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Untersuchungen zur Entwicklung der frühen akustisch evozierten Potentiale (FAEP) bei der Katze für den Einsatz in der Grundlagenforschung und zur klinischen Anwendung

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Aus der Klinik für Kleine Haustiere der Tierärztlichen Hochschule Hannover und der Klinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde

der Medizinischen Hochschule Hannover

Untersuchungen zur Entwicklung der frühen akustisch evozierten Potentiale (FAEP) bei der Katze

für den Einsatz in der Grundlagenforschung und zur klinischen Anwendung

I N A U G U R A L - D I S S E R T A T I O N zur Erlangung des Grades eines

D O C T O R M E D I C I N A E V E T E R I N A R I A E durch die Tierärztliche Hochschule Hannover

Vorgelegt von Petra Keller

aus Bremen

Hannover 1997

(2)

Wissenschaftliche Betreuung: Univ. Prof. Dr. I. Nolte

für die Tierärztliche Hochschule Hannover

Univ. Prof. Dr. med. Th. Lenarz

für die Medizinische Hochschule Hannover

Gutachter: Univ. Prof. Dr. I. Nolte Gutachter: Priv.-Doz. Dr. G. Uhr

Tag der mündlichen Prüfung: 19.11.1997

(3)

Maja und Willi

(4)

Veröffentlichungen Stand Mai 1997 P. Keller, S.M. Cords, G. Reuter, T. Lenarz, I. Nolte (1995)

Untersuchungen zur Hörentwicklung der Hauskatze mittels akustisch evozierter Potentiale.

In 41. Jahrestagung der Fachgruppe“Kleintierkrankheiten“

Deutsche Gruppe der WSAVA. ISBN 3-930511-20-7; S.64-75 P. Keller, S.M. Cords , G. Reuter, R. Hartrampf, Th. Lenarz (1995)

Development of auditory evoced brainstem responses in normal hearing kitten.

XIV International Evoked Response Audiometry Study Group, Lyon, 7.3 p3 S.M. Cords, G. Reuter, R. Hartrampf, P. Keller, Th. Lenarz (1995)

Development of auditory brainstem response latencies in normal hearing and neonatally deafened and chronic intracochlear electric stimulated kittens.

1995 Conference on implantable auditory prostheses. Asilomar p. 42 S.M. Cords, P. Keller, G. Reuter, I. Nolte (1995)

Development of auditory evoked brainstem responses in the kitten.

5th Annual Congress, European Society of Veterinary Internal Medicine, Cambridge S.M. Cords, P. Keller, G. Reuter, I. Nolte (1995)

Investigation of maturation and defiency of the auditory system in the kitten by evoked brainstem Responses.

9th Annual Symposium of the European Society of Veterinary Neurology, Lüttich P. Keller, S.M. Cords , G. Reuter, Th. Lenarz (1996)

Development of auditory evoced brainstem response latencies and amplitudes in the kitten.

Göttingen Neurobiology Report 1996 Proceedings of the 24nd Göttingen Neurobiology Conference (ed. N. Elsner and Schnitzler) Vol II Thieme Verlag Stuttgart New York p 243

P. Keller, A. Engelke, I. Stephan, G. Gassner, A. Meyer-Lindenberg (1997) Audiometrische Untersuchungen an Katzen.

6. Jahrestagung der Fachgruppe Innere Medizin und Klinische Labordiagnostik in der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft München

(5)

1 EINLEITUNG ...1

2 LITERATURÜBERSICHT ...2

2.1 AUDIOLOGISCHE GRUNDLAGEN...2

2.1.1 Anatomie der Hörbahn ...2

2.1.2 Physiologie der Hörbahn ...6

2.1.3 Pathophysiologie der Hörbahn ...8

2.2 DIE ANGEBORENE TAUBHEIT BEI DER WEIßEN KATZE...9

2.2.1 Genetik von phänotypisch weißen Katzen...10

2.2.2 Auswirkungen der Hypopigmentation ...11

2.3 DIE ELEKTRISCHE REAKTIONSAUDIOMETRIE ZUM NACHWEIS DER ANGEBORENEN TAUBHEIT BEI DER WEIßEN KATZE...13

2.3.1 Audiologischer Nachweis der angeborenen Taubheit ...13

2.3.2 Audiometrischer Nachweis der angeborenen Taubheit ...14

2.4 AKUSTISCH EVOZIERTE POTENTIALE...16

2.4.1 Elektrophysiologische Grundlagen ...16

2.4.2 Einteilung akustisch evozierter Potentiale ...16

2.5 FRÜHE AKUSTISCH EVOZIERTE POTENTIALE...17

2.5.1 Frühe akustisch evozierte Potentiale beim Menschen...18

2.5.2 Frühe akustisch evozierte Potentiale beim Tier...19

2.5.3 Frühe akustisch evozierte Potentiale bei der Katze...22

2.6 PROBLEMSTELLUNG UND ZIELSETZUNG...25

3 MATERIAL UND METHODE ...26

3.1 MATERIAL...26

3.1.1 Tiere...26

3.1.1.1 Gruppe 1 und Gruppe 2 ...26

3.1.1.2 Gruppe 3 ...26

3.1.2 Sachmaterial ...26

3.1.2.1 Pharmaka ...26

3.1.2.2 Technische Geräte ...27

(6)

3.2 METHODE... 28

3.2.1 Meßprinzip zur Aufnahme von frühen akustisch evozierten Potentialen... 29

3.2.2 Geräte-Einstellungen ... 31

3.2.3 Vorversuche ... 32

3.2.4 Messung der frühen akustisch evozierten Potentiale bei normalhörenden Katzen ... 32

3.2.5 Messung der frühen akustisch evozierten Potentiale bei experimentell ertaubten Katzen ... 34

3.2.6 Messung der frühen akustisch evozierten Potentiale bei klinischen Patienten ... 34

3.2.7 Datenerfassung und Auswertung ... 38

4 ERGEBNISSE ... 38

4.1 VORVERSUCHE... 38

4.1.1 Typisches Aussehen der frühen akustisch evozierten Potentiale der Katze 38 4.1.2 Anzahl der Mittelungen... 39

4.1.3 Pausendauer zwischen den einzelnen Stimuli ... 39

4.1.4 Position der Ableitelektrode ... 39

4.1.5 Abstand der Schallquelle zum stimulierten Ohr ... 42

4.1.6 Kombination der Reizpegel ... 43

4.2 ERSTES AUFTRETEN VON FRÜHEN AKUSTISCH EVOZIERTEN POTENTIALEN... 44

4.3 VERGLEICH DER FRÜHEN AKUSTISCH EVOZIERTEN POTENTIALE VON KATZENWELPEN UND ADULTEN KATZEN... 45

4.4 ENTWICKLUNG DER FRÜHEN AKUSTISCH EVOZIERTEN POTENTIALE... 48

4.4.1 Entwicklung der Hörschwelle ... 48

4.4.2 Entwicklung der Latenzen ... 49

4.4.2.1 Latenzen in Abhängigkeit vom Lebensalter... 49

4.4.2.2 Latenzen in Abhängigkeit von der Stimulusintensität ... 52

4.4.2.3 Latenzen in Abhängigkeit von der Hörschwelle... 54

4.4.3 Entwicklung der Interpeaklatenzen ... 56

4.4.4 Entwicklung der Amplitude ... 59

(7)

4.5 ERKENNEN VON TAUBHEIT...60

4.6 ZUSAMMENFASSUNG DER ERGEBNISSE...65

5 DISKUSSION...67

5.1 MATERIAL UND METHODE...67

5.1.1 Tiere...67

5.1.2 Versuchsvorbereitung ...67

5.1.3 Meßgerät und -methode...68

5.2 ENTWICKLUNG DER FRÜHEN AKUSTISCH EVOZIERTEN POTENTIALEN DER KATZE...69

5.2.1 Typischen Aussehen der frühen akustisch evozierten Potentiale der Katze 72 5.2.2 Entwicklung der Hörschwelle ...73

5.2.3 Entwicklung der Latenzen und Interpeaklatenzen ...75

5.2.4 Entwicklung der Amplitude...78

5.3 ERKENNEN VON TAUBHEIT...78

5.3.1 Konsequenzen ...80

6 ZUSAMMENFASSUNG ...82

7 SUMMARY ...84

8 LITERATURVERZEICHNIS...86

9 ANHANG ...98

(8)

Abkürzungen

AEP akustisch evozierte Potentiale = „auditory evoked potentials“

CT Corpus trapezoideum

dB SPL Dezibel (Schalldruckpegel, siehe Definitionen) EEG Elektroenzephalogramm

ERA elektrische Reaktionsaudiometrie = „electric response audiometry“

FAEP frühe akustisch evozierte Potentiale FeLV Felines Leukose Virus

FIP Feline infektiöse Peritonitis FIV Felines Immundefizienz Virus

HS Hörschwelle

IHC innere Haarzellen = „inner hair cells“

IPL Interpeaklatenz kHz Kilohertz

LL Leminiscus lateralis

LT Lebenstag

MAEP mittlere akustisch evozierte Potentiale

MW Mittelwert

OAE Otoakustische Emissionen

OHC äußere Haarzellen = „outer hair cells“

P Potential

p. p. post partum

SP Summationspotential

SAEP späte akustisch evozierte Potentiale SAP Summenaktionspotential

Staw. Standardabweichung

SFAEP sehr frühe akustisch evozierte Potentiale SSAEP sehr späte akustisch evozierte Potentiale

(9)

Definitionen

Schallwellen sind Schalldruckschwankungen, die maximale Abweichung des Schalldruckes von der Ruhelage entspricht der Lautstärke der Hörempfindung. Die Empfindungsstärke wächst nicht proportional zur Reizstärke an, sondern logarithmisch zu dieser.

Der logarithmische Schalldruckpegel (engl. „sound pressure level“ = SPL) ist das Maß für die Schallintensität, seine Einheit ist das Bel (B) oder 1/10 Bel (Dezibel, dB).

Das Dezibel basiert auf dem Verhältnis eines gemessenen Schalldruckes px zu einem festgelegten Referenzdruck p0 (= 20 µPa). Dies ist der mittlere für Normalhörende gerade noch wahrnehmbare Schalldruck bei einer Frequenz von 2 kHz.

[dB] SPL= 20 • log 10 px 2 / p0

2

Im Rahmen von frequenzspezifischen Untersuchungen verwendet man als Einheit die mittleren Hörschwelle einer normalhörenden menschlichen Versuchsgruppe (dB HL = „hearing Level“) für die jeweilige Frequenz. Für die nicht frequenzspezifischen Reize erfolgt die Angabe für den spezifischen Stimulus als normalisierte Hörschwelle (dB nHL = „normalized hearing level“).

Bei akustischen Stimuli von sehr kurzer Dauer (wie z. B. dem Click-Reiz ) wird der kurzzeitig erreichte Spitzenwert (Peak) des Schalldruckes subjektiv um ca. 30 dB schwächer wahrgenommen als bei einem Sinusdauerton gleicher Amplitude. Der Spitzenwert des Stimulus wird deshalb in dB p.e.SPL („peak equivalent sound pressure level“) angegeben.

[dB] p.e.SPL = [dB] nHL + 30

Wenn sich die Dezibel nicht auf eine normalhörende Gruppe, sondern spezifisch auf das einzelne Individuum beziehen, dann erfolgt die Angabe in dB SL („sensation level“).

Der außerdem verwendete Begriff der dB fHL („felinen hearing level“) ist spezifisch für diese Arbeit und bezieht sich auf die dB oberhalb der Hörschwelle der Katzen.

(10)

Abbildungsverzeichnis:

Abb. 1: Schematische Illustration der Strukturen des rechten Ohres einer Katze (Kranialansicht des Transversalschnittes durch den äußeren Gehörgang).

Aus: HUDSON u. HAMILTON (1993). 2

Abb. 2: Halbschematische Darstellung eines Querschnittes durch einen Schneckengang.

Aus: SEIFERLE (1992). 4

Abb. 3: Die zentrale Hörbahn in der Dorsalansicht.

Nach: NIEUWENHUYS et al. (1991). 5

Abb. 4: Darstellung der Meßzeitpunkte und Anzahl der untersuchten Katzen an den einzelnen Lebenstagen im Rahmen der

Entwicklungsstudie (Gruppe 1). 28

Abb. 5: Schematischer Aufbau einer ERA-Meßeinheit. 30 Abb. 6: Position der Differenzelektroden an Vertex und Mastoid sowie

der Erdungselektrode im Nacken der Katze.

Nach: PINTERA u. MARGET (1988). 39

Abb. 7: Beispiel für eine FAEP-Meßkurve der Katze. 38 Abb. 8 a-d: Ableitung von FAEP bei verschiedenen Positionen der

Vertexelektrode. 40/41

Abb. 9: Beispiel für Variationen in der Kurvenform der FAEP bei

Veränderung des Lautsprecherabstandes. 42

Abb. 10: Die unterschiedliche Ausprägung von FAEP-Messkurven bei

zwei verschiedenen 6-fach quasisimultanen Ableitungen. 43 Abb. 11 a: Frühe akustisch evozierte Potentiale eines 15 Tage alten

Katzenwelpen (Click-Stimulation bei 100 bis 50 dB nHL über

Lautsprecher). 46

Abb. 11 b: Frühe akustisch evozierte Potentiale einer weiblichen Katze am 150. Lebenstag (Click-Stimulation bei 100 bis 0 dB nHL über

Lautsprecher). 47

Abb. 12: Entwicklung der Hörschwelle in Abhängigkeit vom Lebensalter

(MW ± Staw. mit Regressionskurve). 49

Abb. 13: Mittelwerte und Standardabweichungen von Potential I bis V am

16., 60. und 365. Tag post partum bei 70 dB nHL. 51

(11)

Abb. 14: Die Entwicklung der Latenzen exemplarisch für Potential IV in Abhängigkeit vom Lebensalter und in Abhängigkeit von der

Stimulusintensität. 53

Abb. 15: Latenz-Intensitäts-Funktion von Potential IV am 16. und 365.

Lebenstag unter Berücksichtigung der unterschiedlichen

Hörschwelle (MW ± Staw.). 54

Abb. 16: Latenzverlauf von Potential I bis V bei 60 dB nHL in

Abhängigkeit vom Lebensalter (MW ± Staw.). 55 Abb. 17: Latenzentwicklung von Potential I bis V vom 16 - 365. Lebenstag

jeweils bei 60 dB oberhalb der Hörschwelle der Katzen (60 dB

fHL) (MW ± Staw.). 55

Abb. 18: Latenzentwicklung für IPL 1-2, 1-3, 1-4 und 1-5 vom 16. bis 365.

Lebenstag bei 70 dB nHL (MW ± Staw.). 56

Abb. 19: Die Entwicklung der Interpeaklatenzen exemplarisch für IPL 2-4

in Abhängigkeit vom Lebensalter. 58

Abb. 20: Entwicklung der direkt benachbart liegenden IPL 1-2, 2-3, 3-4 und 4-5 exemplarisch am 16., 32., 60., 90., 180. und 365.

Lebenstag bei 60 dB nHL. 59

Abb. 21: Entwicklung der Amplitude von Potential IV bei 50 - 100 dB nHL. 60 Abb. 22 a: Frühe akustisch evozierte Potentiale einer experimentell

ertaubten Katze (Gruppe 2) mit deutlichem Hörverlust (Click-

Stimulation bei 70 dB nHL über Lautsprecher). 62 Abb. 22 b: Frühe akustisch evozierte Potentiale einer experimentell

ertaubten Katze (Gruppe 2) mit vollständigem Hörverlust (Click-

Stimulation bei 100 dB nHL über Lautsprecher). 63 Abb. 23 a: Frühe akustisch evozierte Potentiale einer normalhörenden

Katze (Gruppe 3) nach Click-Stimulation bei 70 dB nHL über

Kopfhörer. 64

Abb. 23 b: Frühe akustisch evozierte Potentiale einer Katze mit einer

schweren Hörstörung links (Gruppe 3) nach Click-Stimulation bei

70 dB nHL über Kopfhörer. 64

Abb. 23 c: Frühe akustisch evozierte Potentiale einer Katze mit einer beidseitigen vollständigen Hörstörung (Gruppe 3) nach Click-

Stimulation bei 70 dB nHL über Kopfhörer. 64

(12)

Tabellenverzeichnis:

Tab. 1: Einteilung der Schwerhörigkeiten. Nach: HOTH u. LENARZ (1994). 8 Tab. 2: Prozentualer Anteil der unterschiedlichen Kombinationen von

tauben und hörenden bzw. blauäugigen und gelbäugigen weißen

Katzen nach ROBINSON (1991). 9

Tab. 3: Stellenwert der ERA in der Funktionsdiagnostik des auditorischen Systems im Vergleich mit anderen objektiven Methoden.

Nach: HOTH u. LENARZ (1994). 15

Tab. 4: Die Einteilung der akustisch evozierten Potentiale des Menschen nach ihrer zeitlichen und topologischen Zuordnung.

Aus: HOTH u. LENARZ (1994). 17

Tab. 5: Übersicht über die frühen akustisch evozierten Potentiale des

Menschen. Aus: HOTH u. LENARZ (1994). 19

Tab. 6: Übersicht über die frühen akustisch evozierten Potentiale der Katze.

Nach: VAN DEN HONERT u. STYPULKOWSKI (1986), SIMS

(1988), BUCHWALD u. SHIPLEY (1986), MELCHER et al. (1996). 22 Tab. 7: Übersicht über die in der Klinik für Kleine Haustiere vorgestellten

Patienten (Gruppe 3). 35

Tab. 8: Einteilung der Hörstörungen bei Hund und Katze nach ROSE

(1977a). 37

Tab. 9: Entwicklung der Latenzen vom 11. bis zum 365. Lebenstag bei 70

dB nHL. 51

Tab.10: Latenzen am 16. Lebenstag in Abhängigkeit vom Schalldruckpegel. 52 Tab. 11: Entwicklung der wichtigsten Interpeaklatenzen vom 16. bis zum

365. Lebenstag bei 70 dB nHL. 57

Tab. 12: Darstellung der Latenzwerte (in ms) verschiedener Autoren im

Vergleich mit gemessenen Latenzen aus eigenen Untersuchungen. 73

(13)

1. Einleitung 1

1 EINLEITUNG

Unter dem Begriff „elektrische Reaktionsaudiometrie“ (ERA) werden alle Methoden zusammengefaßt, die der Messung von akustisch evozierten Potentialen (AEP) dienen. In der Humanmedizin sind diese AEP seit vielen Jahren ein wichtiges diagnostisches Hilfsmittel bei der audiologischen Untersuchung (HOTH u. LENARZ 1994).

Akustisch evozierte Potentiale sind durch Schallreize ausgelöste und infolge der auditorischen Reizverarbeitung und -wahrnehmung entstehende elektrische Spannungen, die an der Kopfoberfläche registriert werden können. Die AEP können zur Diagnostik von Hörstörungen eingesetzt werden und zeigen entsprechend der Ausreifung und der Funktionstüchtigkeit des auditorischen Systems eine unterschiedliche Ausprägung.

Die vorliegende Arbeit soll zum einen die Entwicklung der frühen akustisch evozierten Potentiale (FAEP) im ersten Lebensjahr der Katze dokumentieren. Das Ziel der durchgeführten Untersuchungen ist es, die Ausreifung der zentralen Hörbahn der Katze näher zu charakterisieren und Standardwerte für weitere Experimentalgruppen zu erstellen.

In der Veterinärmedizin findet die Messung der FAEP vor allem Anwendung zur Diagnose der angeborenen Taubheit bei der weißen Katze (STRAIN 1991). Deshalb werden in der durchgeführten Studie zusätzlich FAEP von Katzen mit experimentell induzierter Schwerhörigkeit sowie von Katzen mit (angeborener) Taubheit untersucht und die Einsatzfähigkeit der Methode beurteilt.

(14)

2. Literaturübersicht 2

2 LITERATURÜBERSICHT 2.1 Audiologische Grundlagen 2.1.1 Anatomie der Hörbahn

Das Ohr läßt sich unterteilen in das Außenohr, Mittelohr und Innenohr. Das äußere Ohr besteht aus der Ohrmuschel (Auricula) und dem äußeren Gehörgang (Meatus acusticus externus), der bis zum Trommelfell reicht und bei der Katze rechtwinklig verläuft (KOCH u. BERG 1985) (Abb. 1).

Das Mittelohr beginnt mit dem Trommelfell. Das Trommelfell steht in Verbindung mit dem Stiel des Hammers, der die Schwingungen eines Schallereignisses an den Amboß und an den sich anschließenden Steigbügel weiterleitet. Der Steigbügel hat über seine Fußplatte Kontakt mit dem ovalen Fenster des Innenohres.

1 Schädeldach, 2 M. temporalis, 3-6´ Äußeres Ohr, 3,4 Ohrmuschelknorpel, 3 Scapha, 4 Concha, 5 Halbringförmiger Knorpel, 6 Äußerer Gehörgang, vertikaler Anteil, 6´ Äußerer Gehörgang, horizontaler Anteil, 7-12 Mittelohr: 7 Bulla tympanica, 8 Septum bullae, 9 Trommmelfell, 10-12 Knochen des Ohres: 10 Hammer, 11 Amboß, 12 Steigbügel, 13 Ohrtrompete (Eustachische Röhre), 14 Pars petrosa der Felsenbeinpyramide, 15-17 Knöchernes Labyrinth, 15 Bogengänge, 16 Vestibulum, 17 Cochlea.

Abb. 1: Schematische Illustration der Strukturen des rechten Ohres einer Katze (Kranialansicht des Transversalschnittes durch den äußeren Gehörgang). Aus:

HUDSON u. HAMILTON (1993).

(15)

2. Literaturübersicht 3

Das Innenohr besteht aus der Kochlea, dem eigentlichen Hörorgan, und dem Vestibularorgan. Die Kochlea der Katze hat zweieinhalb Windungen und liegt im Felsenbein des Schläfenbeins (KOCH u. BERG 1985). Sie wird durch Membranen in die Scala tympani, die Scala vestibuli und die dazwischenliegende Scala media (Ductus cochlearis) unterteilt. Die Scala tympani und die Scala vestibuli sind über das Helikotrema an der Schneckenspitze miteinander verbunden, sie sind mit vom Liquor cerebrospinalis stammender, kaliumarmer Perilymphe gefüllt. Die Scala media endet blind und enthält kaliumreiche, von der Stria vascularis gebildete Endolymphe. Die ca. 20 mm lange Basilarmembran trennt die Scala tympani von der Scala media (Abb. 2). Auf der Basilarmembran befindet sich das Cortische Organ (Organum spirale). Hier liegen neben extrasensorischen Zellen die eigentlichen Sinneszellen, die Haarzellen. Die drei Reihen äußere Haarzellen (OHC) und eine Reihe innere Haarzellen (IHC) sind spiralförmig entlang der Schneckenwindung angeordnet und durch den Cortischen Tunnel getrennt. Jede Haarzelle besitzt an ihrem apikalen Ende ca. 80-100 in Reihen angeordnete Sinneshäarchen (Stereovilli), die in die Scala media ragen. Bei den äußeren Haarzellen haben die Stereovilli festen Kontakt mit der darüber liegenden Tektorialmembran. Die OHC besitzen außerdem ein in der Zellmembran gelegenes kontraktiles Zytoskelett (ZENNER 1986).

Die zentrale Hörbahn beginnt mit dem Hörnerven, der sich mit afferenten und efferenten Fasern an die IHC und OHC anschließt. Die inneren Haarzellen sind zu 90-95% afferent, die äußeren Haarzellen zu 90-95% efferent innerviert (SPOENDLIN 1969). Diese Axone bilden zusammen den Pars cochlearis des Nervus vestibulocochlearis. Er enthält bei der Katze ca. 52.000 Nervenfasern (SCHRÖDER 1989) und zieht als 8. Gehirnnerv durch den inneren Gehörgang (Meatus acusticus internus) des Felsenbeins und den Kleinhirnbrückenwinkel zum Hirnstamm. Seine afferenten Fasern teilen sich im Hirnstamm und ziehen zum ventralen und dorsalen Nucleus cochlearis (Abb. 3). Nach Umschaltung verteilen sich mehrere Bahnen ungekreuzt auf derselben (ipsilateralen) und gekreuzt auf der gegenüberliegenden (kontralateralen) Seite. Dadurch steht die Hörbahn mit beiden Ohren in Verbindung.

(16)

2. Literaturübersicht 4

1 Außenwand, 1´ Teile des Modiolus der knöchernen Schnecke, 2 Lamina spiralis ossea, 3 Lamina basilaris der Membrana spiralis, 4 Membrana vestibularis (REISSNERsche Membran), 5 Lig. spirale cochleae, 5´ Prominentia spiralis mit Vas prominens, 6 Stria vascularis mit intraepithelialen Kapillaren, 7-13` Organum spirale CORTI: 7 Limbus laminae spiralis osseae, 7´ Labium limbi vestibulare, 7´´ Labium limbi tympanicum, 8 Membrana tectoria, 9 Sulc. spiralis int., 10 innere und äußere Pfeilerzelle des CORTIschen Tunnels, 11 innere und 11´äußere Haar- oder Hörzellen, 12 innere und 12´äußere Stütz oder Phalangenzellen, 13 HENSENsche Zellen, 13` CLAUDIUSsche Zellen, 14 Ast der Pars cochlearis (N.cochlearis) n vestibulocochlearis, 15 Ganglion spirale cochleae, 15`seine peripheren markhaltigen Fasern zur Versorgung des CORTIschen Organs, 16 Sulc. spiralis ext.

Abb. 2: Halbschematische Darstellung eines Querschnittes durch einen Schneckengang. Aus: SEIFERLE (1992).

(17)

2. Literaturübersicht 5

Die sekundären akustischen Fasern aus dem Nucleus cochlearis ventralis bilden das querverlaufende Corpus trapezoideum, in das der Nucleus olivaris und der Nucleus corporis eingebettet sind. Nach Überschreiten der Medianebene ziehen die Fasern als Leminiscus lateralis weiter zum Colliculus inferior.

Vom Nucleus cochlearis dorsalis verlaufen sekundäre akustische Fasern am Boden der vierten Hirnkammer als Striae acustica dorsalis über den Pedunculus cerebellaris inferior hinweg auf die kontralaterale Seite, wo sie in den Leminiscus lateralis übergehen und ebenfalls zum Colliculus inferior ziehen. Ein mächtiger Faserzug an der Oberfläche des Mesencephalons verbindet den Colliculus inferior mit dem zum Thalamus gehörenden Corpus geniculatum mediale. Das letzte Glied in der Hörbahn wird von der sog. Hörstrahlung gebildet, die das Corpus geniculatum mediale mit dem primären auditorischen Kortex im Temporallappen verbindet. Von dort aus bestehen Verbindungen zur sekundären Hörrinde und zu den akustischen Assoziationsfeldern.

Abb. 3: Die zentrale Hörbahn in der Dorsalansicht. Nach: NIEUWENHUYS et al.

(1991).

(18)

2. Literaturübersicht 6

2.1.2 Physiologie der Hörbahn

Die Schallwellen erreichen über die Ohrmuschel, den äußeren Gehörgang, das Trommelfell und die Gehörknöchelchen das ovale Fenster des Innenohres. Die Schwingung der Membran des ovalen Fensters wird auf die Perilymphe übertragen und führt zu einer Auslenkung der Basilarmembran. Es entsteht eine sog.

Wanderwelle, die von der Basis zur Spitze der Kochlea verläuft (VON BEKESY 1953). Diese Wanderwelle bewirkt eine Auslenkung der Tektorialmembran und der Stereovilli der äußeren Haarzellen.

Im Ruhezustand liegt über dem apikalen Pol der Haarzelle eine Potentialdifferenz von +155 mV (OHC) bzw. +125 mV (IHC). Diese hohe Potentialdifferenz ist bedingt durch das Ruhepotential des Zytoplasmas der Haarzelle (OHC -70mV, IHC -40mV) und dem positiven endolymphatischen Potential der kaliumreichen Scala media (+85 mV), die die apikale Zellmembran und die Stereozilien umgibt. Die Scala tympani umgibt den Zelleib der Haarzelle und dient als Bezugspotential ( 0 mV) (ZENNER u.

GITTER 1987).

Die Deflektion der Stereovilli durch die Wanderwelle führt zur Öffnung apikal gelegener Ionenkanäle und zum Einstrom von Kaliumionen aus der Endolymphe, es kommt zur Depolarisation der äußeren Haarzelle. Die Auslenkung der Stereovilli der OHC führt außerdem zur hochfrequenten Kontraktion der äußeren Haarzelle. Durch die Kontraktion der OHC entsteht ein gerichteter Flüssigkeitsstrom der subtektorialen Flüssigkeit, der zur Deflektion der Stereozilien der inneren Haarzellen führt. Es kommt zur Depolarisation der IHC und zur Freisetzung von Transmittersubstanz (wahrscheinlich Glutamat, KLINKE 1995) in den synaptischen Spalt.

Das postsynaptische Generatorpotential im Bereich der afferenten Hörnervenfasern führt bei Überschreiten eines Schwellenwertes zum Auslösen eines Nervenaktionspotentials, das über die Neurone der zentralen Hörbahn weitergeleitet wird. Das ursprüngliche mechanische Signal wird so in ein elektrisches Signal umgewandelt, man spricht von einer mechano-elektrischen Transduktion (ZENNER 1994, 1990). Die Kodierung des Schallreizes erfolgt dabei in den Fasern des

(19)

2. Literaturübersicht 7

Hörnerven über die Entladungsrate, die Zeitdauer der Aktivierung sowie durch ihren Anschluß an frequenzspezifische Haarzellen (ZENNER 1993).

Die Kontraktion der äußeren Haarzelle hat eine aktive Verstärkung der Wanderwelle zur Folge (REUTER et al. 1991). Die Verstärkungsleistung der OHC (bis zu 40 dB !) verbessert die Wahrnehmung von schwellennahen akustischen Reizen durch die IHC, das Ergebnis ist eine deutliche Erweiterung des Dynamikbereiches des Innenohres.

Die aktive Bewegung der OHC führt außerdem zu einer wesentlich feiner abgestimmten Abbildung der Wanderwelle. Diese Tonotopie ist die Grundlage der hohen Empfindlichkeit und des großen Frequenzunterscheidungsvermögens des Innenohres. Der Mensch kann Schallwellen mit einer Frequenz von 16 bis ca.

20.000 Hz wahrnehmen (SILBERNAGL u. DESPOPOULOS 1983), der Hörbereich der Katze reicht von 45 bis 65.000 Hz.

Die durch die Kontraktion der äußeren Haarzelle entstehenden Flüssigkeitsbewegungen in der Kochlea gelangen retrograd über das runde und ovale Fenster und das Mittelohr zum Trommelfell. Die Schwingungen sind als Schallwellen mit empfindlichen Mikrophonen im äußeren Gehörgang nachweisbar, sie bilden die Grundlage für die Messung der sog. Otoakustischen Emissionen (ZENNER et al. 1990).

(20)

2. Literaturübersicht 8

2.1.3 Pathophysiologie der Hörbahn

Die Hörstörungen werden nach Ihrer Lokalisation unterteilt in Schalleitungs- und Schallempfindungsschwerhörigkeiten (Tab. 1). Die Schalleitungsschwerhörigkeit (konduktive Schwerhörigkeit) ist bedingt durch eine Störung der Übertragung der Schallwellen, z. B. bei Verlegung des Gehörganges (Fremdkörper, Otits externa, o.

ä.), Trommelfellruptur oder Mittelohrveränderungen (Otitis media, Erguß). Bei Schallempfindungsstörungen kann der Defekt kochleär oder retrokochleär bedingt sein. Mögliche Ursachen sind Infektionen, Kopfverletzungen, Tumore, ZNS- Erkrankungen, ototoxische Medikamente oder angeborene Defekte.

Tab. 1: Einteilung der Schwerhörigkeiten. Nach: HOTH u. LENARZ (1994).

Äußeres Ohr und Mittelohr

Innenohr Hörnerv Hirnstamm und Kortex

Schalleitungsschwerhörigkeit Schallempfindungsschwerhörigkeit konduktive Hörstörung kochleäre H. retrokochleäre Hörstörung

sensorische H. neurale H. zentrale H.

In der Klinik für Kleine Haustiere der Tierärztlichen Hochschule Hannover werden schon seit Jahren Katzen mit konduktiven Hörstörungen behandelt. Seit 1996 werden vermehrt Katzen auf das Vorliegen einer kochleären Hörstörung untersucht, da viele Katzenzuchtverbände von weißen Katzen einen Nachweis der beidseitigen Hörfähigkeit verlangen. Dies ist bedingt durch ein Gerichtsurteil des Amtsgerichts in Kassel (AZ 626 Js 11179.8/93 99 OWi), in dem taube weiße Katzen als Qualzucht bezeichnet werden. Die angeborene Taubheit bei der weißen Katze ist seit 150 Jahren bekannt (SICHEL 1848) und betrifft die unterschiedlichsten Katzenrassen.

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2. Literaturübersicht 9

2.2 Die angeborene Taubheit bei der weißen Katze

Nach DARWIN (1859) waren weiße Katzen mit blauen Augen ohne Ausnahme taub.

BAMBER (1933) konnte eine enge Verbindung von blauer Augenfarbe, weißem Fell und Taubheit feststellen, eine 100%ige Korrelation bestand nach ihren Untersuchungen nicht.

Die angeborene Taubheit kann bei allen Katzenrassen auftreten, die eine weiße Farbvariante haben (STRAIN 1991; DELACK 1984; MAIR 1973; BAMBER 1933).

Weiße Tiere findet man u. a. bei folgenden Katzenrassen: Europäisch Kurzhaar, Britisch Kurzhaar, Amerikanisch Kurzhaar, Exotisch Kurzhaar, Norwegische Waldkatzen, Main Coon, Türkisch Angora, Perser, Siamesen (Foreign White) sowie verschiedenen Rex-Rassen sind Rassen, bei denen rein weiße Exemplare auftreten.

Die Taubheit tritt häufig bei Katzen mit weißem Fell und blauen Augen auf (SIMS 1989).

Die Inzidenz der Taubheit liegt in einer normalen weißen Katzenpopulation bei 20%, sie steigt auf 80%, wenn einer oder beide Elternteile taub sind (MAIR 1973).

ROBINSON (1991) stellte bei der Untersuchung von 240 weißen Katzen folgende Verteilung von Augenfarbe und Hörvermögen fest (Tab. 2). PEDERSEN (1991) kam bei ihren Studien (n=185) zu ähnlichen Ergebnissen.

Tab. 2: Prozentualer Anteil der unterschiedlichen Kombinationen von tauben und hörenden bzw. blauäugigen und gelbäugigen weißen Katzen nach ROBINSON (1991).

weiße Katzen (n=240)

normal hörend taub

Blaue Augen 29% 39%

Nicht-blaue Augen 25% 7%

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2. Literaturübersicht 10

2.2.1 Genetik von phänotypisch weißen Katzen

Weiße Katzen haben einen Anteil von ca. 5,7% an der Katzenpopulation (STRAIN 1991). Ursache der weißen Fellfärbung ist eine Hypopigmentation, für die es verschiedene genetische Möglichkeiten gibt:

Leukismus (dominantes Weiß)

Für die rein weiße Fellfarbe der Katze ist in erster Linie das autosomale Gen W verantwortlich, das einem dominanten1 Erbgang unterliegt (BOSCHER u. HALLPIKE 1965). Das Gen W ist pleiotrop, d. h. es führt bei der Katze nicht nur zu einem komplett weißen Fell, sondern beeinflußt auch die Augenfarbe und das Gehör. Das Gen W zeigt eine 100%ige Penetranz für die weiße Fellfarbe und ist unvollständig penetrant für die blauen Augenfarbe und die Taubheit (ROBINSON 1991, BOSCHER u. HALLPIKE 1965). Das Fell dieser Katzen ist rein weiß, da das Gen W epistatisch2 ist und alle anderen Farbgene überdeckt. Bei einem Teil der weißen Katzenwelpen sind bei der Geburt Farbflecken in der Stirnmitte vorhanden. Diese

„Genflecken“ verschwinden im Alter von 2-3 Monaten (FAITH 1979). Sie treten häufiger bei heterozygoten Tieren als bei homozygoten weißen Katzen auf (PEDERSEN 1991) und verringern die Inzidenz der Taubheit (BERGSMA u.

BROWN 1971). Die Augen der weißen Katzen können eine gelbe oder eine blaue Farbe haben, auch zwei verschiedenfarbige Augen (Irisheterochromie) sind möglich.

Hörstörungen treten häufiger bei Katzen mit blauen Augen auf, sie sind aber auch bei Tiere mit gelben Augen anzutreffen (MAIR 1973). Bei Katzen mit Irisheterochromie besteht eine Korrelation zwischen ipsilateralen blauen Augen und Taubheit (PEDERSEN 1991; MAIR 1973).

Die Hörstörungen sind bedingt durch ein- oder beidseitige Innenohrdegenerationen unterschiedlichen Ausmaßes und können beide Geschlechter betreffen.

Homozygote Tiere (WW) zeigen eine größere Inzidenz. Bei langhaarigen Katzen tritt häufig ein beidseitiger Hörverlust auf, während einseitige Taubheit bei lang- und kurzhaarigen Tieren mit gleicher Häufigkeit auftritt (DELACK 1984; MAIR 1973).

1Dominanz: überdeckt Allele auf dem gleichen Genlocus

2Epistasie: überdeckt Allele auf anderen Genorten (verschiedene Loci)

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2. Literaturübersicht 11

Scheckung (Piebald Spotting)

Ganz weiße Tiere können auch als Maximalausprägung der gefleckten Form auftreten. Die Scheckung ist durch ein autosomales Gen S bedingt und unterliegt einem inkomplett dominanten Erbgang (ROBINSON 1991). Die phänotypische Ausprägung zeigt viele Variationen, es sind fließende Übergänge von farbigen Tieren mit kleinen weißhaarigen Flecken im Brustbereich, oder entlang der ventralen Medianlinie bis hin zu ganz weißen Katzen möglich.

Albinismus

Einige Gene der Albino-Serie können bei der Katze ebenfalls zu einer weißen Fellfarbe führen. Es gibt in dieser Albino-Serie vier multiple Allele, die untereinander inkomplett dominant und nicht epistatisch sind: Vollfarbe (C, dominant), Burmese (cb), Siamese (cs), blauäugiger Albino (ca) und rotäugiger Albino (c, rezessiv) können vorkommen (ROBINSON 1991). Anders als beim dominanten Erbgang des Gen W treten bei blauäugigen Albinos keine Ohrdefekte auf. Dokumentiert sind jedoch Veränderungen in der zentralen optischen Bahn (BERGSMA u. BROWN 1976). Der rotäugige Albino ist sehr selten anzutreffen.

Foreign White

Die Foreign White ist eine rein weiße Siamkatze, eine züchterische Kombination von heterozygoten Katzen mit dem cs und dem W Gen. Der Genotyp dieser Tiere ist cscsWw . GUILLERY et al. (1981) bezeichnet sie als „crypto-Siamesen“. Durch das W-Gen bedingt ist auch hier das Auftreten von Taubheit möglich. Die Kombination von cscsWw kann auch bei langhaarigen Rassen, z. B. Perser vorkommen.

2.2.2 Auswirkungen der Hypopigmentation Leukismus und Piebald Spotting

Die Gene W und S führen im frühen Embryonalstadium zu einer mangelhaften Wanderung der Zellen aus der Neuralleiste (CREEL et al. 1994; CREEL 1980) und reduzieren deren Anzahl (PEDERSEN 1991). Unter den Vorläuferzzellen in der Neuralleiste sind neben den Schwannschen Zellen auch die Ganglionzellen des Hörnerven und die Melanozyten. Diese sind für die Pigmentation der Haare

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2. Literaturübersicht 12

verantwortlich, ihr Fehlen verhindert die Ausprägung von Pigment jeglicher Farbe.

Bei weißen Katzen mit blauen Augen ist die Augenfarbe durch das Fehlen der Melanozyten im vorderen Pigmentblatt der Iris bedingt (STADES et al. 1996). Tiere mit nichtblauen Augen haben eine normal pigmentierte Iris.

Die Melanozyten liegen in der Stria vascularis des Innenohres und sind verantwortlich für die Aufrechterhaltung der notwendigen Ionengradienten und der elektrischen Potentiale im Innenohr (ZENNER 1993; MEYER ZUM GOTTESBERGE 1991). Bei Katzen mit dem W- /S- Gen kommt es durch das Fehlen der Melanoblasten zur Degeneration des Innenohres. Nach zunächst ungestörter Entwicklung des Innenohres (FAITH 1979; BERGSMA u. BROWN 1976), treten ab dem 5. Lebenstag degenerative Veränderungen an der Kochlea auf (BOSCHER u.

HALLPIKE 1965). Es kommt zu einer Atrophie des Cortischen Organs und der Stria vascularis sowie zu einem Kollaps der Scala media (DELACK 1984; REBILLARD et al. 1981b; FAITH 1979; BERGSMA u. BROWN 1976; BOSCHER u. HALLPIKE 1965; ALEXANDER u. TANDLER 1905). Außerdem zeigt sich eine Degeneration der primären auditorischen Neurone der Spiralganglien (DELACK 1984; REBILLARD et al. 1981b; FAITH 1979; BERGSMA u. BROWN 1976).

Die degenerativen Veränderungen sind in ihrem Auftreten sehr variabel (REBILLARD et al. 1981b). Die Schwere der Veränderungen im Innenohr kann variieren und in einigen Fällen nur einzelne Bereiche des Cortischen Organes betreffen (FAITH 1979; BERGSMA u. BROWN 1976). Nach STRAIN (1991) kann eine kochleosacculäre Degeneration (nach Scheibe), bei der primär die Stria vascularis betroffen ist, sowie eine neuroepitheliale Degeneration, bei der die Veränderungen primär vom Spiralganglion ausgehen (PUJOL et al. 1977) unterschieden werden.

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2. Literaturübersicht 13

Albinismus und Foreign White

Albinismus ist bedingt durch einen Enzymdefekt in den intakten Melanozyten, die in normaler Anzahl und Verteilung vorhanden sind (CREEL et al. 1994; CREEL 1980), sie sind jedoch biochemisch inert und enthalten kein Melanin (DELACK 1984).

Der Pigmentmangel von albinotischen Katzen zeigt sich am Auge in einer blauen Farbe der Iris. Die Iris enthält Melanozyten in beiden Augenblättern, aber weniger Pigmentgranula. Bei Katzen mit dem cscsWw Genotyp (Foreign White) können auch zwei verschieden farbige blaue Augen auftreten. Das weiß-blaue Auge (W) ist im allgemeinen heller als das siam-blaue Auge (cs). Bei völligem Ausfall der Melaninproduktion (echter Albinismus) nimmt die Iris ein rotes Erscheinungsbild an, da die Melanozyten unpigmentiert sind (STADES et al. 1996).

Ein Melaninmangel im Innenohr hat keine gravierenden Auswirkungen. Albinotische Tiere zeigen nur schneller Ermüdungserscheinungen, ihr Gehör hat eine verlangsamte Erholungszeit nach akustischer Beschallung (MEYER ZUM GOTTESBERGE 1991). Das Vorhandensein von Melanin hat jedoch Vorteile, es bindet freie Radikale und Medikamente (MEYER ZUM GOTTESBERGE 1988). Bei Foreign-White-Katzen kann es durch das W-Gen bedingt ebenfalls zum Auftreten von Taubheit kommen.

2.3 Die Elektrische Reaktionsaudiometrie zum Nachweis der angeborenen Taubheit bei der weißen Katze

2.3.1 Audiologischer Nachweis der angeborenen Taubheit

Im Allgemeinen sind es zuerst die Besitzer, die eine Taubheit durch mangelnde Reaktion des Tieres auf äußere Reize hin feststellen (STRAIN 1992). Taube Welpen zeigen besondere Verhaltensweisen (STRAIN 1991), sie erschrecken bei Berührung und schreien lauter als ihre Wurfgeschwister. Meist wird die angeborene beidseitige Taubheit im Alter von 4-6 Wochen oder beim Absetzen festgestellt (NEER 1995).

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2. Literaturübersicht 14

Die klinische Überprüfung der audiologischen Funktion geschah bisher in erster Linie durch Beobachtung des Verhaltens bei akustischer Stimulation (ROSE 1977 b, f). Hierbei wird die Reaktion auf Geräusche (Schlüsselrasseln, Pfeifen oder Händeklatschen) außerhalb des Gesichtsfeldes beurteilt. Hilfreich ist dabei der Preyer´sche Reflex, das unfreiwillige Zucken der Ohrmuschel bei Auftreten eines Geräusches (SIMS 1989). Bei idealen Bedingungen ist die Aufnahme eines Audigramms, also die Untersuchung für verschiedene Frequenzen möglich (ROSE 1977 b, c).

Zur Diagnose von beidseitig tauben Tieren reicht die Verhaltensuntersuchung in der Regel aus (STRAIN 1991). Unter Klinikbedingungen ist jedoch häufig bei aufgeregten Tieren keine audiologische Untersuchung möglich. Die Tiere sind nervös oder stoisch und reagieren bei wiederholten Versuchen häufig nicht mehr.

Auch die Diagnose einer einseitigen Taubheit oder Schwerhörigkeit ist für den Untersucher schwierig (STRAIN 1992; SIMS 1989, 1988). Gerade im Hinblick auf die öffentliche Diskussion über die Qualzucht von weißen Katzen ist jedoch der Einsatz von objektiven Meßverfahren unerläßlich.

2.3.2 Audiometrischer Nachweis der angeborenen Taubheit

Zu den in der Audiologie angewandten elektrodiagnostischen objektiven Meßmethoden gehören die elektrische Reaktionsaudiometrie (ERA), die Impedanzaudiometrie (SIMS 1988) sowie die Messung von otoakustischen Emissionen (OAE). Alle drei Methoden nutzen physikalisch meßbare physiologische Reaktionen, die mit dem Hörvorgang einhergehen. Es sind objektive und nichtinvasive Testverfahren, die nicht der willentlichen Steuerung durch den Patienten unterliegen und eine audiologische Untersuchung von kooperationsunfähigen oder kooperationsunwilligen Patienten ermöglichen (HOTH u. LENARZ 1994).

Bei der Impedanzaudiometrie wird mit Hilfe der Tympanometrie und der Stapedius- Reflex-Messung die Funktionsfähigkeit des Mittelohres untersucht (SIMS 1989). Das Innenohr und die zentrale Hörbahn werden bei diesem Verfahren nicht erfaßt (Tab.

3). Der Nachweis otoakustischer Emissionen (OAE) spiegelt die intakte Funktion der äußeren Haarzellen wider (HOTH u. LENARZ 1993). Da die meisten

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2. Literaturübersicht 15

Innenohrschwerhörigkeiten durch eine Schädigung dieser Zellen bedingt sind, darf aus dem Vorhandensein von otoakustischen Emissionen mit hoher Wahrscheinlichkeit auf ein normales Hörvermögen geschlossen werden. Die Funktionsfähigkeit der inneren Haarzellen oder retrokochleärer Anteile der Hörbahn kann mit dieser Methode nicht beurteilt werden. Die elektrische Reaktions- audiometrie registriert die beim Hörvorgang auftretenden Aktionspotentiale entlang der Hörbahn von der Kochlea bis zum auditorischen Kortex. Die elementaren elektrophysiologischen Prozesse an Haarzellen, Hörnerven, Kerngebieten des Hirnstammes und auditorischem Kortex beim Hörvorgang sind mit zeitlich veränderlichen Potentialdifferenzen verknüpft. Die Gesamtheit dieser Potentialveränderungen kann durch Elektroden an der Schädeloberfläche als akustisch evozierte Potentiale (AEP) abgeleitet werden. Die Methode zur Registrierung und Auswertung der AEP bezeichnet man als elektrische Reaktionsaudiometrie (ERA). Die ERA macht (in Kombination mit der Impedanzaudiometrie) eine Lokalisation von Hörstörungen möglich (NEER 1988) und ist damit das wichtigste Hilfsmittel bei der Topodiagnostik von Hörstörungen.

Tab. 3: Stellenwert der ERA in der Funktionsdiagnostik des auditorischen Systems im Vergleich mit anderen objektiven Methoden. Nach: HOTH u. LENARZ (1994).

Meßverfahren Äußeres Ohr

und Mittelohr Innenohr Hörnerv Hirnstamm und Kortex

Impedanzaudiometrie xxx --- --- ---

Otoakustische Emissionen x xxx --- ---

Elektrische Reaktions- audiometrie (ERA)

x xxx xxx xxx

--- keine Überprüfung mit dieser Meßmethode möglich xxx Meßverfahren ermöglicht direkte Untersuchung x Meßverfahren ermöglicht indirekte Untersuchung

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2. Literaturübersicht 16

2.4 Akustisch evozierte Potentiale

Die akustisch evozierten Potentiale wurden erstmals beim Kaninchen nachgewiesen (CANTON 1875). Auch DANILEVSKY (1877) beschrieb Veränderungen in der elektrischen Hirnaktivität nach akustischer Reizung.

2.4.1 Elektrophysiologische Grundlagen

Evozierte Potentiale sind elektrische Spannungen physiologischen Ursprungs, die als Antwort auf einen spezifischen Stimulus entstehen. Periphere Stimulation, afferente Erregungsleitung und zentrale neuronale Verschaltung sind die physiologischen Grundlagen der evozierten Potentiale. Akustisch evozierte Potentiale (AEP) sind durch Schallreize ausgelöste und infolge der auditorischen Reizverarbeitung und -wahrnehmung entstehende elektrische Spannungen, die an der Kopfoberfläche registriert werden können (HOTH u. LENARZ 1994). Die Stimulation des auditorischen Systems erfolgt im allgemeinen durch sogenannte Clicks. Der Clickreiz ist ein Rechteckimpuls mit einer steil ansteigenden Flanke. Die kurze Reizdauer und die damit verbundene schnelle Änderung des Schalldruckes führen zur synchronen Erregung einer großen Anzahl von Neuronen. Durch diese Synchronität überlagern sich die einzelnen Aktionspotentiale der Nerven der gesamten Hörbahn, es entsteht ein Summenaktionspotential (SAP). Das SAP der zentralen Hörbahn von der Kochlea über den Hörnerv und den Hirnstamm bis zum auditorischen Kortex ist als akustisch evoziertes Potential meßbar. Die AEP können - je nach Plazierung der Ableitelektroden - in Nahfeld- und Fernfeldpotentiale eingeteilt werden. Die Nahfeldpotentiale werden möglichst dicht am Ort ihrer Generierung aufgenommen, bei der Fernfeldtechnik werden die Potentiale von der Schädeloberfläche abgeleitet.

2.4.2 Einteilung akustisch evozierter Potentiale

Die gemessenen Potentiale werden nach ihrem zeitlichen Auftreten im Abstand zum auslösenden Reiz in sehr frühe, frühe, mittlere, späte und sehr späte Potentiale eingeteilt (Tab. 4). Die sehr frühen AEP umfassen die mit der Elektrokochleographie gewonnenen kochleären Mikrophonpotentiale, das Summationspotential (SP) der Kochlea, sowie das Summenaktionspotential (SAP) des Hörnervens (HOTH u.

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2. Literaturübersicht 17

LENARZ 1994). Sie treten innerhalb der ersten 5 ms nach Reizbeginn auf. Frühe akustisch evozierte Potentiale (FAEP) treten in den ersten 10 ms nach dem auslösenden Reiz auf und entstehen in Hörnerv und Hirnstamm. Mittlere akustisch evozierte Potentiale (MAEP) erscheinen 10-50 ms nach dem auslösenden Reiz. Im Anschluß daran folgen die späten (SAEP) und sehr späten akustisch evozierten Potentiale (SSAEP).

Tab. 4: Die Einteilung der akustisch evozierten Potentiale des Menschen nach ihrer zeitlichen und topologischen Zuordnung. Aus: HOTH u. LENARZ (1994).

Nomenklatur u. zeitl. Auftreten topologische Zuordnung Abkürzung Sehr frühe akustisch

evozierte Potentiale 0 - 5 ms Haarzellen, Kochlea, Hörnerv (SA, SAP)

SFAEP Frühe akustisch

evozierte Potentiale 0 - 10 ms Hörnerv, Hirnstamm,

Zwischenhirn FAEP

Mittlere akustisch

evozierte Potentiale 6 - 60 ms Zwischenhirn,

Primärer Auditorischer Kortex

MAEP Späte akustisch

evozierte Potentiale 50-300 ms Sekundärer Auditorischer Kortex SAEP Sehr späte akustisch

evozierte Potentiale > 200 ms Assoziationsfelder SSAEP

2.5 Frühe Akustisch evozierte Potentiale

Die FAEP können zur Auswertung durch die folgenden Größen charakterisiert werden: Die Potential- oder Reizantwortschwelle ist der niedrigste Pegel, bei dem akustisch evozierte Potentiale registrierbar sind. Die Hörschwelle ist der niedrigste Pegel, der gerade eben noch eine Hörempfindung hervorruft. Die Hörschwelle liegt im allgemeinen ca. 15 dB niedriger als die Potentialschwelle (HOTH u. LENARZ 1994). Dieses ist bedingt durch die Tatsache, daß schwache Reize, wie sie für die Bestimmung der Hörschwelle nötig sind, nur schwache evozierte Potentiale zur Folge haben. Diese heben sich nur sehr schwer erkennbar vom EEG-Rauschen ab.

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2. Literaturübersicht 18

Die Latenz [ms] eines Potentials ist die Zeit zwischen dem Reizbeginn und dem Maximalwert des jeweiligen Potentials. Mit zunehmendem Reizpegel findet eine Verkürzung der Latenz statt (Latenz-Intensitäts-Funktion). Die Interpeaklatenz [ms]

ist der Zeitabstand zwischen zwei Potentialen. Eine wichtige Größe ist die Interpeaklatenz (IPL) I-V. Diese sog. Hirnstammlaufzeit ist ein empfindliches Maß für Funktionsstörungen im Bereich des Hörnerven (innerer Gehörgang) und des Hirnstamms. Bei retrokochleären Hörstörungen ist die IPL I-V verlängert.

Die Amplitude [µV] ist die Größe der auf den Reiz hin auftretenden Spannung. Sie wird manchmal vom Extremwert zur Nullinie gemessen, meist jedoch als Differenz zwischen dem Minimum und dem Maximum eines Potentiales. Die Amplitude zeigt einen Anstieg mit zunehmendem Reizpegel (Amplituden-Intensitäts-Funktion) (HOTH u. LENARZ 1994).

2.5.1 Frühe akustisch evozierte Potentiale beim Menschen

In den Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde wird die Methode der ERA zur objektiven Messung der Hörfunktion eingesetzt. Besonders bei Patienten, die keine Angaben über ihr Hörvermögen machen können oder wollen, z. B. bei Neugeborenen bietet die Messung von AEP die Möglichkeit der objektiven Hörschwellenbestimmung. Im Bereich der Pädaudiologie gehört die Messung von frühen akustisch evozierten Potentialen zu den Standardmethoden zur Früherkennung von Hörstörungen (BEGALL u. VON SPECHT 1994).

Die frühen akustisch evozierten Potentiale des Menschen setzen sich aus sieben vertex positiven Potentialen zusammen, die innerhalb einer Latenz von 1-10 ms auftreten. Sie werden sowohl mit römischen Ziffern P I - VII als auch mit J1 - J7, in Anlehnung an einen der Erstbeschreiber (JEWETT et al. 1970), bezeichnet. Die zeitliche Zuordnung und die genauen Latenzwerte der ersten fünf Potentiale sind in Tab. 5 dargestellt.

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2. Literaturübersicht 19

Tab. 5: Übersicht über die frühen akustisch evozierten Potentiale des Menschen.

Aus: HOTH u. LENARZ (1994).

FAEP (humanmed.)

Latenz bei Clickreizen mit 70 dB HL

topologische Zuordnung

Potential I 1,8 [ms] Kochleäre Strukturen, Aktivität des Hörnerven

Potential II 2,9 [ms] Eintritt des Hörnerven in den Hirnstamm Potential III 3,8 [ms] Hirnstamm (Nucleus cochlearis)

Potential IV 5,0 [ms] Hirnstamm (ipsilaterale obere Olive oder Leminiscus lateralis)

Potential V 5,8 [ms] Hirnstamm (contralaterale obere Olive oder Leminiscus lateralis oder Colliculus inferior)

2.5.2 Frühe akustisch evozierte Potentiale beim Tier

Als erstem gelang JEWETT (1970) in tierexperimentellen Studien die Messung von akustisch evozierten Potentialen bei der Katze. Aber es wurde erst 10 Jahre später begonnen, die Messung von FAEP bei Haustieren intensiv zu untersuchen. So leitete MARSHALL (1985a) FAEP beim Pferd und beim Pony ab, und STRAIN et al.

(1989) führten Untersuchungen über die Entwicklung der FAEP bei Kälbern durch.

SIMS (1989, 1988) beschäftigte sich ausführlich mit den Möglichkeiten der elektrodiagnostischen Untersuchung von Hund und Katze und stellte dabei in seinen Arbeiten die unterschiedlichen Methoden (Impedanzaudiometrie, ERA) dar. STRAIN (1992) faßte in seiner Arbeit die Anwendungsbereiche der FAEP in der Veterinärmedizin zusammen.

Das Interesse galt primär den FAEP des Hundes: SIMS und MOORE (1984 a, b) führten Untersuchungen über den Einfluß von Stimulusintensität und Stimulusrate auf die Ausprägung der FAEP durch. Sie stellten fest, daß ein Anstieg der Stimulusrate [Hz] eine Abnahme der Amplitude und eine Verlängerung der Latenz zur Folge hat. Ein Anstieg der Stimulusintensität [dB] führt zu einer Erhöhung der

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2. Literaturübersicht 20

Amplitude. Dies Ergebnis wurde von BODENHAMMER et al. (1985) bestätigt. Sie registrierten außerdem beim Hund eine Verlängerung der Latenzen durch das Absinken der Körpertemperatur auf £36°C. Auch MARSHALL (1985b) untersuchte den Einfluß der Stimulusintensität auf die FAEP des Hundes. Von HOLLIDAY und TE SELLE (1985) wurden die Effekte von verschiedenen Elektrodenpositionen auf die Hirnstammpotentiale des Hundes ermittelt.

POOK und STEISS (1990) bemerkten bei ihren Untersuchungen an Hunden eine positive Korrelation zwischen einer Latenzverlängerung von Potential V (bzw. der IPL 1-5) und der zunehmenden Kopfgröße bei verschiedenen Hunderassen. MEIJ et al. (1992) stellten ebenfalls eine positive Korrelation zwischen FAEP und der Schädelgröße bzw. Körpergewicht fest. Auch SHIU et al. (1997) stellten in ihrer Studie einen signifikanten Unterschied zwischen Hunden mit großem Schädel (Dalmatiner) und kleinem Schädel (Jack-Russel-Terrier) fest.

TOKURIKI et al. (1990) untersuchten an vier Hunden den Einfluß unterschiedlicher Narkosekombinationen (Xylazin-Atropin, Xylazin-Atropin-Ketamin, Xylazin-Atropin- Pentobarbital) auf die Latenzen der FAEP. Sie konnten keine Unterschiede in den Latenzwerten finden, außer einer signifikanten Latenzverkürzung von Potential VI bei der Xylazin-Atropin Kombination im Vergleich zu den Kombinationen Xylazin- Atropin-Ketamin und Xylazin-Atropin-Pentobarbital.

Nach Untersuchungen von FISCHER (1990) erwies sich die Ableitung der FAEP beim Hund bei einer Vielzahl audiologischer und neurologischer Fragestellungen als indiziert u. a. bei neurologischen Erkrankungen oder Hirnstammtumoren. SIMS (1990) nutzte bei Hunden die ERA erfolgreich als Methode zur Diagnose von Taubheit. STEISS et al. (1990) beschrieben in ihrer Arbeit die Veränderungen der FAEP beim Vorliegen einer (experimentell erzeugten) Schalleitungsschwerhörigkeit.

STEISS et al. (1992) setzten die Messung von FAEP zur Untersuchung von (experimentell) erworbenen Hörstörungen bei Hunden ein (Stenose des äußeren Gehörgangs, Perforation des Trommelfells). Sie stellten eine Anhebung der Hörschwelle und in einigen Fällen eine Verschiebung der Latenz-Intensitäts-

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2. Literaturübersicht 21

Kennlinie fest. Eine Perforation des Trommelfells regeneriert sich nach 14 Tagen (STEISS et al. 1992), eine komplette Abheilung ist mit dem 21. bis 35. Tag erreicht.

Schalleitungsschwerhörigkeiten wurden ebenfalls von STRAIN et al. (1993) untersucht, die mittels Knochenleitung evozierte Potentiale auslösten.

Neben den experimentellen Studien lag ein weiterer Schwerpunkt der Untersuchungen der FAEP bei Hunden in dem Erkennen von angeborener Taubheit (STRAIN 1991; NEER 1995), die sich als progressive Degeneration der Kochlea mit Verlust der Haarzellen äußert (WILKES u. PALMER 1992). Die angeborene Taubheit beim Hund betrifft in erster Linie Rassen, bei denen eine extreme Scheckung oder ein großer Weißanteil auftritt (z. B. Dalmatiner, Englisch Setter, Bullterrier). Weiter sind Rassen mit der Merle-Färbung prädisponiert (z. B.

Australischer Schäferhund, Collie, Dackel, Dogge). Die angeborene Taubheit ist besonders häufig beim Dalmatiner (MAIR 1979). Sie tritt u.a. auch beim Dobermann auf und äußert sich als progressive Degeneration der Kochlea mit Verlust der Haarzellen (WILKES u. PALMER 1992). HOLLIDAY (1992) führte audiometrische Messungen an 900 Dalmatinern durch und konnte bei 7% der untersuchten Hunde eine beidseitige Taubheit und bei 21% der Tiere eine einseitige Hörstörung feststellen. Er bemerkte außerdem eine signifikant höhere Inzidenz für die angeborene Taubheit bei Tieren mit Irisheterochromie. STRAIN et al. (1992) stießen mit Hilfe der ERA bei 1031 untersuchten Dalmatinern auf 8,1% Tiere mit beidseitiger und 21,6% mit einseitiger Taubheit. STRAIN et al. (1991) und SHELTON et al.

(1993) untersuchten die Entwicklung der FAEP beim Hundewelpen.

Die angeborene Taubheit beim Hund kann in bestimmten Zuchten mit einer Inzidenz von bis zu 30 % auftreten (STRAIN 1991). Das Züchten mit einem einseitig tauben Elterntier verdoppelt bereits den Anteil an tauben Welpen unter den Nachkommen (STRAIN 1996).

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2. Literaturübersicht 22

Seit dem 01.01.1995 müssen beim DEUTSCHEN DALMATINER CLUB alle Zuchttiere audiometrisch untersucht werden. Ertaubte Tiere (auch unilateral) werden von der Zucht ausgeschlossen. STRAIN (1996) präsentierte Ergebnisse der ERA- Messung von 3000 getesteten Dalmatinern und berichtet von Genuntersuchungen, die das Gen lokalisieren sollen, welches die Taubheit beim Dalmatiner auslöst. Die Entwicklung eines Bluttestes, der das Erkennen von Hunden mit diesem Gen möglich macht, schließt sich an. Durch einen Zuchtausschluß dieser Tiere soll das Gen endgültig aus den Zuchtlinien eliminiert werden.

2.5.3 Frühe akustisch evozierte Potentiale bei der Katze

Die ersten Untersuchungen der FAEP der Katze wurden von JEWETT (1970) durchgeführt. Die Katze ist als Versuchstier im Bereich der Neurochirurgie bzw.

Neurophysiologie etabliert. Aufgrund der vergleichbaren anatomischen und physiologischen Verhältnisse (Tab. 5 u. Tab. 6) wird sie seit langem als Modell für Hörstörungen des Menschen und bei der Entwicklung von Hörprüfmethoden eingesetzt (FULLERTON et al. 1987; VAN DEN HONERT u. STYPULKOWSKI 1986;

BLACK et al. 1983).

Tab. 6: Übersicht über die frühen akustisch evozierten Potentiale der Katze.

Nach: *VAN DEN HONERT u. STYPULKOWSKI (1986)

**SIMS (1988), BUCHWALD u. SHIPLEY (1986), MELCHER et al. (1996)

FAEP

Latenz bei Clickreizen mit 90 dB SPL*

topologische Zuordnung**

Potential I 1,10 [ms] Aktivität des N. cochlearis (Spiralganglion) Potential II 1,90 [ms] ipsilat. Nucleus cochlearis (globuläre Zellen) Potential III 2,51 [ms] dorsaler Nucleus des trapezoid body des

ipsi- und/oder kontralateralen Hirnstammes, obere Olive

Potential IV 3,60 [ms] Hirnstamm (ipsilaterale obere Olive oder Leminiscus lateralis)

Potential V o. A. ipsi- oder kontralateraler kaudaler Colliculus inferrior

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2. Literaturübersicht 23

JEWETT und ROMANO beschrieben bereits 1972 die Entwicklung von akustisch evozierten Potentialen bei der Katze vom 9. bis zum 110. Lebenstag. Mit ihrem Meßsystem konnten sie erstmals am 12. Lebenstag bei anästhesierten Katzenwelpen mit Stimuli von 40 bis 69 dB SPL akustisch evozierte Potentiale registrieren. Mit zunehmendem Alter der Tiere stellten sie eine Verkürzung der Latenzen fest. Außerdem zeigte sich eine Verkürzung der Latenzen mit Zunahme der Stimulusintensität und eine Abnahme der Amplitude mit Zunahme der Stimulusrate. BUCHWALD und SHIPLEY (1986) untersuchten die Entwicklung der AEP bei der Katze vom Tag der Geburt bis zum 60. Lebenstag. Sie konnten bereits am 4.-6. Lebenstag eine Ableitung von AEP erzielen. Voraussetzung dafür waren laute Stimuli und eine langsame Reizrate. Bei den Latenzen stellten sie in den folgenden 60 Tagen einen exponentiellen Abfall und eine deutliche Verkürzung fest.

Auch WALSH et al. (1992) studierten die Entwicklung der AEP bei der Katze vom Tag der Geburt bis zum 90. Lebenstag und stellten ebenfalls eine deutliche Latenzverkürzung in den ersten Lebenstagen fest. Sie leiteten die AEP zwischen einer Nadelelektrode am Scheitel (Vertex) und an der Nase ab. Bei JEWETT und ROMANO (1972) erfolgte die Ableitung der Potentialdifferenzen zwischen einer Schraube am Scheitel der Katze und einem Pad an der Zunge. BUCHWALD und SHIPLEY (1986) leiteten die Potentiale zwischen einer Diskelektrode oder einer Schraube am Scheitel und einer Referenzelektrode im Nacken bzw. an der Ohrspitze ab.

FULLERTON et al. (1987) stellten bei ihren unter Barbituratnarkose durchgeführten Messungen eine Verlängerung der Latenzen und eine gelegentliche Abnahme der Amplitude um weniger als 25 % fest. HIKASA et al. (1993) konnten nachweisen, daß die Prämedikation mit Thiopental, Ketamin, Diazepam und Xylazin die EEG-Spike- Frequenz nicht beeinflußte, dafür die Spike-Amplitude aber deutlich reduzierte.

SIMS und HOROHOV (1986) beobachteten die Effekte von Xylazin und Ketamin auf den akustischen Reflex und die FAEP der Katze. Sie verabreichten zu Beginn Xylazin in einer Dosierung von 1 mg/kg KGW i.m. und injizierten 5 Minuten später Ketamin (10 mg/kg). Die zusätzliche Applikation von Ketamin führte nur bei 90 dB HL zu einem signifikanten Anstieg der Latenz von Potential III, IV und V. Bei einer

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2. Literaturübersicht 24

Stimulusintensität von 80 oder 70 dB HL konnten SIMS und HOROHOV (1986) eine Latenzverkürzung von Potential III/IV bzw. Potential II feststellen. Die Amplituden der einzelnen Potentiale wurden durch die Verabreichung von Ketamin nicht beeinflußt.

Die Medikamentenkombination Xylazin-Ketamin wird von ihnen für die elektrophysiologische Messung empfohlen, da sie den akustische Reflex nicht und die FAEP nur minimal beeinflußt.

BUCKMASTER et al. (1993) untersuchten die Auswirkungen eines Vitamin B6 Mangels auf die FAEP der Katze, sie stellten bei Tieren mit 90-tägiger Vitamin B-6- Mangel-Diät signifikante Veränderungen in den Interpeaklatenzen der späteren Potentiale fest. PHILLIPS et al. (1994) nutzten die akustisch evozierten Potentiale zur Diagnostik von neurologischen Abnormalitäten. Sie registrierten bei Katzen mit einer Infektion mit dem felinen Immundefizienzvirus (FIV) Abweichungen bei den akustisch evozierten Potentialen. Die Verlängerung der Latenzen war besonders signifikant für die Potentiale PI, P III und P IV.

BUCHWALD und SHIPLEY (1986) ermittelten durch Läsionsstudien die Generatoren der einzelnen Potentiale. SIMS (1989, 1988) kam zu ähnlichen Ergebnissen und auch MELCHER et al. (1996) identifizierten in experimentellen Arbeiten die Generatoren der einzelnen FAEP-Komponenten bei der Katze (Tab. 6).

(37)

2. Literaturübersicht 25

2.6 Problemstellung und Zielsetzung

Die Messung von frühen akustisch evozierten Potentialen (FAEP) ist ein objektives Verfahren zur Diagnose von Hörstörungen, das auch in der Veterinärmedizin in den letzten Jahren vermehrt klinische Anwendung findet. Trotz langjährigem Einsatz der Katze als experimentelles Modell in der Hörforschung fehlen kontinuierliche Meßreihen über die Entwicklung der FAEP bei der Katze.

In dieser Arbeit wird die Entwicklung der frühen akustisch evozierten Potentiale bei der Katze von der 1. Lebenswoche bis zum 365. Lebenstag untersucht. Als Meßgrößen wurden die Hörschwelle, die Latenzen und die Interpeaklatenzen sowie die Amplitude der Potentiale ausgewertet. Das Ziel der durchgeführten Untersuchungen war es, mit Hilfe dieser Meßmethode die Ausreifung der zentralen Hörbahn der Katze zu charakterisieren. Die Ergebnisse über die Entwicklung der akustisch evozierten Potentiale dienten in der experimentellen Otologie der Medizinischen Hochschule als Grundlage für vergleichende Untersuchungen akustisch deprivierter Tiere nach elektrischer Stimulation (CORDS 1996). Die FAEP von Katzen mit experimentell induzierter Schwerhörigkeit bzw. Taubheit wurden registriert und charakterisiert. Ergänzend werden FAEP von Katzen gezeigt, die in der Klinik für kleine Haustiere der Tierärztlichen Hochschule Hannover vorgestellt wurden. Die Zahl der Patienten steigt, denn immer mehr Besitzer wünschen eine objektive Beurteilung des Hörstatus ihrer Haustiere. Für einige Hunde- und Katzenrassen ist der Nachweis einer beidseitigen vollständigen Hörfähigkeit eine unabdingbare Voraussetzung für die Zulassung zur Zucht.

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3. Material und Methode 26

3 MATERIAL UND METHODE 3.1 Material

3.1.1 Tiere

3.1.1.1 Gruppe 1 und Gruppe 2

Die untersuchten Katzen der Entwicklungsstudie (Gruppe 1, n = 42) und die experimentell ertaubten Tiere (Gruppe 2, n = 40) stammten aus der Katzenzucht des Zentralen Tierlabores der Medizinischen Hochschule Hannover. Die Gruppenhaltung in vollklimatisierten Räumen entsprach den Bedingungen für die Haltung von Versuchstieren nach der EG-Richtlinie für die Länder der Europäischen Union. Die Katzen erhielten freiverkäufliches Dosen- und Trockenfutter und waren frei von jeglichen Endo- und Ektoparasiten. Der gesamte Bestand war serologisch negativ bezüglich FIV, FeLV und Toxoplasmose, gegen Katzenschnupfen und Katzenseuche wird geimpft.

3.1.1.2 Gruppe 3

Bei dieser Gruppe (n = 16) handelt es sich um Patienten der Klinik für kleine Haustiere der Tierärztlichen Hochschule Hannover, die 1996 zur audiometrischen Untersuchung vorgestellt wurden.

3.1.2 Sachmaterial 3.1.2.1 Pharmaka

a.) Xylazin 2% (20 mg/ml,Rompun , Fa. Bayer) b.) Ketamin 5% (50 mg/ml, Ketamin 5%, Fa. WDT)

c.) Atropinsulfat (0,5 mg/ml, Atropinsulfat Braun 0,5 mg, Fa. Braun Melsungen ) d.) Neomycinsulfat in 0,9% NaCl-Lsg (50 mg/ml)

Mit Xylazin, Ketamin und Atropin wurde die Sedierung bzw. die Narkose der zu untersuchenden Katzen durchgeführt, das Neomycinsulfat wurde für die experimentelle Ertaubung der Tiere verwandt.

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3. Material und Methode 27

3.1.2.2 Technische Geräte Gruppe 1 und Gruppe 2

Die Ableitung der FAEP erfolgte bei den Tieren der Gruppe 1 und 2 mit Hilfe einer ERA-Meßeinheit WESTRA ERA Q/S-02 (Version 3.61) der Firma Westra Electronic GmbH (Welden/Augsburg, Deutschland). Diese Meßeinheit basiert auf einem Computer mit einem vierkanaligen Meßaufnehmer, integriertem Signalgenerator, einem Verstärker, einem Analog/Digital-Wandler und einem Bandpaßfilter. Extern an den Computer angeschlossen waren ein Farbmonitor (Fa. Eizo, Modell Flexiscan 9060s), ein Lautsprecher, Ableitelektroden (Fa. Nicolet), ein Vorverstärker (Fa.

Ledu, Modell 222) und ein Drucker (Fa. Hewlett-Packard, Modell HP-DeskJet 500).

Gruppe 3

Bei diesen Katzen wurde die Ableitung der FAEP mit dem klinikeigenen Meßgerät, einem NICOLET MEDIAN (Version 2.43) der Firma Nicolet Biomedical (Kleinostheim, Deutschland), durchgeführt. Dies Gerät verfügt über eine ähnliche Austattung wie die o.g. Meßeinheit. Die Applikation der Stimuli erfolgte beim diesem Gerät entweder über Kopfhörer (Fa. Beyerdynamic, Typ DT 4848 At) oder sogenannte Tips (Tubal Insert Earphones, Fa Nicolet), die in den Gehörgang eingesetzt wurden.

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3. Material und Methode 28

3.2 Methode

In Gruppe 1 wurde die Entwicklung der FAEP bei sechs Katzenwelpen (europäisch Kurzhaar) beobachtet. Die Katzen wurden zufällig aus zwei verschiedenen Würfen ausgewählt und über einen Zeitraum vom 7. Tag post partum bis zum 365.

Lebenstag) untersucht.3 In den ersten drei Wochen wurden zweimal wöchentlich Untersuchungen durchgeführt. Die Meßintervalle wurden ab dem 30. Lebenstag kontinuierlich größer. Der Abstand zwischen den letzten beiden Messungen betrug zwölf Wochen (Abb. 4). Diese longitudinale Messung wurde durch Einzel- und Mehrfachmessungen von sechsunddreißig weiteren Katzen verschiedener Altersstufen ergänzt.

Die Katzen der Gruppe 2 wurden im Alter von 3-6 Wochen, die Tiere der Gruppe 3 im Alter von 3 Monaten bis 13 Jahren in einer einzelnen FAEP-Messung auf ihr Hörvermögen untersucht.

3Es handelte sich nach § 7 des Tierschutzgesetzes um einen Tierversuch, der unter der Nummer 93/641 von der Bezirksregierung genehmigt war. Das Tierversuchsvorhaben ist mit der Bezeichnung "Klinische und tierexperimentelle Untersuchungen zur Evaluierung der Möglichkeiten und Risiken des Cochlear-Implantates bei Kindern" zugelassen.

4 6

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Meßzeitpunkt [Tage post partum ] Anzahl

Abb. 4: Darstellung der Meßzeitpunkte und Anzahl der untersuchten Katzen an den einzelnen Lebenstagen im Rahmen der Entwicklungsstudie (Gruppe 1).

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3. Material und Methode 29

3.2.1 Meßprinzip zur Aufnahme von frühen akustisch evozierten Potentialen

Ein Meßsystem zur Aufnahme von akustisch evozierten Potentialen setzt sich aus verschiedenen Einzelelementen zusammen (Abb. 5). Man kann einen reizgebenden und einen ableitenden Teil unterscheiden.

Der reizgebende Teil ist charakterisiert durch den Clickgenerator und den Lautspecher als Schallquelle. Der Trigger steuert die reizsynchrone Meßaufnahme, durch ihn wird eine feste zeitliche Kopplung zwischen Reiz und Ableitung der Reizantwort hergestellt. Dieses ist Voraussetzung für die nachfolgende Mittelwertbildung durch den Averager. Die AEP haben eine außerordentlich kleine Amplitude, sowohl absolut als auch relativ zu den Potentialen des spontanen Elektroenzephalogramms (EEG, 1-100 µV), oder im Vergleich zu Muskelpotentialen.

Durch dieses ungünstige Signal-/Rauschverhältnis können die AEP nach einem akustischen Einzelreiz nicht direkt beobachtet werden. Der auslösende Reiz muß wiederholt angeboten, und die Einzelantworten aufsummiert werden. Bei dem sog.

Averaging wird das akustisch evozierte Potential in eine Serie von Zeitintervallen aufgeteilt, die in einem ihrem Zeitpunkt zugeordneten Speicher abgelegt werden.

Jeder Digitalwert wird zu dem vorhergehenden Wert in diesem Speicherplatz addiert (MEYER-WAARDEN 1985). Da das EEG ein zufälliges Rauschen darstellt und nicht zeitlich gekoppelt ist, nimmt der Einfluß des EEG mit zunehmender Anzahl der Durchgänge ab, und das eigentliche Signal tritt immer deutlicher hervor (SIMS 1988).

Die Registration der gemessenen Potentiale auf der ableitenden Seite beginnt mit den Ableitelektroden. Sie stellen eine elektrisch leitende Verbindung zwischen dem Patienten und der Meßelektronik her. Die Ableitelektroden sind bipolar verschaltet, es werden jeweils die Potentialdifferenzen zwischen zwei Elektroden abgegriffen.

Die akustisch evozierten Potentiale liegen im Mikrovoltbereich (0,01 bis 1µV) und bedingen den Einsatz von diversen Verstärkern und Filtern. Im Anschluß daran folgt eine Umwandlung von analogen in digitale Signale, was die Auswertung der AEP am PC ermöglicht.

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3. Material und Methode 30

Abb.5: Schematischer Aufbau einer ERA-Meßeinheit.

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3. Material und Methode 31

3.2.2 Geräte-Einstellungen WESTRA ERA Q/S-02

Der Vorverstärker des WESTRA ERA Q/S-02 Gerätes arbeitete mit einem Verstärkungsfaktor von 100. Die Leistung des Ableitverstärkers ermöglichte eine 1.000-50.000 fache Verstärkung. Der verwendete Bandpaßfilter der ERA-Meßeinheit hatte eine untere Grenzfrequenz von 100 Hz und eine obere Grenzfrequenz von 1,5 kHz. Die Aufnahmezeit der einzelnen Messungen betrug 20 ms, die Abtastfrequenz 25 kHz.

Bei den sieben bis neun Tage alten Katzenwelpen wurde die Ableitung von FAEP nur mit einem Stimulus von 100 dB nHL durchgeführt. Die Stimulation der älteren Katzen erfolgte in 10 dB Abständen in einem Bereich von 100 bis 50 und 50 bis 0 dB nHL. Das verwendete Meßgerät ist in der Lage, 6-fach quasisimultane Messungen durchzuführen, d. h. die unterschiedlich starken Stimuli werden in bestimmter Reihenfolge nacheinander ausgegeben, und die dazugehörigen sechs FAEP werden parallel durch den Averager verarbeitet.

Die Ausgabe der Stimuli erfolgte monoaural über einen Lautsprecher der Firma Westra Electronic GmbH. Als akustischer Stimulus wurden biphasische Rechteckimpulse (sog. Clicks) mit einer Pulsdauer 0,15 ms und einer Frequenz von 20 Hz verwendet. Die Meßkurven setzten sich aus jeweils 500 Einzelableitungen zusammen.

NICOLET MEDIAN

Dieses ERA-Meßgerät verwendet einen Bandpaßfilter mit einer unteren Grenzfrequenz von 150 Hz und einer oberen Grenzfrequenz von 2 kHz.

Die Messung der FAEP erfolgte standardmäßig mit 70 dB nHL, bei Bedarf erfolgte weitere Aufnahmen in 20 dB Schritten über den Bereich von 80 - 20 dB nHL. Die Messung der unterschiedlichen Schalldruckpegeln wurde mit dem Nicolet Median nacheinander durchgeführt, eine quasisimultane Messungen wurde nicht verwendet.

Referenzen

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