• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Das deutsche Gesundheitswesen im internationalen Vergleich" (18.06.2010)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Das deutsche Gesundheitswesen im internationalen Vergleich" (18.06.2010)"

Copied!
13
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

ORIGINALARBEIT

Das deutsche Gesundheitswesen im internationalen Vergleich

Die Perspektive der Patienten

Klaus Koch, Christoph Schürmann, Peter Sawicki

ZUSAMMENFASSUNG

Hintergrund: In Organisation und Finanzierung gibt es er- hebliche Unterschiede zwischen den Gesundheitssyste- men der Industriestaaten. Der Commonwealth Fund hat im Jahr 2008 schwerer erkrankte Patienten in Deutschland und sieben weiteren Ländern zu Aspekten der Qualität der Versorgung befragt.

Methode: Insgesamt wurden nach Gewichtung 9 633 zu- fällig ausgewählte Patienten aus Australien, Kanada, Deutschland, die Niederlande, Neuseeland, Großbritannien, Frankreich und den USA per Fragebogen interviewt. Teil- nehmer waren Erwachsene, die angaben, einen schlechten Gesundheitszustand zu haben, an einer chronischen Er- krankung oder Behinderung zu leiden und/oder in den letzten zwei Jahren stationär behandelt oder operiert wor- den zu sein.

Ergebnisse: Insgesamt bewerten in Deutschland nur 34 Prozent der Befragten die Qualität der Versorgung als

„ausgezeichnet“ oder „sehr gut“. In anderen Ländern war dieser Anteil höher (bis zu 66 Prozent). In die Versorgung schwerer Erkrankter sind in Deutschland mehr Ärzte ein- gebunden als in anderen Ländern. Probleme der Koordina- tion wurden von den Befragten in allen Ländern regelmä- ßig berichtet, insbesondere beim Austausch Facharzt/

Hausarzt, Krankenhaus/Hausarzt und der Information von Patienten.

Schlussfolgerung: Trotz im Wesentlichen ähnlicher Erfah- rungen und ähnlicher Koordinationsprobleme ist die Zu- friedenheit mit dem Gesundheitswesen der jeweiligen Länder international stark unterschiedlich. Im Vergleich zu einer ähnlichen Umfrage im Jahr 2005 fällt die generelle Zufriedenheit mit dem Gesundheitswesen in Deutschland aber im Jahr 2008 etwas positiver aus.

Zitierweise: Dtsch Arztebl Int 2010; 107(24): 427–34 DOI: 10.3238/arztebl.2010.0427

D

er Commonwealth Fund hat im Jahr 1999 in fünf Ländern begonnen, mit einer einheitlichen Methodik Parameter der Gesundheitsversorgung zum Vergleich der Qualität der Gesundheitssysteme zu erhe- ben (1–9). Bis 2004 fanden die Erhebungen in Austra- lien (AUS), Kanada (CAN), Neuseeland (NZ), den USA und dem Vereinigten Königreich (UK) statt; 2005 beteiligte sich Deutschland (D) erstmals an dieser Un- tersuchung (10, 11). Als weitere Länder sind 2006 die Niederlande (NL) hinzugekommen, 2008 Frankreich (F). Die deutschen Erhebungen wurden vom Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) mitkonzipiert und finanziert.

Zielgruppen und Schwerpunkte wechselten von Jahr zu Jahr. Im Jahr 2008 galt die Untersuchung wie schon 2005 den Erfahrungen schwerer erkrankter Erwachse- ner, die in besonderem Maße auf Gesundheitsleistun- gen angewiesen waren (11).

Die Teilnehmer wurden zu folgenden Aspekten be- fragt:

generelle Bewertung des Gesundheitssystems und der Gesundheitsversorgung

Zugang zu Gesundheitsleistungen, einschließlich Wartezeiten und Verzögerungen

Verhältnis zu Hausarzt und Spezialisten, ein- schließlich Abstimmung der Versorgung und der Arzneimitteltherapie

Erfahrungen im Krankenhaus und in Notfallam- bulanzen

Einnahme von verschreibungspflichtigen Arznei- mitteln, einschließlich Abstimmung der Therapie mit mehreren Arzneimitteln und Betrachtung der Kosten

Patientensicherheit, einschließlich medizinischer Fehler bei der Gabe von Medikamenten, Über- mittlung falscher Diagnoseergebnisse oder Verzö- gerungen bei der Information über Ergebnisse

Erfahrungen mit präventiven Maßnahmen, ein- schließlich Nachbetreuung und dem Management chronischer Krankheiten

Zugang zu Informationstechnologie, einschließ- lich der Möglichkeit der E-Mail-Korrespondenz mit dem Hausarzt und Zugang zur Krankenakte

Umfang der Krankenversicherung, zusätzliche fi- nanzielle Belastungen durch Krankheit.

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), Köln:

Dr. rer. medic. Koch, Dr. rer. nat. Schürmann, Prof. Dr. med. Sawicki

(2)

Eine zusammenfassende Beschreibung der Erfah- rungen von Teilnehmern mit chronischen Erkrankun- gen wurde getrennt publiziert (6). Dieser Artikel be- schreibt ausgewählte Ergebnisse für Deutschland und vergleicht sie, soweit sinnvoll, mit den Ergebnissen des Jahres 2005 (11).

Methode

Die Untersuchung basiert auf strukturierten Telefonin- terviews mit zufälliger Auswahl der Teilnehmer. Die Interviews wurden zwischen dem 3. März und dem 30. Mai 2008 zeitgleich in Australien, Deutschland, Frankreich, Kanada, Neuseeland, den Niederlanden, den USA und dem Vereinigten Königreich durchge- führt und von Harris Interactive Inc. im Auftrag des Commonwealth Funds koordiniert. Befragt wurden Er- wachsene, die das 18. Lebensjahr vollendet hatten und die angaben, einen „weniger guten“ oder „schlechten“

Gesundheitszustand zu haben, an einer chronischen Er- krankung oder Behinderung zu leiden und/oder in den

letzten zwei Jahren stationär behandelt worden zu sein, beziehungsweise sich einer schweren Operation unter- zogen zu haben. Stationäre Aufenthalte wegen unkom- plizierter Entbindungen wurden nicht berücksichtigt.

In Deutschland wurden Haushalte nach einem Ran- dom-Digit-Dial-Verfahren zufällig ausgewählt und te- lefonisch kontaktiert. Als Gesprächspartner wurde die erwachsene Person aus dem Haushalt definiert, die zu- letzt Geburtstag hatte. Im ersten Teil des Interviews wurden von allen Teilnehmern demografische Basisda- ten erfragt. Im zweiten Teil stellte man dann Fragen nach dem Gesundheitszustand, um geeignete Teilneh- mer zu identifizieren.

Mit geeigneten (schwerer erkrankten) Teilnehmern fand dann der dritte, ausführliche Teil des Interviews statt.

In allen Ländern setzten die Interviewer Computer ein, um die Fragen abzuarbeiten und die Antworten zu erfas- sen (CATI, Computer Assisted Telephone Interview).

Durchschnittlich dauerten die Interviews 17 Minuten, die Spanne reichte in den Ländern von 14 bis 22 Minuten.

TABELLE 1

Demografische Basisdaten der schwerer Erkrankten aus acht Ländern (gewichtet) (Angaben in %)*1

*1 fehlend auf 100: unsicher oder keine Angabe; *2 medianes Einkommen in D: 29 000 Euro; *3 (eTabelle 1) Land

N in % Geschlecht männlich weiblich Alter 50 und älter Bildung*3 niedrig mittel hoch Einkommen*2 unterdurchschnittlich durchschnittlich überdurchschnittlich Geburtsort im Land im Ausland

Krankenversicherung privat versichert GKV/staatlich und privat zusatzversichert nur GKV/staatlich keine Versicherung

D 1 077

44 56

59

54 20 24

48 18 26

89 11

11 10

78

AUS 737

49 51

47

66 17 16

43 20 31

78 22

48

51

CAN 2 608

49 51

47

47 39 14

45 20 29

86 14

57

42 F 1 213

43 57

55

50 33 17

46 23 25

87 13

89

11

NL 928

46 54

59

80 10 10

31 21 37

93 7

81

16

NZ 756

49 51

44

48 23 26

34 22 39

81 19

36

63

UK 1 103

47 53

62

64 13 19

42 22 21

92 7

16

83

USA 1 211

45 55

49

56 25 18

50 17 28

81 18

39

35 21

(3)

Ergebnisse

Zusammensetzung der Stichprobe

Insgesamt konnten in Deutschland 3 192 Personen be- fragt werden, das entsprach einer Teilnahmerate von 31 %. Die Ableitung der Teilnahmerate ist in den ergän- zenden Internetmaterialen beschrieben.

Von den 3 192 Befragten der Ausgangsstichprobe erfüllten 1 320 (41 %) die Einschlusskriterien für

„schwerer erkrankte“ Patienten. Von diesen 1 320 Per- sonen haben 1 201 an der kompletten Umfrage teilge- nommen. Abweichungen der Stichprobe in Alter, Ge- schlecht, Bundesland und Bildungsgrad vom Durch- schnitt der Länder wurden entsprechend der Angaben des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahr 2007 durch Gewichtung adjustiert, in Deutschland ergab sich so eine gewichtete Population von 1 077 Männern und Frauen (eTabelle 1). Alle Auswertungen in der vor - liegenden Arbeit beziehen sich auf diese gewichtete

„Basis“-Population, soweit nicht anders angegeben. Es werden sowohl absolute als auch relative Häufigkeiten berichtet. Die relativen Häufigkeiten werden als Pro- zentwerte angegeben. Tabelle 1 zeigt die Charakteristi- ka der deutschen Befragten neben denen der anderen Nationen. Weitere Angaben finden sich in den ergän- zenden Materialien.

Gesundheitsprobleme der Befragten

Zwischen 13 % (CAN) und 23 % (UK) der Befragten schätzten ihren Gesundheitszustand als weniger gut oder schlecht ein, in Deutschland waren es 16 %. Ta- belle 2 und eTabelle 2 listen auch die weiteren Anga- ben auf, die zum Einschluss in die Befragung führ- ten. Insgesamt erfüllten zwischen 33 % (CAN) und

45 % (AUS) der Befragten der Ausgangsstichproben die Kriterien für die weitere Befragung, in Deutschland waren es 34 %.

Generelle Bewertung des Gesundheitssystems und der Gesundheitsversorgung

Die Befragten in Deutschland waren sich in der Bewer- tung des Gesundheitswesens nicht einig: Einerseits war ein Viertel (25 %) der Ansicht, das Gesundheitssystem sei so schlecht, dass es von Grund auf verändert werden müsse. Nur in den USA lag die Ablehnung mit 30 % noch höher. Andererseits waren fast ebenso viele Be- fragte (24 %) der Ansicht, dass das deutsche System al- les in allem nicht schlecht funktioniere und nur Klei- nigkeiten geändert werden müssten. Die Mehrheit der Befragten sah gute Ansätze, aber auch grundlegenden Änderungsbedarf (Tabelle 3).

Bewertung der Qualität der medizinischen Versorgung Befragt nach der Qualität der medizinischen Versor- gung im letzten Jahr, fielen die Antworten sehr unter- schiedlich aus (Tabelle 4). Zwischen 34 % (D) und 66 % (NZ) der Befragten antworteten mit „ausgezeich- net“ oder „sehr gut“.

Die Zustimmung zu dieser Aussage war in Deutsch- land am geringsten, wobei sich zwischen 2005 und 2008 numerisch keine Änderung zeigte. Allerdings war auch die Zahl derjenigen, die die Qualität der Versor- gung in Deutschland als „weniger gut“ oder „schlecht“

einschätzten, mit 12 % relativ niedrig. In den anderen Ländern reichte die Spanne von 9 % (F) bis 19 % (USA). Letztlich bezeichneten 53 % der deutschen Be- fragten die Qualität der Versorgung als „gut“.

TABELLE 2

Häufigkeit der Angaben für den Einschluss von schwerer Erkrankten in die Befragung

AP: Ausgangspopulation; sE: schwerer Erkrankte

*1die eine sehr intensive medizinische Betreuung erforderte; *2in den letzten zwei Jahren Land

Zahl der Personen davon (in %) Gesundheits- zustand weniger gut oder schlecht Krankheit, Verletzung oder Behin- derung*1 im Kranken- haus stationär behandelt*2 ein schwerer operativer Eingriff*2

D AP 3 164

16

21

20

12 sE 1 077 (34 %)

48

62

58

36

AUS AP 1 637

21

25

25

12 sE 737 (45 %)

46

56

56

27

CAN AP 7 966

13

19

16

11 sE 2 608 (33 %)

41

58

48

32

F AP 3 166

18

20

23

13 sE 1 213 (38 %)

46

51

59

35

NL AP 2 577

21

20

17

8 sE 928 (36 %)

57

57

47

23

NZ AP 1 873

14

22

24

11 sE 756 (40 %)

36

54

58

28

UK AP 2 522

23

27

19

11 sE 1 103 (44 %)

53

62

44

24

USA AP 3 096

21

23

18

13 sE 651 (39 %)

53

59

46

33

(4)

Umfang der Krankenversicherung und Zusatzkosten

In allen Ländern gibt es neben einer öffentlichen/staat- lichen Krankenversicherung auch die Möglichkeit ei- ner privaten (Zusatz-) Versicherung (Tabelle 1). Eine reine Grundabsicherung hatten zwischen 16 % (NL) und 83 % (UK) der Befragten, 16 % (UK) bis 81 % (NL) hatten ausschließlich oder zusätzlich eine private Krankenversicherung. In Deutschland waren 11 % der schwerer Erkrankten privat versichert, weitere 10 % hatten neben der GKV eine private Zusatzversicherung.

Die USA sind hier auffällig, weil 21 % der Befragten gar keine Versicherung aufwiesen und in besonderen medizinischen Zentren versorgt wurden.

Trotz dieser Absicherungen waren Zuzahlungen aus eigener Tasche in allen Ländern üblich (eTabelle 3).

Der Anteil derjenigen, die in den letzten zwölf Monaten umgerechnet mehr als 640 Euro (1 000 $) zuzahlen mussten, lag zwischen 5 % (F, UK) und 39 % (USA), in Deutschland waren es 12 %.

In Deutschland gaben 28 % der Befragten an, aus Kostengründen in den letzten zwei Jahren mindestens einmal auf Medikamente oder einen Arztbesuch ver-

zichtet oder eine Untersuchung/Behandlung ausgelas- sen zu haben. Im Jahr 2005 lag der Anteil ebenfalls bei 28 % (11) (eTabelle 3). Befragte mit einem Einkommen unter 29 000 Euro pro Jahr haben etwas häufiger (30 %) auf Leistungen verzichtet als Befragte mit über- durchschnittlichem Einkommen (25 %).

Verhältnis zu Hausarzt und Spezialisten

In allen Ländern bis auf die USA haben mindestens 95 % der Befragten eine feste Anlaufstelle bei Krankheiten.

Das ist fast immer ein Hausarzt, in England und USA aber für 8 % beziehungsweise 10 % der Befragten auch eine Einrichtung mit wechselnden Ärzten (Tabelle 5).

43 % der in Deutschland befragten Patienten erhiel- ten bei einem akuten medizinischen Problem noch am gleichen Tag einen Termin bei einem Hausarzt, es gab jedoch auch häufig längere Wartezeiten. In den Nieder- landen und Neuseeland dauerte es nur bei 3 % und 5 % der Befragten länger als sechs Tage bis zum Termin, in den anderen Ländern reichte die Rate von 13 % (UK) bis 32 % (CAN). In Deutschland warteten 24 % sechs Tage und länger.

TABELLE 3

Einstellung zum Gesundheitssystem in den Jahren 2005 und 2008

*1 fehlend auf 100: unsicher oder keine Angabe; n.t., Land hat 2005 nicht teilgenommen Land

in %*1

alles in allem funktioniert das System nicht schlecht, und es sind nur einige Kleinigkeiten zu ändern, damit es sogar noch besser funk- tioniert

unser Gesundheitssystem hat einige gute Ansätze, aber es sind grundlegende Änderungen notwendig, damit es besser funktioniert

bei unserem Gesundheitssystem ist so viel verkehrt, dass es komplett reformiert werden muss

D 2008 24

50

25 2005 16

54

31

AUS 2008 24

56

19 2005 23

48

26

CAN 2008 34

50

14 2005 21

61

17

F 2008 41

33

22 2005 n.t.

n.t.

n.t.

NL 2008 41

49

7 2005 n.t.

n.t.

n.t.

NZ 2008 29

50

19 2005 27

52

20

UK 2008 36

49

12 2005 30

52

14

USA 2008 23

45

30 2005 23

44

30

TABELLE 4

Wie bewerten Sie insgesamt die Qualität der medizinischen Versorgung, die Sie in den letzten zwölf Monaten erhalten haben?

*1 fehlend auf 100: unsicher oder keine Angabe; n.t., Land hat 2005 nicht teilgenommen Land

in % *1

ausgezeichnet/sehr gut gut

weniger gut/schlecht

D 2008

34 53 12

2005

35 55 9

AUS 2008

61 22 15

2005

63 26 10

CAN 2008

61 23 14

2005

59 26 13

F 2008

47 42 9

2005

n.t.

n.t.

n.t.

NL 2008

37 47 13

2005

n.t.

n.t.

n.t.

NZ 2008

66 20 13

2005

72 17 10

UK 2008

62 24 12

2005

63 23 12

USA 2008

55 25 19

2005

57 24 19

(5)

Bei Fachärzten sind auch Wartezeiten von über vier Wochen keine Seltenheit: In Deutschland muss- ten 21 % der Befragten mindestens einen Monat auf einen Termin warten, 11 % sogar länger als zwei Mo- nate. Das ist aber niedriger als in anderen Ländern, in denen es bis zu 30 % (CAN) waren (Tabelle 5).

Die Gesundheitssysteme unterscheiden sich auch dadurch, welche Bedeutung die Notaufnahmen der Krankenhäuser haben. 27 % der schwerer Erkrankten in den Niederlanden und 34 % in Deutschland gaben

an, in den letzten zwei Jahren eine Notaufnahme auf- gesucht zu haben. Kanada und die USA erreichten fast doppelt so hohe Anteile.

Die Kommunikation zwischen Ärzten und Patienten erscheint in allen Ländern verbesserungswürdig. Mit 36 % der Befragten in Deutschland wurde nicht über Ziele und Prioritäten der Behandlung gesprochen, 69 % haben keinen schriftlichen Behandlungsplan be- kommen, und nur bei 21 % der Befragten hatte der Arzt nach dem Besuch Kontakt aufgenommen, um zu se- TABELLE 5

Zugang zu medizinischer Versorgung

*1 Basis: benötigte Facharzt in den letzten zwei Jahren; *2 Basis: benötigte Versorgung außerhalb der Sprechzeiten; *3 Basis: Telefonkontakt versucht Land

in %

Haben Sie einen Hausarzt, den Sie regelmäßig aufsuchen, wenn Sie krank sind?

ja, hat Hausarzt

kein Hausarzt, aber feste Praxis, Ambulanz oder Klinik weder Hausarzt, noch feste Praxis, Ambulanz oder Klinik geht schon fünf Jahre oder länger zu diesem Hausarzt oder dieser Einrichtung

Wartezeit auf Hausarzttermin bei der letzten Erkrankung am gleichen Tag

am nächsten Tag sechs Tage oder länger Wartezeit auf Facharzttermin*1 kürzer als vier Wochen

einen Monat bis unter zwei Monate zwei Monate oder länger

Als Sie das letzte Mal abends, am Wochenende oder an einem Feiertag eine ärztliche Behandlung benötigten, wie einfach war es, medizinisch versorgt zu werden, ohne in die Notaufnahme eines Krankenhauses gehen zu müssen?*2

ziemlich schwierig oder sehr schwierig

War in den vergangenen zwei Jahren mindestens einmal in der Notaufnahme eines Krankenhauses

War der Grund Ihres letzten Besuchs der Notaufnahme eines Krankenhauses ein Problem, das Ihres Erachtens nach auch von Ihrem Hausarzt/einem Arzt in der medizinischen Einrichtung, an die Sie sich normalerweise wenden, hätte behandelt werden können, wäre er verfügbar gewesen?

Wie einfach ist es, in der Praxis Ihres Hausarztes während der Sprechzeiten eine telefonische Beratung zu erhalten?*3 sehr einfach

ziemlich einfach

ziemlich schwierig/sehr schwierig

Haben Sie in den letzten zwei Jahren eine Hotline oder Telefon- beratung angerufen, um medizinischen oder ärztlichen Rat zu erhalten?

hat „vollständig“ den benötigten Rat oder die benötigten Informationen erhalten

D

95 3 2 77

43 17 24

79 10 11

34 37 18

29 39 31 6

52 AUS

89 6 5 63

37 16 18

62 19 18

59 52 35

53 32 13 15

38 CAN

89 7 4 66

25 11 32

56 14 30

56 61 39

44 33 21 25

58 F

98 1 2 73

44 18 16

74 10 15

59 39 24

40 44 15 5

57 NL

99 1 0 78

55 24 3

79 11 11

27 27 29

36 46 17 14

77 NZ

92 4 5 59

51 20 5

63 12 24

39 46 21

66 25 8 20

55 UK

91 8 1 74

45 16 13

57 16 27

44 40 24

52 31 16 32

62 USA

78 10 11 51

25 18 23

86 7 7

58 56 36

42 38 19 16

45

(6)

hen, wie der Patient zurechtkommt (eTabelle 4). Über einen Arzt, der alle drei Aspekte positiv auf sich verei- nigt, berichtete in Deutschland nur jeder zehnte Be- fragte; in anderen Ländern lag die Rate höher. Die Pa- tienten gaben aber insgesamt an, dass das Bemühen um Beteiligung an der Entscheidung die Regel ist.

Koordination und Kontinuität der Versorgung

Angesichts der Kriterien für den Einschluss der Be- fragten war zu erwarten, dass mehr als ein Arzt in die Betreuung involviert war. Deutschland ragt aber aus diesen Ergebnissen heraus, weil 47 % der Befragten

bei mindestens vier Ärzten in Behandlung waren (Tabelle 6). Selbst in den nächstplatzierten Ländern Australien und USA lag die Rate mit 37 % und 35 % deutlich niedriger, in den anderen Ländern waren es maximal 28 %.

Dieses Ergebnis lenkt den Blick auf Aspekte der Koordination. 33 % der Befragten in Deutschland berichteten, dass der Facharzt keine Informationen zur Krankengeschichte hatte, in den anderen Län- dern waren es maximal 22 % (USA). 33 % der deut- schen Befragten hatten in den letzten zwei Jahren den Eindruck, dass aufgrund einer schlecht organi- TABELLE 6

Aspekte der Koordination

*1 Basis: benötigte Facharzt in den letzten zwei Jahren; *2 Basis: Befragte, die in den letzten zwei Jahren im Krankenhaus waren Land

in %

Zahl der Ärzte, die in den letzen zwei Jahren besucht wurden 0

1 2, 3 4 und mehr

Befragter hat „oft/manchmal“ in den letzten zwei Jahren den Eindruck gehabt, dass aufgrund einer schlecht organisierten medizinischen Versorgung Zeit verschwendet wurde

Facharzt hatte keine Informationen zur Krankengeschichte*1 Hausarzt war nicht über die Behandlung beim Facharzt informiert*1 Während der Arztbesuche in den letzten zwei Jahren kam es vor, dass …

zum vereinbarten Arzttermin Untersuchungsergebnisse, medizinische Unterlagen oder der Grund für die ärztliche Überweisung nicht zur Verfügung standen

Ärzte eine medizinische Untersuchung anordneten, die unnötig war, da solch eine Untersuchung bereits durchgeführt wurde

die vom Arzt empfohlene Behandlung nur wenig oder gar keinen gesundheitlichen Nutzen hatte

mindestens eines der drei Probleme Beim Verlassen des Krankenhauses …*2

gab es keine klaren Anweisungen zu Symptomen und wann eine Nachbehandlung nötig war wusste Patient nicht, an wen er sich bei Fragen zu Krankheit oder Behandlung wenden konnte

erhielt Patient keinen schriftlichen Plan mit Informationen zur Versorgung nach der Entlassung traf das Krankenhaus keine Vorkehrungen für Nachbehandlungen bei einem Hausarzt oder ei- ner anderen medizinischen Fachkraft

mindestens einer der vier Aspekte

Wurden beim Verlassen des Krankenhauses neue rezeptpflichtige Medikamente verschrieben?

ja

Wurde darüber gesprochen, wie mit den Medikamenten umgegangen werden sollte, die vor dem Krankenhausaufenthalt eingenommen wurden?

nein

wurde nach der Entlassung aufgrund von Komplikationen erneut in ein Krankenhaus eingewiesen oder musste zur Notaufnahme

D

1 7 45 47 33

33 17

13 18 24 37

29 11 42 39 63

30

20 9

AUS

2 10 50 37 26

20 15

15 12 20 32

23 17 40 37 60

46

30 12

CAN

3 15 49 29 29

17 16

18 10 21 34

19 12 31 33 53

54

33 15

F

3 15 52 28 22

29 9

15 11 35 46

35 18 41 41 70

37

34 6

NL

2 14 56 28 20

17 14

9 4 15 24

21 12 36 23 52

29

30 13

NZ

2 19 49 29 25

12 16

18 11 18 31

25 18 33 35 55

48

36 11

UK

3 15 49 30 20

15 14

15 8 16 28

27 19 34 30 54

51

29 12

USA

3 14 45 35 35

22 21

23 19 26 43

12 8 10 28 37

64

29 17

(7)

sierten medizinischen Versorgung oft oder manch- mal Zeit verschwendet wurde. Das war häufiger als in den anderen Ländern, bis auf die USA (35 %). Ta- belle 6 enthält auch Angaben zu Aspekten der Be- handlung im Krankenhaus.

Medikamente und Patientensicherheit

Deutsche Patienten nahmen im Mittel 2,5 verschie- dene Medikamente ein, in den übrigen Ländern reichte die Spanne der Mittelwerte von 2,2 bis 3,5 (eTabelle 5).

12 % der deutschen Befragten gaben an, dass Be- handlungsfehler aufgetreten seien, in Frankreich (9 %), den Niederlanden (8 %) und Großbritannien (10 %) lag die Rate etwas niedriger. Die ergänzende eTabelle 5 enthält auch Angaben zu Fehlern im Um- gang mit Medikamenten und diagnostischen Unter- suchungen.

Diskussion

Diese Befragung von schwerer Erkrankten bestätigt, dass sich auch im Jahr 2008 die Erfahrungen und Zu- friedenheit der Patienten mit ihrem Gesundheitswe- sen international stark unterschieden haben. In je- dem Land gibt es Aspekte, die verbesserungswürdig erscheinen. Zudem gibt es in allen Ländern einen be- deutsamen Anteil unzufriedener Personen, der ge- ringste Anteil findet sich in den Niederlanden und dem Vereinigten Königreich.

Im Vergleich zur Umfrage im Jahr 2005 (11) fällt die generelle Zufriedenheit mit dem Gesundheitswe- sen in Deutschland numerisch etwas positiver aus.

Es lässt sich aber nicht sicher beurteilen, ob dieser Unterschied auf einer veränderten Zusammenset- zung der Stichprobe oder einem echten Trend zu ei- ner höheren Zufriedenheit beruht.

Trotzdem wiederholte sich schon die im Jahr 2005 gemachte Beobachtung, dass deutsche Patienten in ihrer subjektiven Einschätzung sowohl des deut- schen Gesundheitssystems allgemein wie auch der Qualität der eigenen medizinischen Versorgung nicht so zufrieden waren wie die Befragten in den meisten anderen Nationen. Obwohl 87 % der Befragten in Deutschland die Qualität mindestens gut fanden, wünschte sich doch eine Mehrheit zumindest grund- sätzliche Umstellungen. Diese Diskrepanz wurde auch 2005 schon beobachtet. Es kann aus diesen Da- ten jedoch nicht abgeleitet werden, dass die Behand- lungsergebnisse in Deutschland tatsächlich schlech- ter waren.

Möglich ist, dass Patienten in Deutschland kriti- scher sind oder höhere Erwartungen haben als Pa- tienten in den anderen Ländern. Es ist ein bekanntes soziologisches Phänomen, dass objektiv gute Le- bensbedingungen subjektiv als schlecht wahrgenom- men werden können („Unzufriedenheitsdilemma“

oder „Zufriedenheitsparadox“) (16). Maßgeblich für die Zufriedenheit ist demnach nicht allein die Reali- tät der Gesundheitsversorgung, sondern das An- spruchsniveau, an dem die Realität gemessen wird.

Möglicherweise neigen gerade Deutsche dazu, eher negativere Bewertungen abzugeben. Jürges (17) hat die Selbsteinschätzung der Gesundheit in ver- schiedenen europäischen Ländern mit der Häufigkeit der Angaben von Gesundheitsstörungen verglichen.

Dabei zeigte sich, dass die deutschen Befragten im Vergleich zum europäischen Durchschnitt dazu ten- dierten, die eigene Gesundheit bei gleicher Häufig- keit und Schwere von Erkrankungen schlechter zu bewerten. Internationale Vergleiche, die solche na- tionalen Unterschiede im Antwortverhalten nicht be- achten, können deshalb zu Fehlurteilen führen.

Ein Einzelaspekt, in dem sich Deutschland inter- national heraushebt, ist, dass fast die Hälfte der Be- fragten angab, von mehr als vier Ärzten betreut wor- den zu sein. Damit liegt die Behandlung in vielen Händen, die Koordination ist schwieriger. Ein Er- gebnis dieser Umfrage ist, dass Patienten in Deutschland häufiger über bestimmte Koordinati- onsprobleme berichtet haben.

Eine Stärke dieser Befragung ist, dass in den Län- dern gleichzeitig ein einheitlicher Fragenkatalog ein- gesetzt wurde. Die Autoren gehen deshalb davon aus, dass die Umfrage zuverlässig existierende Un- terschiede der Wahrnehmung in den verschiedenen teilnehmenden Ländern aufzeigt. Die Häufigkeiten der Krankheiten waren zwischen den Ländern ver- schieden, wobei die Gründe dafür unklar sind. Die Unterschiede in der Häufigkeit der Krankheiten kön- nen auch dazu führen, dass unterschiedliche Erfah- rungen in den Ländern durch Unterschiede der Ver- sorgung in medizinischen Fachgebieten mitbegrün- det sind.

Eine Limitierung von Befragungen dieser Art ist, dass sie international zunehmend auf Probleme sto- ßen, hohe Rücklaufquoten zu erreichen. Mit einer Antwortrate von 31 % lag die Beteiligung in Deutschland in einem Bereich, der für solche Umfra- gen üblich ist. Welche inhaltlichen Konsequenzen ei- ne eher niedrige Rücklaufrate hat, ist Gegenstand ei- ner breiten Diskussion (12–15, 18). Eine niedrige Rücklaufrate bedeutet nicht zwangsläufig, dass die Ergebnisse einer Befragung grob verzerrt sind.

Eine weitere Limitierung dieser Befragung ist, dass die subjektiven Einschätzungen der Befragten objektiv nicht verifiziert werden können.

Schlussfolgerungen zu kausalen Zusammenhän- gen lassen sich aus Umfragen dieser Art kaum ablei- ten. Die Daten geben aber nach der Meinung der Au- toren die Sicht von Patienten auf das deutsche Ge- sundheitswesen ausreichend zuverlässig wieder. Vor diesem Hintergrund halten die Autoren diese Umfra- ge für einen wertvollen Beitrag zur aktuellen deut- schen Diskussion, weil sie die Einschätzung der Stärken und Schwächen des deutschen Gesundheits- wesens in einen internationalen Maßstab einbettet.

Die konkreten Erfahrungen der Patienten zeigen, dass einiges verbessert werden kann, sie stellen aber insgesamt das deutsche Gesundheitssystem nicht in Frage.

(8)

Interessenkonflikt

Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.

Manuskriptdaten

eingereicht: 29. 6. 2009, revidierte Fassung angenommen: 5. 11. 2009.

LITERATUR

1. Blendon RJ, Schoen C, DesRoches C, Osborn R, Zapert K: Common concerns amid diverse systems: health care experiences in five countries. Health Aff (Millwood) 2003; 22: 106–21.

2. Blendon RJ, Schoen C, DesRoches CM, Osborn R, Scoles KL, Za- pert K: Inequities in health care: a five-country survey. Health Aff (Millwood) 2002; 21: 182–91.

3. Blendon RJ, Schoen C, Donelan K, et al.: Physicians' views on qua- lity of care: a five-country comparison. Health Aff (Millwood) 2001;

20: 233–43.

4. Schoen C, Davis K, Collins SR: Building blocks for reform: achieving universal coverage with private and public group health insurance.

Health Aff (Millwood) 2008; 27: 646–57.

5. Schoen C, Osborn R, Doty MM, Bishop M, Peugh J, Murukutla N:

Toward higher-performance health systems: adults' health care ex- periences in seven countries, 2007. Health Aff (Millwood) 2007; 26:

717–34.

6. Schoen C, Osborn R, How SK, Doty MM, Peugh J: In chronic condi- tion: experiences of patients with complex health care needs, in eight countries, 2008. Health Aff (Millwood) 2009; 28: 1–16.

7. Schoen C, Osborn R, Huynh PT, Doty M, Davis K, Zapert K, et al.:

Primary care and health system performance: adults’ experiences in five countries. Health Aff (Millwood) 2004; Suppl Web Exclusives:

w4–487–503.

8. Schoen C, Osborn R, Huynh PT, Doty M, Peugh J, Zapert K: On the front lines of care: primary care doctors’ office systems, experi- ences, and views in seven countries. Health Aff (Millwood) 2006;

25(6): w555–571.

9. Schoen C, Osborn R, Huynh PT, et al.: Taking the pulse of health care systems: experiences of patients with health problems in six countries. Health Aff (Millwood) 2005; Suppl Web Exclusives:

W5–509–525.

10. Koch K, Gehrmann U, Sawicki PT: Primärärztliche Versorgung in Deutschland im internationalen Vergleich: Ergebnisse einer struktur- validierten Ärztebefragung. Dtsch Arztebl 2007; 104(38): 2584–91.

11. Sawicki PT: Quality of health care in Germany. A six-country compa- rison. Med Klin 2005; 100: 755–68.

12. Olson K: Survey participation, nonresponse bias, measurement er- ror bias, and total bias. Public Opin Q 2006; 70: 737–58.

13. Singer E: Introduction: nonresponse bias in household surveys. Pu- blic Opin Q 2006; 70: 637–45.

14. Keeter S, Kennedy C, Dimock M, Best J, Craighill P: Gauging the impact of growing nonresponse on estimates from a national RDD telephone survey. Public Opin Q 2006; 70: 759–79.

15. Groves RM, Peytcheva E: The impact of nonresponse rates on non- response bias: a metaanalysis. Public Opin Q 2008; 72: 167–89.

16. Zapf W: Lebensbedingungen und wahrgenommene Wohlfahrt. In:

Glatzer W ZW (Ed.): Lebensqualität in der Bundesrepublik. Objektive Lebensbedingungen und subjektives Wohlbefinden. Frankfurt/Main, New York: Campus 1984: 23–6.

17. Jurges H: True health vs response styles: exploring cross-country differences in self-reported health. Health Econ 2007; 16: 163–78.

18. Abraham KG, Maitland A, Bianchi SM: Nonresponse in the american time use survey: who is missing from the data and how much does it matter? Public Opin Q 2006; 70: 676–703.

Anschrift für die Verfasser Dr. rer. medic. Klaus Koch

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) Dillenburger Straße 27

51105 Köln E-Mail: koch@iqwig.de

SUMMARY

The German Health Care System in International Comparison—A Patient Perspective

Background: International health care systems of industrial countries show great differences in organization and financing. During 2008 the Commonwealth Fund interviewed severely ill patients from eight coun- tries to compare aspects of quality of health care.

Methods: In total, 9633 randomly selected patients from Australia, Ca- nada, France, Germany, The Netherlands, New Zealand, United King- dom, and the USA were recruited for structured interviews. All partici- pants were adults who reported being in poor health, having a serious illness or disability, having been hospitalized, or having had major sur- gery in the past two years.

Results: In total, only 34% of participants in Germany rated the quality of their health care as „excellent“ or „very good“. This fraction was lar- ger in the other countries (up to 66%). Severely ill patients in Germany consulted more physicians. Problems with coordination were reported by all countries, in particular concerning the communication between specialist/general practitioner, hospital/general practitioner and the flow of information to the patients.

Conclusion: Although severly ill patients report similar experiences and problems with coordination their satisfaction with health care differs in- ternationally. Compared to a similar survey in 2005 the general satis- faction of severely ill patients with health care in Germany has impro- ved.

Zitierweise: Dtsch Arztebl Int 2010; 107(24): 427–34 DOI: 10.3238/arztebl.2010.0427

@

The English version of this article is available online:

www.aerzteblatt-international.de eSupplement unter:

www.aerzteblatt.de/10m0427 KERNAUSSAGEN

In die Versorgung schwerer Erkrankter sind in Deutsch- land mehr Ärzte eingebunden als in anderen Ländern.

Probleme der Koordination werden in allen Ländern re- gelmäßig berichtet, insbesondere beim Austausch zwi- schen Facharzt/Hausarzt, Krankenhaus/Hausarzt und bei der Information von Patienten.

Trotz ähnlicher Erfahrungen und ähnlicher Koordinati- onsprobleme ist die Zufriedenheit mit dem Gesund- heitswesen international stark unterschiedlich.

In Deutschland bewerten nur 34 % der Befragten die Qualität der Versorgung als „ausgezeichnet“ oder „sehr gut“. In anderen Ländern war dieser Anteil höher (bis zu 66 %).

50 % der deutschen Befragten halten grundlegende Än- derungen am Gesundheitssystem für notwendig, 25 % sind für eine komplette Reformierung.

(9)

eTABELLE 1

Demographische Basisdaten der Befragten in Deutschland

*1 niedrig: höchstens Fachhochschulreife; mittel: höchstens Abschluss einer Fachschule oder Berufsfachschule; hoch: Abschluss an einer Fachhochschule oder Universität;

*2 fehlend auf 100: unsicher oder keine Angabe N

in % Geschlecht männlich weiblich Alter 18 – 24 25 – 34 35 – 49 50 – 64 65 und älter Bildung*1*2 niedrig mittel hoch Bundesland Baden-Württemberg Bayern

Berlin Brandenburg Bremen Hamburg Hessen

Mecklenburg-Vorpommern Niedersachsen Nordrhein-Westfalen Rheinland-Pfalz Saarland Sachsen Sachsen-Anhalt Schleswig-Holstein Thüringen

Ausgangsstichprobe ungewichtet

3 192

40 60

7 13 30 26 24

63 21 14

13 15 5 3 1 2 7 2 9 21 5 1 6 4 3 3

gewichtet 3 164

48 53

13 21 26 22 19

50 23 26

13 15 4 3 1 2 7 2 10 22 5 1 5 3 3 3

Schwerer Erkrankte ungewichtet 1 201

37 63

4 7 23 30 37

68 18 12

13 15 6 3 1 1 9 3 8 19 4 2 7 4 2 3

gewichtet 1 077

44 56

7 12 22 27 32

54 20 24

13 14 5 3 1 1 9 3 8 20 4 1 7 4 3 4

ORIGINALARABEIT

Das deutsche

Gesundheitswesen im internationalen Vergleich

Die Perspektive der Patienten Klaus Koch,

Christoph Schürmann, Peter Sawicki

(10)

eTABELLE 2

Häufigkeit von sieben chronischen Erkrankungen bei schwerer erkrankten Teilnehmern

*1 COPD, chronisch obstruktive Lungenerkrankung Land

Zahl der Befragten (gewichtet) in % arterielle Hypertonie Herzkrankheiten Diabetes mellitus Arthritis/Arthrose Depression, Angst- zustände oder andere psychische Probleme Asthma, COPD*1 oder andere chronische Lungenerkrankung Krebs

hat mindestens eine der sieben chronischen Erkrankungen hat zwei oder mehr chronische Erkankungen (von sieben)

D 1 077

41

22 15 15 15

11

10 68

38 AUS 737

30

15 13 36 30

23

11 74

46 CAN 2 608

32

13 17 33 26

20

11 72

45 F 1 213

32

14 12 12 34

15

10 67

35 NL 928

34

16 13 19 16

15

9 66

36 NZ 756

25

13 10 20 17

20

14 64

32 UK 1 103

37

14 11 35 25

18

9 75

45 USA 1 211

43

14 21 38 31

22

13 78

55

(11)

eTABELLE 3

Zusätzliche finanzielle Belastungen und Konsequenzen*1

*1 nur Ausgaben, die nicht von der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung gedeckt wurden, ermittelt 2008 Land

in %

Ausgaben in den letzten zwölf Monaten aus eigener Tasche für medizinische Behandlungen und Leistungen

0 $ 1 bis $100 101 bis $ 1 000 mehr als $1 000 nicht sicher/

Antwort verweigert

Hat in den letzten zwei Jahren aus Kostengründen einmal … ein Rezept für ein

Medikament nicht abgeholt oder Do- sen übersprungen ein medizinisches Problem gehabt und dennoch kei- nen Arzt aufgesucht eine medizinische Untersuchung, Behandlung oder eine von einem Arzt empfohlene Nachbehandlung verpasst oder nicht durchführen lassen mindestens ein solcher Verzicht

D

8 10 57 12 13

13

16

14

28 AUS

12 9 34 27 19

18

21

23

35 CAN

24 13 33 17 12

16

9

10

23 F

17 11 25 5 42

12

10

11

21 NL

33 8 37 8 14

3

2

3

6 NZ

10 15 39 11 15

16

20

17

29 UK

63 7 11 5 9

8

4

6

14 USA

9 5 31 39 16

39

34

36

52

eTABELLE 4

Aspekte der Arzt-Patienten-Kommunikation

*1 Basis: hat Hausarzt oder Hauspraxis Land

in %

Der behandelnde Arzt hat ...

die wichtigsten Ziele beziehungsweise Prioritäten besprochen einen schriftlichen Plan gegeben, damit Patienten sich zu Hause besser selbst helfen können

nach dem Besuch Kontakt aufgenommen, um zu sehen, wie der Patient zurechtkommt

ja zu allen drei Aspekten

Der Arzt hat eine (spezialisierte) Krankenschwester/-pfleger, die/der regelmäßig an der Behandlung beteiligt ist

dazu gehört auch telefonische Unterstützung oder Beratung Hausarzt ermutigt „immer“, Fragen zu stellen*1

die zur Verfügung stehenden Behandlungsmethoden werden „immer“

erläutert und Patient wird in die Entscheidung mit einbezogen erhält „immer“ klare Anweisungen, welche Symptome beachtet werden müssen und wann eine weitere Versorgung nötig ist

D

64 31 21

10 13

28 41 56 60

AUS

60 42 30

16 18

38 52 58 60

CAN

65 47 36

23 22

49 53 56 57

F

51 34 27

10 26

24 39 42 46

NL

51 35 27

13 29

39 40 61 59

NZ

58 43 35

20 33

37 54 60 65

UK

50 35 29

16 48

37 45 48 50

USA

74 66 49

36 33

48 56 51 59

(12)

eTABELLE 5

Arzneimittel und Sicherheit

*1 Basis: Befragte, die regelmäßig Arzneimittel einnehmen in %

Einnahme verschreibungspflichtiger Arzneimittel Befragter nimmt mindestens ein verschreibungspflichtiges Medikament regelmäßig oder fortwährend ein

kein Medikament vier und mehr Mittelwert

Ärzte oder Apotheker haben in den letzten zwei Jahren immer über alle Medikamente gesprochen, die Befragter einnahm*1 oft

manchmal, selten oder niemals Behandlungsfehler

Befragter war der Meinung, dass in den vergangenen zwei Jahren ein Behandlungsfehler gemacht wurde

falsches Medikament oder falsche Dosierung wurde gegeben einer oder beide Fehler

Fehler mit Labortests

Befragter hat in den letzten zwei Jahren falsche Ergebnisse einer diagnostischen Untersuchung oder eines Labortests erhalten Befragter hat in den letzten zwei Jahren auffällige Untersuchungs- ergebnisse verspätet erhalten

einer oder beide Fehler Irgendein medizinischer Fehler

Fehler hat zu „sehr“ oder „ziemlich“ schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen geführt

D

73

26 27 2,5 30

20 48

12

6 16

4 4

7 19 39

AUS

68

31 26 2,4 34

20 42

16

12 21

6 12

17 28 36

CAN

69

28 31 2,9 39

18 40

14

9 18

5 11

14 26 38

F

69

26 29 2,8 19

9 67

9

8 14

3 5

8 18 34

NL

68

32 27 2,4 23

11 64

8

6 13

1 6

6 16 42

NZ

57

42 24 2,2 33

13 50

14

10 18

3 10

11 23 37

UK

73

26 40 3,3 26

22 49

10

8 15

4 10

13 22 35

USA

73

25 38 3,5 38

20 41

16

13 22

6 15

19 32 39

(13)

ORIGINALARABEIT

Das deutsche Gesundheitswesen im internationalen Vergleich

Die Perspektive der Patienten

Klaus Koch, Christoph Schürmann, Peter Sawicki

Zusammensetzung der Stichprobe

Die vollständige Telefondatenbank bestand aus 13 266 zu- fällig generierten Telefonnummern. 3 090 dieser Nummern waren ohne Anschluss, bei weiteren 1 774 blieb unklar, ob es sich um einen Privathaushalt handelte. Daraus ergab sich eine Stichprobe von 8 402 Haushalten/Personen. Von diesen haben 5 210 die Teilnahme verweigert oder waren nicht er- reichbar. Mit 3 192 Personen (ungewichtete Ausgangsstich- probe) konnten Interviews zum Einschluss in die Befragung geführt werden. Zur Berechnung der Antwortquote wurde ein Anteil der Haushalte, bei denen unklar geblieben war, ob es sich um Privathaushalte handelte, als Nonresponder ge- wertet. Insgesamt ergibt sich bezogen auf die so abgeschätz- te einzuschließende Population eine Teilnahmerate von 31 %.

Von den 3 192 in Deutschland befragten Personen erfüll- ten 1 320 (41 %) die Einschlusskriterien für schwerer er- krankte Patienten. Von diesen 1 320 Personen haben 1 201 an der kompletten Umfrage teilgenommen.

Charakteristika der Befragten und Gewichtung Im Vergleich zum Durchschnitt der Bevölkerung wies die Ausgangsstichprobe in allen Ländern einen höheren Anteil Frauen und einen höheren Anteil älterer Personen auf. In Deutschland gab es zudem einen höheren Anteil von Perso- nen mit niedrigerer Bildung, während in den meisten anderen Nationen eher Personen mit höherer Bildung überrepräsen- tiert waren. Um Effekte durch diese Abweichungen vom Durchschnitt zu minimieren, wurde die Ausgangsstichprobe des jeweiligen Landes durch Gewichtung adjustiert. Die Ge- wichtung erfolgte über ein iteratives Verfahren („rim weighting”).

Dadurch veränderte sich auch die Zusammensetzung der Basisstichprobe der schwerer erkrankten Patienten. Letztlich ergab sich in Deutschland eine gewichtete Population von 1 077 Männern und Frauen. Alle Auswertungen in der vorlie- genden Arbeit beziehen sich auf diese gewichtete „Ba- sis“-Population, soweit nicht anders angegeben. eTabelle 1 zeigt demografische Charakteristika der deutschen Basis- stichprobe vor und nach Gewichtung.

Nach der Gewichtung lag in der Basisstichprobe in allen Ländern der Anteil der Frauen bei 51 % bis 57 % der Befrag- ten, in Deutschland betrug der Anteil 56 %. 44 % bis 62 % der Befragten waren älter als 50 Jahre, in Deutschland waren es 59 %.

Gesundheitsprobleme der Befragten

Die Umfrage zielte auf Personen, die in den letzten zwei Jah- ren entweder regelmäßig auf Kontakte mit dem Gesundheits- system angewiesen waren oder wegen einer schweren Er- krankung eine Behandlung benötigten. eTabelle 2 listet die Häufigkeit von chronischen Erkrankungen auf.

Befragt wurden im Jahr 2008 wie schon im Jahr 2005 Er- wachsene, die das 18. Lebensjahr vollendet hatten und die angaben, einen „weniger guten“ oder „schlechten“ Gesund- heitszustand zu haben, an einer chronischen Erkrankung oder Behinderung zu leiden und/oder in den letzten zwei Jahren stationär behandelt worden zu sein, beziehungsweise sich ei- ner schweren Operation unterzogen zu haben. Damit zielte die Untersuchung auf eine Gruppe, die in besonderem Maße auf Gesundheitsleistungen angewiesen war.

Ergänzende Ergebnisse zu den Aspekten Kostenbelastun- gen, Arzt-Patienten-Kommunikation und Umgang mit Arz- neimitteln liefern eTabelle 3, eTabelle 4 und eTabelle 5.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Bekannt für seinen Aufstieg in der dritten Serie von Mam Talent, welches er gewann.. April 1971 in Breslau

Die Knappheit im Gesundheitssektor steigt allein dadurch an, dass der medizinische Fortschritt neue Möglichkeiten eröffnet, die wir uns nicht ungehindert leisten können, dass eine

Nach Konzerten in Deutschland, Italien, Belgien, Frankreich und Polen laufen nun die Planungen auf vollen Touren für unser neues Benefizkonzertprojekt im September 2021.. Wir

Kentenich berichtete, dass zehn Prozent der befragten türkischen Frauen nicht zur Schule gegangen sei- en und 40 Prozent keinen Abschluss hatten.. Die Verteilung der

Ein Grund für die relativ hohe subjektive Unzufrie- denheit der deutschen Ärzte könnte darin liegen, dass das deutsche Gesundheitssystem seit Jahren durch Reformen umgestaltet

Zwei Drittel aller Befragten schätzen ein, dass die nächstgelegene Apotheke weniger als zwei Kilometer und ein Fünftel, dass sie 2 bis 5 Kilometer von ihnen entfernt ist.. Nur

Für mehr als die Hälfte der schlechten Performer haben sich die Erwartungen an das CI jedoch nicht oder nur teilweise erfüllt. Hier gilt es, in Zukunft im

Nur acht Prozent der Bevölke- rung gingen das ganze Jahr über kein einziges Mal zum Arzt, vor al- lem Männer im Alter zwischen 20 und 44 Jahren.. Junge Männer zwi- schen 20 und