Einfluss eines späten Zyklusbeginns wird mit der Beobachtung erklärt, dass sich eine größere Anzahl an Zyklen vor der Besamung positiv auf den Besamungserfolg auswirkt (THATCHER u. WILCOX 1973; SENATORE et al. 1996;

DARWASH et al. 1997). SHRESTHA et al. (2004b) vermuten die über die ersten

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postpartalen Lutealphasen steigende Progesteronkonzentration (VILLAGODOY et al.

1988; STAPLES et al. 1990) als mögliche Ursache, da bei erfolgreich besamten Tieren höhere Progesteronwerte in der frühen embryonalen Phase gemessen werden (LUKASZEWSKA u. HANSEL 1980; MANN et al. 1995). LAMMING und DARWASH (1998) dagegen führen die Beobachtung auf den positiven Einfluss der wechselnden Wirkung von Progesteron und Östrogen auf das Uterusmilieu zurück, was zu besserer Eizellqualität und Embryonalentwicklung führen könne. Während einige Autoren negative Einflüsse auf die Fruchtbarkeit auch bei irregulärer Zyklusaktivität fanden (LAMMING u. DARWASH 1998; SHRESTHA et al. 2004b), konnten andere in dieser Hinsicht keine Auswirkungen feststellen (HORAN et al. 2005; GAUTAM et al. 2010).

2.5.2 Brunsterkennung

Voraussetzung für eine erfolgreiche Brunsterkennung sind Tiere, die deutliche Brunstsymptome über einen ausreichend langen Zeitraum aufweisen (LUCY 2001;

YOSHIDA u. NAKAO 2005; RANASINGHE et al. 2010), sowie eine auf die Betriebsstruktur abgestimmte Brunstbeobachtung (DISKIN u. SREENAN 2000;

CARAVIELLO et al. 2006). Wie deutlich eine Kuh Brunstanzeichen zeigt, hängt von ihrem individuellen Verhalten, ihrem sozialen Rang und Gesundheitsstatus sowie von Umweltfaktoren wie Klima oder Untergrundbeschaffenheit ab (DISKIN u. SREENAN 2000; LUCY 2001; YOSHIDA u. NAKAO 2005; WALKER et al. 2008; PALMER et al.

2010). Die Besatzdichte darf nicht zu hoch sein, um Interaktionen zwischen den Tieren zu ermöglichen und es müssen sich möglichst mehrere Tiere in Brunst befinden, was eine ausreichend große Tierzahl nötig macht (DISKIN u. SREENAN 2000). Über den Einfluss einer hohen Milchleistung auf die Intensität der Brunstsymptome existieren kontroverse Berichte (LUCY 2001; RANASINGHE et al. 2010). Im Hinblick auf das Management werden der Einsatz von geschultem Personal und die einwandfreie Erkennbarkeit der Tiere auch aus der Distanz als die wichtigsten Faktoren genannt (CARAVIELLO et al. 2006). Um die Brunstbeobachtung zu erleichtern ist eine Vielzahl an Brunsterkennungssystemen erhältlich, von denen die meisten entweder die

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gesteigerte Bewegungsaktivität oder das Aufsprungverhalten der brünstigen Tiere registrieren (DISKIN u. SREENAN 2000; FRICKE et al. 2014). Eine Möglichkeit auf die Brunstbeobachtung zu verzichten stellt die Induktion des Östrus durch Verwendung von Hormonpräparaten und die terminierte Besamung dar, wobei hier die Konzeptionsraten niedriger sind als bei einer natürlichen Brunst (FRICKE et al. 2014).

2.5.3 Weitere Einflüsse auf die Fruchtbarkeit

Als weiterer wichtiger Einflussfaktor muss die Stoffwechselsituation der Tiere angesehen werden, da eine negative Energiebilanz unzureichende Hormonspiegel und ein geringeres Follikelwachstum zur Folge hat, so dass die Chance auf eine Trächtigkeit sinkt (NEBEL u. MCGILLIARD 1993; LOEFFLER et al. 1999; ROCHE 2006). Die Tiere sollten weder über- noch unterkonditioniert abkalben, bald nach der Abkalbung den Zustand der negativen Energiebilanz verlassen und ihren Nährstoffbedarf aus der Futterration decken können (NEBEL u. MCGILLIARD 1993;

ROCHE 2006). Dies erfordert eine angepasste Rationsgestaltung, ein gutes Fütterungsmanagement und gesunde Kühe, die das angebotene Futter in der erforderlichen Menge aufnehmen (ROCHE 2006). Auch als direkter Einflussfaktor auf die Fruchtbarkeit spielt die Gesundheitssituation der Tiere eine Rolle. Als stoffwechselassoziierte Krankheiten haben Hypokalzämie oder Ketose genauso einen negativen Einfluss, wie die mit der Abkalbung einhergehenden Zustände Dystokie, Nachgeburtsverhaltung und Metritis bzw. Endometritis (ERB et al. 1981; GROHN u.

RAJALA-SCHULTZ 2000; LUCY 2001; LEBLANC et al. 2002a; KIM u. KANG 2003).

Auch von weiteren klinischen Erkrankungen wie Mastitis oder Lahmheit betroffene Tiere weisen eine schlechtere Fruchtbarkeit auf (BARKER et al. 1998; MELENDEZ et al. 2003; HANSEN et al. 2004b; AHMADZADEH et al. 2009; SOMERS et al. 2015).

Zum Einfluss der Milchleistung auf die Fruchtbarkeit sind die Befunde in der Literatur kontrovers. Während sich in einigen Studien bei Tieren mit hoher Milchleistung eine schlechtere Fruchtbarkeit als bei solchen mit geringerer Milchleistung zeigte (DHALIWAL et al. 1996; RAJALA-SCHULTZ u. FRAZER 2003; MELENDEZ u.

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PINEDO 2007), war dies in anderen Studien nicht der Fall (LOEFFLER et al. 1999;

GROHN u. RAJALA-SCHULTZ 2000; LOPEZ-GATIUS et al. 2006). Zwar wurde auf genetischer Ebene eine negative Korrelation gefunden (PRYCE et al. 1997;

DEMATAWEWA u. BERGER 1998; KADARMIDEEN et al. 2000; PRYCE u.

VEERKAMP 2001; TOGHIANI 2012), es besteht aber keine Einigkeit darüber, in welchem Ausmaß die schlechtere Fruchtbarkeit hochleistender Milchkühe auf diesen Zusammenhang zurückzuführen ist (DEMATAWEWA u. BERGER 1998; LUCY 2001).

So werden Managemententscheidungen wie eine längere Rastzeit oder eine geringere Merzungswahrscheinlichkeit bei hochleistenden Kühen als mögliche Einflussfaktoren auf die Studienergebnisse genannt (PRYCE et al. 1997; DEMATAWEWA u. BERGER 1998; GROHN u. RAJALA-SCHULTZ 2000). LUCY (2001) betont in diesem Zusammenhang außerdem die Relevanz der Energieversorgung für die Fruchtbarkeit und warnt davor, hohe Milchleistung mit negativer Energiebilanz gleichzusetzen. Die große Variabilität von Fruchtbarkeitskennzahlen zwischen verschiedenen Betrieben innerhalb einer Studie weist außerdem auf die Bedeutung des Herdenmanagements und der Haltungsbedingungen hin (GROHN u. RAJALA-SCHULTZ 2000; CALUS et al. 2005; ROCHE 2006).

2.6 Merzungsrisiko

Der Begriff Merzung bezeichnet den Prozess der Abschaffung von Tieren aus dem Bestand, wobei diese in der Regel durch eigene Nachzucht oder zugekaufte Tiere ersetzt werden, so dass die Herdengröße konstant bleibt (HADLEY et al. 2006). Es wird zwischen freiwilliger und unfreiwilliger (ALLAIRE et al. 1977; HADLEY et al. 2006) bzw. zwischen ökonomischer und biologischer (FETROW et al. 2006) Merzung unterschieden. Bei der unfreiwilligen oder biologischen Merzung muss ein Tier aufgrund von Krankheit, Unfall oder Sterilität abgeschafft werden. Ziel der freiwilligen oder ökonomischen Merzung ist, die Herdenleistung zu erhalten oder zu verbessern, indem Tiere, die nicht die gewünschte Leistung bringen oder unerwünschte Eigenschaften wie Fundamentmängel oder Verhaltensfehler aufweisen, verkauft

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werden (CHIUMIA et al. 2013). Bei der Entscheidung zur Merzung handelt es sich um einen komplexen Prozess, bei dem nicht nur die individuelle Krankheitsgeschichte und das Alter eines Tieres, sondern auch die momentane und die erwartete zukünftige Leistung im Hinblick auf Laktation und Reproduktion Berücksichtigung finden (BEAUDEAU et al. 1996; RAJALA-SCHULTZ u. GROHN 1999b) und in Bezug zu den Verhältnissen in der Herde gesetzt werden (BEAUDEAU et al. 1993). Da aus ökonomischen Erwägungen vorwiegend die eigene Nachzucht zur Erhaltung der Bestandsgröße genutzt wird, ist der Spielraum bei der freiwilligen Merzung umso größer, je weniger Tiere unfreiwillig abgeschafft werden müssen (BEAUDEAU et al.

1993). Neuere Studien fanden Merzungsraten von um die 30 % (RAJALA-SCHULTZ u. GROHN 1999a; HADLEY et al. 2006; PINEDO et al. 2010; CHIUMIA et al. 2013).

Als häufige Ursachen für eine Abschaffung werden Fertilitätsprobleme (MARTIN et al.

1982; HADLEY et al. 2006; PINEDO et al. 2010; CHIUMIA et al. 2013), Eutererkrankungen (MARTIN et al. 1982; CHIUMIA et al. 2013) sowie Tierverluste durch Todesfälle (PINEDO et al. 2010) oder Unfälle (HADLEY et al. 2006) genannt. In Deutschland wurden im Jahr 2014 35 % der MLP-Kühe gemerzt, wobei die am häufigsten genannten Abgangsursachen Sterilität (21 %) und sonstige Ursachen (20

%), gefolgt von Euter- (14 %) und Gliedmaßenerkrankungen (11 %) waren (ARBEITSGEMEINSCHAFT DEUTSCHER RINDERZÜCHTER 2015).

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Material und Methoden

30 3. Material und Methoden

3.1 Allgemeine Beschreibung des Projekts

In einem größeren Milchviehbetrieb wurde die visuelle Geburtsüberwachung bei Färsen durch den Einsatz des automatisierten Geburtsmeldesystems iVET® (iVET, Papenburg) ergänzt. Hierdurch sollte die hohe Totgeburtenrate in dieser Reproduktionsgruppe, die im Jahr vor Versuchsbeginn bei 14,3 % lag, gesenkt werden. Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Einfluss der veränderten Form der Geburtsüberwachung auf den Verlauf des nachfolgenden Puerperiums, die Gesundheit sowie die Milch- und Fruchtbarkeitsleistung der Tiere im Vergleich zur herkömmlichen Geburtsüberwachung.

3.2 Der Betrieb

Die Studie wurde auf dem Betrieb Quellendorfer Landwirte GbR in Sachsen-Anhalt durchgeführt. Der Betrieb gliederte sich in die Bereiche Milch- und Pflanzenproduktion.

Neben dem Hauptstandort in Quellendorf, an dem die laktierenden Tiere gehalten wurden, gab es zwei weitere Betriebsstandorte, die der Aufzucht der weiblichen Jungrinder dienten. Zu Beginn der Studie wurden 1000 Milchkühe und 957 Jungrinder der Rasse Holstein Friesian gehalten. Die Milchleistung lag im Durchschnitt bei 9340 kg pro Kuh und Jahr. Das mittlere Alter der Kühe betrug 4,1 Jahre. Einmal im Monat fand eine Milchleistungsprüfung in der Form des betrieblichen Prüfverfahrens statt. Im Milchviehbereich waren ausschließlich Tierwirte und Auszubildende in diesem Beruf beschäftigt. Das Melken und die täglichen Routinearbeiten in den Ställen wurden im Zweischichtensystem erledigt, wobei eine Schicht jeweils von 7 Uhr bis 16 Uhr, bzw.

von 19 Uhr bis 4 Uhr dauerte. Zwischen den Schichten war am Nachmittag noch ein Mitarbeiter mit der Futtervorlage beschäftigt, in den Morgenstunden von 4 Uhr bis 5.30 Uhr, wenn die Herdenmanager ihre Schicht begannen, befand sich kein Personal auf der Anlage. Eine Übersicht über den Betrieb findet sich in Tabelle 1.

Referenzen

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