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Aus der Uni in die Kita Berufseinstieg ohne Beruf

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Academic year: 2022

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forschung forschung

Aus der Uni in die Kita – Berufseinstieg ohne Beruf

Anforderungen und deren Bearbeitung durch Elementarpädagoginnen und -pädagogen

Sabine Leineweber

978-3-7815-2185-8

Der Berufseinstieg gilt als berufsbiografisch relevante Phase, in der berufsphasenspezifische Professionalisierungsprozesse durch- laufen werden. Ein Einstieg in einen Beruf ohne orientierendes Berufs(vor-)bild oder verbindliches Tätigkeitsprofil stellt dabei eine besondere Ausgangslage im Hinblick auf sich stellende berufliche Anforderungen sowie individuelle professionelle Entwicklung dar.

Die vorliegende qualitative Längsschnittstudie untersucht Absolvent/innen eines neuartigen Studiengangs für Elementar- und Grundschulpädago- gik der Uni Bremen in ihrem Berufseinstieg. Diese sind am Übergang in das vorschulische Tätigkeitsfeld einer besonderen Anforderungs- und Bewährungsdynamik ausgesetzt: Ihr Berufseinstieg stellt den Versuch der Konstitution einer Profession über den Transfer von Innovation durch neue pädagogische Fachkräfte in ein tradiertes Handlungsfeld dar.

Welchen Anforderungen die jungen Fachkräfte dabei begegnen, wird in der vorliegenden Studie analysiert. Mit den Ergebnissen wird ein die pädagogischen Handlungsfelder übergreifender Kanon von Entwicklungs- aufgaben im Berufseinstieg nachgewiesen. Die Studie zeichnet darüber hinaus anhand von Fallstudien nach, wie die jungen Pädagoginnen und Pädagogen ihren Berufseinstieg bewältigen. Dabei wurden verschiedene Anforderungsbearbeitungsmodi identifiziert, die differente individuelle Professionalisierungsprozesse aufzeigen. Die Anforderungsbearbeitung kann dabei bis zum Scheitern bzw. einem Teil-Ausstieg aus dem Professi- onalisierungsprozess reichen.

Die Autorin

Sabine Leineweber, Jahrgang 1973, promo- vierte mit vorliegender Arbeit am Lehrstuhl für Grundschulpädagogik, Fachbereich Erziehungs- und Bildungswissenschaften an der Universität Bremen. Seit 2013 ist sie als Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Pädagogischen Hochschule der Fachhochschule Nordwestschweiz an der Professur für Professionsentwicklung, Institut Primarstufe tätig. Arbeits- und Forschungsschwerpunkte: Professiona- lisierung im Bereich der Elementar- und Primarpädagogik sowie in den Berufspraktischen Studien und im Berufseinstieg.

Sabine Leine we ber Au s der Uni in die Kita Berufseinstieg ohne Beruf

Studien zur Professionsforschung

und Lehrerbildung

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Leineweber

Aus der Uni in die Kita –

Berufseinstieg ohne Beruf

(3)

Studien zur Professionsforschung und Lehrerbildung

Herausgegeben von

Axel Gehrmann, Till-Sebastian Idel,

Manuela Keller-Schneider und Katharina Kunze

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Sabine Leineweber

Aus der Uni in die Kita – Berufseinstieg ohne Beruf

Anforderungen und deren Bearbeitung durch Elementarpädagoginnen und -pädagogen

Verlag Julius Klinkhardt

Bad Heilbrunn • 2017

(5)

Dieser Titel wurde in das Programm des Verlages mittels eines Peer-Review-Verfahrens aufgenommen.

Für weitere Informationen siehe www.klinkhardt.de.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet abrufbar über http://dnb.d-nb.de.

2017.kg. © by Julius Klinkhardt.

Das Werk ist einschließlich aller seiner Teile urheberrechtlich geschützt.

Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Satz: Kay Fretwurst, Spreeau.

Foto Umschlagseite 1: © aLittleSilhouetto / istockphoto.com.

Druck und Bindung: AZ Druck und Datentechnik, Kempten.

Printed in Germany 2017.

Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem alterungsbeständigem Papier.

ISBN 978-3-7815-2185-8

Die vorliegende Arbeit wurde unter dem Titel: „Aus der Uni in die Kita – Auf dem Weg in einen neuen Beruf.

Anforderungen und deren Bearbeitung im Berufseinstieg von Elementarpädagoginnen/-pädagogen in Bremen“

vom Promotionsausschuss Dr. phil an der Universität Bremen als Dissertation angenommen.

Gutachtende: Prof. Dr. Ursula Carle, Prof. Dr. Julia Košinár, Prof. Dr. Till-Sebastian Idel.

Das Kolloquium fand am 16.3.2017 statt.

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Danksagung

All denen, ohne die diese Dissertation niemals zustande gekommen wäre, möchte ich herzlich danken:

Großen Dank richte ich an erster Stelle an die Untersuchungsteilnehmenden, die Elementarpä- dagoginnen und Elementarpädagogen, die bereit und off en waren, mir einen tiefen Einblick in ihre Arbeit und ihr Erleben ihres Berufseinstiegs zu geben und so mein Forschungsprojekt erst ermöglichten. Dank gebührt auch den Einrichtungsleitenden sowie den Mitarbeitenden der Kindertageseinrichtungen, die mir Zutritt zu ihrem Arbeitsfeld gewährten und meine Arbeit auf diese Weise unterstützten.

Ganz besonders danke ich Professorin Dr. Ursula Carle, Arbeitsgebiet Elementar- und Grund- schulpädagogik der Universität Bremen, für ihre intensive Betreuung meiner Arbeit. Sie berei- cherte meine Untersuchung durch wertvolle fachliche Anregungen sowie umfangreiche und hochgeschätzte Unterstützung und begleitete mich während des gesamten Zeitraums mit viel Geduld. Professorin Dr. Julia Košinár danke ich für ihre wertvolle fachliche Unterstützung, ihre stetige Ermutigung und ihre vielfältigen kreativen Impulse.

Danken möchte ich den Projektmitarbeiterinnen1 Gisela Köppel und Th ea Klose dafür, dass ich an allen Aktivitäten im Rahmen der Begleitveranstaltungen des Berufseinstiegs teilnehmen durft e und sie geduldig alle meine Fragen beantworteten. Meinen Kolleginnen und Kollegen der Doktorandenkolloquien sowohl an der Universität Bremen als auch an der Pädagogischen Hochschule FHNW gilt mein großer Dank für ihr vielfältiges Feedback, ihre wertvollen Dis- kussionsbeiträge und ihre ideenreichen Inspirationen.

Weiteren Dank richte ich an zahlreiche Freundinnen und Freunde, die mich während der ge- samten Promotionsphase geduldig begleitet, ermutigt und immer wieder aufgemuntert haben.

Ein riesiger Dank gilt meinem Lebenspartner Baldur v. Berlepsch, der gleichzeitig mein größter Unterstützer, nimmermüder Diskussionspartner, schärfster Kritiker und gründlichster Lektor war und ist. Ihm danke ich insbesondere für seine fantastische Geduld, seine fortwährende emo- tionale Unterstützung und sein unerschöpfl iches Durchhaltevermögen.

1 Die vorliegende Arbeit entstand im Kontext eines Modellprojektes zur Gestaltung einer begleiteten Berufseinstiegs- phase für Elementarpädagoginnen/-pädagogen an der Universität Bremen (Projekt „Profi s in Kitas II“, Leitung:

Prof. Dr. Ursula Carle; gefördert von der Robert Bosch Stift ung; s. Einleitung).

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Inhalt

Danksagung . . . 5

1 Einleitung . . . 13

1.1 Aufbau der Arbeit . . . 16

1.2 Vorangestellte Hinweise . . . 18

A Kontext

2 Impulse auf dem Weg zur Professionalisierung der frühen Bildung, Betreuung und Erziehung . . . 19

2.1 Entwicklungslinien der institutionellen Kinderbetreuung . . . 19

2.1.1 Entstehung der Kindergärten als soziales Tätigkeitsfeld für Frauen . . . 20

2.1.2 Die staatliche Regelung der Ausbildung zur Erzieherin/zum Erzieher . . . 21

2.1.3 Der Kindergarten und sein Anschluss an das Bildungssystem . . . 22

2.2 Professionalisierung der Kindheitspädagogik – Europapolitische Impulse . . . 25

2.2.1 Von der Quantität zur Qualität . . . 25

2.2.2 Ausbildungsniveau frühpädagogischer Fachkräft e im europäischen Vergleich . . . 26

2.3 Professionalisierung der Kindheitspädagogik – Entwicklungen in Deutschland . . . 27

2.3.1 Der PISA-Schock und seine Folgen . . . 28

2.3.2 Der Weg zur Professionalisierung durch Akademisierung . . . 29

2.3.3 Das Ausbildungsniveau pädagogischer Fachkräft e und sein Einfl uss auf die kindliche Entwicklung . . . 30

2.3.4 Entwicklung weiterer gesellschaft licher Aktivitäten . . . 34

2.4 Professionalisierung durch Akademisierung – Entwicklung kindheitspädagogischer Studiengänge . . . 35

2.4.1 Die kindheitspädagogischen Studiengänge in Deutschland . . . 35

2.4.2 Der Studiengang „Fachbezogene Bildungswissenschaft en“ an der Universität Bremen . . . 36

2.4.3 Orientierungs- und Qualifi kationsrahmen für die (hochschulische) Ausbildung kindheitspädagogischer Fachkräft e . . . 38

3 Der Berufseinstieg von Kindheitspädagoginnen/-pädagogen . . . 42

3.1 Herausforderungen im Berufseinmündungsprozess . . . 42

3.2 Kontextbedingungen des begleiteten Berufseinstiegs im Projekt „PiK II“ . . . 44

3.2.1 Ziele und Voraussetzungen der Berufseinstiegsbegleitung . . . 44

3.2.2 Schaff ung notwendiger Voraussetzungen . . . 45

3.2.3 Die Entwicklungsgemeinschaft Elementarpädagogik . . . 46

3.2.4 Struktur des Berufseinstiegs . . . 46

3.2.5 Elemente der Begleitung im Berufseinstieg . . . 46

3.2.6 Tätigkeit in Kindertageseinrichtungen während des Berufseinstiegs . . . 47

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8 |

3.3 Kontextbedingungen im Berufspraktikum (nach Ablauf des Projektes „PiK II“) 48

3.4 Kontextbedingungen in den Kindertageseinrichtungen . . . 50

3.5 Studien zum Berufseingang von Kindheitspädagoginnen/-pädagogen . . . 51

3.6 Implikationen für die vorliegende Arbeit I . . . 58

B Innovations- und professionalisierungstheoretische Grundlagen

4 Einmündung von Kindheitspädagoginnen/-pädagogen als Transfer einer Innovation . . . 61

4.1 Innovationen . . . 62

4.1.1 Kindheitspädagogische Studiengänge als Innovation . . . 62

4.1.2 Der Transfer von Innovationen . . . 63

4.1.3 Bedingungen für den Innovationstransfer im kindheitspädagogischen Hand- lungsfeld . . . 66

4.2 Bilanz zum vorliegenden Innovations-Transferprozess . . . 67

5 Professionalisierung und Professionalität (kindheits-)pädagogischer Berufe . . . 71

5.1 Profession . . . 71

5.2 Akademisierung, Professionalisierung und Profession . . . 74

5.3 Professionalisierung und Professionalität . . . 76

5.4 Anforderungen an professionelles berufl iches Handeln von Kindheitspädagoginnen/-pädagogen und notwendige Voraussetzungen . . . 78

5.4.1 Kompetenzprozessmodell für die Kindheitspädagogik . . . 79

5.4.2 Berufl iche Kernaufgaben . . . 80

5.4.3 Die Spezifi tät der Lernprozessbegleitung in Kindertageseinrichtungen . . 81

5.4.4 Erforderliche Kompetenzen und Kenntnisse . . . 84

5.4.5 Wissensdimensionen . . . 85

5.4.6 Professionelles Selbstverständnis . . . 87

6 Anforderungen und Anforderungsbearbeitung im Berufseinstieg . . . 90

6.1 Entwicklungsaufgaben im Berufseinstieg . . . 91

6.1.1 Das Entwicklungsaufgabenkonzept nach Havighurst . . . 91

6.1.2 Das Entwicklungsaufgabenkonzept mit Blick auf die eigene Untersuchung . . . 95

6.1.3 Entwicklungsaufgaben im Kollegschulversuch NRW . . . 97

6.1.4 Entwicklungsaufgaben im Berufseinstieg von Lehrerinnen und Lehrern . . . 98

6.2 Die Bearbeitung von Anforderungen im Berufseinstieg . . . 100

6.2.1 Das „Rahmenmodell der Entwicklung von pädagogischer Professionalität“ nach Keller-Schneider . . . 101

6.2.2 Das Verlaufsmodell „Professionalisierungsprozesse in der Anforderungsbearbeitung“ nach Košinár . . . 105

6.3 Implikationen für die vorliegende Arbeit II . . . 109

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C Empirische Untersuchung

7 Forschungsmethodisches Vorgehen . . . 113

7.1 Annäherung an den Forschungsgegenstand . . . 113

7.2 Forschungsfragen . . . 114

7.3 Untersuchungsdesgin . . . 115

7.4 Untersuchungssample und beteiligte Kindertageseinrichtungen . . . 116

7.4.1 Untersuchungssample . . . 117

7.4.2 Beteiligte Kindertageseinrichtungen . . . 118

7.5 Methodologische Überlegungen . . . 120

7.5.1 Orientierung an der Grounded Th eory . . . 121

7.5.2 Transfer des paradigmatischen Modells auf die vorliegende Untersuchung . . . 122

7.6 Erhebungsinstrumente und ihr Einsatz in der Durchführung der Untersuchung . . . 124

7.6.1 Der Einsatz qualitativer Interviews zur Klärung der Forschungsfragen . . . 124

7.6.2 Das leitfadengestützte Ausgangsinterview am Erhebungszeitpunkt 1 . . . 126

7.6.3 Das dreiteilige Zwischeninterview am Erhebungszeitpunkt 2 . . . 127

7.6.4 Das leitfadengestützte Zeitstrahl-Interview zum Erhebungszeitpunkt 3 . . . 129

7.6.5 Teilnehmende Beobachtung im Forschungsfeld – Erhebungszeitpunkt 2 . . . 131

7.7 Auswertungsverfahren . . . 134

7.7.1 Aufbereitung der Daten . . . 134

7.7.2 Anlage von Th emenbögen während der Erhebungsphase . . . 136

7.7.3 Kategoriale Analyse von Anforderungen . . . 137

7.7.4 Fallanalysen (Fallkontrastierung) . . . 140

8 Ergebnisse I: Anforderungen an Elementarpädagoginnen und -pädagogen im Berufseinstieg in Kindertageseinrichtungen in Bremen . . . 143

8.1 Gesamtmodell der Entwicklungsaufgaben im Berufseinstieg Elementarpädagogik . . . 143

8.2 Entwicklungsaufgabe I: Berufl iches Selbstverständnis entwickeln . . . 146

8.2.1 Die Anfangssituation überwinden . . . 147

8.2.2 Berufl iche Rollenvorstellungen entwickeln . . . 147

8.2.3 Passung zum Tätigkeitsfeld klären . . . 148

8.2.4 Das eigene Handeln refl ektieren . . . 149

8.2.5 Mit der eigenen Beanspruchung umgehen . . . 150

8.3 Entwicklungsaufgabe II: Zusammenarbeiten . . . 151

8.3.1 Eine Position im Team einnehmen . . . 152

8.3.2 Formen der Zusammenarbeit entwickeln . . . 153

8.3.3 Eine eigene Meinung im Team vertreten . . . 154

8.3.4 Zusammenarbeit mit Eltern gestalten . . . 155

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8.4 Entwicklungsaufgabe III: Eine Kindergruppe leiten . . . 156

8.4.1 Eine Beziehung zu Kindern aufbauen . . . 156

8.4.2 Mit einer Kindergruppe interagieren . . . 157

8.4.3 Sich an den Bedürfnissen der Kinder orientieren . . . 158

8.4.4 Handlungsrepertoire in Konfl iktsituationen entwickeln . . . 159

8.5 Entwicklungsaufgabe IV: Lernprozesse begleiten . . . 160

8.5.1 Interessen und Lernwege der Kinder erkennen . . . 160

8.5.2 Lernvoraussetzungen einschätzen . . . 161

8.5.3 Adaptive Lernzugänge gestalten . . . 162

8.6 Entwicklungsaufgabe V: Als Subjekt der Innovation agieren . . . 163

8.6.1 Sich als Universitätsabsolventin/-absolvent bewähren . . . 164

8.6.2 Die eigene Fachlichkeit einsetzen . . . 165

8.6.3 Die Ausbildungssituation mitgestalten . . . 167

8.7 Entwicklungsaufgabe VI: Als Objekt der Innovation agieren . . . 169

8.7.1 Ein Berufsprofi l entwickeln . . . 170

8.7.2 Mit unklarer Berufsperspektive auseinandersetzen . . . 171

8.8 Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse . . . 172

9 Anforderungsbearbeitung im Berufseinstieg von Elementarpädagoginnen/ -pädagogen im Bremen: „ausgewählte Fallanalysen“ . . . 177

9.1 Merle Dugella: „Ich bin hier nicht der Profi in Kita“ . . . 177

9.1.1 „Da war ich wirklich handlungstaub“ . . . 179

9.1.2 „Ich musste mit jedem irgendwie einen Weg fi nden“ . . . 181

9.1.3 „Wir haben hier so einen PiK von der Uni, wer möchte den denn haben?“ . . . 183

9.1.4 „Es ist ja schwierig, dass wir ausgebildet werden, wofür der Job noch nicht steht“ . . . 184

9.1.5 „Dann weiß ich nicht […] wo man dann landet, wenn überhaupt“ . . . 186

9.1.6 Zusammenfassung: Der Fall Merle Dugella . . . 186

9.2 Johanna Ritter: „Es war ja irgendwie unklar, was sollen wir eigentlich machen in dem Jahr“ . . . 187

9.2.1 „Weil ich einfach nicht weiß, wie ich richtig reagieren kann“ . . . 189

9.2.2 „Da hätte ich es besser gefunden, wenn man wirklich durch Beobachtung von außen, dass man nochmal Feedback kriegt“ . . . 190

9.2.3 „Irgendwie so dieses Jahr angefangen, ohne wirklich zu wissen, warum und mit was für einem Ziel“ . . . 192

9.2.4 „Bei der Erzieherinnenausbildung ist das ja auch so“ . . . 194

9.2.5 „Ich glaube, ich brauche erstmal Abstand“ . . . 197

9.2.6 Zusammenfassung: Der Fall Johanna Ritter . . . 197

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9.3 Nathalie Dietrich: „Die Entscheidung war immer für den Kindergarten,

für den Frühpädagogikbereich“ . . . 198

9.3.1 „Da war ich von Anfang an eigentlich ganz sicher“ . . . 199

9.3.2 „Ich kann hier nicht jedes Blitzlicht irgendwie drei Tage lang vorbereiten“ . . . 201

9.3.3 „Dass man auch als Bereicherung hier empfunden wird […], das tut gut, ist schön.“ . . . 204

9.3.4 „Wo man sich immer wieder erklären muss […] und Aufk lärungsarbeit leisten muss“ . . . 206

9.3.5 „Es gefällt mir hier so gut, das ist- ja, genau, so wie ich arbeiten möchte.“ . 208

9.3.6 Zusammenfassung: Der Fall Nathalie Dietrich . . . 209

9.4 Zusammenfassende Diskussion der Fälle . . . 210

9.4.1 Modi der Anforderungsbearbeitung . . . 210

9.4.2 Anschlussfähigkeit an typenbildende Untersuchungen . . . 211

9.4.3 Einfl uss der Rahmenbedingungen . . . 215

10 Einordnung der Ergebnisse, Resümee und Ausblick . . . 219

10.1 Zusammenfassung der Ergebnisse . . . 219

10.2 Kritische Refl exion des Forschungsprozesses . . . 221

10.3 Einordnung der Erkenntnisse in den kindheitspädagogischen Professionalisierungsdiskurs . . . 224

10.3.1 … im Hinblick auf den Innovationstransfer . . . 225

10.3.2 … im Hinblick auf Professionalisierungsprozesse . . . 227

10.4 Abschließendes Resümee und Ausblick . . . 229

11 Verzeichnisse . . . 233

Literaturverzeichnis . . . 233

Abbildungsverzeichnis . . . 248

Tabellenverzeichnis . . . 248

Abkürzungsverzeichnis . . . 249

Anhang 1 Tabellarische Übersicht: Anforderungen im Berufseinstieg Elementarpädagogik . . . 251

2 Transkriptionsregeln . . . 253

3 Protokollvorlage Teilnehmende Beobachtung Studientage (Kohorte 1) . . . 254

4 Interviewleitfaden Ausgangsinterview ZP1 . . . 255

5 Interviewleitfaden Zwischeninterview ZP2 . . . 257

6 Protokollvorlage Teilnehmende Beobachtung in Kindertageseinrichtungen . . . 258

7 Interviewleitfaden Abschlussinterview ZP 3 . . . 259

8 Anschreiben an Elementarpädagoginnen der Kohorte 2 . . . 261

Anschreiben an Kita-Einrichtungsleitungen . . . 263

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„[E]s ist ja natürlich schwierig, dass wir ausgebildet werden wofür der Job noch nicht steht, wofür die Stelle noch nicht besteht und darunter leidet dann auch diese Ausbildung oder dieses Jahr jetzt. […]

Und das setzt mich dann so unter Druck.“ (MD/K1/Int2, 73-78)

1 Einleitung

Der Berufseinstieg gilt als eine berufsbiografi sch relevante Phase (Messner & Reusser 2000), in der berufsphasenspezifi sche Professionalisierungsprozesse durchlaufen werden (z.B. Košinár 2014, Keller-Schneider 2010, Hericks 2006, Lipowsky 2003). Der Einstieg in einen neuen, noch nicht defi nierten Beruf, ein Berufseinstieg ohne Beruf also, stellt für Berufseinsteigende allerdings eine besondere Ausgangslage im Hinblick auf sich ihnen stellende berufl iche Anforderungen sowie ihre individuelle professionelle Entwicklung dar. Eine solche Situation liegt für den Berufseinstieg von Kindheits- sowie Elementarpädagoginnen/-pädagogen2 in Kindertageseinrichtungen vor. Als neuartig ausgebildete pädagogische Fachkräft e nehmen sie eine Tätigkeit in Kindergärten3 auf, ohne dass ein gültiges Berufsprofi l für sie existiert oder konkrete, von ihnen zu bearbeitende Tätig- keiten beschrieben sind. Der Berufseinstieg ohne Beruf von Elementarpädagoginnen/-pädagogen bildet den Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit. Mit der Studie wird auf die sub- jektive Perspektive der Elementarpädagoginnen/-pädagogen im Berufseinstieg in Kindertages- einrichtungen in Bremen fokussiert und herausgearbeitet, welche berufl ichen Anforderungen sie darin an sich gestellt sehen und wie sie diese bearbeiten.

Einen neu entwickelten Studiengang zu durchlaufen und anschließend einen Berufseinstieg zu absolvieren, obwohl „der Job noch nicht steht“, stellt Absolventinnen/Absolventen dieser Qua- lifi zierungswege vor spezifi sche Schwierigkeiten, wie das vorangestellte Zitat veranschaulicht. In dieser Aussage einer Befragten zeigt sich die Unsicherheit über die eigene Qualifi kation und deren Passung zu einem künft igen Berufsprofi l. Unter diesen verunsichernden Bedingungen „leidet“ die Ausbildung und erzeugt „Druck“. Normalerweise geht einem Berufseinstieg eine Ausbildung vor- aus, die auf bekannten und festgelegten Wegen für das angestrebte Berufsprofi l qualifi ziert. Daran anschließend wird über die Passage des Berufseinstiegs eine Tätigkeit im angestrebten berufl ichen Feld aufgenommen. Die Berufseinsteigenden haben dabei in der Regel ein deutliches Berufsbild, ein bestehendes Tätigkeitsprofi l vor Augen. Im Gegensatz zu den an der vorliegenden Untersu- chung teilnehmenden Elementarpädagoginnen/-pädagogen besitzen z.B. Lehramtsstudierende beim Übergang in die berufl iche Tätigkeit recht klare Vorstellungen darüber, was ihr künft iger Beruf beinhaltet, und sie haben hinreichende Kenntnis davon, welche Kernaufgaben und Tätig- keiten das lehrerinnen-/lehrerberufl iche Profi l umfasst. Und dies obwohl Berufe keineswegs über längere Zeiträume hinweg stabile Konstrukte sind. Sie unterliegen stetigen Wandlungsprozessen, entwickeln sich berufsfeldbezogen ständig weiter und entsprechend werden Ausbildungswege so- wie deren Inhalte im Lauf der Entwicklung berufl icher Handlungsfelder jeweils den sich ändern- den Erfordernissen angepasst. Neuerungen und Veränderungsbestrebungen sind dabei vor allem bedingt durch dynamische Entwicklungen, denen Gesellschaft , Lebens-, Arbeits- und politische Bedingungen unterworfen sind (s. z.B. Dostal 2006a, S. 108 f.). Selten sind diese jedoch so grund-

2 Die Bezeichnung „Elementarpädagoginnen/-pädagogen“ wird in dieser Arbeit immer dann verwendet, wenn es aus- schließlich um die Untersuchungsteilnehmenden geht. Detaillierte Hinweise zu den Bezeichnungen s. Kap. 1.2.

3 Die Begriff e Kindergarten und Kindertagesstätte werden als Bezeichnung für Einrichtungen der öff entlichen oder privaten Kinderbetreuung/-bildung/-erziehung in dieser Arbeit synonym benutzt.

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14 |

Einleitung

legend wie im Bereich der Frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung (im Folgenden FBBE abgekürzt)4, in dem die vorgelegte Untersuchung angesiedelt ist. Hier entwickelte sich vor dem Hintergrund eines deutlichen Wandels fachlicher Anforderungen an kindheitspädagogische Fachkräft e (vgl. Rauschenbach 2006) in den vergangenen Jahren eine umfangreiche Professiona- lisierungsdebatte in Deutschland (s. Kap. 2). Damit einher ging ein Diskurs über die notwendige Qualifi zierung der Fachkräft e, die den gestiegenen Anforderungen gerecht werden müssen. Die- ser mündete in Akademisierungsbestrebungen (vgl. Tagungsband hrsg. v. Diller & Rauschenbach 2006) in deren Folge damit begonnen wurde, für die pädagogische Arbeit in deutschen Kinder- gärten bzw. Kindertageseinrichtungen zusätzlich durch ein Hochschulstudium auszubilden. Mit der Gründung kindheitspädagogischer Studiengänge wurde also für den Bereich der FBBE ein zusätzliches, akademisches Ausbildungsprofi l geschaff en. Dies entspricht einem Paradigmenwech- sel im Ausbildungswesen für das Tätigkeitsfeld Kindergarten in Deutschland und kann als eine Innovation betrachtet werden (s. Kap. 2, Kap. 4), denn ein spezifi sches hochschulisches Ausbil- dungsprofi l existierte für diesen Bereich bisher zwar in zahlreichen anderen Ländern, nicht jedoch in Deutschland (vgl. Oberhuemer & Schreyer 2010).5 Den ersten Absolventinnen/Absolventen der kindheitspädagogischen Studiengänge obliegt der Transfer dieser Innovation in den Zielbe- reich (z.B. Bormann 2011, Gräsel, Jäger & Wilke 2006). Damit sind sie gefordert das innovative Potenzial, das in der neuen Ausbildung liegt, in ihre Arbeitsstelle zu bringen, es in ihrer Tätigkeit zu übersetzen und es im Tätigkeitsfeld zu etablieren (vgl. Kap. 4).6 Inwiefern sie dies in ihrem Be- rufseinstieg umsetzen können und welche Anforderungen sich hierbei für sie konstituieren, sollen die Ergebnisse dieser Arbeit u.a. zeigen.

Im Gegensatz zu einem Berufseinstieg in einen bekannten und etablierten Beruf, existierte für den der Kindheits- bzw. Elementarpädagoginnen/-pädagogen bis vor kurzem kein Tätigkeits- profi l. Erst 2015 legte der zwischenzeitlich etablierte Studiengangstag „Pädagogik der Kind- heit“ einen Vorschlag für ein Berufsprofi l vor.7 Wenngleich die ersten Kindheitspädagoginnen/

-pädagogen ihr Studium bereits im Herbst 2007 an der Alice Salomon Hochschule in Berlin und an der Universität Bremen im Herbst 2008 abschließen konnten, ist ihr Einmündungs- prozess in das Tätigkeitsfeld der FBBE bis heute nur hinsichtlich weniger Parameter erforscht (s. Kap. 3.5). Ohne Erfahrung mit der neuen Berufsgruppe in den Einrichtungen und ohne eta-

4 Siehe zur Verwendung spezifi scher Begriff e und Abkürzungen in der vorliegenden Arbeit die Anmerkungen am Ende der Einleitung (Kap. 1.2) sowie allgemein das Abkürzungsverzeichnis.

5 Bis dahin wurde – und wird noch immer – der größte Anteil der Fachkräft e für den Bereich der Frühkindlichen Bil- dung, Betreuung und Erziehung vor allem auf Fachschulniveau ausgebildet (Erzieherinnen/Erzieher). Die Ausbildung basiert auf einem mittleren Bildungsabschluss (s. ausführlich hierzu: Janssen 2010; s. Kap. 2.1.2). Daneben gibt es diver- se weitere Ausbildungswege und -niveaus für eine Tätigkeit in Kindergärten, so dass dort verschiedenartig qualifi zierte Fachkräft e in sogenannten multiprofessionellen Teams zusammenarbeiten (z.B. Weltzien et al. 2016, Amos, Fröhlich- Gildhoff , Jerg, Stenger & Treptow 2013). Zwar sind in verschiedenen Bundesländern Diplom-Sozialpädagoginnen/

-pädagogen, und damit hochschulisch qualifi zierte Pädagoginnen/Pädagogen, als Leitungskräft e und/oder in der Grup- penarbeit in Kitas tätig, jedoch ist das sozialpädagogische Ausbildungsprofi l als Breitbandprofi l für Menschen in ver- schiedenen Lebensaltern angelegt und zielt nicht spezifi sch auf den vorschulischen Bereich.

6 Die historische und gesellschaft spolitische Entwicklung, die zu dieser Innovation führte, wird in Kapitel zwei dieser Arbeit ausführlich beschrieben, um den Hintergrund, vor dem der vorliegende Untersuchungsgegenstand entstand, zu verdeutlichen und die Entwicklung dahin in einem Gesamtzusammenhang darzustellen.

7 Der Studiengangstag „Pädagogik der Kindheit“ ist eine im Jahr 2010 in Köln gegründete Arbeitsgruppe und „dient dem Informationsaustausch, der Kooperation, der Beratung und insbesondere der Wahrnehmung gemeinsamer In- teressen kindheitspädagogischer Studiengänge in Deutschland“. Er befasst sich „mit hochschul-, wissenschaft s- und berufspolitischen Fragen und Herausforderungen kindheitspädagogischer Studiengänge und Studienschwerpunkte.“

URL: http://www.fbts.de/arbeitskreise/paedagogik-der-kindheit.html [zuletzt geprüft : 20.08.2016].

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Einleitung

blierte Einstiegsstrukturen war jedoch zu erwarten, dass sich der Berufseinstieg für die Absol- ventinnen/Absolventen der Studiengänge und auch für die weiteren Akteurinnen/Akteure im Tätigkeitsfeld der FBBE als eine besondere Herausforderung erweisen würde. Wie sich dieser Berufseinstieg aus der Perspektive hochschulisch ausgebildeter kindheitspädagogischer Fach- kräft e darstellt, wurde bisher noch kaum untersucht (s. Kap. 3.5). Diesem Desiderat wird mit der vorliegenden Arbeit, die sich in die qualitative Sozialforschung einordnet, begegnet. Mit dem Dissertationsprojekt wurden die ersten Absolventinnen/Absolventen (2 Kohorten) des elementarpädagogischen Studiengangs „Fachbezogene Bildungswissenschaft en“ der Universität Bremen, der im Rahmen des Projekts „PiK I“8 entwickelt wurde, in ihrem Berufseinstieg in Kin- dertageseinrichtungen während jeweils eines Jahres begleitet. Die hier vorgestellte Interviewstu- die wurde als eigenständige Untersuchung im Kontext des Modellprojekts „Entwicklung einer Berufseinstiegsphase für B.A.-Absolvent/innen mit Berufsziel Elementarbereich“ („PiK II“) an der Universität Bremen durchgeführt (Projektbeschreibung s. Kap. 3.2).9 Die Zielrichtung meiner Untersuchung entwickelte sich im Anschluss an meine vorangegangenen Arbeiten zur Stressprävention in der Lehrerinnen- und Lehrerbildung und in dem Zusammenhang auch mit Fragen berufl icher Anforderungen und deren Bearbeitung (Košinár & Leineweber 2010). Vor diesem Hintergrund fokussierte sich mein Interesse am Modellprojekt und diesem besonderen Berufseinstieg ohne Beruf auf Fragen der zu bewältigenden Anforderungen und des Umgangs mit diesen durch die Akteurinnen/Akteure. Es eröff nete sich mir somit über das Modellprojekt der Zugang zum Forschungsfeld und zu den Elementarpädagoginnen/-pädagogen sowie zu den verschiedenen an diesem Berufseinstieg beteiligten Akteursgruppen (s. Kap. 3.2).

Der Fokus der Untersuchung richtet sich auf die subjektive Perspektive der Elementarpädagoginnen/

-pädagogen in ihrem Berufseinstieg in Kindertageseinrichtungen. Ausgehend vom Konzept der Entwicklungsaufgaben (Havighurst 1948; s. Kap. 6) müssen berufl iche Anforderungen subjektiv als relevant für die eigene Handlungsfähigkeit begriff en werden, damit sie von den Akteurinnen/

Akteuren bearbeitet werden können und es zu einer professionellen Weiterentwicklung des Indivi- duums kommen kann (vgl. Hericks 2006, S. 60). Dies stellt im hier untersuchten Berufseinstieg ohne Beruf eine besondere Herausforderung dar. Denn zum einen sind Berufseinsteigende am Eingang in ihre Tätigkeit noch nicht sicher über ihr berufsspezifi sches Profi l und können als ‚Berufsneulinge‘

noch kein diff erenziertes Bewusstsein über ihre eigene Fachlichkeit mitbringen. Dies gilt insbeson- dere, da sie zum Zeitpunkt des Berufseinstiegs in der Regel noch nicht in der Lage sind, „ihr Wissen in eff ektives Handeln um[zu]setzen“ (Gruber, Mandl & Renkl 2000, S. 139). Zum anderen sind das Ausbildungsprofi l und das spezifi sche Wissen und Können der Hochschulabsolventinnen/

-absolventen auch im Praxisfeld noch weitgehend unbekannt und die von ihnen zu übernehmen- den Aufgaben nicht geklärt. Im vorliegenden Berufseinstieg müssen die Elementarpädagoginnen/

-pädagogen demnach gleichzeitig erst erkennen, was ihre berufl ichen Aufgaben sind oder sein könnten und diese dann vor dem Hintergrund ihrer Professionalisierung bearbeiten. In diesem Prozess können sie die eigene spezifi sche Qualifi kation möglicherweise erst in einer Diff erenzer- fahrung zu den anderen, bereits im Feld befi ndlichen (anders qualifi zierten) Fachkräft en erkennen.

Für die vorliegende Untersuchung liegt das Erkenntnisinteresse darin, welche berufl ichen An- forderungen es überhaupt sind, die sich den Absolventinnen/Absolventen des bremischen Stu-

8 Die Projekte „PiK I“ und „PiK II“ fanden unter der Leitung von Professorin Dr. Ursula Carle an der Universität Bremen statt und wurden von der Robert Bosch Stift ung gefördert.

9 Es handelt sich mit der vorliegenden Arbeit nicht um eine Evaluationsstudie des Modellprojekts „PiK II“, sondern um eine eigenständige, projektunabhängige Untersuchung mit dem Fokus auf Anforderungen und deren Bearbei- tung im Berufseinstieg der Elementarpädagoginnen/-pädagogen.

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Einleitung

diengangs für Elementarpädagogik beim Berufseinstieg in Kindertageseinrichtungen stellen und ob es spezifi sche Anforderungen gibt, die mit der ‚Neuartigkeit‘ und den daraus resultie- renden spezifi schen Bedingungen dieses Berufseinstiegs ohne Beruf in Zusammenhang stehen (s. Kap. 7.2). Darüber hinaus stellt sich die Frage, wie die Elementarpädagoginnen/-pädagogen mit den fachlichen Anforderungen umgehen, diese also vor dem Hintergrund des noch neuen, weitgehend off enen Tätigkeitsprofi ls bearbeiten und wie bzw. ob es gelingen kann, unter den vorgefundenen Bedingungen eine professionelle Entwicklung zu durchlaufen. Die Beantwor- tung dieser Frage werde ich anhand von Einzelfallanalysen vornehmen.

Welchen Nutzen bieten die Ergebnisse dieser Untersuchung?

1. In der Erziehungswissenschaft reiht sich meine Untersuchung ein in Studien zum Berufsein- stieg in pädagogische Berufe (z.B. Moch, Meyer & Bense 2013, Keller-Schneider 2010, Hericks 2006, Surkemper 2002) sowie zur Bearbeitung von Entwicklungsaufgaben im Rahmen der Professionalisierungsforschung (z.B. Košinár, Schmid & Diebold 2016, Košinár 2014, Keller- Schneider 2010, Hericks 2006). Die Arbeit untersucht dabei eine bisher noch kaum beforschte neue pädagogische Berufsgruppe, die der Elementarpädagoginnen/-pädagogen.

2. In einer sich entwickelnden Disziplin Kindheitspädagogik stellt sie Ergebnisse für eine im Tätigkeitsfeld wachsende neue Berufsgruppe zur Verfügung. Sie kann einen Beitrag zur De- batte um die Professionalisierung der Kindheitspädagogik leisten. Gleichzeitig liefert die vorliegende Arbeit am Beispiel Bremens Hinweise darauf, wie der Berufseinmündungspro- zess der neuen pädagogischen Fachkräft e verläuft und welche Spannungsfelder sich entwi- ckeln (können). Damit kommt den Ergebnissen auch eine politische Dimension zu, denn im Anschluss an die Einrichtung der Studiengänge fehlen derzeit in Deutschland Implementati- onsstrategien sowie politische Steuerungselemente, um die angestrebte Professionalisierung im Bereich der FBBE gezielt voranzutreiben.

3. Mit dem Blick auf die subjektive Anforderungswahrnehmung und -bearbeitung stellt die Studie die Elementarpädagoginnen/-pädagogen selbst in den Mittelpunkt des Erkenntnis- interesses und bietet damit Einsicht in das individuelle Erleben des Berufseinstiegs elemen- tarpädagogischer Fachkräft e in Kindertageseinrichtungen. Es sollen anhand der Ergebnisse Rückschlüsse auf möglicherweise notwendige Unterstützungsmaßnahmen für diese zentrale berufsbiografi sche Phase ermöglicht werden.

4. Darüber hinaus bietet die Untersuchung erste Erkenntnisse über die berufl ichen Anforde- rungen, die von Elementarpädagoginnen/-pädagogen in ihrer Qualifi kation für relevant er- achtet und von ihnen bearbeitet werden. Damit liefert die Arbeit empirische Daten für die Diskussion über das potenzielle spezifi sche Tätigkeitsprofi l von Elementarpädagoginnen/

-pädagogen, das z.B. für künft ige Abnehmer (z.B. Träger und Kindertageseinrichtungen) von Interesse sein kann. Auch können Erkenntnisse in die Ausbildungsinstitutionen fl ießen und ggf. Anlass für Modifi kationen bieten.

1.1 Aufbau der Arbeit

Die vorliegende Arbeit ist in drei Teile gegliedert: Teil A beinhaltet eine Einordnung des Unter- suchungsgegenstands in seinen historischen Entwicklungszusammenhang. In Teil B werden die theoretischen Grundlagen für die Studie dargelegt; Teil C stellt die empirische Untersuchung dar und diskutiert die Ergebnisse.

Teil A enthält die Kapitel 2 und 3. Kapitel 2 gibt Einblick in den historischen und gesellschaft - lich-politischen Entwicklungsprozess im Bereich der Frühkindlichen Bildung, Betreuung und

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Aufbau der Arbeit

Erziehung. Anhand zentraler Impulse und Veränderungen wird aufgezeigt, wie es zu einem Wandel der Anforderungen an pädagogische Fachkräft e im Bereich der FBBE kam und wie sich in Deutschland ein Diskurs über eine notwendig erscheinende Professionalisierung des früh- pädagogischen Tätigkeitsfeldes entfaltete. Mit der breit angelegten Kontextualisierung wird der Hintergrund für die Gründung kindheitspädagogischer Studiengänge und die Schaff ung einer spezifi schen akademischen Qualifi kation für Kindheitspädagogik (verstanden als Aka- demisierung) im nationalen wie internationalen Zusammenhang dargestellt. Es werden damit die Entwicklungslinien aufgezeigt, die zum Untersuchungsphänomen der vorliegenden Arbeit führten, den Berufseinstieg ohne Beruf.

In Kapitel 3 werden zum einen die spezifi schen Herausforderungen dargelegt, die sich bei der Be- rufseinmündung von Kindheitspädagoginnen/-pädagogen in das Tätigkeitsfeld der Frühkindli- chen Bildung, Betreuung und Erziehung stellen. Zum anderen wird das (Berufseinmündungs-) Konzept des begleiteten Berufseinstiegs für Elementarpädagoginnen/-pädagogen in Bremen vorgestellt. Damit werden die konkreten Kontextbedingungen beschrieben, die im untersuch- ten Berufseinstieg für die Teilnehmenden vorlagen. Das Kapitel schließt mit der Darstellung des derzeitigen Forschungsstands zur Berufseinmündung von Kindheitspädagoginnen/-pädagogen in Deutschland und der Ableitung von Implikationen für die vorliegende Untersuchung.

In Teil B werden die theoretischen Grundlagen für die durchgeführte Untersuchung ausge- führt. Kapitel 4 befasst sich mit Innovationen und Innovationstransferprozessen im Bildungsbe- reich, die für die vorliegende Arbeit von Interesse sind. Es werden die für diesen Berufseinstieg vorliegende Innovation bestimmt und die allgemeinen Bedingungen sowie die Spezifi k ihres Transfers dargelegt.

Das 5. Kapitel beschäft igt sich mit Fragen der Profession und Professionalisierung im Zusammen- hang mit dem kindheitspädagogischen Bereich. Es wird vorgestellt, wie die Konzepte Profession und Professionalisierung im bildungswissenschaft lichen und kindheitspädagogischen Diskurs ge- fasst werden und wie darin die Akademisierung einzuordnen ist. Darüber hinaus wird expliziert, welche Anforderungen an professionelles Handeln von Kindheits- bzw. Elementarpädagoginnen/

-pädagogen gestellt werden, welche berufl ichen Kernaufgaben ihnen zugedacht sind und welches Wissen und welche Kompetenzen dafür als notwendig erachtet werden.

In Kapitel 6 werden die theoretischen Grundlagen zu Fragen der Anforderungswahrnehmung und Anforderungsbearbeitung niedergelegt. Als zentrales Konzept werden das Entwicklungs- aufgabenkonzept (Havighurst 1948) und seine Anwendung im aktuellen bildungswissenschaft - lichen Kontext vorgestellt sowie sein Wert für die vorliegende Untersuchung erläutert. An- schließend werden zwei Professionalisierungsmodelle expliziert, die für die vorliegende Arbeit die theoretische Grundlage zur Beantwortung der Frage nach der Bearbeitung von Anforderun- gen im Berufseinstieg bilden.

Teil C (Kap. 7-10) hat die Darstellung der empirischen Untersuchung mit dem forschungsme- thodischen Vorgehen sowie der Ergebnisse zum Inhalt.

In Kapitel 7 werden nach Beschreibung der Annäherung an den Forschungsgegenstand die Forschungsfragen erläutert. Es schließt sich die Darstellung des Längsschnitt-Untersuchungs- designs an, das Untersuchungssample sowie die beteiligten Kindertageseinrichtungen als Teil des Forschungsfeldes werden vorgestellt. Nach methodologischen Überlegungen erfolgen die Begründung und Beschreibung der Erhebungsinstrumente und ihres Einsatzes in der Untersu- chung. Anschließend werden die Auswertungsverfahren in ihren einzelnen Schritten dargelegt.

In Kapitel 8 erfolgt der erste Teil der Ergebnispräsentation. In ihm werden die Entwicklungsaufga- ben, die sich den Elementarpädagoginnen/-pädagogen in ihrem Berufseinstieg in Bremen stellen,

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Einleitung

in einem Gesamtmodell gezeigt und die einzelnen Bereiche anhand von Beschreibungen ausdif- ferenziert. Die Ergebnisse werden anschließend diskutiert und zum Entwicklungsaufgabenmodell für den Lehrerinnen-/Lehrerberuf (Keller-Schneider & Hericks 2011) in Beziehung gesetzt.

Kapitel 9 bildet den zweiten Ergebnisteil ab. Anhand von drei ausführlichen Einzelfallbeschrei- bungen wird dargestellt, wie Anforderungen in diesem Berufseinstieg ohne Beruf bearbeitet wer- den. Die Fälle werden im Anschluss zusammenfassend und vergleichend diskutiert. Mit Kapitel 10 wird eine Zusammenfassung der Ergebnisse gegeben und anschließend der Forschungsprozess kritisch refl ektiert. Darüber hinaus werden die Erkenntnisse in den kindheitspädagogischen Pro- fessionalisierungsdiskurs eingeordnet. Die Arbeit schließt mit einem Resümee und Ausblick ab.

1.2 Vorangestellte Hinweise

Zur in der vorliegenden Arbeit verwendeten Terminologie sei noch folgendes vorangestellt:

(1) Die Absolventinnen/Absolventen der kindheitspädagogischen Studiengänge sollen laut ei- ner Empfehlung der Jugend- und Familienministerkonferenz ( JFMK) aus dem Jahr 2011 die Bezeichnung „staatlich anerkannte Kindheitspädagogin/staatlich anerkannter Kindheitspäd- agoge“ tragen ( JFMK 2011; s. Kap. 2.4.3). Die Absolventinnen/Absolventen des Bachelor- Studiengangs „Fachbezogene Bildungswissenschaft en“ der Universität Bremen erhalten aller- dings die Bezeichnung „Elementarpädagogin oder Elementarpädagoge (Bachelor of Arts)“

(Freie Hansestadt Bremen 2010) (s. Kap. 2.4.2). Dies liegt darin begründet, dass ihre Aufnah- me in die staatliche Anerkennungsordnung des Landes Bremen im Jahr 2010 zeitlich vor dem Entschluss der JFMK (2011) lag. Die Untersuchungsteilnehmenden tragen demgemäß die Bezeichnung Elementarpädagogin bzw. Elementarpädagoge. Die Begriff e Elementarpädago- gin/Elementarpädagoge verwende ich in der vorliegenden Arbeit ausschließlich dann, wenn ich mich dezidiert auf den Bremischen Studiengang und seine Absolventinnen/Absolventen bzw. die Untersuchungsteilnehmenden der vorliegenden Studie beziehe. Geht es hingegen grundsätzlich und/oder allgemein um die Absolventinnen/Absolventen kindheitspädagogi- scher Studiengänge in Deutschland und damit um die Inhaberinnen/Inhaber einer neuen hochschulischen Qualifi kation für den Bereich der Frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung, so verwende ich den Begriff der Kindheitspädagogin/des Kindheitspädagogen (Elementarpädagogin/-pädagoge eingeschlossen).

(2) Elementarpädagoginnen/-pädagogen werden aufgrund der Begriff slänge alternierend auch als EP abgekürzt (s. auch Abkürzungsverzeichnis)

(3) Im Diskurs wurde und wird über die angemessene Bezeichnung des pädagogischen Hand- lungsfeldes debattiert, das je nach Bezug auf die verschiedenen Altersgruppen als früh- kindlicher, elementarpädagogischer oder kindheitspädagogischer Bereich bezeichnet wird. In der vorliegenden Arbeit wird mit Bezug auf das vorschulische Tätigkeitsfeld keine derartige Diff erenzierung vorgenommen, sondern vor allem der Begriff des Bereichs der Frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung verwendet, der aus meiner Sicht den vorschulischen Bereich gesamthaft umfasst. Die Bezeichnung wird aufgrund seiner Länge in der vorliegenden Arbeit als FBBE und/oder Bereich der FBBE abgekürzt/geführt. Die o.a. weiteren Bezeichnungen werden synonym verwendet. Dabei umfasst der für die Arbeit relevante Bereich den der Kindertageseinrichtungen mit Kindern im Alter von ca. drei bis sechs Jahren. Kindertagespfl ege oder andere Strukturen sowie der Krippenbereich (unter Dreijährige) werden nicht berücksichtigt.

(4) Die Begriff e Kindertageseinrichtung und Kindergarten werden von mir synonym verwendet.

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A Kontext

2 Impulse auf dem Weg zur Professionalisierung der frühen Bildung, Betreuung und Erziehung

Reformbewegungen im Bereich der Frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung endeten laut Diller und Rauschenbach (2006) seit den 1970er Jahren häufi g mit nur kleineren „kosmeti- schen“ Veränderungen (Diller & Rauschenbach 2006, S. 7). Wie in der Einleitung angedeutet, entfaltete sich jedoch in den vergangenen ca. 25 Jahren innerhalb der europäischen Union – aller- dings erst etwa seit der Jahrtausendwende auch in Deutschland – ein breiter gesellschaft licher und politischer Diskurs über die Angebote im Bereich der FBBE: „Nach einem dreißigjährigen Dorn- röschenschlaf ist der deutsche Kindergarten zu großer Konjunktur erwacht“, so Günter Gerst- berger10 (2008, S. 7) zu den Entwicklungen der vergangenen Jahre, aus denen u.a. die Schaff ung eines grundständigen hochschulischen Ausbildungsprofi ls für eine pädagogische Tätigkeit im vorschulischen Bereich resultierte. In diesem Kapitel sollen die dynamischen Wandlungsprozesse, die zu diesen erheblichen Veränderungen im Bereich der FBBE führten, dargelegt werden. Nach einer Einführung in relevant erscheinende Linien der historischen Entwicklung des Elementar- bereiches im heutigen Deutschland und der Qualifi zierung seiner Fachkräft e (Kap. 2.1), werden zentrale gesellschaft liche, politische und wissenschaft liche Impulse auf europapolitischer Ebene (Kap. 2.2) sowie die nachfolgenden Entwicklungen in Deutschland beschrieben (Kap. 2.3), die zur Gründung kindheitspädagogischer Studiengänge – und damit zu einem Akademisierungspro- zess – geführt haben. Anschließend wird ein kurzer Überblick über die entstandenen kindheitspä- dagogischen Studiengänge in Deutschland gegeben und der bremische Studiengang, auf dem der untersuchte Berufseinstieg basiert, vorgestellt. Darüber hinaus wird dargelegt, welche inhaltlichen Orientierungen für kindheitspädagogische Studiengänge in Deutschland bestehen (Kap. 2.4).

Mit dieser recht breit angelegten Kontextualisierung verfolge ich das Anliegen, den Hintergrund, vor dem die Elementarpädagoginnen/-pädagogen als neu hochschulisch qualifi zierte Fachkräft e ausbildet wurden, in einen Gesamtzusammenhang einordenbar zu machen. Es soll also anhand der Ausführungen verdeutlicht werden, wie es zum Gegenstand dieser Untersuchung kam, dem Berufseinstieg ohne Beruf, welche Erwartungen daran geknüpft sind und wie dieses Phänomen im Rahmen der angestoßenen Prozesse im Bereich der FBBE einzuschätzen ist.

2.1 Entwicklungslinien der institutionellen Kinderbetreuung

Um die jüngsten Entwicklungen in der FBBE in Deutschland in ihrer Bedeutung einordnen zu können, wird im folgenden Kapitel ein Einblick in die Geschichte der institutionalisierten Kinderbetreuung gegeben. Dieser erfolgt unter besonderer Betrachtung der Entwicklung der Qualifi zierung der in diesem Feld tätigen Fachkräft e.

10 Seinerzeit Leiter des Bereichs „Bildung und Gesellschaft “ der Robert Bosch Stift ung; aktuell Mitglied der deut- schen UNESCO-Kommission, Fachausschuss „Bildung“ (http://www.unesco.de/bildung/bildung-ueberblick/

bildung-duk/fachausschuss-bildung.html; zuletzt geprüft : 04.06.2016).

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2.1.1 Entstehung der Kindergärten als soziales Tätigkeitsfeld für Frauen

Die institutionalisierte Kinderbetreuung entstand auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik um die Wende zum 19. Jahrhundert. Als der ideale und natürliche Ort für die Erziehung der Kinder wurde zunächst die Familie betrachtet, eine außerfamiliale Kinderbetreuung war gesell- schaft lich nicht vorgesehen. In den ärmeren Schichten indes war sie notwendig geworden, da es u.a. mit der beginnenden Industrialisierung zur Aufl ösung der Familie und ihrer familienbewah- renden Funktion gekommen war. Frauen aus der Schicht des „besitzlosen Proletariats“ (Aden- Grossman 2011, S. 16) waren nämlich gezwungen, erwerbstätig zu sein, um die Existenz der Familie materiell zu sichern. Somit konnten sie sich tagsüber nicht mehr um ihren Nachwuchs und dessen Erziehung kümmern. Verwahrlosung der Kinder und eine hohe Kindersterblichkeit waren die Folge. Damit die so bedrohten Kinder versorgt waren, wurden vor allem von Vereinen der Wohlfahrtspfl ege, später auch von der Kirche, sogenannte „Kleinkinderbewahranstalten“

gegründet (es existierten weitere Bezeichnungen wie Hüte- oder Warteschule; s. hierzu Reyer 2006, S. 27 ff .). Sie dienten vornehmlich der Pfl ege, Fürsorge und Betreuung der Kinder, die teil- weise in großer Zahl von 100 oder mehr gemeinsam betreut wurden. Neben diesen Anstalten wurden indes auch erste „Kleinkinderschulen für die höheren Stände“ (Aden-Grossmann 2011, S. 21) gegründet, in denen bereits eine pädagogische Förderung der Kinder an wenigen Stun- den am Tag vorgesehen war (vgl. ebd., S. 20 ff .). Die in den sog. Bewahranstalten tätigen Frauen verrichteten ihre Arbeit ehrenamtlich und waren in der Regel nicht ausgebildet. Nachweise über vereinzelte Ansätze zu ersten Ausbildungsformen liegen jedoch von Beginn der institutionellen Betreuung an vor. So berichtet Amthor (2003) von „einer der ersten Kinderbewahranstalten“ in Detmold, in der „die als ‚Wärterinnen‘ bezeichneten Erzieherinnen von erfahrenen Aufseherin- nen auf deren Tätigkeit vorbereitet wurden“ (Amthor 2003, S. 545). Darüber hinaus beschreibt Ebert (2006) eine erste „Form der Berufsschule für Mädchen“ (Ebert 2006, S. 23), in der junge Frauen aus allen Ständen „schichtenspezifi sch“ (ebd.) auf ihre künft ige Tätigkeit „als Erziehe- rinnen vorbereitet“ (ebd.) wurden. Nach Ebert sollte damit das „mütterliche Wirken in der Familie als die Berufsform für Frauen“ (ebd.; Hervorhebung im Original) geschult werden. Die jungen Frauen nahmen anschließend Tätigkeiten als Wärterinnen oder Kleinkinderlehrerinnen auf. Eine institutionalisierte Ausbildung für die Arbeit mit Kindern im Vorschulalter wurde noch nicht für erforderlich erachtet, eine Einsicht in ihre Notwendigkeit begann sich damals in der Gesellschaft erst herauszubilden (vgl. Amthor 2003, S. 545).

Ab Mitte der 1830er Jahre entstand über „kleine Ausbildungsstätte[n]“ (Amthor 2003, S. 545) für Diakonissen eine erste berufl iche Qualifi zierung für die Tätigkeit mit Kindern im Vorschul- alter, die allerdings noch wesentlich auf religiöse Erziehung ausgerichtet war. Als entscheiden- der Wegbereiter für die heutige Ausbildung zur Erzieherin11 gilt Friedrich Fröbel (1782-1852), der weitreichende Konzepte für die Früherziehung erarbeitete. Fröbel richtete seinen Blick auf die Entwicklung der Kinder: Erziehung begann für ihn mit der Geburt eines Kindes (vgl. Aden- Grossmann 2011, S. 25), pädagogische Erziehung verstand er als Unterstützung der Bildung des Kindes zur Selbstbildung. In den durch ihn ab 1840 gegründeten Kindergärten, die aus angeleite- ten Spielkreisen entstanden (vgl. Allen 2000, S. 64), „wurde auf freies Spiel, auf Entwicklung der Persönlichkeit und die Einübung in staatsbürgerliche Tugenden großer Wert gelegt“ (ebd., S. 95).

11 In diesem ersten Teil der Arbeit wird ausschließlich die weibliche Form verwendet, da sich die Berufl ichkeit der mit Erziehung Beschäft igten seinerzeit ausschließlich auf Frauen bezog und zunächst ein ausschließlich weibliches Tätigkeitsfeld entstand. Eine Genderung wäre in dem Fall aus Sicht der Verfasserin falsch. Erst an Stellen, an denen das Tätigkeitsfeld auch für männliche Personen zugänglich wurde, wird – wie sonst in der gesamten Arbeit – die Bezeichnung jeweils beider Geschlechter verwendet.

Impulse auf dem Weg zur Professionalisierung der FBBE

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Entwicklungslinien der institutionellen Kinderbetreuung

Friedrich Fröbel entwickelte für den damaligen Geist der Zeit moderne, zukunft sweisende Ge- danken, die auch heute noch aktuell sind: So sollte die Erziehung der Kinder in Kindergärten die unterste Stufe in einem demokratischen Bildungssystem bilden (vgl. Ebert 2006) – eine Forderung, die in dieser Deutlichkeit bis in die Gegenwart noch nicht durchgesetzt ist. Fröbel erachtete zudem eine fachliche Qualifi zierung für die Tätigkeit in den Kindergärten als not- wendig und wichtig. Er selbst gab Seminare für junge Frauen und bildete sie in halbjährigen Kursen zu Kindergärtnerinnen aus. Seine Ausbildungsseminare bildeten den Grundstein für den Beruf der Erzieherin (vgl. Aden-Grossmann 2011, S. 38 ff .). Trotz eines fast zehnjähri- gen Verbots seiner Kindergärten (1851-1860) – Fröbels Überlegungen erschienen den herr- schenden Kreisen nach der gescheiterten Revolution von 1848 zu fortschrittlich oder auch zu säkular – wurden seine Ideen und Konzepte von überzeugten Fröbelianerinnen weiterge- führt, so dass nach 1861 zahlreiche Kindergärten und Kindergärtnerinnenseminare gegrün- det wurden. Es entstand „eine breite Vorschulbewegung mit zahlreichen Ausbildungsstätten“

(Amthor 2003, S. 546). Die vorrangigen Träger der Ausbildungsinstitutionen waren Fröbel- Seminare oder kirchliche Institutionen (vgl. ebd.). Die Seminare für Kindergärtnerinnen wurden seinerzeit rechtlich betrachtet als Gewerbe angesehen (vgl. Aden-Grossmann 2011, S. 39). Infolgedessen war keine besondere oder gar standardisierte Qualifi kation erforderlich, um sie anbieten zu können. Folglich existierten sehr ungleiche Formen der Ausbildung. An der mangelnden Bereitschaft zu deren einheitlicher rechtlicher Regelung lässt sich der gerin- ge Stellenwert erkennen, den frühkindliche Erziehung und eine angestrebte Fachlichkeit der Kindergärtnerinnen in der Öff entlichkeit hatten. Vorstellungen von „Mütterlichkeit“ als aus- reichender Kompetenz waren vorherrschend. Rabe-Kleberg (2006) zeigt auf, dass sich noch um 1900 Behörden in Preußen geweigert hatten, „staatliche Prüfungen für Kindergärtnerin- nen einzuführen, weil das, was Kindergärtnerinnen ausmache, ihrer Logik nach nicht abzu- prüfen sei: eben Mütterlichkeit“ (Rabe-Kleberg 2006, S. 102).

Dieser frühe Teil der Geschichte der Ausbildung zur Erzieherin muss auch vor dem Hintergrund einer erstarkenden Frauenbewegung im (künft igen) Deutschland betrachtet werden – Frauen ver- suchten verstärkt aus der Privatheit in die Öff entlichkeit zu gelangen und an Bildung und Erwerbs- tätigkeit zu partizipieren. Der Zugang zu Schulen, Berufs- und/oder Hochschulen für das weibli- che Geschlecht war in der paternalistisch orientierten Öff entlichkeit noch kaum vorhanden und Bildung der Frauen wenig geachtet. Die Arbeit in den entstehenden Kindergärten stellte für die Frauen zu Anfang jedoch eine wichtige Eingangsmöglichkeit in eine allgemeine berufl iche Tätig- keit dar. Vor diesem Hintergrund kann die Entstehung dieses Berufs als ein rein weiblicher durch- aus auch positiv gesehen werden. Rabe-Kleberg stellt dem entgegen, dass Versuche, bestimmte be- rufl iche Handlungsfelder ausschließlich für Frauen festzulegen, deren professionelle Entwicklung eher verhindert hätten. Sie spricht in dem Zusammenhang von „gendermonopolisierten“ Kompe- tenzen (ebd., S. 102) und konstatiert mit Bezug auf Schütze (1996), diese Form des Feminismus habe den Frauen allenfalls „bescheidene Professionen“ (ebd.) eingebracht. Auch Balluseck (2009) betrachtet die „Verankerung [des Erzieherinnenberufes] in der Ideologie der Weiblichkeit“ und dessen „Zuordnung zum Fürsorgesystem“ (Balluseck 2009, o.S.) als wesentliche Gründe für die verzögerte Akademisierung des Berufes (vgl. ebd.).

2.1.2 Die staatliche Regelung der Ausbildung zur Erzieherin/zum Erzieher

Erst ab 1908 wurde in Preußen die Ausbildung zur Erzieherin „im Zusammenhang mit einer Mädchenschulreform“ ( Janssen 2010, S. 9) gesetzlich geregelt. Das Kultusministerium nahm die nunmehr für die Dauer von einem Jahr angelegte Ausbildung der Erzieherinnen in den

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Lehrplan der neuen staatlich anerkannten Frauenschulen auf (vgl. ebd.; Amthor 2003). Vor- aussetzung für eine Teilnahme an der Ausbildung war der Abschluss des Gymnasiums oder der mittleren Reife (vgl. Janssen 2010, S. 9). Im Jahr 1911 wurden erstmals Prüfungsbestimmungen für Kindergärtnerinnen festgelegt (vgl. Aden-Grossmann 2011, S. 39). Diese qualitative Verän- derung leitete nach Amthor „eine grundlegende Vereinheitlichung der unterschiedlichen Aus- bildungsstandards“ ein, was „bis zum Ende der Weimarer Republik schließlich zur staatlichen Anerkennung aller, auch der konfessionellen Seminare führte“ (Amthor 2003, S. 546). In der weiteren Genese des Berufes der Erzieherin/des Erziehers bildet die „Rahmenvereinbarung über die sozialpädagogischen Ausbildungsstätten“ aus dem Jahr 1967 einen historischen Meilenstein (vgl. ebd., S. 548), der noch für die heutige Ausbildung zur Erzieherin/zum Erzieher grundle- gend ist. Die Vereinbarung sah eine gemeinsame Ausbildung für die sozialen Tätigkeitsfelder

„Kindergarten, Hort, Heim und Jugendarbeit“ vor (ebd., S. 548), für die bis dahin getrennt aus- gebildet worden war. Die Ausbildungsstätte für diese sogenannte Breitbandausbildung wurde die „Fachschule für Sozialpädagogik“12, die sowohl Frauen als auch Männern off enstand. Ab- solventinnen/Absolventen erhielten die Berufsbezeichnung „Erzieherin/Erzieher“ und waren damit zur Aufnahme einer Tätigkeit in diversen sozialpädagogischen Tätigkeitsfeldern befähigt (vgl. Janssen 2010, S. 12). Die Ausbildungsdauer betrug drei Jahre und umfasste zwei Jahre in der Fachschule sowie ein berufspraktisches Jahr (vgl. ebd., S. 11). Als Zulassungsvoraussetzun- gen galten „die Vollendung des 17. Lebensjahres, der Realschulabschluss oder ein vergleichbarer Bildungsabschluss sowie eine mindestens einjährige geeignete praktische Tätigkeit als berufl i- che Vorerfahrung“ (ebd.). In den darauff olgenden Jahrzehnten entstanden zahlreiche Fachschu- len, die nun, neben den privaten und kirchlichen, auch staatlich getragen waren. Heute gestaltet sich die Ausbildung zur Erzieherin/zum Erzieher noch sehr ähnlich, wenngleich sie bundesweit nicht einheitlich geregelt ist. Hier gibt Janssen (2010) einen grundlegenden Überblick. Die heute gültige Bildungshoheit der Länder erfordert, dass die geltenden Rahmenvereinbarungen hinreichend Spielraum für länderspezifi sche Regelungen lassen müssen (vgl. ebd., S. 13). Zur Vereinheitlichung der Ausbildung und Prüfung von Erzieherinnen/Erziehern trat indes im Jahr 2000 eine neue Rahmenvereinbarung in Kraft . Insgesamt wurde die Ausbildung verlängert und dauert heute inklusive notwendiger einschlägiger berufl icher Vorbildungen „in der Regel fünf Jahre, mindestens vier Jahre“ (ebd., S. 16). Zulassungsvoraussetzung ist ein „Mittlerer Bildungs- abschluss oder ein als gleichwertig anerkannter Bildungsabschluss“ (ebd.). Orte der Ausbil- dung sind staatliche oder kirchliche Fachschulen, Fachakademien (Bayern) oder Berufskollegs (Nordrhein-Westfalen) für Sozialpädagogik (vgl. Dreyer 2010a, S. 12).

2.1.3 Der Kindergarten und sein Anschluss an das Bildungssystem

Wie oben angeführt, vertrat bereits Fröbel die Ansicht, Kindergärten sollten als erste Stufe des Bildungssystems an das Schulsystem angebunden werden. Progressive Kräft e versuchten ab Beginn der Geschichte der Kindergärten diesen Grundgedanken durchzusetzen: So wur- de 1848 am Ende einer von Fröbel einberufenden „Lehrerversammlung“ (Allen 2000, S. 96) eine Bittschrift an die Frankfurter Nationalversammlung gerichtet und diese dazu aufgefor- dert, den Kindergarten „in die öff entlichen Schulsysteme“ (ebd.) einzugliedern, was sich je- doch nicht durchsetzte. Eine 1898 vom Bund deutscher Frauenvereine an die deutschen Re- gierungen gerichtete Petition ging wesentlich weiter als die Forderungen von 1848: Neben Appellen, die Kindergärten unter Schulaufsicht zu stellen sowie staatliche Regelungen für

12 Zur Besonderheit der Fachschulen für Sozialpädagogik sowie zur Problematik der „unechten Fachschulen“ siehe z.B. Janssen 2010.

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Entwicklungslinien der institutionellen Kinderbetreuung

einen verpfl ichtenden Besuch der Kindergärten einzuführen, forderten die Frauen gleichzeitig die Übernahme der Ausbildung durch staatliche Institutionen sowie eine Gleichstellung der Kindergärtnerinnen mit den Lehrerinnen/Lehrern (vgl. Aden-Grossmann 2011, S. 39). Auch diese Petition blieb erfolglos. Beide Ansätze konnten sich nicht gegen die jeweils herrschenden Kräft e durchsetzen. Eine weitere historisch bedeutsame Chance zur Eingliederung der Vor- schulinstitutionen in das Bildungssystem ergab sich in der ersten Hälft e des 20. Jahrhunderts im Rahmen der Reichsschulkonferenz (1920), die sich mit Fragen der Zukunft des Bildungs- systems befasste (vgl. Reyer 2006, S. 115). Auch hier wurden „Forderungen nach Verankerung des Kindergartens im Bildungsbereich“ (ebd.) diskutiert, die jedoch erneut erfolglos blieben (vgl. ebd., S. 115). In der Folge der Reichsschulkonferenz setzten sich mit der Verabschiedung des Reichsjugendwohlfahrtsgesetzes (RJWG) von 1922 wiederum die konservativen Stimmen durch, obwohl der Fröbelverein erneut eine Zuordnung des Kindergartens in das Bildungssys- tem forderte (vgl. Balluseck 2009, o.S.). Mit dem Gesetz wurde „die Zuordnung des Kinder- gartens zum Kinder- und Jugendhilfebereich festgeschrieben“ (Reyer 2006, S. 115), was als folgenschwer bezeichnet werden kann und nach Reyer „bis heute“ nachwirkt (ebd.). Denn auch ein neuerlicher Anlauf zur entsprechenden Zuordnung scheiterte bei der Bildungsge- samtplanung der Bund-Länder-Kommission 1973 (vgl. Balluseck 2009, o.S.). Dies obwohl infolge der Ausrufung einer „deutschen Bildungskatastrophe“ (1964 durch Georg Picht) der Deutsche Bildungsrat in seinen Empfehlungen 1970 gefordert hatte, den Elementarbereich als erste Stufe in das Bildungssystem aufzunehmen (Deutscher Bildungsrat 1970). Hierauf verweist auch Carle (2000), wenn sie mit Bezug auf Woodhead (1981, S. 171-195) aufzeigt, dass bereits 1971 Empfehlungen des Symposions der Europäischen Bildungsminister das Be- streben einer Zusammenarbeit von Kindergarten und Grundschule beinhalteten. In der Kon- kretisierung drei Jahre später sei gefordert worden sicherzustellen, „dass die Untrennbarkeit von Vorschul- und Primarerziehung anerkannt“ werde (Carle 2000, S. 208 f.). Doch bis heute ist es in Deutschland nicht gelungen, diesen Gedanken des Anschlusses tatsächlich und fl ä- chendeckend umzusetzen und die Einrichtungen der Kindertagesbetreuung als Bildungsin- stitution verbindlich in das Schul- bzw. Bildungssystem zu integrieren. Reyer spricht daher von „Abgrenzungsmotiven“, die die Geschichte von Kindergarten und Grundschule geprägt hätten (Reyer 2006, S. 9). In den vergangenen Jahren haben sich beide Institutionen einander zwar kooperativ genähert (vor allem durch Projekte wie z.B. „Frühes Lernen“13, „TransKigs“14,

„Bildungshaus 3-10“15), jedoch sind sie nach wie vor konzeptuell getrennt: nicht nur in der strukturellen Zugehörigkeit zu verschiedenen politischen Ressorts, sondern auch in der öf- fentlichen Bewertung der Tätigkeit und damit einhergehend im Ansehen der verschiedenen Fachkräft e – Erzieherinnen/Erzieher hier, Lehrerinnen/Lehrer dort – oder auch z.B. beson- ders in ihrer Tarifi zierung. Gegenwärtig sind die Kindergärten in verschiedenen Bundeslän- dern zwar politisch administrativ dem Ressort Bildung zugeordnet (s. hierzu: Dreyer 2010),

13 „Frühes Lernen – Kindergarten und Grundschule kooperieren“: Projekt der Universität Bremen mit dem Ziel der Entwicklung von Kooperationsverbünden zwischen Kindergärten und Grundschulen. Laufzeit 2003-2005. Ab- schlussbericht: http://www.fruehpaedagogik.uni-bremen.de/docs/abschlussbericht_frue_lern_.pdf [zuletzt ge- prüft : 14.08.2016].

14 Verbundprojekt verschiedener deutscher Bundesländer mit dem Ziel, „die Bildungs- und Erziehungsqualität in Kindertageseinrichtungen und Grundschulen zu stärken und den Übergang […] zu verbessern“ (Lenkungsgruppe Transkigs 2009, S. 5); Laufzeit 2005-2009.

15 Modellprojekt des Landes Baden-Württemberg mit dem Ziel, Erkenntnisse über Grenzen und Nutzen der Ver- zahnung von Kindergarten und Grundschule zu gewinnen. Projektlaufzeit 2008-2015. URL: http://www.znl- bildungshaus.de [zuletzt geprüft : 14.08.2016]

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eine tatsächliche Angliederung der Institution Kindergarten an das Schulsystem als erste Stufe des Bildungssystems steht indes noch aus. Vor allem im Hinblick auf die Qualifi zierung der Fachkräft e unterscheiden sich die beiden Bereiche noch immer grundlegend. Während die tertiäre Ausbildung der Grundschullehrkräft e an Universitäten (und Pädagogischen Hoch- schulen in Baden-Württemberg) deutschlandweit vollständig anerkannt ist, wird demgegen- über eine akademische Ausbildung für frühpädagogische Fachkräft e noch immer kontrovers diskutiert. Deutschlandweit bieten derzeit erst zwei Universitäten gemeinsame Studiengänge für Elementar- wie Primarpädagogik an und schaff en damit eine Verbindung beider Bereiche in der Ausbildungsphase (s. Kap. 2.4).

Zusammenfassend können an dieser Stelle anhand der historischen Entwicklung der außerfami- lialen Kinderbetreuung und der Qualifi kation der Fachkräft e drei Aspekte konstatiert werden, deren Wirkungen bis in die Gegenwart hinein zu beobachten und für das Verständnis des Ge- samtzusammenhangs für die vorliegende Untersuchung relevant sind:

1. Institutionen für Kinderbetreuung wurden als soziale Einrichtungen der Armenfürsorge ge- gründet und unabhängig vom Schulsystem dem Sozialressort zugeordnet. Historisch wur- den bis heute mehrfach Chancen verpasst, die Einrichtungen als Institutionen des Bildungs- systems anzuerkennen und sie folgerichtig auch an dieses anzuschließen.

2. Die Institutionen entwickelten sich von Beginn an als ein in erster Linie weibliches Tätig- keitsfeld, geprägt von Vorstellungen von der „Mütterlichkeit als Profession“ (Rabe-Kleberg 2006, S. 95 f.). Dem Beruf der Erzieherin kommt als typischem Frauenberuf nur eine geringe gesellschaft liche Reputation zu (vgl. z.B. Bundesjugendkuratorium 2001, Balluseck 2008a).16 3. Die Qualifi zierung der Fachkräft e für eine Tätigkeit im Bereich der Kinderbetreuung ist von Anfang an auf niedrigem bis mittlerem Niveau angesiedelt. Eine hochschulische Ausbildung für die Arbeit mit Kindern im vorschulischen Bereich wurde mehrfach angestrebt, aber bis zur letzten Jahrtausendwende nicht realisiert. Eine damit verbundene statusbezogene Gleichstellung der Erzieherinnen/Erzieher mit den Grundschullehrkräft en (ehem. Volks- schullehrkräft en) wurde in Deutschland bis heute nicht erreicht.

Anhand dieser Ausführungen wird deutlich, dass im Bereich der Entwicklung des Kindergar- tens seit ihrem Beginn starke Beharrungskräft e wirken, die die traditionelle Trennung von Be- treuung und Bildung seit langer Zeit prägen. Zwar fi ndet spätestens seit dem Jahr 2004 mit dem Start des ersten hochschulischen Studiengangs für Kindheitspädagogik eine breite Entwicklung unter anderem im Hinblick auf die akademische Qualifi zierung der Fachkräft e statt, die das Bestreben nach einer höherwertigen Ausbildung für die Beschäft igten in der FBBE fortführt und in Teilen erstmals einlöst. Jedoch ist der Fortgang dieser Entwicklung noch keineswegs ge- sichert, wenngleich es in der Bundesrepublik inzwischen mehr als 100 Studiengänge mit un- terschiedlichen Ausrichtungen für den Bereich der Kindheitspädagogik gibt (vgl. Kap. 2.4).

Die Gründung kindheitspädagogischer Studiengänge allerdings kommt in Deutschland einem Paradigmenwechsel gleich, der im Zusammenhang mit zahlreichen weiteren Entwicklungen im Bereich der FBBE steht, die zusammengefasst in ein Bestreben nach weitergehender Pro- fessionalisierung der Kindheitspädagogik münden. Die Studiengänge stellen einen Teil dieser vielfältigen Veränderungen dar. Die Möglichkeit ihrer Entstehung fußt auf zahlreichen Ent-

16 Dies zeigt sich auch z.B. an Äußerungen wie der von Gerhard Mayer-Vorfelder (1982, in seiner Funktion als Kultus- minister in Baden-Württemberg), die von Peter Cloos (2008) zitiert wird: Meyer-Vorfelder frage „weshalb man für den Beruf der Kindergärtnerin den Realschulabschluss brauche. Die können dann zwar unheimlich psychologisch daherreden, sind aber nicht in der Lage, ein Kind auf den Topf zu setzen“ (Cloos 2008, S. 151).

Impulse auf dem Weg zur Professionalisierung der FBBE

Referenzen

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