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Archiv "Schwere Nebenwirkungen durch Mesna bei der Behandlung von Vaskulitiden" (30.05.1991)

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DEUTSCHES

LM; fei ;I IH 111

ÄRZTEBLATT 1-

Julia Mohr,

Wolfgang L. Gross und Enno Christophers

rei kürzlich beobachtete Fälle mit schweren aller- gischen Nebenwirkungen bei der Behandlung syste- mischer Vaskulitiden sind Veranlas- sung, auf die weitgehend unbekann- te Reaktion auf Mesna hinzuweisen.

Diese Mitteilung erscheint uns um so wichtiger, als das Mesna-induzierte klinische Bild nicht nur weitgehend unbekannt, sondern auch mit einer Intensivierung der Grunderkran- kung verwechselt werden kann.

Klinik

Die erste von uns beobachtete Patientin — Diagnose: eine mikrosko- pische Polyarteriitis — hatte wegen der zunehmenden klinischen Aktivi- tät täglich Cyclophosphamid und Prednisolon nach dem FAUCI-Sche- ma (1) erhalten. Zur Reduktion der Urotoxizität durch Cyclophosphamid wurden Mesna Trinkampullen (Uro- mitexan®) verabreicht. Etwa nach drei Wochen, unterbrochen von ei- ner kurzen Therapiepause (passage- re Leukopenie), kam es bei erneuter Applikation in wenigen Stunden zu flammender Gesichtsrötung, einem Exanthem am gesamten Integument, Ulzerationen und Blasen an Mund- schleimhaut, Anus und Vulva, massi- ven wässrigen Diarrhöen, Fieber bis 40° C, Tachykardien und Transami- nasenerhöhungen. Trotz sofortiger Therapiepause erneut schwere Leu- kopenie (2000/R1). Unter hochdosier- ter Kortikosteroidmedikation all- mähliche Besserung des lebensbe-

drohlichen Krankheitsbildes. Die Epikutantestung mit Uromitexan®

(Trinkampullen und Ampullen zur parenteralen Applikation) zeigte un- ter Prednisolon 12 mg/d (!) eine schwere, ausgedehnte allergische Reaktion vom verzögerten Typ.

Der zweite Patient — eine Wege- nersche Granulomatose mit fulmi- nantem Verlauf — zeigte unter dem gleichen Therapieregime nach drei Wochen ebenfalls eine Leukopenie, die eine Therapiepause erzwang.

Die erneute Applikation von Cyclo- phosphamid und Mesna Trinkam- pullen führte auch hier innerhalb von sechs Stunden zu Fieber (39° C) und zu einer auch nach Temperatur- senkung anhaltenden Sinustachykar- die (120/Min.) sowie zu Blasenbil- dung, Rötung und ödematöser Schwellung des Gesichts, Erythem des gesamten Integuments, Mund- schleimhautulzerationen und zu ei- ner Konjunktivitis.

Unter Kortikosteroiden und An- tihistaminika (sowie Cyclophospha- mid, ohne Uromitexan® Begleitmedi- kation) folgenlose Abheilung der Veränderungen innerhalb von vier Wochen. Bei Re-Exposition mit 1 g Mesna oral kam es innerhalb von ei- ner Stunde zu einem Erythem am ganzen Körper und sichtbarem peri- orbitalen Ödem. Hochdosierte Kor- tikosteroide und Antihistaminika führten zu einer raschen Rückbil- dung der Veränderung. Auch hier zeigte die Epikutantestung mit Uro- mitexan® (Trinkampullen und Am- pullen zur parenteralen Applikation) eine schwere, ausgedehnte allergi- sche DTH-Reaktion.

Bei dem dritten Patienten — ei- ner Antimyeloperoxidase-Antikör- perpositiven mikroskopischen Poly- arteriitis — mußte ebenfalls nach zir- ka drei Wochen FAUCI-Schema und Mesna (oral) eine Therapiepause wegen einer Leukopenie (um 3000/i,t1) eingelegt werden. Bei Wie- deraufnahme des Behandlungssche- mas kam es innerhalb von acht Stun- den zum Auftreten eines juckenden, stammbetonten makulösen Exan- thems und Fieber (39° C). Die Re- Exposition mit Mesna Trinkampul- len führte innerhalb von zwei bis drei Stunden erneut zu Fieber und den geschilderten Effloreszenzen, diese Reaktion konnte durch hochdosier- te Prednisolon-Gaben abgeschwächt werden. Die Fortsetzung des FAU- CI-Schemas ohne Uromitexan® führ- te im Verlauf zu keinen weiteren Komplikationen.

E Schlußfolgerungen

Mesna (Natrium-2-Mercapto- ethansulfonat) wird zur Prophylaxe der sogenannten Cyclophosphamid- Cystitis eingesetzt. Cyclophosphamid ist unter anderem zentraler Bestand- teil des FAUCI-Schemas (1), dem führenden Behandlungsprinzip ne- krotisierender Vaskulitiden. Mesna wird zur Reduktion der Urotoxizität durch Abbauprodukte von Cyclo- phosphamid (Acrolein) in intravenö- ser und oraler Applikation einge- setzt (6). Bekannte leichtere Neben- wirkungen sind vor allem gastrointe- stinale Beschwerden (4, 7). Über schwerere Komplikationen wurde bislang nicht berichtet.

Berichtet wurde über klinisch leicht verlaufende Hautallergien vom verzögerten Typ (2) und urtika- rielle Reaktionen (5). Eine Arbeits- gruppe beschrieb aber auch eine stärkere Unverträglichkeitsreaktion mit Frösteln, Übelkeit, Schmerzen in den Extremitäten, ödematöser peri- orbitaler Schwellung, Konjunktivitis und ausgeprägtem makulopapulö- sem Exanthem (3). Bei unseren drei Patienten beobachteten wir schwer- wiegende Reaktionen (Fieber, Si- nustachykardie, abdominelle Sym- ptomatik, schwere blasenbildende

Schwere Nebenwirkungen durch Mesna

bei der Behandlung von Vaskulitiden

Dt. Ärztebl. 88, Heft 22, 30. Mai 1991 (51) A-1985

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Hauterscheinungen, Konjunktivitis).

Diese Symptome traten unter niedrig- dosierten Kortikosteroiden jeweils bei Zweitexposition mit Mesna nach Leukopenie-bedingter Therapiepau- se auf, bei den zwei Fällen mit spä- ter durchgeführter Epikutantestung zeigte sich eine schwere allergische Reaktion vom verzögerten Typ (Re- aktionstyp IV nach Gell & Coombs) auf die Mesna-Präparationen.

Unabhängig von den theoreti- schen Überlegungen zur Genese die- ser schweren Reaktionen ist die Kenntnis der unter Mesna auftreten- den Nebenwirkungen von besonde- rer klinischer Bedeutung: Die un- ter immunsuppressiver Behandlung (und Mesna-Applikation) aufgetre- tenen Symptome (Fieber, Nacht- schweiß, zum Teil temperaturunab- hängige Sinustachykardien, diffu- se abdominelle Symptomatik, Kon- junktivitis, Hauteffloreszenzen und Transaminasenerhöhungen) sind durchaus — insbesondere, wenn sie nur fragmentarisch imponieren — dif- ferentialdiagnostisch nicht so ohne weiteres von einem Rezidiv der Vas- kulitis abzutrennen. Während ein Rezidiv in aller Regel mit einem Anstieg der Leukozyten und des

ANCA-Titers einhergeht, traten die geschilderten Reaktionen jeweils un- ter niedrigen Leukozytenzahlen und bei unverändertem ANCA-Titer auf.

Demgegenüber hat der Re-Exposi- tionsversuch mit Uromitexan® Trink- ampullen die geschilderten Reaktio- nen — allerdings in abgeschwächter Form (Kortikosteroide (!) — reprodu- ziert.

Da schwere Unverträglichkeits- reaktionen auf Mesna bisher nicht publiziert wurden, wird dieses Prä- parat bei derartigen Symptomen zu- nächst nicht verdächtigt, während andere notwendige Medikamente eventuell abgesetzt werden. Deshalb muß vor möglicherweise schwerwie- genden Therapieentscheidungen ei- ne Auslösung der oben genannten Symptome durch Mesna differential- diagnostisch berücksichtigt werden.

Literatur

1. Fauci, A. S.: Haynes, D. F.; Katz, P.; Wolff, S. M.: Wegener's Granulomatosis: Prospec- tive clinical and therapeutic experience with 85 patients over 21 years. Ann. Intern. Med.

98 (1983) 76-85

2. Frosch, P. J.; Weickel, R.; Deboben, A.;

Hunstein, W.: Allergie vom Spättyp nach Mesna. DMW 49 (1986) 1901-2

3. Lang, E ; Goos, M.: Hypersensitivity to Mesna. Lancet (1985) 10:329

4. Luce, J. K.: Mesna. Background and clinical summary. Columbus. Adria Laboratories (1983)

5. Pratt, C. B.; Sandlund, J. T.; Meyer, W. H.;

Cain, A. M.: Mesnainduced urticaria. Drug Intelligence and Clinical Pharmacy 22 (1988) 914

6. Scheef, W.; Klein, H. 0.; Brock, N.; Bur- kert, H.; Günther, U.; Hoefer-Junker, H.;

Mitrenga, D.; Schnitger, J.; Voigtmann, R.:

Controlled clinical studies with an antidote against the urotoxicity of oxazaphosphori- nes: preliminary results. Cancer Treat. Rep.

63 (1979) 501-5

7. Schoenike, S. E.; Dana, W. J.: Isofosfamide and Mesna. Clin. Pharm. 9 (1990) 179-91

Anschrift für die Verfasser:

Prof. Dr. med. Wolfgang L. Gross Abteilung für

Klinische Rheumatologie an der Medizinischen Universität zu Lübeck und

Medizinische Krankenhausabteilung an der Rheumaklinik

Bad Bramstedt GmbH Oskar-Alexander-Straße 26 W-2357 Bad Bramstedt

Anmerkung der Redaktion: Die Firma ASTA Pharma AG hat mit Rote- Hand-Brief vom 18. April 1991 das Medikament Uromitexan® Trinkam- pullen vorläufig vom Markt genom-

men.

Fett-Ersatzstoffe:

Ein Vorgeschmack auf die Zukunft?

Die US-Lebensmittelbehörde FDA hat kürzlich den ersten Fetter- satzstoff zum Konsum freigegeben.

Grundsubstanz dieser Produkte sind Eiklar und Milchprotein, also durch- weg gebräuchliche Lebensmittel.

Leider sind die Produkte nicht hitze- beständig. Man bietet sie in Form von Desserts an, die freilich bisher sehr unterschiedlich akzeptiert wur- den. Es wird angestrebt, den auch bei unserer Bevölkerung noch immer zu hohen Anteil von Fetten im täg- lichen Nahrungsangebot drastisch herabzusetzen.

Ob die Verzehrgewohnheiten in unserer Bevölkerung allerdings da- durch nachhaltig beeinflußt werden können, ist die große Frage. Es

scheint dem Referenten bedenklich, wenn ein so wichtiger Energieträger wie das Nahrungsfett durch unver- dauliche Substanzen ersetzt werden soll. Dies wird zweifellos auch erheb- liche Einflüsse auf die Gesamternäh- rung haben, abgesehen von den fett- löslichen Substituten wie Vitaminen, Trägerstoffen für Fasern, Mineralien und auch für Arzneimittel. Völlig of- fen ist es, ob die Einführung der Fettersatzstoffe positive Einwirkun- gen auf die Gesundheit der Men- schen hat. So ist auch gegenüber den weiteren Produkten Zurückhaltung angezeigt, welche lebensmitteltech- nisch und sensorisch sich fettähnlich verhalten, aber im menschlichen Stoffwechsel nicht aufgeschlossen

FÜR SIE REFERIERT

werden. Es handelt sich hier um Fettsäurenverbindungen mit be- stimmter Molekülstruktur. Es stehen freilich noch Untersuchungen aus, ob derartige Substanzen wirklich quantitativ den Darm verlassen. So interessant die präparativen Arbei- ten auf diesem Sektor auch sein mö- gen, so ist man doch weit davon ent- fernt, solche Stoffe generell der Be- völkerung anzubieten. sht

Segal, Marian: Fat Substitutes — A taste of the Future? FDA Consumer 24 (1990) 10, 25-27.

A-1986 (52) Dt. Ärztebl. 88, Heft 22, 30. Mai 1991

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