Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 109|
Heft 4|
27. Januar 2012 A 165 BÖRSEBIUSUnnötiger Anlagenotstand
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a, wo gibt’s denn so was? Nun müssen die Anleger sogar Ne- gativrenditen in Kauf nehmen, wenn sie ganz sicher gehen wollen, dass mit ihrem Geld nichts Arges passiert. So geschehen bei der jüngsten Auktion der Finanzagentur des Bundes. Trotzdem wurden der Bundesrepublik Deutschland ihre kurzfristig laufenden Papiere aus den Händen gerissen – so riesen- groß war die Nachfrage nach erst- klassigen Triple-A-Papieren, made in Germany. Und es steht zu vermu- ten, dass nach der HerabstufungFrankreichs die deutschen Negativ- renditen noch höher werden. So weit ist es also gekommen, Geld bringen und weniger Geld zurück- bekommen, von der gefräßigen In- flation gar nicht zu sprechen. Scha- de nur, in dem Zusammenhang, dass es keine negative Zinsab- schlagsteuer gibt.
Ist doch klar, dass aus alledem für den Anleger ein veritabler Anla- genotstand folgt. Die Gefahr, siche- re Papiere nicht zu kaufen, weil sie einfach nichts abwerfen und sich dafür hochriskanten höher verzins- lichen Produkten oder windigen Modellen zuzuwenden, ist gegeben.
Nicht umsonst werden im Moment Griechenland-Bonds von vielen wie verrückt gekauft, weil deren Rendi- ten genauso irre sind wie die An- nahme, das fände ein gutes Ende.
Verzweiflung ist gleichwohl nicht angebracht, der Anlagenotstand im Grund unnötig. Wer sich am Aktien- markt umschaut, stößt schnell auf ei-
nige Titel, die an der Börse deutlich unter ihrem eigenen Wert gehandelt werden. Erkennen lässt sich das am sogenannten Kurs-Buchwert-Ver- hältnis (KBV). Ist diese Kennzahl kleiner als eins, heißt das, die Börse
„bezahlt“ für das Unternehmen we- niger als seinen tatsächlichen Wert (Vermögen minus Schulden). Zu meinen Favoriten zähle ich hier die Allianz, die Münchener Rück, Infi- neon und vor allem die Deutsche Post – die Metro und Heidelberger Cement vielleicht auch noch.
Die Buchwertbetrachtung (je niedriger das KBV ist, desto größer ist das Potenzial der Aktie) ist aller- dings auch mit Vorsicht zu genie- ßen. Die Commerzbank etwa glänzt mit einem Kurs-Buchwert-Verhält- nis von gut 0,3 und wird damit also nur mit rund einem Drittel seines Eigenkapitals bewertet. Da ist das Ausfallrisiko einfach zu hoch. Ge- nerell scheint mir das KBV aber doch ein ganz gutes Auswahlkriteri- um zu sein. Ausnahmen (Commerz- bank, Pfleiderer) bestätigen bloß die Regel. Langfristig macht sich diese Strategie aber sicher bezahlt.
So kann ein wenig Mut reich be-
lohnt werden.
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