V A R I A
A
A1698 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 24⏐⏐16. Juni 2006
W
ir machen doch schon lange Risikomanage- ment“ – so oder ähnlich lauten die Antworten, wenn hinterfragt wird, was deutsche Krankenhäuser in puncto Pati- entensicherheit unternehmen.Häufig existieren Qualitätszir- kel und Teams, die sich treffen, um „Risiko-Projekte“ zu be- sprechen – messbar sind diese Aktivitäten allerdings in der Regel nicht. Kommt es tatsäch- lich zu einem Zwischenfall in einer Klinik, ist die Aufregung deshalb sehr groß – und das nicht nur im Falle eines grob fahrlässigen Fehlers.
Dabei lastet die Verantwor- tung neuerdings schwerer auf den Schultern der Ärztinnen und Ärzte, des Fach- und des Pflegepersonals. Denn mit der Umstellung des Bundesange- stelltentarifvertrags auf den Tarifvertrag für den öffentli- chen Dienst zum 1. Oktober 2005 haftet der Arbeitgeber nur noch für die Haftpflicht- schäden der leichten Fahrläs- sigkeit. Dies hat zur Folge, dass die mittlere und grobe Fahrlässigkeit nun durch den Einzelnen verantwortet wer- den muss.Welche Tatbestände nun beispielsweise einer mitt- leren Fahrlässigkeit zugeord- net werden, liegt im Ermessen des Richters, so das Ergebnis einer Nachfrage bei einem großen Versicherungsunter- nehmen für Ärzte.
Entwicklungen dieser Art machen deutlich, wie brisant das Thema Risikoprävention in der medizinischen Leistungs- erbringung ist. Die Konse- quenz daraus sollte die Ein- führung eines ganzheitlichen, klinischen Risikomanagements sein.
Verantwortliche im Risiko- management (RM) müssen be- nannt und mit weit reichen- den Kompetenzen ausgestat- tet werden, sonst könnte man von einer bewussten Gefähr- dung des Unternehmens aus- gehen. Dabei schafft die sinn- volle Verknüpfung des Qua- litätsmanagements mit dem Klinischen RM mehr Sicher- heit – für die Klinik, die Mit- arbeiter und die Patienten.
Am Beispiel des PDCA- Zyklus (PDCA = Plan, Do,
Check,Act) als Management- modell lässt sich die Ein- führung eines Risikomanage- ment-Systems übersichtlich darstellen. Ziel einer moder- nen Klinik muss es sein, ein strategisches Risikomanage- ment-System in der Organisa- tion zu verankern, bei gleich- zeitiger Definition von erreich- baren Qualitätszielen.
Plan. Ist das Qualitätsma- nagement (QM) der Klinik beispielsweise nach KTQ oder DIN EN ISO zertifiziert, kann aufgrund dieses abteilungs- übergreifenden Systems auf bereits vorhandene Struktu- ren aufgebaut werden. In die- sem Fall kann das Quali- tätsmanagement mit den An- forderungen des RM sinnvoll vernetzt werden. Besser und effizienter ist es allerdings, wenn beides gleichzeitig be- arbeitet wird.
Bei einer kombinierten Ein- führung von QM und RM
> befassen sich die Mitar- beiter nicht mit zwei aufein- ander folgenden Projekten, sondern nur mit einem zen- tralen Projekt, was Zeit spart,
> müssen administrative Aufgaben nicht mehrmals er- ledigt werden, sondern kön- nen sinnvoll kombiniert wer- den und
> wird das Budget nicht zweimal belastet.
Do. Der Planungsphase folgt die zielgenaue Analyse der Ist-Situation eines Fach- bereiches oder der Hochrisi- kobereiche. Alle involvierten Personen werden von Beginn
an in die Risikoanalyse ein- gebunden und über das Ziel, die Vorgehensweise, das Pro- jekt und dessen Verlauf infor- miert. Dies erhöht die Moti- vation, den Change-Manage- ment-Prozess in Richtung Ri- sikokultur mitzutragen. Mit diesem Vorgehen wird deut- lich, dass es im Projektverlauf nicht darum geht, persönliche Schwachstellen aufzuzeigen („culture of blame“). Es geht vielmehr um eine proaktive Auseinandersetzung mit den klinikinternen, möglicherwei- se risikobehafteten Abläufen oder Schnittstellen.
Mit den Ergebnissen der Risikoanalyse beginnt die Er- stellung einer „Risikocheck- liste“ zur praxisorientierten, raschen Risikobewältigung.
Die Ergebnisse der Risiko- analyse bilden die Basis für diesen wichtigen Schritt zur Einleitung einer Risikopro- zessoptimierung (RPO). Ri- siken erfolgreich zu bewälti- gen ist keine einfache Aufga- be. Denn die betrieblichen Abläufe dürfen nicht nachtei- lig belastet werden. Im näch- sten Schritt müssen die ver- antwortlichen Personen durch Schulungen mit methodischer Kompetenz ausgestattet wer- den, um Risikomanagement- aktivitäten, wie zum Beispiel die Modifikation des Auf- klärungsprozederes, in den Klinikalltag flächendeckend zu integrieren.
Check. Nach Abschluss die- ser Risikoprozessoptimierung muss eine Evaluierung der durchgeführten Projekte er- folgen, um sicherzustellen, dass alle Optimierungen von den Mitarbeitern berücksich- tigt werden.
Act. In der Act-Phase wer- den aus den vielfältigen Daten und Fakten konkrete Schlüsse gezogen, neue Ziele definiert und neue Aktivitäten imple- mentiert, um unter anderem sicherzustellen, dass das wich- tige Thema Klinisches RM langfristig im Betrieb und in den Köpfen verankert wird.
Nur so wird es erfolgreich ge- lingen, eine sich selbst tragen- de betrieblich-kulturelle Ver- änderung herbeizuführen.
Dipl. oec. med. Dieter Warnecke
Krankenhäuser
Risikokultur schaffen
Die Einführung eines Risikomanagements im Klinikalltag – wie es wirklich funktioniert und so zum ökonomischen Erfolg führt.
Wirtschaft
Prozess der Einführung
eines Klinischen Risikomanagement-Systems
Installation eines sich selbst tragenden kontinuierlichen Risikomanage- ment-Systems
Strategie
Risikomanagement/Qualitätsmanagement
Evaluierung
Risikoanalyse + Risikoprozess- optimierung Qualifizierung/
Ausbildung der Mitarbeiter
Ausbildung zum Qualifizierten Klinischen Risikomanager Ein Kooperationsprojekt zwischen der C C W Akademie der Clinical Consulting Warnecke in Lage , dem Österreichischen Normungsinstitut in Wien sowie der Euro Risk in Zürich bietet die Ausbildung zum
„Qualifizierten Klinischen Risi- komanager nach ONR 49003“. Ne- ben einem juristischen Teil lernen die Teilnehmer in Workshops, Risi- koszenarien zu bewältigen und Lö- sungen im Team zu erarbeiten. Mehr Informationen dazu gibt es im Internet: www.qrm-consulting.de/
CCW_Akademie/Risikomanager