ITI
Institut für Theoretische Informatik
Dr. J¨ urgen Koslowski
Einf¨ uhrung in die Logik
Aufgabenblatt A, 2017-06-03
Diese Blatt ist optional, was die Studienleistung angeht, aber klausurrelevant. Alle L¨ osungen werden am Freitag, 2017-07-14 ver¨ offentlicht.
Ubungsaufgabe 51 ¨ Wir betrachten die Formel
F = ∃z : ∃x : Q(x, z) ∨ ∃x : P(x)
⇒ ¬ ¬∃x : P(x) ∧ ∀x : ∃z : Q(z, x) Bilden Sie
(a) die Pr¨ anex-Normalform;
(b) die Skolem-Normalform S
F. L¨ osungsvorschlag:
(a) Zun¨ achst wird ⇒ ersetzt:
F ≡ ¬∃z : ∃x : Q(x, z) ∨ ∃x : P (x)
∨ ¬ ¬∃x : P(x) ∧ ∀x : ∃z : Q(z, x) Dann werden die Negationen nach innen verschoben, wie bei der NNF:
F ≡ ∀z : ¬∃x : Q(x, z) ∧ ¬∃x : P (x)
∨ ∃x : P(x) ∨ ¬∀x : ∃z : Q(z, x)
≡ ∀z : ∀x : ¬Q(x, z) ∧ ∀x : ¬P (x)
∨ ∃x : P(x) ∨ ∃x : ∀z : ¬Q(z, x)
Per verallgemeinerter Distributivit¨ at werden gemeinsame f¨ uhrende Quantoren herausgezo- gen:
F ≡ ∀z : ∀x : ¬Q(x, z) ∧ ¬P (x)
∨ ∃x P (x) ∨ ∀z : ¬Q(z, x)
≡ ∀z : ∀x : ¬Q(x, z) ∧ ¬P (x)
∨ ∃x : ∀z : P (x) ∨ ¬Q(z, x) Bereinigung erfordert neue Variablen, etwa in der zweiten Teilformel:
F ≡ ∀z : ∀x : ¬Q(x, z) ∧ ¬P(x)
∨ ∃y : ∀w : P (y) ∨ ¬Q(w, y) Schließlich werden alle Quantoren nach vorne gezogen:
F ≡ ∀z : ∀x : ∃y : ∀w :
¬Q(x, z) ∧ ¬P (x)
∨ P (y) ∨ ¬Q(w, y)
(b) Die Solemisierung erfordert ein neues 2-stelliges Funktionssymbol f in der erweiterten Signatur:
S
F= ∀z : ∀x : ∀w :
¬Q(x, z) ∧ ¬P (x)
∨ P (f (z, x))) ∨ ¬Q(w, f (z, x))
≡ ∀z : ∀x : ∀w :
¬Q(x, z) ∨ P (f(z, x))) ∨ ¬Q(w, f(z, x))
∧
¬P (x) ∨ P(f (z, x))) ∨ ¬Q(w, f (z, x))
In der letzten Zeile liegt der quantorenfreie Teil der Formel in KNF vor, was bei der
Resolutionsmethode der PL erforderlich ist.
Aufgabe 52 [14 PUNKTE]
Begr¨ unden Sie ihre Antworten ausf¨ uhrlich:
(a) [9 punkte] Die Signatur Σ m¨ oge mindestens ein einstelliges Pr¨ adikatensymbol P enthalten.
Wir betrachten einen Term t, in dem die Variable x nicht vorkommt. Ist die Formel P (t) ⇔ ∀x : (x = t ⇒ P (x)) allgemeing¨ ultig?
(b) [5 punkte] Bleibt die Antwort dieselbe, wenn x im Term t vorkommt?
L¨ osungsvorschlag:
(a) Die Behauptung ist korrekt: Betrachte eine Σ-Struktur A mit Tr¨ ager A und eine f¨ ur t passende Belegung α. Dann gilt
α(P b (t)) = 1 g.d.w α(t) hat die Eigenschaft ¯ P g.d.w P
A( ¯ α(t)) = 1 insbesondere also P
A( ¯ α(t)) = α(P(t)), sowie b
α(∀x b : (x = t ⇒ P(x))) = inf{ α[ \
a/
x](x = t ⇒ P (x)) : a ∈ A }
= inf{ α[ \
a/
x](¬(x = t) ∨ P (x)) : a ∈ A }
= inf{ sup{a 6= α[ \
a/
x](t), P
A(a)} : a ∈ A }
= inf{ sup{a 6= ¯ α(t), P
A(a)} : a ∈ A }
= P
A(a) = P
A( ¯ α(t)) = α(P b (t))
wobei in der vorletzten Zeile verwendet wurde, dass x in t nicht vorkommt, und daher die Substitution folgenlos bleibt. Die letzte Zeile folgt, weil sich der Wert des Supremums, und folglich auch des Infimums, nur im Fall a = ¯ α(t) ¨ uberberhaupt von 1 unterscheiden kann, und dann mit P
A(a) = P
A( ¯ α(t)) ¨ ubereinstimmt.
(b) Wenn x in t vorkommt, enth¨ alt P (t) die freie Variable x, die rechte Seite aber nicht. Wir wollen versuchen, in einem Model A die Voraussetzung der Implikation x = t ⇒ P (x) immer falsch und somit die rechte Seite immer wahr zu machen, w¨ ahrend der Wert von α(P b (t)) nicht immer wahr, d.h., P
Aeine echte Teilmenge von A ist.
Beispiel: f¨ ur den Tr¨ ager IN , das Pr¨ adikat P (x) “x ist gerade” und den Term t := x + 1 passiert genau das: P (t) ist nur f¨ ur ungerade Zahlen erf¨ ullt, aber die Implikation auf der rechten Seite ist aufgrund der immer falschen Voraussetzung f¨ ur jedes a ∈ IN erf¨ ullt, also ist die rechte Seite immer wahr.
Aufgabe 53 [9 PUNKTE]
Die Nat¨ urliche Deduktion ist auch in Pr¨ adikatenlogik anwendbar, ggf. erg¨ anzt um weitere Schlußregeln. Diese haben sich ¨ uber einen l¨ angeren Zeitraum entwickelt.
Die Signatur besteht aus
• einem 2-stelligen Pr¨ adikat gG, mit Interpretation
” gleiches Gewicht“;
• vier 1-stelligen Pr¨ adikaten (Eigenschaften) Sw, Ho, Br und He, interpretiert in der Realit¨ at als ” schwimmf¨ ahig“,
” h¨ olzern”,
” brennbar“ und
” ist eine Hexe“.
Das in
https://www.youtube.com/watch?v=k3jt5ibfRzw
beschriebene Verfahren zur Identifikation einer Hexe verwendet folgende Pr¨ amissen:
• (G): gG
A(Frau, Ente), gem¨ aß der Waage, im Model der Realit¨ at;
• (S): gG(x, y) ∧ Sw(y) ⇒ Sw(x), falsche Voraussetzung, evtl. im Mittelalter akzeptabel;
• (Es): Sw
A(Ente), korrekt, die meistne Enten schwimmen in der Realit¨ at;
• (HoS): Ho(x) ⇒ Sw(x), korrekt, die meisten Holzgegenst¨ ande k¨ onnen schwimmen;
• (HoB): Ho(x) ⇒ Br(x), korrekt, die meisten Holzgegenst¨ ande sind brennbar;
• (HeB): He(x) ⇒ Br(x), fragw¨ urdig
Zur Anwendung kommen nur zwei Schlußregeln:
• Modus Ponens: x, x ⇒ y ` y, um 370 v. Chr. von Aristoteles eingef¨ uhrt und sicherlich im Mittelalter bekannt;
• Modus Bogus: x ⇒ y, y ` x, vor dem Mittelalter entwickelt, m¨ oglicherweise von Bedevere pers¨ onlich, aber damals offensichtlich im allt¨ aglichen Gebrauch, wie die Dokumentation zeigt.
Da sich die Regel in der wissenschaftlichen Praxis aber nicht bew¨ ahrt hat (daf¨ ur umso mehr in der Politik), wird sie nur selten in der Literatur erw¨ ahnt.
Zeigen Sie,
(a) [6 punkte] dass im oben beschriebenen System die bedauernswerte Frau tats¨ achlich eine Hexe ist [Hinweis: Beginnen Sie mit dem Satz, dass alles, was aus Holz besteht, eine Hexe ist.];
(b) [3 punkte] dass ein Kalk¨ ul mit Modus Bogus nicht korrekt ist.
L¨ osungsvorschlag:
(a) dass im oben beschriebenen System die bedaueWir gehen modular vor, und leiten zun¨ achst den Satz (T): Ho(x) ⇒ He(x) her:
Ho(x) Kastenpraemisse
Br(x) Modus Ponens und (HoB), Zeile 1
He(x) Modus Bogus und (HeB), Zeile 2